Arno Geiger, „Unter der Drachen wand“ – Die wichtigsten Infos und Thesen zu den Teilthemen des Romans (Mat2827-texte)

Worum es hier geht:

Im Folgenden zeigen wir zum einen eine Übersicht über Teilthemen des Romans.

Zum anderen ist dieses Schaubild einem Video entnommen, in dem das Teilthema „Situation und Verhalten der Frontsoldaten“ näher vorgestellt wird.

Die farblich angepassten Umrandungen machen deutlich, wie Teilthemen auch zusammenhängen können.


Im Folgenden stellen wir wichtige Kern-Infos zu den verschiedenen Teil-Themen zusammen, mit denen man sich sehr gut auf eine Klausur oder ggf. auch eine mündliche Prüfung vorbereiten kann.


Teilthema 1: Welt der Frontsoldaten

Wir füllen das hier noch auf.

Aber wir brauchen erst mal eine Übersicht, in das wir alles eintragen können, auf das wir bei erneuter Lektüre und Recherchen zu den Teilthemen eben schon mal stoßen.

  • Im wesentlichen wird alles an der Hauptfigur gezeigt, vor allem die verlorenen Jahre
  • Dazu kommt die „Verzerrung des eigenen Wesens“, die mit dem Kriegsdienst einhergeht.
  • Folgen sind dann die sog. „posttraumatischen Belastungsstörungen“.
  • Problematisch ist auch der Einsatz der Droge „Pervitin“, die auch eine Rolle bei der Ermordung des Onkels spielt.
  • Neben Veit ist es vor allem Kurt, der eigene Erfahrungen und Erkenntnisse zum Militärischen beiträgt, etwa wenn erfahrene Soldaten plötzlich fern der Front wieder „geschliffen“ werden.

Hierzu gibt es eine ausführliche Darstellung:

https://schnell-durchblicken.de/drachenwand-unterthema-frontsoldaten

Dazu das Spezialthema „posttraumatische Belastungsstörung“

https://www.einfach-gezeigt.de/drachenwand-teilthema-ptbs


Teilthema 2: Welt der Zivilbevölkerung
  • Es geht hier zunächst um die Verknappung bzw. das Fehlen von Gütern.
  • Das hängt zentral auch mit den Bombardierungen der Städte zusammen, wie die Briefe von Margots Mutter deutlich machen.
  • Viel schlimmer ist das enorme Leid, dass die Bombenabwürfe über die Zivilbevölkerung bringen, eine völlig neue Erfahrung im Vergleich zum I. Weltkrieg, in dem es nur wenige Luftangriffe im Frontbereich gab.
  • Dazu kommen Ideologie und Terror, wobei es sowohl Opfer gibt als auch Befürworter der angeblichen „Erhebung“ der deutschen Nation durch Hitler.

Siehe schon mal die ausführliche Fassung:

https://schnell-durchblicken.de/drachenwand-unterthema-heimatfront


Teilthema 4: Terror und Judenverfolgung
  • Am Beispiel der Familie von Oskar Meyer werden wichtige Facetten der Ausgrenzung und Verfolgung jüdischer Menschen deutlich.
  • Es beginnt mit dem Verlust der eigenen Wohnung und vielen Einschränkungen.
  • Dazu kommen die Schwierigkeiten bei der Frage der Auswanderung.
  • Ungarn erscheint zunächst als Ort des Aufatmens, bevor es zum Ende hin dort zu einem Absturz auch hier in die Barbarei kommt.
  • Sehr berührend wird das familiäre Leid beschrieben, als Frau und Sohn schließlich verschwinden, offensichtliche Opfer einer Razzia mit schlimmem Ausgang.
  • Auch Oskar selbst kann sich am Ende nur in eine scheinbare neue Tätigkeit im Rahmen eines Arbeitsdienstes flüchten, der sich aber bald als Vorstufe des Holocaust herausstellt, wenn Zurückbleibende einfach erschossen werden.
  • Die Welt der KZ selbst wird nur in Erzählungen thematisiert, im Nachwort erfahren wir aber, dass Oskar in einem KZ umgekommen ist.

