Worum es hier geht:
Vorgestellt wird ein Liebesgedicht von Sibylla Schwarz, einer Dichterin der Barockzeit (um 1637).
Zur Autorin
- Sibylla Schwarz (1621–1638) war eine außergewöhnlich begabte Dichterin des Barock.
- Sie lebte in Greifswald, mitten im Chaos des Dreißigjährigen Kriegs, und bekam trotz der schwierigen Zeit eine gelehrte Erziehung. Schon als junges Mädchen begann sie zu dichten – inspiriert von Martin Opitz, dem Reformator der deutschen Dichtung.
- In einer Epoche, in der Frauen kaum Bildung erhielten und Dichtung als Männerdomäne galt, schrieb sie Gedichte von hoher sprachlicher Kunst.
- Ihr Werk wurde erst nach ihrem frühen Tod veröffentlicht. Das Sonett „Ist Lieb ein Feur“ ist ihr bekanntestes Gedicht und gehört zu einem Zyklus über die Liebe.
Thema:
Das Gedicht behandelt das klassische barocke Thema der unerwiderten Liebe. Das lyrische Ich spürt brennende Leidenschaft, während die Geliebte völlig unberührt bleibt. Es fragt sich, warum seine Liebe keine Wirkung zeigt – warum das Herz der Geliebten so kalt ist.
Teil 1 des Gedichtes
- Im ersten Teil des Gedichts vergleicht das Ich die Liebe mit Feuer.
- Wenn Liebe ein Feuer ist, das selbst hartes Eisen schmelzen kann, dann müsste die Glut seiner Gefühle das Herz der Geliebten doch verwandeln können.
- Da dies nicht geschieht, überlegt es weiter: Wäre ihr Herz aus Gold, so wäre es immerhin formbar.
- Wäre es aus Fleisch, müsste es weich sein.
- Doch nichts davon trifft zu – ihr Herz ist wie ein „fleischner Stein“: Es sieht lebendig aus, bleibt aber innerlich kalt und hart.
Teil 2 des Gedichtes
- Im zweiten Teil wendet sich das Gedicht einem neuen Gedanken zu: Vielleicht ist das Herz der Geliebten gar nicht hart, sondern einfach eiskalt – wie Frost oder Schnee.
- Doch auch das ergibt keinen Sinn, denn wie könnte dann ihre Kälte so viel Hitze in ihm hervorrufen?
- Dieser Widerspruch, dieses Paradox, zeigt die innere Verzweiflung des Sprechers.
- Schließlich vergleicht er ihr Herz mit Lorbeerblättern, die selbst vom Blitz nicht verletzt werden.
- Der Lorbeer gilt in der Dichtung als Symbol für Ruhm und Unverletzlichkeit – hier steht er für die Unberührbarkeit der Geliebten.
- Selbst Amor, der Gott der Liebe, kann mit seinen Pfeilen nichts ausrichten.
- Die Geliebte lacht über seine Macht und bleibt unangreifbar – sie scheint stärker zu sein als die Liebe selbst.
Aussage des Gedichtes
Die zentrale Aussage des Gedichts lautet also:
Liebe ist für den Sprecher ein leidenschaftliches Feuer, das alles verzehrt – nur nicht das Herz der Geliebten. Sie bleibt kalt, unnahbar und unerreichbar. Damit steht das Sonett ganz in der Tradition der petrarkistischen Liebesdichtung, in der das unerfüllte Verlangen und das Leiden des Liebenden im Mittelpunkt stehen.
Sprachliche u.a. Mittel
- Sibylla Schwarz gestaltet dieses Thema mit kunstvollen sprachlichen Mitteln. Besonders auffällig ist die Metaphorik von Feuer, Glut, Eis und Stein – sie macht die Gegensätze zwischen brennender Leidenschaft und gefrorener Kälte greifbar.
- Rhetorische Fragen wie „Wohrvohn mag doch der Liebsten Hertze seyn?“ drücken das Unverständnis und die Verzweiflung des Ichs aus.
- Antithesen wie Feuer und Eis oder Leben und Härte verdeutlichen die Spannung zwischen Gefühl und Abweisung.
- Das Paradoxon, dass gerade die Kälte der Geliebten beim Sprecher Hitze erzeugt, unterstreicht den Widerspruch der Liebe selbst.
- Auch mythologische Bezüge, etwa auf den Liebesgott Cupido, verleihen dem Gedicht eine überzeitliche Dimension.
Gesamteinschätzung des Gedichtes – Modernität
Trotz der barocken Sprache wirkt das Gedicht erstaunlich modern. Es zeigt einen Menschen, der versucht, seine Gefühle zu begreifen – und scheitert an der Unbegreiflichkeit der Liebe. Zugleich kann man das Gedicht als ein frühes Beispiel weiblicher Selbstbehauptung lesen: Sibylla Schwarz greift ein traditionell männliches Thema auf und macht es sich zu eigen. Sie beweist, dass auch eine junge Frau des 17. Jahrhunderts geistige Tiefe und poetische Kraft besitzen kann.
So bleibt „Ist Lieb ein Feur“ nicht nur ein Denkmal barocker Sprachkunst, sondern auch ein zeitloses Gedicht über Leidenschaft, Schmerz und die Grenzen menschlicher Nähe. Es erinnert daran, dass selbst im Feuer der Gefühle etwas Unantastbares bleiben kann – und dass gerade darin das Rätsel der Liebe liegt.
Weitere Infos, Tipps und Materialien
- Barock, bsd. Lyrik
https://textaussage.de/lyrik-der-epoche-des-barock-themenseite
— - Barock – die wichtigsten Gedichte
https://textaussage.de/barock-die-wichtigsten-gedichte
— - Liebesgedichte
https://textaussage.de/themenseite-liebesgedichte
— - Liebesgedichte: Sammlung mit Infos und Verweisen zu Tipps:
https://textaussage.de/sammlung-von-liebesgedichten
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