Worum es hier geht:
Hier gibt es einen Gesamtüberblick über den 5. Akt von Lessings „Nathan der Weise“.
Gesamtüberblick als Schaubild
Hinweis auf die Hörbuch-Darstellung von Akt 5
Einfach auf die Ohren legen – auch unterwegs.
Und/oder zugleich in der eigenen Textausgabe mitlesen und ggf. markieren. Macht sich immer gut, wenn die Lehrkraft mal vorbeischaut
https://schnell-durchblicken.de/nathan-hoerbuch-variante-akt-5-als-mp3-datei
V,1: Der Sultan schwimmt in Geld und kann wieder großzügig sein – seine Soldaten sind es auch
- Ursprüngliche Geldnot des Sultans
- dann Hilfe durch Nathan
- Geld ist da, aber der Derwisch als Finanzverwalter fehlt
- Mameluck meldet die Ankunft der Geldkarawane aus Ägypten
- bekommt kein Trinkgeld und beklagt das
- Sultan kehrt zur alten Großzügigkeit zurück
- Der 2. Mameluck sorgt sogar für den verunglückten Kameraden
- Sultan ist stolz auf seine Truppe
- Weiterer Mameluck kündigt Ankunft des Karawanenführers an
- ca. 3167: „Der Mameluck
Dem guten Boten
Kein Botenbrot? – So wär‘ ich ja der erste,
Den Saladin mit Worten abzulehnen
Doch endlich lernte? – Auch ein Ruhm! – der erste,
Mit dem er knickerte.“ - ca. 3171: Saladin (nachdem der Mameluck sich jetzt nicht mit wenigem begnügen will):
„Trotz! –
Komm her! Da hast du zwei. – Im Ernst? er geht?
Tut mir’s an Edelmut zuvor? – Denn sicher
Muß ihm es saurer werden, auszuschlagen,
Als mir zu geben. – Ibrahim! – Was kommt
Mir denn auch ein, so kurz vor meinem Abtritt
Auf einmal ganz ein andrer sein zu wollen? –
Will Saladin als Saladin nicht sterben? –
So musst‘ er auch als Saladin nicht leben.“ - ca. 3198: Saladin, nachdem ein Mameluck erklärt hat, er werde die Hälfe des bekommenen Geldes an einen gestürzten Kameraden weitergeben.
„Sieh, welch ein guter, edler Kerl auch das! –
Wer kann sich solcher Mamelucken rühmen?
Und wär‘ mir denn zu denken nicht erlaubt,
Dass sie mein Beispiel bilden helfen? – Fort
Mit dem Gedanken, sie zu guter Letzt
Noch an ein anders zu gewöhnen! …“
V,2: Der Sultan will, dass der größte Teil des Geldes zu seinem Vater kommt
V,3: Der Tempelherr denkt selbstkritisch über sein Verhalten gegenüber Nathan nach
- Der Tempelherr hat von Daja erfahren, dass Recha christlich getauft ist und hat in seiner spontanen Empörung sich an den Patriarchen gewandt und damit Nathan in große Gefahr gebracht.
- Etwas Entspannung ist eingetreten, weil der Sultan zum einen den Tempelherrn zurechtgewiesen hat und zum anderen sich vorgenommen hat, die Sache mit beiden Beteiligten als Freunden aus der Welt zu bringen.
- Am Anfang ist der Tempelherr noch ärgerlich, aber mehr über sich selbst. So fragt er sich denn auch:
ca. 3236:
„Was hat mich denn nun so
Erbittert gegen ihn? – Er sagte ja:
Noch schlüg‘ er mir nichts ab. Und Saladin
Hat’s über sich genommen, ihn zu stimmen. –
Wie? sollte wirklich wohl in mir der Christ
Noch tiefer nisten, als in ihm der Jude? –
Wer kennt sich recht? Wie könnt‘ ich ihm denn sonst
Den kleinen Raub nicht gönnen wollen, den
Er sich’s zu solcher Angelegenheit
Gemacht, den Christen abzujagen? –“ - Im Vergleich dazu zählt für ihn jetzt viel mehr, dass Nathan es erst gewesen ist, der Recha zu der Frau gemacht hat, die er jetzt liebt.