Teilthema 3: Ideologie und totalitäres System
  • Totalitäre Regime wollen die volle Kontrolle über die Menschen
  • Anders als autoritäre, die sich mit der Sicherung ihrer Herrschaft begnügen, ansonsten aber den Menschen ihr eigenes Leben lassen.
  • Bezeichnend ist, dass man im NS-System aufgrund „von falschem Denken“ (161) verurteilt werden kann.
  • Kontrolle beginnt bei den Kindern, die Lagersituation entzieht sie der elterlichen Erziehung – die kann ja auch alternative oder oppositionell sein
  • Beispiel: Besuch der Eltern im Lager – Feststellung, dass die Kinder selbstständiger geworden sind – aber eben unter dem Einfluss des Nationalsozialismus
  • Zitat: Der versucht nämlich, seinen „Lebensraum in die Köpfe der Kinder auszudehnen“ (EB135).
  • Unter den Erwachsenen ist am meisten von der NS-Ideologie beeinflusst Herr Dohm, der Ehemann der Quartiersfrau. Er setzt im besetzten Polen als SS-Mann die NS-Vorstellung vom „neuen Menschen“ durch – und das bedeutet pseudoarisches Herrenmenschentum und Versklavung und zum Teil Ausrottung der angeblichen slawischen Untermenschen.
  • Für seine Frau ist Hitler ein Vorbild an Disziplin, „der täglich um fünf in der Früh aufstehe und seine Gesundheit opfere für so Faulenzer wie mich [Veit]“ (EB63) – und sogar Veit glaubt lange Zeit, „dass der F. ein großer Mann war.“ (105)
  • Wo Erziehung und Anpassung nicht reichen, greift in totalitären System der Terror. Der wird besonders deutlich gemacht am Beispiel des Brasilianers, der zunächst im Gefängnis brutal behandelt wird. Als er später im Sinne des Regimes rückfällig wird, muss er sogar die Todesstrafe befürchten.
  • Ein totalitäres System braucht auch Gegner und da hatte sich Hitler eine besonders perfide Zusammenstellung ausgedacht, die von Kommunisten über Sozialdemokraten bis hin allen Vertretern von Demokratie und Menschenrechten reichte. Wer hier „aufmuckte“, wie es damals hieß, musste mit sozialer Ausgrenzung und ggf. auch repressiven Maßnahmen rechnen – bis hin zur zeitweisen Einweisung in ein KZ. Diese dienten bei Volksdeutschen, so die damalige Bezeichnung, durchaus auch der Brechung des Willens und damit der erzwungenen Anpassung an das System. Wer zu den „Glücklichen“ gehörte, die das KZ noch einmal verlassen durften, hielt sich anschließend an die Vorgaben, war auch zum Schweigen verpflichtet, oder aber ihm drohte die endgültige Auslöschung. Man denke hier etwa bei der Einlieferung in ein solches Lager an die Umwandlung vom Träger eines Namens zum Träger einer Nummer.
  • Nicht mal die Chance auf Anpassung bekamen die, die entsprechend den rassistischen Vorgaben des Nationalsozialismus als Gefahr für die angeblich notwendige Reinheit des Volksblutes angesehen wurden. Hier ist beispielhaft das Schicksal des jüdischen Zahntechnikers Oskar Meyer und seiner Familie. Darauf gehen wir weiter unten in einem eigenen Absatz ein.

