Pfeffel, „Der Affe und der Löwe“ – eine Fabel, die vor zu viel Anpassung warntWarnhinweis zum Umgang mit der Macht

Warnung vor zu viel Anpassung

Gottlieb Konrad Pfeffel

Der Affe und der Löwe

  1. Der Löwe brach ein Bein. Man rief
  2. Den Doktor Fuchs ihn zu kurieren,
  3. Doch alles drehen, schindeln, schmieren
  4. Half nichts; das Bein blieb lahm und schief.
    • Der Löwe hat sich das Bein gebrochen und lässt den Doktor Fuchs kommen, um es zu kurieren.
      Trotz aller Bemühungen bleibt das Bein lahm und schief. Dies legt die Grundlage für die nachfolgende Handlung, die sich um die Reaktionen des Hofstaats auf das Leid des Monarchen dreht.
  5. Um dem Monarchen zu hofieren,
  6. Erschien sein erster Hofpoet,
  7. Ein Affe, der gar schlau sich dünkte,
  8. Einst in der Residenz, und hinkte
  9. So arg als seine Majestät.
    • Ein Affe, der als schlau und gewitzt beschrieben wird, erscheint am Hof, um den Löwen zu hofieren.
      Er ahmt das Hinken des Löwen nach, um sich in scheinbarer Solidarität mit dem Monarchen zu präsentieren, was jedoch ironisch und respektlos wirkt.
  10. Wie? sprach der Fürst ergrimmt zum Gecken
  11. Ich glaube gar, du willst mich necken.
  12. Ich? lallte Matz?, behüte Gott!
  13. Mich trieb die schönste meiner Pflichten,
  14. Als treuer Knecht, als Patriot,
  15. Nach deinem Vorbild mich zu richten.
  16. Geh, Schelm, fiel ihm der König ein,
  17. Statt meinen Fehler nachzuahmen,
  18.  So hink in deinem eignen Namen.
  19. Er sprachs, und brach ihm knacks ein Bein.
    • Der Löwe erkennt das Verhalten des Affen als Spott oder zumindest als unangemessene Nachahmung und wird zornig.
      Der Affe versucht sich zu rechtfertigen, indem er erklärt, es sei seine „Pflicht“ und ein Ausdruck seiner Treue, dem Vorbild des Königs zu folgen.
      Der Löwe straft ihn daraufhin hart, indem er dem Affen ebenfalls ein Bein bricht – eine drastische Maßnahme, die die Kritik am Verhalten des Affen unterstreicht.
  20. Die Lehre konnte sanfter sein,
  21. Doch wäre sie den Herrn mit Orden
  22. Und Schlüsseln heilsam, wie mich dünkt.
  23. Wer heut mit seinem Fürsten hinkt
  24. Wird morgen ihm zu Ehren morden.
    • Der Erzähler (so kann man das lyrische Ich hier wohl nennen) reflektiert über die Härte der Strafe, die durch Orden oder Schlüssel (Auszeichnungen) vielleicht hätte ersetzt werden können.
      Die eigentliche Lehre wird deutlich: Blinde Nachahmung oder opportunistisches Verhalten am Hof sind gefährlich.
      Es folgt eine düstere Warnung: Opportunismus führt nicht nur zu persönlichem Schaden, sondern kann auch größere Gewalt begünstigen – wer heute seinen Fürsten nachahmt, könnte morgen aus blindem Gehorsam für ihn morden.

Aussage und Bedeutung der Fabel

  • Die Fabel kritisiert die Hofkultur und den Opportunismus am königlichen Hof.
  • Sie stellt dar, wie gefährlich es sein kann, einem Herrscher blind zu folgen oder dessen Fehler nachzuahmen.
  • Besonders hervorzuheben ist die Warnung vor den langfristigen Folgen dieses Verhaltens: Opportunismus und blindes Mitläufertum können zu moralischem Verfall und sogar zu Gewalt führen.

Bedeutung:

  • Die Fabel spiegelt die gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse zur Zeit Pfeffels wider, in denen Höflinge oft um die Gunst des Herrschers wetteiferten und dafür ihre Prinzipien aufgaben.
  • Auch heute erinnert die Fabel daran, wie wichtig es ist, eigenständig zu denken und nicht blind Machtstrukturen zu unterstützen.
  • Die Verbindung von Nachahmung und späterer Gewalt macht deutlich, wie gefährlich unreflektiertes Verhalten in Hierarchien sein kann.
  • Das Gedicht ist klar und prägnant aufgebaut, wobei es eine scharfe Kritik mit einer düsteren, nachdenklichen Schlussmoral verbindet.

Anregung:
Man kann dieses Gedicht gut mit
Gellert, Christian Fürchtegott, „Wider den Geiz“
vergleichen, denn vorauseilender Gehorsam gegenüber den Mächtigen kann dafür sorgen, dass man zu dem Reichtum kommt, den man später geizig für sich behält.
https://schnell-durchblicken.de/gellert-wider-den-geiz

Eine positive Variante des Umgangs mit der Macht hat Brecht in einer kurzen Erzählung präsentiert:
Brecht, Maßnahmen gegen die Gewalt
https://schnell-durchblicken.de/brecht-massnahmen-gegen-die-gewalt

Weitere Infos, Tipps und Materialien