Er kritisiert sich:
ca. 3267: „Und bin auf den doch launisch,
Der diesen höhern Wert allein ihr gab?“ - Am Ende der Szene sieht der Tempelherr Nathan mit dem Klosterbruder herauskommen und will erst mal abwarten, was sich da ergibt.
- dass Saladins Ermahnung beim Tempelherrn ein Umdenken im Hinblick auf Nathan hervorruft,
- dass der Tempelherr vor allem begreift, wieviel von Nathan in dieser Recha steckt
- dass damit günstige Voraussetzungen für eine Schlichtung beim Sultan gegeben sind.
V,4: Nathan erfährt vom Klosterbruder, dass ein Tempelherr ihn beim Patriarchen „beschuldigt“ hat – und bedankt sich für das Brevier
Dramatische Entwicklung
- Gespräch über das Brevier, das der Klosterbruder Nathan übergeben hat
- Information des Klosterbruders, dass wohl ein Tempelherr Nathans Problem an den Patriarchen verraten hat
- Optimismus Nathans, dass er mit dem Brevier beim Sultan alles positiv klären könne
ca. 3317: Nathan:
„Mit Euerm Buche, Bruder, trotz ich allen;
Und gehe graden Wegs damit zum Sultan.“
- Im Monolog am Schluss: Nathans Dank an Gott wegen dieser Lösung
Nathan:
„Gott!
Dass ich nicht hier gleich unter freiem Himmel
Auf meine Kniee sinken kann! Wie sich
Der Knoten, der so oft mir bange machte,
Nun von sich selber löset! – Gott! wie leicht
Mir wird, dass ich nun weiter auf der Welt
Nichts zu verbergen habe! dass ich vor
Den Menschen nun so frei kann wandeln, als
Vor dir, der du allein den Menschen nicht
Nach seinen Taten brauchst zu richten, die
So selten seine Taten sind, o Gott! –“
- die Bedeutung des Breviers
- und Nathans Dank dafür
- die Andeutung, dass Nathans neuer Freund derjenige gewesen ist, der ihn beim Patriarchen zumindest indirekt angezeigt hat
- Nathans Optimismus, beim Sultan alles mit dem Brevier auflösen zu können
V,5: Der Tempelherr und Nathan gestehen sich ihre „Fehltritte“ – ersterer will Recha durch Heirat retten
Voraussetzungen:
- Nathan ist immer mehr unter Druck geraten wegen seines Umgangs mit Recha (Indirekte Anzeige des Tempelherrn beim Patriarchen in IV-2, nachdem er in III,10 von Daja die Wahrheit über Rechas christliche Herkunft erfahren hat.
- Allerdings weiß der Zuschauer, dass Saladin sich in IV,4 um eine einvernehmliche Lösung bemühen will und den Tempelherrn wegen seiner Ausfälle gegen Nathan kritisiert hat – das weiß aber Nathan nicht.
- Ausgehend vom Einwirken Saladins ist der Tempelherr inzwischen in V,3 von seinem Zorn auf Nathan wieder heruntergekommen
- Was Nathan angeht, so hat der vom Klosterbruder jetzt in IV,7 und V,4 ein Buch des toten Tempelritters bekommen, der ihm vorher Recha übergeben ließ. In diesem Buch steht alles, was Nathan zur Aufklärung der Familienverhältnisse angeht, die Recha und den Tempelherrn betreffen.
- Sittah erreicht beim Sultan, dass Recha in den Palast geholt werden darf (IV,5). In IV,6 hat Daja Nathan noch mal ermahnt, gegenüber Recha offen zu sein; In IV,8 informiert sie dann Nathan, dass Recha zu Sittah kommen soll, Nathan ist froh, dass sie nicht zum Patriarchen muss.