Teilthema 5: Opposition, Widerstand
Kurzfassung
  • 1: Eine so extreme Ideologie wie der Nationalsozialismus und sein diktatorisches, ja totalitäres Herrschaftssystem fordert natürlich zum Widerstand heraus.
  • 2: Der setzt aber eigenes Denken voraus und ist auch nicht ungefährlich.
  • 3: Am besten kann man das an Robert Raimund Perttes verdeutlichen, dem sog. „Brasilianer“.
  • Veit interessiert sich für diesen Mann vor allem, weil er außerhalb der allgemeinen „Gleichschaltung“ lebt.
  • Das hängt vor allem damit zusammen, dass dieser Mann mit Brasilien, seiner Wahlheimat, eine Art Gegenwelt im Kopf und im Herzen hat.
  • Diese erscheint ihm sehr viel menschlicher, vor allem sieht er dort nicht den extremen Rassismus der Nazis.
  • Insgesamt hält er das NS-Reich für ein „Sklavenschiff“, das er gerne so bald wie möglich verlassen möchte.
  • 4: Das Problem ist nun, dass dieser Brasilianer ein sehr emotionaler Mensch ist, der einfach nicht seinen Mund halten kann.
  • Das erste Mal kommt er nach der Bezeichnung des Propagandaministers Goebbels noch mit einer mehrmonatigen Gefängnisstrafe davon, weil man ihm in einer Kneipe eine gewisse Trunkenheit zugutehält.
  • Beim zweiten Mal äußert er sich gegenüber dem nazitreuen Schwager aber so extrem und beschimpft auch Hitler persönlich, dass er selbst mit der Todesstrafe rechnet.
  • Er kommt davon, weil Veit den ihn bewachenden Polizisten, immerhin sein Onkel, erschießt und ihm damit zur Freiheit verhilft.
  • 5: Veit ist von der NS-Erziehung geprägt, hat aber durch den Kriegseinsatz zur Distanz gefunden, spricht auch immer nur und leicht spöttisch vom F. statt von Hitler als Führer. Vor allem die Liebe, die er mit Margot erfährt, hilft ihm, zur Distanz zu finden. Das Fälschen von Dokumenten bringt aber auch ihn in Lebensgefahr.
  • Fazit:
    Von daher bleibt als Fazit, dass der Brasilianer im wesentlichen und unverändlich eine zutiefst menschliche Abwehrhaltung gegenüber dem verbrecherischen Totalitarismus der Nazis zeigt, während das bei Veit stark mit dem Krieg zusammenhängt, aber auch zunehmendes kritisches Bewusstsein zeigt. Bei ihm ist die Gegenwelt aber eher seine Hoffnung auf ein normales Leben mit Studium und die für ihn neue Welt der Liebe mit Margot.

Teilthema 6: Erziehung
  • Die Erziehung – besonders der Jugend – spielt in jeder Diktatur eine besondere Rolle. Schließlich gilt es, die Sicht der herrschenden Partei und/oder ihres Führers möglichst tief in den Köpfen der nächsten Generation zu verankern.
  • So sieht Veit eines Tages „dreißig gut dressierte Mädchen“ (EB103) vorbeimarschieren. Der Brasilianer kommentiert das „verächtlich, kein Tier käme auf die Idee, sich in Zweierreihe fortzubewegen, das sei absurd.“ (EB104)
  • Überhaupt hat das Lager mit den Mädchen wohl vor allem die Funktion, die jungen Menschen dem Elternhaus zu entfremden. Eine Schlüsselstelle findet sich auf EB129, wo Veit feststellt: „Auch mir als Außenstehendem fiel auf, dass die Kinder während der vergangenen Monate selbstbewusster geworden waren, oft genug wurde ihnen gesagt, sie seien das teuerste Gut des F.“ Hier wird deutlich, dass die Jugenderziehung im Nationalsozialismus auf der einen Seite indoktriniert hat, auf der anderen Seite aber auch das jugendliche Selbstbewusstsein gestärkt hat. Interessant ist hier ein Hinweis in Wikipedia auf eine wissenschaftliche Untersuchung:
    „Die HJ wiederum suchte ’nicht ohne Erfolg‘, […] ‚durch Forcierung einer bestimmten Art von Selbstbewußtsein und Selbständigkeit der Jugendlichen‘ die ‚Einflussnahme durch das Elternhaus geringzuhalten.'“
    Als Quelle wird angegeben: Arno Klönne: Jugend im Dritten Reich. Die Hitlerjugend und ihre Gegner. PapyRossa Verlag, Köln 2008, S. 55.
  • Die Erziehung wird aber auch grundsätzlicher kritisch betrachtet – und zwar von der Hauptfigur selbst. Veit wirft besonders seinem Vater vor, ihm wenig Freiheit gelassen zu haben. Alles wurde seiner Meinung nach reduziert auf die Begriffe „Standhaftigkeit und Konsequenz“ (EB348).
  • Ein besonders übles Beispiel ist der Vater von Kurt, der seinen Sohn fast zusammenschlägt, als er von seiner Liebe zu seiner Cousine Nanni erfährt.
  • In dem Zusammenhang ist auch der Brief von Nannis Mutter an ihre Tochter interessant, den Veit lesen darf: Anschließend wundert er sich: „Und was mich am meisten aus der Fassung brachte, war, dass ein so brutal eingeschüchtertes Kind die Kraft besaß, weiterhin seine Interessen zu vertreten.“ (EB111)

