Wilhelm Klemm, „Die Sprache“ – Hinweise zum Verständnis des Gedichtes
- Präsentiert wird die Vorstellung eines Gedichtes von Wilhelm Klemm mit dem Titel „Die Sprache“, in dem aus expressionistischer Sicht dargestellt wird, welches Potenzial in der menschlichen Sprache liegt.
- Das Gedicht stammt von Wilhelm Klemm (1881–1968), einem deutschen Lyriker, der zur literarischen Moderne zählt – und die schließt den Expressionismus durchaus ein.
- Thematisch setzt sich das Gedicht mit der Macht und Unberechenbarkeit der Sprache auseinander, indem es sie als ein wildes, fast unkontrollierbares Wesen beschreibt.
Aus urheberrechtlichen Gründen können wir das Gedicht hier nicht abdrucken, es ist u.a. zu finden in Arbeitstexte für den Unterricht. Gedichte des Expressionismus, Für die Sekundarstufe herausgegeben von Peter Bikes, Reclam 15024, Stuttgart 1991, S. 23
Aufbau des Gedichtes
Das Gedicht besteht aus 13 Versen, die in vier Strophen und einer abschließenden Einzelzeile angeordnet sind.
Das Reimschema erfasst man am besten ähnlich wie beim Sonett, indem man die zusammen gehörenden Reime mit Buchstaben verbindet.
- (a) mit tausend Zungen,
- (b) wie Feuerräder schwingen,
- a) Gebläse heißer Lungen
- (b) Riesenflügel klingen,
- (c) im Dämmerlicht.
- (b) nicht zu dringen.
- (c) die Erde bricht,
- (d) unter seinen Nüstern,
- (c) ehrwürdig Angesicht.
- (d) auf wilden Sturmregistern
- (e) leichter, dünner, reiner,
- (e) Morgenrot, ein feiner
- (d) Dunststrich, drin tausend fremde Namen flüstern..
Das Metrum ist weitgehend ein fünfhebiger Jambus, allerdings gibt es hier in der Zeile 4 eine Störung, wie man an dem Wort „staubigen“ erkennen kann.
Inhaltsbeschreibung
Das lyrische Ich beschreibt die Sprache als ein mächtiges und unberechenbares Wesen:
- In den ersten beiden Strophen (Z. 1–6) wird sie als ein „wildes Ungetüm“ mit „tausend Zungen“ (Z. 1) dargestellt, das sich mit gewaltiger Energie bewegt. Diese Beschreibung verleiht der Sprache eine fast übermenschliche, unkontrollierbare Kraft.
- In der dritten Strophe (Z. 7–9) steigert sich die Dynamik: Die Sprache türmt sich auf, erschüttert die Erde und versetzt sogar die Sterne in Bewegung (Z. 8). Sie wird zu einer beinahe göttlichen Kraft, die „des Herrn ehrwürdig Angesicht“ (Z. 9) streift.
- In der vierten Strophe plus letzter Zeile (Z. 10–13) scheint die Sprache sich erst zu beruhigen: Nach einem wütenden Aufbäumen („brüllt auf wilden Sturmregistern“, Z. 10) wird sie „leichter, dünner, reiner“ (Z. 11) und legt sich sanft über das Morgenrot – nur noch ein Hauch von Stimmen bleibt zurück (Z. 13).
Kernaussagen
- Das Gedicht zeigt die Sprache als eine gewaltige, fast mythische Kraft,
- die sowohl zerstörerisch als auch schöpferisch sein kann.
- Sie ist unbändig und unkontrollierbar, aber auch flüchtig und wandelbar.
Sprachliche und rhetorische Mittel
- Personifikation: Die Sprache wird als „wildes Ungetüm“ (Z. 1) mit „tausend Zungen“ (Z. 1) beschrieben, was ihre unkontrollierbare Natur unterstreicht.
- Metaphern: Die Sprache wird als mächtige Naturgewalt dargestellt (z. B. „Feuerräder“, Z. 2; „staubige Riesenflügel“, Z. 4), was ihre Kraft und Dynamik betont.
- Reihung/Steigerung: „Schäumt, lasten, brüllt“ (Z. 10) verstärkt die eruptive Wirkung der Sprache.
- Gegensätze: Das Gedicht zeigt die Sprache sowohl als zerstörerisch (Sturm, Brüllen) als auch als sanft (Morgenrot, Flüstern), was ihre Vielschichtigkeit verdeutlicht.
Interpretation und Bedeutung
- Das Gedicht kann als Reflexion über die Natur der Sprache gesehen werden:
- Sie kann gewaltig, überwältigend und unkontrollierbar sein,
- aber auch fein, leise und vielschichtig.
- