Lessing, Gotthold Ephraim, „Das Muster der Ehen“ (Mat9444)

Ein Musterbeispiel für eine Ehe? Na ja

  • Das Gedicht „Das Muster der Ehen“ von Gotthold Ephraim Lessing ist ein humorvoll-satirisches Werk, das sich mit der Ehe beschäftigt.
  • Es zeigt auf ironische Weise, wie ein scheinbar perfektes Ehepaar beschrieben wird, dessen Harmonie auf sehr speziellen Voraussetzungen basiert.

Gefunden wir das Gedicht hier.

Äußere Form

  • Das Gedicht besteht aus vier Strophen zu je vier Versen, insgesamt also 16 Versen.
  • Es folgt einem durchgängigen Kreuzreim (abab), was dem Text eine klare, geordnete Struktur verleiht.
  • Der Rhythmus ist überwiegend gleichmäßig, ein Jambus mit vier Hebungen, was den fließenden Charakter des Gedichts unterstreicht.

Inhalt der Strophen

Gotthold Ephraim Lessing

Das Muster der Ehen

  1. Ein rares Beispiel will ich singen,
  2. Wobei die Welt erstaunen wird.
  3. Daß alle Ehen Zwietracht bringen,
  4. Glaubt jeder, aber jeder irrt.
    • Das lyrische Ich beginnt in der ersten Strophe mit einer Ankündigung.
    • Es geht um ein außergewöhnlich positives Beispiel einer Ehe
    • Es wird der Anschein erweckt, als könne man damit die allgemeine Annahme widerlegen, alle Ehen führten zu Zwietracht, (Zeilen 1–4).
  5. Ich sah das Muster aller Ehen,
  6. Still, wie die stillste Sommernacht.
  7. Oh! daß sie keiner möge sehen,
  8. Der mich zum frechen Lügner macht!
    • In der zweiten Strophe beschreibt das lyrische Ich diese Ehe als von absoluter Harmonie geprägt.
    • Etwas rätselhaft ist der zweite Teil der Strophe.
    • Vielleicht verweist er schon auf den überraschenden Schluss. .
  9. Und gleichwohl war die Frau kein Engel,
  10. Und der Gemahl kein Heiliger;
  11. Es hatte jedes seine Mängel.
  12. Denn niemand ist von allen leer.
    • Hier wird Spannung erzeugt:
    • Warum positives Muster,
    • wenn offensichtlich ganz normale Schwächen vorliegen.
  13. Doch sollte mich ein Spötter fragen,
  14. Wie diese Wunder möglich sind?
  15. Der lasse sich zur Antwort sagen:
  16. Der Mann war taub, die Frau war blind.
    • Hier nun die Auflösung des scheinbaren Widerspruchs.
    • Der Mann ist taub, die Frau blind.
    • Damit bekommt das Gedicht satirische Schärfe.
    • Letztlich wird dieser Musterfall entwertet, da er auf besonderen Voraussetzungen beruht.

Aussagen des Gedichts

  1. Das Gedicht vermittelt, dass die ideale Ehe nicht durch die Perfektion der Beteiligten entsteht, sondern durch besondere Gegebenheiten.
  2. Es bleibt offen, ob das Gedicht deutlich machen will, dass es eben keine optimale Ehe gibt.
  3. Oder aber die versteckte Botschaft liegt in einer übertragenen Bedeutung. „Blindheit“ und „Taubheit“ stehen für irgendetwas zwischen Toleranz und Ignoranz gegenüber den Fehlern des Partners.

Anregungen

  • Vor dem Hintergrund dieses Gedichtes kann man diskutieren, welche „normalen“ Voraussetzungen gegeben sein müssen, damit eine Beziehung harmonisch ist – das gilt auch für eine Freundschaft.
  • Man könnte mal selbst nach einem Fall suchen, bei dem ein positives Muster einfach auf besonderen Voraussetzungen beruht.
    Zum einen sind Menschen sehr unterschiedlich, was ihre Belastbarkeit angeht bzw. ihre „Resilienz“.
  • Zum Beispiel könnte eine Lehrkraft sehr positiv über eine Klasse reden, während alle anderen stöhnen.
    Zum Beispiel könnte das an einer besonderen Art von Vergesslichkeit liegen – oder die Lehrkraft ist so sehr an Wissenschaft interessiert, dass sie alles andere drumherum nicht so beachtet.

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