Wie erkennt man in einer „Kurzgeschichte“ die Parabel? (Mat9467-kop)

Das Video ist hier zu finden:

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Hier noch die Seite, auf der die Kurzgeschichte erst mal erklärt wird.

Hier kommen wir gleich in einem Video zur Frage der Gattung.

Abi-Klausur: Wie man das eigene Textverständnis absichert

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Dokumentation:
So kann man direkt zu den einzelnen Video-Clips springen:
0:00 Problem im Zentralabitur 1:08 Aufgabe EWH 2:17 Aufgaben-Text 3:50 Erwartungshorizont 5:15 Lord Chandos 5:40 Primär-Intuition 07:55 Lösung für den Konflikt 10:35 Das Nebelproblem 2024 11:15 Primäre Intuition 11:55 Sekundär-Intuition 13:25 Doku

Bei zentralen Abiturprüfungen

  • werden vorher an verschiedenen Schulen des Landes Aufgaben
  • Die werden dann vom Ministerium bzw. den zuständigen Stellen geprüft und einige ausgewählt.
  • Das Problem ist, dass dazu jeweils ein ziemlich präziser Erwartungshorizont entwickelt wird, der zu Punkten führt.
  • Viel Spielraum gibt es nicht für eigene Sichtweisen.
  • Kein Text aber ist absolut eindeutig – und das gilt besonders für literarische Texte.
  • Am System kann man nichts ändern, aber man kann sich darauf einstellen.

Beispiel 2017 Prosatext

  • In Baden-Württemberg wurde im Jahre 2017 im Deutschabitur von Christoph Meckel der Text “Auf der Felsenkuppe” vorgelegt.
  • Aus: Christoph Meckel, Flaschenpost für eine Sintflut, Hrsg. von Klaus Schuhmann, Aufbau-Verlag, Berlin 1975, S. 155-157
  • Uns interessiert an dem Text nur die Frage, ob es da nicht unterschiedliche Interpretationen geben kann.
  • ChatGPT hat uns das geliefert, was die KI immer liefert, nämlich die aktuelle “Norm”: Wie sehen die schlauen Leute diesen Text.
  • Das fließt dann verständlicherweise auch in den Erwartungshorizont ein.
  • Was aber tun, wenn man als Schüler oder Schülerin den Text ganz anders und vielleicht sogar besser versteht?

Inhalt des Erzähltextes

Zur Motivation und zum Vergleich hier erst mal ein schönes Bild von ChatGPT, das er auf unsere präzise Bitte gut verarbeitet hat.

Christoph Meckel

Auf der Felsenkuppe

  • Der Erzähler empfindet Einsamkeit und versucht durch Gespräche in der Stadt Anschluss zu finden, bleibt jedoch erfolglos.
  • Er verlässt die Großstadt und begibt sich auf eine Halbinsel, um eine neue Lebensweise zu finden.
  • Die Landschaft der Halbinsel wird beschrieben, ihre Abgeschiedenheit betont.
  • Erste Versuche der Kontaktaufnahme scheitern: Ein Vogelzug nimmt keine Notiz, ein Polizeischiff untersucht seine Situation, sieht aber keinen Anlass zum Eingreifen.
  • Der Erzähler beginnt mit sich selbst zu sprechen und sendet Signale an Schiffe, bleibt aber unbeachtet.
  • Er denkt sich ein Schiff aus – als es ihn aber nicht abholt, zerstört er es.
  • Er gibt auf, verlässt die Halbinsel und kehrt zurück in die weite Ebene.
  • Er bemerkte, dass er seine Sprache verloren hat und erkennt, dass er eine neue Sprache erlernen muss, um wieder Anschluss zu finden.

ChatGPT als Vertreter der EWH-Norm

ChatGPT-Interpretation als Beispiel für wahrscheinliche Erwartungshaltung

  • Existenzialismus: Die Hauptfigur als „fremder Mensch“: Der Erzähler ist ein Individuum, das in der Gesellschaft keinen Platz findet und sich mit dem Gefühl der Isolation auseinandersetzen muss. Er versuchte, eine Verbindung zur Welt herzustellen, doch scheiterte er immer wieder.
  • Die Halbinsel als existenzialistischer Raum: Die Felsenkuppe, auf der er sich befindet, ist eine radikale Form der Isolation. Der Mensch ist auf sich allein gestellt, versucht aber dennoch verzweifelt, Bedeutung in einer gleichgültigen Welt zu finden.
  • Sprache als existenzielle Frage: Am Ende erkennt der Erzähler, dass er seine Sprache verloren hat – ein zentrales Thema des Existenzialismus. Kommunikation ist grundlegend für das menschliche Dasein, doch wenn sie unmöglich wird, verliert der Mensch seine Identität.

Primäre Intuition:

  • Der Mann spricht nur über das Versagen der anderen und verurteilt eine Kommunikation, für deren Ergebnis er ja auch Verantwortung trägt.”
  • Als Polizisten auf seine Signale auf der Kuppe reagieren, können die nichts “Gesetzwidriges” feststellen – über den wirklichen Hintergrund wurden sie nichtd informiert: “die Worte, die dabei gewechselt wurden, waren kaum der Rede wert.”
  • Er wendet sich dann auch an Tiere und wundert sich, dass die nicht in seinem Sinne reagieren.
  • Dann erfindet er einen Passagierdampfer, lässt ihn in seiner Fantasie allerlei machen – und als er auch hier nicht abgeholt wird, setzt er ihn in Brand.
  • Er stellt dann fest, dass er seine Sprache verloren hat:
    “Ich werde eine andere Sprache lernen müssen, so schwer es mir auch fällt, eine Sprache der großen Städte, die jeder versteht, eine, die nicht mehr und nicht weniger sprechbar ist als jedermann Schweigen oder Selbstgespräch.”
  • Fazit: Das Problem liegt beim Ich-Erzähler = wird nicht thematisiert
    Eher ein Fall für die Psychologie/Psychiatrie als für den Schulunterricht

Was kann man tun?

  • Aufgabe sorgfältig lesen und zerlegen, vielleicht gibt es Hinweise zur Epoche.
  • Den Text lesen und eine Deutungshypothese für sich formulieren: “Der Mann hat ein Problem, nicht die Gesellschaft.”
  • Solch eine erste Idee muss man sorgfältig am Text prüfen und entsprechend vorsichtig formulieren:
    “Wenn man die Geschichte liest, kann man schnell den Eindruck haben, dass sie

    • nur eine Sicht der Dinge zeigt
    • wenig verrät über die Kommunikation und vor allem das Verhalten des Ich-Erzählers
    • krankhafte Züge zeigt.
      Das führt zur Interpretationsfrage, was man machen kann, um aus kommunikativer Einsamkeit herauszukommen.
  • Dann sollte man auch an den Erwartungshorizont denken, den Fachleute für Literatur entwickeln.
    • Was kann man aus dem Unterricht heranziehen, um die Geschichte im Hinblick auf Probleme der Gesellschaft zu verstehen.
  • Und der genialste Einfall: Ist die Geschichte vielleicht eine Parabel, die etwas überdeutlich zeigt, wobei die Einzelheiten nicht entscheidend sind: Und dann wäre man bei Fragen der Identität, der Sprache und der Gesellschaft.
  • Außerdem: Hinweis auf Zusatzpunkte:
    “Brief des Lord Chandos” von Hofmannsthal = Sprache wird unsicher,
  • und Kurzgeschichte “Ein Tisch ist ein Tisch.” Ein alter Mann denkt sich kreativ eine eigene Sprache aus und verliert die Kommunikationsmöglichkeit mit anderen

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