Thomas Hürlimann, „Flug durch Zürich“ – Zugang zur Drogenproblematik mal auf einem Umweg? (Mat7402 )

Eine Geschichte kann sehr fremdartig erscheinen und gerade dadurch etwas erreichen.

Zu finden ist die Geschichte zum Beispiel hier:
Thomas Möbius, Wie interpretiere ich Fabeln, Parabeln und Kurzgeschichten? Aufgaben und Musterinterpretationen, 7. Auflage 2021, Bange Verlag, 96142 Hollfeld, ISBN: 978-3-8044-1575-1

Vorabhinweis auf ein Video:

Auf der Seite
https://schnell-durchblicken.de/kuenstliche-intelligenz-hilfe-bei-korrektur-eines-vorurteils-gegenueber-kurzgeschichte
stellen wir ein Video vor, in dem wir unsere Erfahrung geschildert haben:

Videolink
Die Dokumentation kann hier angeschaut bzw. heruntergeladen werden:
Mat7397 HP KI kann Vorurteile von Fachleuten überwinden und den Blick erweitern

Inhalt der Geschichte

  • Die Kurzgeschichte „Flug durch Zürich“ von Thomas Hürlimann ist interessant, weil sie auf den ersten Blick eine scheinbar absurde Situation präsentiert.
  • Die Geschichte spielt an einem Februarmorgen in Zürich. Eine junge, verzweifelte Frau bittet einen Mann um Hilfe. Ihre seltsame Erklärung, ihrer Taube seien die Füße ausgerissen worden, deshalb könne sie jetzt nicht mehr landen und müsse ständig in der Luft bleiben.
  • Der Mann ist zunächst irritiert und misstrauisch.
  • Alles spricht dafür, dass diese Frau wohl drogenabhängig ist und deshalb so seltsame Vorstellungen hat.
  • Allerdings zeigt sie dem Mann tatsächlich Taubenfüße in ihrer Hand.
  • Obwohl der Mann Mitleid empfindet, steigt er letztendlich in die nächste Straßenbahn und lässt die Frau zurück.

Aussagen der Geschichte

  • Die Geschichte kann als Kritik an einer Tendenz der modernen Gesellschaft gesehen werden, bei Problemen wegzusehen und Verantwortung zu meiden.
  • Bezeichnend ist ja, dass die anderen Passanten, die nur pauschal als „Jemands“ bezeichnet werden, die Situation bewusst.
  • Die Erklärung dafür ist wohl, dass die Not dieser Frau als so fremdartig empfunden wird, dass man sie lieber ignoriert
  • Damit ist man bei einem wichtigen Punkt für die Behandlung im Unterricht: Es geht um Probleme von Drogenabhängigen und ihre Wahrnehmung durch die Gesellschaft.

Konkurrenz zu Infos durch einen Fachmann?

  • Hier kann man sich natürlich fragen, ob es nicht besser wäre, wenn man sich diesen Problemen nicht vermittelt durch eine literarische Verfremdung, sondern direkt nähern würde – etwa durch den Besuch und Infos durch Sozialarbeiter bzw. Drogenbeauftragte.
  • Allerdings kann es auch so sein, dass gerade diese zweite Vermittlungsschicht der Kurzgeschichte einen anderen Zugang ermöglicht. Der Vortrag eines Experten wäre etwas Normales und würde vielleicht nur distanziert wahrgenommen.
  • Die Lektüre der Geschichte wirft aber erst mal Fragen auf und ermöglicht auch eine entsprechende besondere Rezeptionssituation. Möglicherweise kann so viel direkter und auch emotionaler über das Thema gesprochen werden.
  • Wenn tatsächlich anschließend ein Experte eingeladen würde, wäre es auch für den vielleicht ganz interessant, sich erst mal zu dieser Geschichte zu äußern. Dadurch würde er auch aus einer möglichen Routine herausgelöst. Dann könnte er ausgehend von diesem fiktiven Fall über seine Erfahrungen mit Drogensüchtigen sprechen.

Gemeinsamkeit mit einer Parabel

  • In gewisser Weise könnte das wie bei einer Parabel funktionieren: Auch dort wird ja erst mal „verfremdet“. Dadurch werden mögliche Erkenntniswiderstände gewissermaßen umgangen. Das könnte hier auch funktionieren und würde einmal mehr zeigen, wozu Literatur gut ist.

Weitere Infos, Tipps und Materialien