Wie schreibt man eine lineare Erörterung? Beispiel: Lehrer bewerten (Mat6042)

Was ist eine lineare Erörterung?

  1. Eine Erörterung dient ja grundsätzlich dazu, eine Frage zu klären.
    1. Dabei kann es sich um eine Entscheidungsfrage handeln:
      „Soll in der Schule ein System der Bewertung von Lehrern eingeführt werden?“
    2. Oder aber es ist eine offene Frage:
      „Wie kann man das Verhältnis zwischen Schülern und Lehrern verbessern?“
  2. Eine Variante der Erörterung ist die sogenannte „lineare“ Erörterung.
    Bei ihr geht es darum, zielgerichtet, also ohne große Abweichungen, auf ein Ziel, nämlich die Klärung einer Frage zuzusteuern.
  3. Da wir der Meinung sind, dass man am besten an Beispielen lernt, demonstrieren wir diese Art der Erörterung mal an einem Beispiel.

Wie schreibt man eine lineare Erörterung?

Am Anfang braucht man erst mal eine Stoffsammlung
  • Man trägt alles zusammen, was einem dazu einfällt:
    • Es gibt ungerechte Lehrer.
    • Es gibt unfähige Lehrer.
    • Gute Lehrer werden zu wenig belohnt – durch eine positive Bewertung.
    • Die Frage ist, was Schüler bewerten können.
    • Eine Idee wäre, dass man Schüler in Gruppen bewerten lässt, dann gibt es Austausch.
    • Manche Beurteilungen sind situationsbezogen, zum Beispiel, wenn man sich gerade geärgert hat.
    • Allgemein ist die Gefahr, dass man nicht unterscheidet zwischen den allgemeinen Lehrerfähigkeiten und denen, die einem selbst gefallen – typabhängig.
    • Die Gefahr ist, dass nur negative Bewertungen rausgehauen werden. Über positive freut man sich einfach und schweigt.
    • Die Frage ist, ob solche Bewertungen auch an die Öffentlichkeit gelangen sollen – Persönlichkeitsschutz
    • Frage, ob ein Notensystem sinnvoll ist.
    • Ansonsten Problem von Beleidigungen
    • Oder problematischen Tatsachenbehauptungen.
Dann kommt es darauf an, diese Punkte zu gliedern:
  • Ein Grundprinzip erfolgreichen Redens – und das gilt auch für die Erörterung – ist, dass man mit den schwächsten Argumenten beginnt – dazu gehört häufig auch, dass man erst mal Zugeständnisse an die Gegenseite macht.
  • Dann nähert man sich immer mehr dem wichtigsten Punkt.
  • Und begründet damit die eigene Entscheidung.
So könnte eine Erörterung aussehen:

