Louise von Plönnies, Auf der Eisenbahn (Mat2573)

Louise von Plönnies, „Auf der Eisenbahn“

Nun zu dem Gedicht und seiner Aussage

Louise von Plönnies

Auf der Eisenbahn

  1. Rascher Blitz, der mich trägt
    uuBuuB
    Kann als Anapäst gesehen werden.
    Auf jeden Fall haben wir hier nicht das Versmaß, das weiter unten regelmäßig zu sein scheint.
    Man könnte auch betonen
    BuBuBu
    Das wäre aber ungewöhnlich, das „mich“ zu betonen, aber das könnte Absicht sein.
  2. Pfeilschnell, von der Glut bewegt,
    BuBuBuB
    Vierhebiger Trochäus
  3. Sausend durch des Tages Pracht,
    BuBuBuB
    Vierhebiger Trochäus
  4. Brausend durch die dunkle Nacht,
    BuBuBuB
    Vierhebiger Trochäus
  5. Donnernd über Stromesschäumen,
  6. Blitzend an des Abgrunds Säumen,
  7. Durch der Berge mächt′ge Grüfte,
  8. Durch der Täler nächt′ge Klüfte,
  9. Durch der Saaten goldne Wogen,
  10. Ueber stolze Brückenbogen,
  11. Durch der Dörfer munter Leben,
  12. Durch der Städte bunter Weben. –
  13. Könnt′, wie du, das freie Wort
  14. Sausend zieh′n von Ort zu Ort!
  15. Alle Herzen, die ihm schlagen,
  16. Stürmisch so von dannen tragen,
  17. So aus einem Land zum andern
  18. Siegend die Gedanken wandern! –
  19. Freies Wort, wer gründet Schienen,
  20. Deinem Bahnzug stark zu dienen? –

Das Gedicht „Auf der Eisenbahn“ von Louise von Plönnies thematisiert die Faszination der Eisenbahn als technisches Fortschrittsmittel und stellt einen Vergleich zwischen der Geschwindigkeit der Eisenbahn und der Kraft des freien Wortes an. Es handelt sich um ein Gedicht aus der Zeit der industriellen Revolution, das die Dynamik und den Wandel dieser Epoche lyrisch einfängt.

Das Gedicht besteht aus 20 Versen, die in einem durchgehenden Fluss ohne klar abgegrenzte Strophen gestaltet sind. Es folgt einem regelmäßigen Paarreim-Schema (aabb), das die Dynamik des Themas unterstützt. Das Metrum ist bis auf den Anfang anscheinend ein vierhebiger Trochäus, was die Geschwindigkeit und gleichmäßige Bewegung der Eisenbahn nachahmen würde.
Die erste Zeile könnte dann für den Start stehen, der ja noch nicht so gleichmäßig früher war.

Das lyrische Ich beschreibt zunächst in einem ekstatischen Ton die Kraft und Geschwindigkeit der Eisenbahn:

  • Es wird als „Rascher Blitz“ (V. 1) und „pfeilschnell“ (V. 2) beschrieben, der sowohl „durch des Tages Pracht“ (V. 3) als auch „durch die dunkle Nacht“ (V. 4) saust.

Es schildert die Bewegung durch verschiedene Landschaften und Szenarien:

  • „Donnernd über Stromesschäumen“ (V. 5), „Durch der Berge mächt′ge Grüfte“ (V. 7), „Durch der Dörfer munter Leben“ (V. 11).

Im zweiten Teil wünscht sich das lyrische Ich, dass das „freie Wort“ ebenso ungehindert und schnell verbreitet werden könnte wie die Eisenbahn:

  • „Könnt′, wie du, das freie Wort / Sausend zieh′n von Ort zu Ort!“ (V. 13–14).

Am Ende stellt es die Frage, wer die Infrastruktur („Schienen“, V. 19) für die Verbreitung des freien Wortes schaffen könnte.

Aussagen

Das Gedicht zeigt die Bewunderung für den technischen Fortschritt und verknüpft diese mit einer Utopie der freien Kommunikation. Es verdeutlicht:

  1. Die Geschwindigkeit und Kraft der Eisenbahn als Sinnbild für Dynamik und Fortschritt (V. 1–12).
  2. Den Wunsch nach einer analogen Verbreitung von Gedanken und Worten, die gesellschaftlichen Wandel vorantreiben könnten (V. 13–20).

Sprachliche und rhetorische Mittel

  • Metaphern: „Rascher Blitz“ (V. 1), „Donnernd über Stromesschäumen“ (V. 5) – verdeutlichen die Schnelligkeit und Kraft der Eisenbahn.
  • Personifikation: Das „freie Wort“ wird personifiziert und als etwas dargestellt, das sich bewegen kann (V. 13–20).
  • Antithesen: „Des Tages Pracht“ vs. „die dunkle Nacht“ (V. 3–4) – betonen die unaufhaltsame Bewegung zu jeder Zeit.

Diese Mittel unterstreichen die Dynamik und die Atmosphäre des Fortschritts im Gedichts.

Interpretation und Bedeutung

Das Gedicht kann als Lob des Fortschritts im 19. Jahrhundert gesehen werden, spiegelt aber auch eine Sehnsucht nach gesellschaftlicher Entwicklung wider. Die Eisenbahn, ein Symbol der Industrialisierung, wird zur Metapher für die ungehinderte Verbreitung von Ideen und Freiheit.

Bewertung:

Das Gedicht beeindruckt durch die rhythmische Dynamik und die klare Verknüpfung von technischen Errungenschaften mit gesellschaftlichen Idealen. Die sprachlichen Mittel unterstützen die Kernaussagen wirkungsvoll. Louise von Plönnies gelingt es, ein Zeitdokument mit universeller Gültigkeit zu schaffen, das den Fortschrittsoptimismus ihrer Epoche einfängt.

 

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