Worum es hier geht:
Theodor Storms Novelle „Der Schimmelreiter“ zeigt, wie ein Junge aus einfachen Verhältnissen sich bis zum Deichgrafen hocharbeitet. Allerdings gerät er mit einem großen Deichprojekt in Konflikt mit der Gesellschaft. Schließlich gibt er einmal zu oft nach – und es kommt zur Katastrophe. Nur in der sagenhaften Erzählung von einem gespenstischen Schimmelreiter bleibt er im Bewusstsein – und das durch seinen Deichbau gewonnene Land bleibt am Ende auf Dauer erhalten.
Hier geben wir eine Übersicht über den 5. Teil der Novelle:
- Inhalt
- dramatische Entwicklung
- wichtige Textstellen
- und Interpretationshinweise
Weg in die Katastrophe
118ff: Auf dem Weg in die Katastrophe
- Ein interessantes Beispiel für auktoriale Erzähltechnik (126)
Hauke ist gegenüber seiner Frau nicht ehrlich – und der Erzähler erklärt, warum.
- „Eine unruhige Nacht folgte diesem Tage; Hauke wälzte sich schlaflos in seinen Kissen. »Was ist dir?« frug ihn Elke, welche die Sorge um ihren Mann wach hielt; »drückt dich etwas, so sprich es von dir; wir haben’s ja immer so gehalten!«
- »Es hat nichts auf sich, Elke!« erwiderte er, »am Deiche, an den Schleusen ist was zu reparieren; du weißt, daß ich das allzeit nachts in mir zu verarbeiten habe.« Weiter sagte er nichts; er wollte sich die Freiheit seines Handelns vorbehalten; ihm unbewußt, war die klare Einsicht und der kräftige Geist seines Weibes ihm in seiner augenblicklichen Schwäche ein Hindernis, dem er unwillkürlich auswich.“
- Es folgen weitere Stellen, so dass dieser Textbereich für eine Analyse sehr interessant sein könnte.
110-118: Zunehmendes Familienglück im Hause Hauke Haiens
- In der Novelle gibt es jetzt einen Zeitsprung von drei Jahren. Der neue Deich hat sich bewährt und von Hauke Haien heißt es: „Fortan lebte er einsam seinen Pflichten als Hofwirt wie als Deichgraf […] unter seinem Dach war Frieden, den auch das stille Kind nicht störte“ sein „liebes, einfältiges Gesichtlein trug fast immer den Ausdruck der Zufriedenheit.“
- Zur Hausgemeinschaft kommt die inzwischen 80-jährige Trien‘ Jans hinzu, der Hauke vor langer Zeit den Kater tot geschlagen hat. Sie soll jetzt ihren Lebensabend auf seinem Hof verbringen und seine Tochter Wienke hält engen Kontakt zu ihr. Der Kommentar der alten Frau zu der Behinderung der Tochter: „Du strafst ihn, Gott der Herr! Ja, ja, du strafst ihn!“ (113)
- Schließlich kommt es doch noch zu einer Aussprache zwischen den Eheleuten, in der Hauke klarmacht, dass ihm die Situation des Kindes völlig klar gewesen ist und für ihn dennoch gilt: „Ich hab sie lieb, und sie schlägt ihre Ärmchen um mich und drückt sich fest an meine Brust; um alle Schätze wollte ich das nicht missen.“ Und die Ängste und Sorgen seiner Frau schafft er weg mit dem klaren Satz: „Lass dich nicht irren, dein Kind, wie du es tust, zu lieben; sei sicher, das versteht es!“ (118)
118-143: Der Weg in die Katastrophe
- Die alte Trien‘ Jans erzählt dem Kind Schauergeschichten, was Hauke dadurch ausgleichen will, dass er mit ihr ans Wasser reitet. Aber auch da wirken die Geschichten noch nach und Wienke hält den Atem an, „als sähe sie erschrocken in einen Abgrund“ (121).
- Zum Problem wird es, als Hauke Haien von einem Marschfieber fast auf den Tod erkrankt. Er erholt sich zwar wieder, ist aber nicht mehr der alte. „Die Mattigkeit des Körpers lag auch auf seinem Geist, und Elke sah mit Besorgnis, wie er allzeit leicht zufrieden war.“ (122)
- Als er nach einem stärkeren Sturm Schäden am alten Deich feststellt, erkennt er, dass es im Fall des Falles nur eine einzige Lösung geben könnte: „Der Hauke-Haien-Koog müsste preisgegeben und der neue Deich durchstochen werden.“ (124).
- In dieser Situation ist der Deichgraf froh, als die anderen für den Deichbau mit Verantwortlichen eine Lösung favorisieren, die die Schäden nur an der Oberfläche beseitigt.
- Schließlich kommt es zur Katastrophe, als ein besonders heftiger Sturm den alten Deich brechen lässt. Als Hauke Haien mit ansehen muss, wie seine Frau und sein Kind in den Fluten umkommen, stürzt er sich selbst mit seinem Schimmel in den Bruch.
- Das Motiv dafür ist seine Erkenntnis: „Er allein hatte die Schwäche des alten Deichs erkannt […] Herr Gott, ja ich bekenne es, rief er plötzlich laut in den Sturm hinaus, ich habe meines Amtes schlecht gewartet.“ (140)
143ff: Der Schluss der Novelle
- Am Ende behauptet der Schulmeister noch einmal, er habe die Geschichte so erzählt, „wie ich sie nach bestem Wissen nur berichten konnte“ (144) .
- Er verweist dann zwar darauf, dass „die Wirtschafterin unseres Deichgrafen sie ganz anders erzählt hätte: Denn auch das weiß man zu berichten: jenes weiße Pferdsgerippe ist nach der Flut wiederum, wie vormals, im Mondschein auf Jevershallig zu sehen gewesen. Das ganze Dorf will es gesehen haben.“ (144)
- Das ist für die Leute der Beweis, dass dieser Schimmel ein Gespensterwesen gewesen ist, der den ihnen ebenso unheimlichen Deichgrafen in den Untergang begleitet hat.
- Kritisch stellt der Schulmeister demgegenüber fest: „Einen tüchtigen Kerl, nur weil er uns und Kopfeslänge überwachsen war, zum Spuk und Nachtgespenst zu machen – das geht noch alle Tage.“ (144)
- Der aktuelle Deichgraf zählt diesen Schulmeister zu den Aufklärern, als Leser bleibt man aber doch überrascht, wie wenig er auf Quellen eingeht. Stattdessen erzählt er die Geschichte eigentlich wie ein ganz normaler Erzähler, der natürlich alles wissen kann.
Weitere Infos, Tipps und Materialien
- Alles, was wir zum „Schimmelreiter“ haben
https://schnell-durchblicken.de/storm-schimmelreiter-themenseite
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- Infos, Tipps und Materialien zu weiteren Themen des Deutschunterrichts
https://textaussage.de/weitere-infos
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