- Nathans Lage wird gefährlich durch Dajas Bekenntnis gegenüber dem Tempelherrn und dessen Nachfrage beim Patriarchen.
Hieraus entsteht für V,5 die Frage bei Nathan, wer ihn „verraten“ hat. - Des Tempelherrn Vorstoß bei Saladin geht allerdings ins Leere, trägt ihm sogar Kritik ein.
- Aus der wird dann beim Tempelherrn Selbstkritik und damit eine sehr gute Voraussetzung für V,5.
- Parallel laufen die Ermittlungen Nathans weiter und durch das Gespräch mit dem Klosterbruder und dessen Brevier ist er in einer optimalen Situation, weil er jetzt die Wahrheit über die Herkunft sowohl Recha und des Tempelherrn kennt.
Hier könnte man noch weiter ausgreifen und die gesamten Recherchen Nathans erwähnen.- I,1: Nathan versucht noch Dajas Gewissen mit Geschenken zu beruhigen.
- II,7: Nathan erfährt vom Tempelherrn dessen Namen und wird dadurch auf eine Spur gebracht.
- III,9: Nachfrage Nathans nach dem Vater des Tempelherrn
- IV,6: Nathan bittet Daja um Geduld, weil er erst die Herkunft des Tempelherrn klären möchte.,
Dramatische Entwicklung
- Zunächst einmal stimmen der Tempelherr und Nathan sich ab über ihre Situation im Hinblick auf Saladin.
- Dann bringt der Tempelherr das Gespräch auf den Klosterbruder, was dann überleitet zu dem Problem mit dem Patriarchen.
- Hier fragt Nathan in 3362 ganz konkret nach, wie es denn zur Anklage beim Patriarchen gekommen ist, und in 3373 gibt der Tempelherr dann zu, dass er es gewesen ist.
- Anschließend entschuldigt er sein Verhalten (ca. 3363ff) zunächst damit, dass Nathans scheinbare Ablehnung einer Verbindung mit Recha ihn enttäuscht habe, dass er schließlich vermutet habe, dass Nathan seine Tochter nicht an einen Christen verlieren wollte, was bei ihm zu Kritik an Daja führt. Man merkt, dass der Tempelherr hier immer noch auf der falschen Fährte ist, Daja habe die Unwahrheit gesagt.
- Ab 3407 schildert der Tempelherr seinen Gang zum Patriarchen, übt Selbstkritik und bietet als Lösung an, Recha durch Heirat zu retten.
- Nathan wiederum gesteht jetzt, dass Recha wirklich nur seine Pflegetochter ist, will aber den Grund, warum er es Recha nicht gesagt hat, nur mit ihr besprechen. (ca. 3439)
- Als der Tempelherr noch einmal darum bittet, ihm Recha zu geben, bekommt er in 3447 überraschend zu hören: „Es ist damit zu spät“ und etwas weiter „Dank sei dem Patriarchen“. Damit meint Nathan, dass dessen Aktion mit dem Klosterbruder ihm ja die ganze Wahrheit offenbart habe und letztlich ihm auch das Brevier verschafft habe. Darüber wird der Tempelherr aber nicht informiert, stattdessen wird ihm nur gesagt, dass sich jetzt ein Bruder Rechas gefunden habe, der letztlich über ihr Schicksal entscheiden müsse.
- Der Tempelherr hat jetzt Sorge, dass ein sehr christlicher Bruder Rechas jüdische Identität (deren Wert er gerade erkannt hat) verändern würde, und will mit ihr sogar fliehen (ggf. sogar mit einem Religionswechsel), um das zu verhindern.
“Nathan, Nathan! / Welch einen Engel hattet Ihr gebildet, / Den Euch nun andre so verhunzen werden!” (ca. 3491) - Nathan beruhigt ihn aber, alles würde sich bei Sittah klären, wo er auch Rechas Bruder finden werde. Der Tempelherr solle ihm dorthin folgen.
