Themenbereich „Die dunkle Seite der Romantik“
Joseph von Eichendorff
Die Heimat
An meinen Bruder
01 Denkst du des Schlosses noch auf stiller Höh?
02 Das Horn lockt nächtlich dort, als obs dich riefe,
03 Am Abgrund grast das Reh,
04 Es rauscht der Wald verwirrend aus der Tiefe –
05 O stille, wecke nicht, es war als schliefe
06 Da drunten ein unnennbar Weh.
07 Kennst du den Garten? – Wenn sich Lenz erneut,
08 Geht dort ein Mädchen auf den kühlen Gängen
09 Still durch die Einsamkeit,
10 Und weckt den leisen Strom von Zauberklängen,
11 Als ob die Blumen und die Bäume sängen
12 Rings von der alten schönen Zeit.
13 Ihr Wipfel und ihr Bronnen rauscht nur zu!
14 Wohin du auch in wilder Lust magst dringen,
15 Du findest nirgends Ruh,
16 Erreichen wird dich das geheime Singen, –
17 Ach, dieses Bannes zauberischen Ringen
18 Entfliehn wir nimmer, ich und du!
Neuer Titel
Joseph von Eichendorff
Zwielicht
01 Dämmrung will die Flügel spreiten,
02 Schaurig rühren sich die Bäume,
03 Wolken ziehn wie schwere Träume –
04 Was will dieses Graun bedeuten?
05 Hast ein Reh du lieb vor andern,
06 Lass es nicht alleine grasen,
07 Jäger ziehn im Wald und blasen,
08 Stimmen hin und wieder wandern.
09 Hast du einen Freund hienieden,
10 Trau ihm nicht zu dieser Stunde,
11 Freundlich wohl mit Aug und Munde,
12 Sinnt er Krieg im tückschen Frieden.
13 Was heut müde gehet unter,
14 Hebt sich morgen neugeboren.
15 Manches bleibt in Nacht verloren –
16 Hüte dich, bleib wach und munter!
Joseph von Eichendorff
Der Schiffer (1808)
Du schönste Wunderblume süßer Frauen!
Ein Meer bist du, wo Flut und Himmel laden,
Fröhlich zu binden von des Grüns Gestaden
Der wünsche blühnde Segel voll Vertrauen.
So schiffend nun auf stillerblühten Auen,
In Lockennacht, wo Blicke zaubrisch laden,
Des Munds Koralln in weißem Glanze baden,
Wen füllt’ mit süßem Schauer nicht solch Schauen!
Viel hab ich von Sirenen sagen hören,
Stimmen, die aus dem Abgrund lockend schallen
Und Schiff und Schiffer ziehn zum kühlen Tode.
Ich muss dem Zauber ewge Treue schwören,
Und ruder, Segel laß ich gerne fallen,
Denn schönres Leben blüht aus solchem Tode.
Ästhetik des Hässlichen in der Zeit des Expressionismus
Aufs Ganze gehen – oder die Bereitschaft zum totalen Risiko in der Romantik
Sehnsucht nach einer neuen Welt und einem neuen Menschen in der Zeit des Expressionismus
Das Folgende ist ein Auszug aus dem E-Book
Kurz vorher wurden die Weltende- und Untergangsszenarien in Gedichten des Expressionismus behandelt. Dann geht es so weiter:
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„Wo aber Gefahr ist, wächst / Das Rettende auch.“
Dementsprechend gibt es im Expressionismus nicht nur Untergangsszenarien, sondern eben auch eine „Menschheitsdämmerung“ in dem Sinne, dass sie heraufdämmert, also sich dem Licht des Tages nähert.
Ernst Stadler, Vorfrühling
Individuelle Frühlingsgefühle bringen eine grandiose Aufbruchstimmung hervor.
12 Zeilen, Klausurbedeutung: @@@@@
Wir beginnen mit einem Gedicht, das auf unnachahmliche Art und Weise die Aufbruchsstimmung veranschaulicht, die mit mit dem Frühling verbunden sein können.
Sie läuft letztlich auf die Bereitschaft zu Abenteuern hinaus, bei denen man auch bereit ist, sich seinem Schicksal zu stellen. Dass das auch ein Problem darstellen kann, wird nicht thematisiert.
Zum Vergleich: Eichendorff, Frische Fahrt
Schon in der Romantik machen Frühlingsgefühle Abenteuerlust mit Bereitschaft zum Risiko
16 Zeilen; Klausurbedeutung: @@@@ (natürlich unter Vergleichsbedingungen)
Das Gedicht macht deutlich, dass es im Expressionismus natürlich auch Gefühle gab, die gewissermaßen zeitlos sind. Zumindest gab es auch in der Romantik im Frühling eine Stimmung, die nach draußen rief, hin zu Abenteuern. Das Besondere dieses Gedichtes ist es, dass ganz explizit (deutlich ausgesprochen) auch das damit verbundene Risiko in Kauf genommen wird. Hier ist Eichendorff weiter als der viel spätere Stadler.
Karl Henckell, „Aufschwung“
Herausforderung zur Rettung aus eigener Kraft
24 Zeilen; Klausurbedeutung: @@@
Das Gedicht beschreibt vor allem die Notwendigkeit, „den Adel der Freiheit“ zu erringen und stellt fest, dass man ganz auf sich selbst gestellt sei: „Kein Gott kann uns retten“. Insgesamt ist das Gedicht aber wenig konkret.
Klabund, Der neue Mensch
Ermutigung zum Kampf mit etwas „leicht fertiger“ Aussicht auf ein Leben in Liebe und Lachen
30 Zeilen; Klausurbedeutung: @@
Das Gedicht besteht aus vielen Appellen, kritisiert das Fehlverhalten in der Vergangenheit, malt düstere Gefahren aus, wenn nicht zum Beispiel gegen Diktatoren gehandelt werde. Am Ende sieht man einen neuen Frühling, der vor allem von Liebe und Lachen geprägt ist. Den „Tempel“ des falschen Denkens und Handelns der Gegenwart hält man für „morsch“.
René Schickele, „Großstadtvolk“
Revolution aus der Mitte der Großstadt heraus statt Emigration
30 Zeilen, Klausurbedeutung: @@@@
Dieses Gedicht (das ausführlicher im Bereich „Aufbruch zu Neuem“ vorgestellt wird) beschreibt, wie sehr die Großstadt die Menschen „klein“ macht. Dann wendet es sich der Frage zu, wie man damit umgehen soll. Während der Dichter Dehmel in einem Gedicht, das am Anfang zitiert wird (sehr ungewöhnlich) letztlich für eine Art Flucht plädiert, iste Schickele ganz anderer Meinung: Gerade weil die Großstadt alle Elemente der Macht in sich hat, muss sie von den „Millionen“, die unter falschen Verhältnissen leiden, erobert werden.
Ernst Wilhelm Lotz, „Aufbruch der Jugend“
Vision der Durchführung der Revolution
24 Zeilen; Klausurbedeutung: @@@
Das Gedicht blickt zunächst auf eine Zeit der Müdigkeit zurück und fordert jetzt zum Handeln auf. Man ist sicher, dass man die Gefängnisse öffnen und damit zusätzliche Unterstützung durch die dort einsitzenden politischen Gefangenen bekommen könnte. Am Ende zeigt sich ein fast schon messianisches Selbstbewusstsein.
Weitere Infos, Tipps und Materialien
- Expressionismus
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Sammlung von Gedichten des Expressionismus – nach Themen sortiert:
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