Roman „Corpus delicti“: Beziehung zwischen Mia und ihrem Anwalt Rosentreter (Mat2167-bmr)

Das Besondere der Beziehung

In einem letztlich diktatorischen und sogar totalitären System gibt es zwar noch so etwas wie eine „Gerichtsbarkeit“ – aber sie ist nicht mehr unabhängig. Letztlich hat das Vorrang, was von den Herrschenden vorgegeben wird.

Vor diesem Hintergrund ist natürlich interessant, wie sich Mias Anwalt verhält und was er ggf. für sie herausholt oder zumindest herausholen könnte.

Vorab-Hinweis
Unsere Infos, Tipps und Materialien zu dem Roman sammeln wir hier:
https://textaussage.de/roman-corpus-delicti-themenseite

Nun zu einer genaueren Klärung der Beziehung

Bitte die Details, vor allem die Texthinweise selbst prüfen und als Basis für weitere Klärungen und Ergänzungen nehmen.
Dies soll hier nur eine Arbeitserleichterung sein.

  1. Die Rahmenbedingungen der Beziehung
    • Mia Holl und Lutz Rosentreter agieren im Roman „Corpus delicti“ unter den Bedingungen eines totalitären Systems, der sogenannten „Methode“, das Gesundheit zur Ideologie macht (vgl. Kapitel 4, S. 70 ff.).
    • Rosentreter tritt als Mias Pflichtverteidiger auf, ist somit vom System bestellt und agiert innerhalb der Grenzen einer nicht unabhängigen Gerichtsbarkeit (vgl. Kapitel 4).
  2. Erster Eindruck: Der ungeschickte Anwalt
    • Zunächst wirkt Rosentreter unsicher und unprofessionell. Mia nimmt ihn nicht ernst, empfindet ihn gar als einen „liebenswerten Tölpel“ oder „netten Jungen“ (vgl. Kapitel 4, S. 72).
    • Seine juristischen Entscheidungen schaden Mia anfänglich, verschärfen ihre Lage sogar, wodurch sie ihm zunächst mit Frustration und Ablehnung begegnet: „Sie haben mir versprochen, diese Scheiße zu beenden. Und was machen Sie? Reiten mich noch tiefer rein.“ (Kapitel 7, S. 107).
    • Kap24 (91ff): Mia zu Rosentreter: “hat mich heute vor Gericht ans Messer geliefert.” (92)
      Rosentreter will den Fall von Moritz erneut aufrollen.
      Mia: “Was Sie da planen, ist keine Verteidigung. Sondern ein Feldzug.” (96)
  3. Der Wandel: Rosentreter entdeckt seinen Idealismus
    • Im Verlauf der Handlung entwickelt sich Rosentreter vom unsicheren Anwalt zum engagierten Idealisten. Mia wird für ihn zur Schlüsselfigur, durch die er begreift, dass er nicht nur einen einzelnen Fall bearbeitet, sondern sich gegen das gesamte System stellen könnte (vgl. Kapitel 6 und 9).
    • Er instrumentalisiert Mias Fall bewusst als Plattform, um gegen die „Methode“ vorzugehen. Sein Engagement gewinnt an Tiefe, er entdeckt seine Lust am Argumentieren und zeigt Mut in entscheidenden Situationen: „Ich warte seit Jahren auf eine Gelegenheit, der METHODE ein Bein zu stellen.“ (Kapitel 8, S. 115).
  4. Persönliche Krise: Rosentreters private Beziehung
    • Parallel zu seiner beruflichen Entwicklung offenbart sich, dass Rosentreter selbst eine private Beziehung führt, die vom System akzeptiert wird, weil seine Partnerin eine Anhängerin der „Methode“ ist (siehe das Kapitel „Schnecken“.)
      • Kap25 (112ff):Rosentreter erzählt von seiner Liebe:
        “Wir führen eine Distanzbeziehung ohne Beziehung” (98)
      • “Nach der METHODE ist unzulässige Liebe ein Kapitalverbrechen. Wenn ich meine Liebe vollziehe, steht das auf einer Stufe mit dem vorsätzlichen Verbreiten von Seuchen.” (99)
    • Als Rosentreter die Schwächen der Methode am Beispiel von Moritz Holl (Mias Bruder) offenlegt, bricht seine Beziehung auseinander. Sein beruflicher Erfolg mündet so paradoxerweise in eine private Niederlage, was Rosentreter in eine tiefe persönliche Krise stürzt (vgl. Kapitel 10, S. 171).
  5. Mias ambivalente Haltung gegenüber Rosentreter
    • Mia ist lange Zeit hin- und hergerissen zwischen Sympathie und Abneigung gegenüber Rosentreter. Sein anfängliches Versagen sorgt für Wut und Enttäuschung (vgl. Kapitel 6 und 7).
    • Doch mit der Zeit erkennt sie, dass hinter seiner Unsicherheit echter Mut und Idealismus stecken. Sie akzeptiert ihn zunehmend als Mitstreiter, auch wenn er ihren Erwartungen letztendlich nicht vollständig gerecht wird (vgl. Kapitel 12).
  6. Das Scheitern der Verteidigung – ein ambivalenter Ausgang
    • Trotz Rosentreters mutigen Einsatzes erreicht er am Ende juristisch gesehen nur wenig für Mia. Im entscheidenden Hochverratsprozess verzichtet er sogar bewusst auf eine umfassende Verteidigung, möglicherweise um seine ehemalige Partnerin und letztlich auch sich selbst vor weiteren Konsequenzen zu schützen (vgl. Kapitel 12).
    • Sein abschließendes Gnadengesuch verhindert zwar Mias vollständige Verurteilung, nimmt ihr jedoch zugleich die Möglichkeit einer Märtyrerrolle, mit der sie ihren Kampf gegen das System hätte symbolisch abschließen können (vgl. Kapitel 12).
  7. Gesamturteil: Rosentreter als tragische Figur und ambivalenter Held
    • Insgesamt erscheint Rosentreter als tragische Figur, dessen persönlicher Idealismus und Mut am Ende in starkem Kontrast zu seinen begrenzten juristischen Fähigkeiten und seiner privaten Zerrissenheit stehen (vgl. Kapitel 10, 12).
    • Mia profitiert letztlich emotional und moralisch von seinem Engagement, doch der konkrete Erfolg bleibt aus. Rosentreter ist somit ein ambivalenter Held: mutig und menschlich bewundernswert, zugleich tragisch und letztendlich machtlos gegen die Übermacht der „Methode“.

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