Auswertung: Die Szene zeigt
- die Gründe beziehungsweise Motive, warum der Tempelherr Nathans Geheimnis überhaupt vor den Patriarchen gebracht hat,
- Nathans positive Sicht der Entwicklung, die letztlich die endgültige Aufklärung mit sich gebracht hat.
- des Tempelherrn Sorge um Rechas jüdische Identität
- die für den Tempelherrn geheimnisvolle Andeutung Nathans, dass ein Bruder von Recha aufgetaucht sei, an den er sich wenden müsse
- Insgesamt zeigt sich hier noch einmal deutlich, wie Nathan mit anderen Menschen spielt, wichtige Informationen in der Hinterhand behält, hier sogar den Tempelherrn regelrecht zappeln lässt. Das ist dramaturgisch interessant, aber menschlich doch sehr problematisch.
V,6: Recha bei Sittah: Ängste und Religionsprobleme, Kritik an Daja
- Sittah und Saladin haben inzwischen erfahren, dass Nathan wegen seiner Pflegetochter in Schwierigkeiten ist.
- Die Prinzessin möchte das Problem erst mal dadurch lösen, dass sie das Mädchen zu sich holt und dabei gleich kennenlernt.
- Recha hat inzwischen von Daja erfahren (was aber erst in der Szene erzählt wird), dass sie Christin ist
- und hat jetzt Angst, Nathan als Vater zu verlieren.
- Die sechste Szene des fünften Aktes beginnt damit, dass Sittah Recha aus einer gewissen Beklommenheit befreien möchte. Sie einigen sich dann darauf, dass Sittah nicht das Prinzessin, sondern eher als Schwester oder gar als Mutter angesehen wird.
- Dann lobt Sittah die Belesenheit Rechas, was diese allerdings mit dem Hinweis beantwortet, sie könne gar nicht lesen. Alles was sie wisse, habe sie im mündlichen Gespräch von Nathan gehört.
- Der liebe auch die Bücher als Sammlung alter Buchstaben überhaupt nicht.
- Das ist natürlich eine äußerst interessante Stelle, die deutlich macht, dass Nathan eben auch negative Seiten hat. In diesem Falle seine egomanische Konzentration auf sein Wissen und dessen Verarbeitung.
- Denn mit der Haltung und Praxis entfällt natürlich die Möglichkeit selbstständigen Lernens durch Vergleich auch mit anderen Quellen.
- Hier verhält Nathan sich in seiner Erziehungspraxis also absolut unpädagogisch und vor allen Dingen auch unaufklärerisch.
- Letztlich hält er Recha auf einer Ebene, die des des leseunkundigen Kindes entspricht, das noch ganz auf die erste Vermittlung der Welt durch die Eltern angewiesen ist.
- Im Verlauf der Szene zeigt sich dann allerdings, dass Sittahs Bewunderung für den Gedankenreichtum Rechas berechtigt ist – wenn man an die religionskritischen Äußerungen denkt.
- Das Lob, das Sittah im Hinblick auf Nathan ausspricht, führt bei Recha dazu, dass sie jetzt ihren Schmerz bzw. ihre Angst loswerden kann, dass ihr dieser Vater genommen wird.
- Sittah versucht, Recha zu beruhigen, bietet auch implizit Ihre Hilfe als Schwester an. Recha lässt sich darauf ein, weil sie vor allen Dingen Sittahs Klugheit als mögliche Hilfe schätzt.
- Dann erst geht sie auf die gute, böse Daja ein, wiederholt diese doppelte Etikettierung sogar,
- die ja korrespondiert mit Dajas Anmerkung zu Nathan ganz am Anfang.
- Überhaupt ist interessant, wie Daja hier gezeichnet wird.
- In der Literatur wird sie ja teilweise als intolerante Christin dargestellt.
- Das wäre gegebenfalls am Text zu überprüfen.
- Aus der Perspektive Rechas scheint es allerdings richtig zu sein, bezieht sich aber vor allen Dingen auf ihre Angst vor dem Vaterverlust.