Teilthema 7: Menschenbild

  • Hier kann man dem Erzählfortschritt folgen, weil man sich dann die Punkte gut einprägen kann.
  • Gleich am Anfang wird das Menschenbild der Nazis sichtbar: Die Menschen sind dafür da, sich voll und ganz für die Ideologie und ihren Krieg einzusetzen.
  • Zum Menschenbild der Nazis gehört aber auch zunächst die ideologische Gleichschaltung und ggf. die gnadenlose Vernichtung derer, die sich ihr entziehen oder sich ein bisschen lebenserhaltenden Egoismus zu Lasten der Volksgemeinschaft leisten. (Beispiel: Todesstrafe für heimliches Schlachten eines Schweins, Verfolgung Andersdenkender und kritischer Äußerungen, siehe Brasilianer)
  • Zur totalitären Diktatur kommt der mörderische Rassismus, wie er beispielhaft an der Familie von Oskar Meyer verdeutlicht wird.
  • Dazu kommt die Ermordung von Behinderten, die am Anfang kurz erwähnt wird.

  • Diesem menschenverachtenden System, das erstaunlicherweise dennoch bei vielen bis in die Schlussphase des Krieges ganz gut ankommt, wird durch den sogenannten „Brasilianer“ eine ganz andere Welt gegenübergestellt, nämlich die Brasiliens.
  • Diese Welt steht für Freiheit, fröhliche Menschen, ein buntes, natürliches Leben, ohne Rassismus.
  • Kein Wunder, dass der Brasilianer von einer Rückkehr in diese Welt träumt.

Teilthema 8: Schuld und Verantwortung
  • Wir haben die umfangreiche Darstellung zu diesem Thema hier rausgelöst und auf eine eigene Seite gepackt:
    https://www.einfach-gezeigt.de/drachenwand-teilthema-schuld
  • Hier also nur die Kurzfassung:
  • Wichtig bei diesem Thema ist, den Ansatz des Autors ernstzunehmen und nicht von heute auszugehen. Vielmehr geht es darum, wie die Figuren das selbst sehen – und natürlich besonders der Protagonist Veit Kolbe.
  • Am besten geht man von dem Kapitel „Seit es mit Margot“ aus, denn dort gibt es im Schlussteil wichtige Erzählteile und auch Einsichten:
  • Veit spricht hier angesichts sinnloser Baumaßnahmen von einer „moralischen Konkursmasse„.
  • Es folgt die Beschreibung, wie ein Häftling von einem Wachmann totgeschlagen wird, was bei Veit zu „tatenlosem Entsetzen“ führt.
  • Dann die kurze Begegnung mit dem dem jüdischen Zwangsarbeiter Oskar Meyer, den er nicht kennt, der aber für den Leser über ein bestimmtes Halstuch kenntlich gemacht wird. Seine Augen sind „voller Vorwurf“ und später ist sogar von „verstecktem Hass“ die Rede. Hier wird deutlich, wie die Untaten vieler letztlich allen zugerechnet werden, die zu ihrem Umfeld gehören.
  • Veit erkennt, dass er Teil eines Gesamtprozesses gewesen ist, der ihn auch in die Verantwortung miteinbezieht, wenn auch nicht in einem streng rechtlichen Sinne.
  • Unbedingt im Auge behalten sollte man natürlich den einzig ganz klaren Fall, bei dem Veit persönlich schuldig wird, nämlich den Mord an seinem Onkel, bei dem man nur den Einfluss des Aufputschmittels Pervitin schuldmindernd berücksichtigen könnte.

Insgesamt also
  • sehr deutliche Hinweise auf die Untaten, die „in deutschem Namen“, wie man so „schön“ sagt, verübt worden sind
  • und durchaus die Erwartung, dafür auf irgendeine Art und Weise auch kollektiv zur Rechenschaft gezogen zu werden.
  • Wichtig ist auch hier ein Entwicklungsprozess, der Veit klarmacht, dass er nicht nur Opfer des Krieges ist, sondern eben auch zu den Tätern gehört und in ihren Verbrechenszusammenhang zumindest verstrickt ist.
  • Demgegenüber gibt es offensichtlich keine selbstkritische Auseinandersetzung mit der Schuld am Tod des Onkels.

Weitere Infos, Tipps und Materialien