„Soll in der Schule ein System der Bewertung von Lehrern eingeführt werden?“

  • Einstieg: Über Lehrer gibt es das Vorurteil, sie hätten vormittags recht und nachmittags frei.
    Für uns entscheidend der erste Teil, an dem wirklich ein Problem hängt, nämlich das weitgehende Fehlen einer „symmetrischen“ Kommunikation zwischen Schülern und Lehrern, bei denen diese auch bereit sind, sich eine kritische Schülersicht im Hinblick auf ihren Unterricht anzuhören.
  • Eine Möglichkeit wäre, Lehrer auch zu beurteilen und nicht nur Schüler.
  • Dagegen spricht sicherlich, dass Schüler den Unterricht nicht so beurteilen können, wie es zum Beispiel Lehrerausbilder bei Referendaren tun.
    Aber sie verfügen auch über eine ganz besondere Kompetenz, sie sehen und spüren nämlich Dinge, die der Lehrer nicht merken kann oder will.
  • Das spricht eindeutig gegen ein reines Ziffern-Beurteilungssystem – eher möglich wäre eins nach verschiedenen Kriterien, bei denen man zwischen minus 3 und plus 3 wählen könnte.
  • Aber auch das ist noch nicht sehr hilfreich – und darauf kommt es doch letztlich an, dass die Lehrer auch verstehen, was nicht so gut läuft und was sie vielleicht sogar noch ausbauen könnten.
  • Deshalb bietet sich auf jeden Fall eine Bewertung an, die von Kriterien ausgeht (interessant, gut aufgebaut, Schüle aktivierend usw.), dort aber wirklich aussagekräftige Einschätzungen vornimmt.
  • Nun besteht die Gefahr, dass einfach so Sachen rausgehauen werden, denn Anonymität ist sicherlich wichtig, wenn man überhaupt eine offene Rückmeldung haben möchte. Das gilt übrigens auch für professionelle Evaluationssysteme etwa nach Fortbildungen. Lehrer kennen das durchaus.
  • Da erscheint es sinnvoller, wenn Schüler sich in Gruppen zusammentun und sich darüber austauschen und dann das Ergebnis differenziert, aber ohne Namensnennung oder andere Hinweise, die eine Nachverfolgung erleichtern, festhalten.
  • Auf jeden Fall darf so etwas nicht an die Öffentlichkeit geraten, weil es den Persönlichkeitsschutz gibt und auch die Gefahr des Missbrauchs zu groß ist (zum Beispiel falsche Behauptungen in die Welt setzen)
Entscheidung und Begründung:
  • Grundsätzlich erscheint die Bewertung von Lehrerleistungen sinnvoll.
  • Allerdings sollten sie aussagekräftig sein. Hilfreich ist nur, was verständlich ist und nachvollziehbar ist.
  • Um gewissermaßen emotionale Ausreißer oder sonstige Fehleinschätzungen abzumildern, erscheint es sinnvoll, eine solche Lehrerbewertung in einer Gruppe zu verfassen und dann anonym abzugeben.
  • Wichtig wäre – aber das geht über den Rahmen dieser Erörterung hinaus -, dass Lehrer sich in einer Art Bericht dem auch stellen und deutlich machen, was sie als hilfreich angesehen haben.
Anmerkungen zu dieser Lösung:
  • Es wird bewusst darauf verzichtet, Argumente einfach so aneinanderzureihen.
  • Es dient auch nicht dem Ziel, wenn man erst alle Contra- und dann die Pro-Argumente aufführt.
  • Dabei wird völlig übersehen, dass ein Argument nur so viel wert ist, wie es nicht eingeschränkt oder mit Gegenargumenten außer Kraft gesetzt werden kann.
  • Deshalb schlagen wir vor, ein Argument zumindest so weit zu erläutern und abzusichern, dass es nicht mit einem einzigen Gegenargument oder einer praktischen Nachfrage außer Gefecht gesetzt werden kann.
  • Was bei unserer Erörterung hier vor allem sich gut entwickelt hat, sind zwei Dinge:
    • Der pragmatische, auf Verständigung und Verbesserung angelegte Ansatz. Es geht nicht um Wahrheit, sondern um Verwirklichung dessen, wofür man ist – und daran müssen beide Seiten mitwirken. Schüler durch konstruktive und möglichst freundliche Ehrlichkeit – und Lehrer durch Offenheit und Nachfragebereitschaft sowie natürlich durch die Bereitschaft zu einer positiven Veränderung im Rahmen des Möglichen.
    •  Zweitens sind wir froh, ein Modell vorgeschlagen zu haben, das Schülern Mut macht, sich zu äußern: Zum einen durch die Anonymität der Bewertung und zweitens durch den Gruppenschutz. Selbst wenn der Lehrer herausbekommen wollte, welche Gruppe eine Bewertung abgegeben hat, und das auch schafft, weiß er immer noch nicht, wie der Abstimmungsprozess in der Gruppe erfolgt ist.
    • Dann ist uns noch eine Idee gekommen, dass man die Abfragezettel auf jeden Fall so gestalten sollte, dass es Schülern leicht fällt, sich da einzuklinken, weil sie nicht bei Null anfangen müssen. Außerdem werden so wichtige Aspekte nicht vergessen.

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