- Von dessen Unaufrichtigkeit ihr gegenüber weiß sie ja bisher noch nichts.
- Im Zusammenhang mit der Kritik an der Religionsschwärmerin Daja wird auch die Frage des jenseitigen Heils. Damit verbunden der neurotische Zug, einen anderen Menschen, den man liebt/schätzt unbedingt zu seinem eigenen Glauben bekehren zu müssen.
- Dann erzählt Recha Sittah die Geschichte der Aufklärung durch Daja, was ihre Herkunft und ihren Nathan angeht.
- Dann taucht angesichts des Schmerzes von Recha die Frage auf, wie Adoptiveltern mit ihren Adoptivkindern umgehen sollen. Ob und wenn dann wann sie die Pflicht haben, das Kind über seine wahre Herkunft auf zu klären. Dazu könnte man gut ein Referat machen lassen. Sowohl über die Rechtslage als auch über Erfahrungen. Das ist ja auch für die heutigen Patchwork Familien ganz interessant, wer ist der wahre Vater, dann die Frage, kann man das auf die Mutter übertragen, zu der möglicherweise eine noch engere Beziehung besteht, die aber natürlich auch durch das Verhalten oder das Unvermögen der Mutter auch gar nicht vorhanden sein kann.
- Die Szene wird hier unterbrochen, weil der Sultan erscheint. Der bekommt dann anschließend gleich eine sehr bewegte Szene mit, bei der mit Sicherheit kein Smalltalk angesagt ist.
- zunächst einmal Rechas Belastung durch die Eröffnung Dajas, dass sie christlich getauft ist.
- Dann ihre Angst, dass ihr der Vater weggenommen werden könnte.
- Deutlich wird aber auch eine möglicherweise fragwürdige, weil nur auf ihn selbst konzentrierte Erziehungsmethode Nathans.
- Ebenso deutlich angesprochen werden auch grundsätzliche Probleme des Christentums und unvergleichbarer Religionen, die das Seelenheil allein dem eigenen Glauben zuordnen, was enorme Konsequenzen hat für den Umgang mit anderen Menschen, besonders auch denen, die man liebt.
- Deutlich wird auch der doppelte Charakter Dajas, die auf der einen Seite sehr viel für Recha getan hat, auf der anderen Seite aber eben auch problematische religiöse Ansprüche an sie stellt.
V,7: Saladins Bemühungen um Recha zwischen Vater-Angebot und Impuls in Richtung Heirat
Voraussetzungen:
- Im wesentlichen identisch mit den Voraussetzungen von V,6.
- Hinzugekommen ist Rechas Angst, ihren Vater zu verlieren, nachdem Daja ihr eröffnet hat, dass sie eine Christine ist.
Dramatische Entwicklungen:
- Zunächst informiert Sittha Saladin kurz über die besondere Situation Rechas.
- Diese bittet diese den Sultan, ihr den Vater zu erhalten – hat schon was von Erpressung, d.h. Recha kann umschalten von Verzweiflung zu einem Kampf mit fast allen Mitteln.
- Dann erzählt sie beziehungsweise gibt das wieder, was Daja ihr erzählt hat, auch die Art und Weise, wie diese selbst an diese Information gekommen ist (über eine Amme).
- Parallel dazu geht es schon um die Frage, was einen Vater denn überhaupt ausmacht und welche Rolle das Blut, also die Abstimmung, dabei spielt.
- Saladin entwickelt sogar die Idee, selbst eine Art Stiefvater zu werden.
- In 3671 fällt ihm dann aber noch was „Bessers“ ein, nämlich der viel wichtigere Ehemann.
- Das bringt Recha in eine für diese Zeit typische unangenehme Situation, so dass sie errötet, was Saladin zu einigen lockeren Bemerkungen verleitet.
- Das wiederum nutzt Saladin, um zu den beiden Männern überzuleiten, die er in den Palast bestellt hat. Nathan wird dabei erwähnt, die zweite Person wird erst mal offen gelassen.
