Schiller, „Kabale und Liebe“, Akt I, Szene 1-2: Analyse und Interpretation (Mat2060-1-2)

Worum es hier geht:

  • Schillers „Kabale und Liebe“ ist ein recht interessantes Theaterstück, aber auf Grund der Sprache nicht immer leicht zu verstehen.
  • Wir stellen deshalb hier die Szenen vor, präsentieren wichtige Textstellen, die man sich direkte in seiner Ausgabe markieren kann.
  • Außerdem geben wir Interpretationshinweise – und machen auch Vorschläge für kreative Ansätze.

Hier geht es jetzt um die ersten beiden Szenen des I. Aktes, in denen es um die Sorgen des Vaters und das Gespräch darüber mit Luise geht.

I-1: Vater macht sich Sorgen: Tochter in einen Adligen verliebt
  • Schon der Beginn des Stückes zeigt das Problem, um das es geht.
  • Da sagt ein einfacher Musiker, der in der Zeit des Absolutismus wahrscheinlich in einem höfischen Orchester spielt, zu seiner Frau (S.5):
    „Einmal für allemal. Der Handel wird ernsthaft. Meine Tochter kommt mit dem Baron ins Geschrei. Mein Haus wird verrufen. Der Präsident bekommt Wind, und – kurz und gut, ich biete dem Junker aus.“
  • Gemeint ist damit, dass seine Tochter aus einfachen bürgerlichen Verhältnissen mit einem jungen Baron, also einem Adlingen, ein Liebesverhältnis angefangen hat, was jetzt „ernsthaft“ wird, also Probleme macht.
  • „Verrufen“ ist sein Haus dadurch, weil alle denken, dass das Mädchen sich an den hohen Herrn nur wegwirft, nie bei ihm angekommen kann und wird.
  • Dann kommt noch hinzu, dass der Vater dieses Barons der Präsident des Fürstentums ist, also der höchste Beamte. Das kann nur Ärger geben –
  • und deshalb ist der einfache Musiker entschlossen: „ich biete dem Junker aus.“ Das heißt in diesem Falle: Der Mann kommt mir nicht mehr ins Haus.

I-2: Vater tritt dann doch noch für die moderne Liebe ein

  • In der zweiten Szene zeigt sich dann, dass das Problem noch größer ist: Es gibt nämlich nicht nur einen – aus des Vaters Sicht falschen Bewerber um die Tochter. Nein, es gibt auch einen, der scheinbar richtig erscheint und als falscher rausgeht.
  • Es ist der Sekretär des Präsidenten, der schon mal auf den schönen Namen „Wurm“ hört – und genau so auch auftritt – zwischen Jämmerlichkeit und Frechheit. Interessant nun, dass dem Vater, der eben noch so auf förmliche Verhältnisse geachtet hat, nun gewissermaßen die Hutschnur reißt. Wurm macht nämlich den Fehler, ihn zu bitten, doch in seinem Sinne um das Ja der Tochter für eine Eheschließung zu bitten.
  • Darauf der Vater (S. 11)
  • „Ich rate meiner Tochter zu keinem – aber Sie missrat ich meiner Tochter, Herr Sekretarius.
  • Lassen mich ausreden.
  • Einem Liebhaber, der den Vater zu Hilfe ruft, trau ich – erlauben Sie, – keine hohle Haselnuss zu.
    („keine hohle Haselnuss“ = nichts)
  • Ist er was, so wird er sich schämen, seine Talente durch diesen altmodischen Kanal vor seine Liebste zu bringen –
    („durch diesen altmodischen Kanal“ = auf diese alte, nicht mehr zeitgemäße Weise)
  • Hat er’s Courage nicht, so ist er ein Hasenfuß, und für den sind keine Luisen gewachsen – –
    (= Wenn er diesen Mut nicht hat, so ist er ein Angsthase, und solche Leute bekommen kein Mädchen wie meine Luise!)
  • Da!
  • hinter dem Rücken des Vaters muss er sein Gewerb an die Tochter bestellen.
    (= Hinter dem Rücken des Vaters = heimlich, muss er sich an die Tochter heranmachen, sie von sich überzeugen)
  • Machen muss er, dass das Mädel lieber Vater und Mutter zum Teufel wünscht, als ihn fahren lässt –
    (= Er muss sich so verhalten, dass das Mädchen lieber auf Vater und Mutter verzichtet als auf ihn.)
  • oder selber kommt, dem Vater zu Füßen sich wirft und sich um Gottes willen den schwarzen gelben Tod oder den Herzeinzigen ausbittet. –
    (= oder sich dem Vater zu Füßen wirft und ihn um die Pest oder den einzigen Menschen, den sie liebt, bittet, d.h. sie stirbt lieber als auf den Geliebten zu verzichten,)
  • Das nenn ich einen Kerl! Das heißt lieben! – und wers bei dem Weibsvolk nicht so weit bringt, der soll – – auf seinem Gänsekiel reiten.“
    (= So einer ist für mich ein Mann, das ist für mich wahre Liebe. Und wer das bei einem Mädchen nicht alleine schafft, der soll sich vom Acker machen!)
  • Man muss hier gar nicht gleich alles verstehen: Es reicht der erzürnte Hinweis, dass er nichts von einem Liebhaber hält, „der den Vater zu Hilfe ruft“. Und dann noch der zweite Hinweis: „Hat er’s Courage nicht, so ist er ein Hasenfuß, und für den sind keine Luisen gewachsen.“ Das heißt: Dieser Vater möchte, dass seine Tochter den richtigen Mann bekommt, der sie wirklich liebt und um sie kämpft – eine ganz schön moderne Vorstellung.

Weitere Infos, Tipps und Materialien