- Am Ende der Szene schwankt Recha zwischen Erröten und Blasswerden, übergeleitet wird dann zur letzten Szene durch die Ankunft Von Nathan, begleitet vom Tempelherrn.
Auswertung: die Szene zeigt
- Rechas Vertrauen in den Sultan und damit zugleich den Übergang von verzweifelten Gefühlen zu verzweifeltem Handeln
- dessen Bereitschaft, sich für Recha und ihre Sache zu engagieren,
- aber auch sein Schwanken zwischen gutem Rat und lockerem Spiel
- dabei die grundsätzliche Frage, was einen Vater überhaupt zum Vater macht,
- zugleich aber eine Bemerkung zum Erröten – einerseits kulturell bestimmt, was das Verhältnis von Frauen und Männern in der damaligen Zeit angeht, zum anderen aber auch eine Anerkennung von Gefühlen in einer scheinbar nur vom Verstand bestimmten Aufklärung.
- schließlich die Zuspitzung auf die Frage, wen Recha heiraten könnte, um eine noch wichtigere Bindung für das Leben zu erreichen – hier dann Überleitung zu einer Art Versteckspiel, wie Nathan es auf seine Weise betreibt: Der Sultan sagt nicht, wer der zweite Mann ist, sondern lässt sie raten.
Schlüssel-Zitate:
- 3653 Recha
„Aber macht denn nur das Blut
Den Vater? nur das Blut?“ - 3673: Saladin:
„Ich will ein guter Vater,
Recht guter Vater sein! – Doch halt! mir fällt
Noch viel was Bessers bei. – Was brauchst du denn
Der Väter überhaupt? Wenn sie nun sterben?
Beizeiten sich nach einem umgesehn,
Der mit uns um die Wette leben will!
Kennst du noch keinen? …“
Eine wunderbare Formulierung im Hinblick auf die Bedeutung eines Ehemanns, lässt sich natürlich auch auf eine weibliche Partnerin beziehen.
V,8: Die Auflösung aller Fragen in religionsübergreifender Familien-Harmonie
- Recha soll von Sittah geschützt werden vor dem Patriarchen, weil dieser sie als angeblich von einem Juden entführte Christin sucht.
- Inzwischen hat sie auch selbst erfahren, dass Nathan nur ihr Pflegevater ist. Sie hat nun Angst, ihn in der Funktion zu verlieren. Der Sultan hat versucht, sie zu beruhigen.
- Nathan selbst hat sich inzwischen mit dem Tempelherrn verständigt und ist auf dem Weg auch in den Palast, wo der Sultan sich um das Problem kümmern möchte.
- Vor allem aber hat er vom Klosterbruder das Brevier bekommen, in dem Rechas Vater seine Verwandtschaftsbeziehungen notiert hat.<
Dramatische Entwicklung:
- Saladin beginnt mit dem Hinweis darauf, dass Nathan jetzt das geliehene Geld zurückbekommen kann, da er selbst ja seine Gelder aus Ägypten jetzt bekommen hat.
- Nathan will sich nicht lange mit dieser Kleinigkeit beschäftigen, weil er die Tränen in Rechas Augen sieht.
- Er beruhigt sie mit den Worten: „Dein Vater ist dir unverloren“ (3706)
- Der Tempelherr ist irritiert, weil von ihm keine Rede ist. Er will jetzt dem Sultan gegenüber die Anklage Nathans zurückziehen, der kommt ihm aber zuvor, indem er ihm Recha zuführt. Sie soll die Initiative bei einer Eheschließung ergreifen.
- An dieser Stelle greift Nathan ein und macht deutlich, dass auch der Bruder Rechas noch ein Wort mitzusprechen habe.
- In der allgemeinen Verunsicherung darüber fallen von Seiten des Tempelherrn einige kritische Worte gegenüber Nathan, die ihm den Tadel des Sultans eintragen.
- Nathan ergreift die Initiative und klärt den Tempelherrn auf, dass er nicht Kurt von Staufen (nach seiner Mutter), sondern Leu von Filnek heißt (nach einem Vater, der nicht nach Europa gehörte).
- Es ist Saladin, der ahnt, dass es hier für ihn noch wichtigere Verwandtschaftsverhältnisse gibt, denn der Vater des Tempelherrn und Freund Nathans sprach am liebsten persisch und war der Bruder des Sultans.
- Dies kann Nathan mithilfe des Buches, das er vom Klosterbruder bekommen hat, beweisen.
- Am Ende verweist der Tempelherr auf die entsprechenden Träume, die ihn seit seiner Kindheit beschäftigt haben, und Saladin merkt halb im Spaß, halb im Ernst an, dass er fast seinen Neffen hätte hinrichten lassen, nur weil dieser sich ihm gegenüber nicht offenbart hat.
Auswertung: Die Szene zeigt …
- zunächst die finanzielle Rechtschaffenheit des Sultans gegenüber Nathan,
- dann die Sicherheit Nathans, dass er als Pflegevater Recha nicht verlorengehen wird,
- die wohlwollende Unterstützung Rechas durch den Sultan,
- die wahren Familienverhältnisse des Tempelherrn, die ihn zum Bruder Rechas machen und zum Neffen des Sultans
- eine allgemeine Familienharmonie am Ende, allerdings gewürzt durch eine kritisch-ironischen Anmerkung des Sultans
- eine Lücke, was die Erklärung dafür angeht, dass während der Kreuzzüge der Bruder Saladins in Deutschland eine Deutsche geheiratet hat
Schlüsselzitate:
- 3707: Nathan
Dein Vater ist
Dir unverloren!
—- - 3729ff: Saladin zu Recha mit Blick auf den Tempelherrn:
. – Komm!
Beschäm ihn! tu, was ihm zu tun geziemte!
Bekenn ihm deine Liebe! trage dich ihm an!
Und wenn er dich verschmäht; dir’s je vergisst,
Wie ungleich mehr in diesem Schritte du
Für ihn getan, als er für dich … Was hat
Er denn für dich getan? Ein wenig sich
Beräuchern lassen! ist was Rechts! – so hat
Er meines Bruders, meines Assad, nichts!
So trägt er seine Larve, nicht sein Herz.
—- - 3811: Nathan.
Und was? – O meine Kinder! meine Kinder!
Denn meiner Tochter Bruder wär‘ mein Kind
Nicht auch, – sobald er will?
(Indem er sich ihren Umarmungen überlässt, tritt Saladin mit unruhigem Erstaunen zu seiner Schwester.)Saladin. Was sagst du, Schwester?Sittah.
Ich bin gerührt …Saladin. Und ich, – ich schaudere
Vor einer größern Rührung fast zurück!
Bereite dich nur drauf, so gut du kannst.
—- - 3837: Saladin (während er in dem Buch blättert).
Ich meines Bruders Kinder nicht erkennen?Ich meine Neffen – meine Kinder nicht?
Sie nicht erkennen? ich? Sie dir wohl lassen?
(Wieder laut.)*
Sie sind’s! Sie sind es, Sittah, sind’s! Sie sind’s!
Sind beide meines … deines Bruders Kinder!
(Er rennt in ihre Umarmungen.)
—- - 3844: Tempelherr.Ich deines Bluts! – So waren jene Träume,
Womit man meine Kindheit wiegte, doch –
Doch mehr als Träume!
(Ihm zu Füßen fallend.)Saladin (ihn aufhebend).
Seht den Bösewicht!
Er wusste was davon, und konnte mich
Zu seinem Mörder machen wollen! Wart!(Unter stummer Wiederholung allseitiger Umarmungen fällt der Vorhang.)
Inzwischen gibt es einen Epilog zum Drama
Natürlich ist der nicht von Lessing, aber unser Autor Anders Tivag hat alle seine Bedenken gegenüber dem Drama über Bord geworfen und einen Epilog geschrieben, der Lessing wohl gefallen hätte:
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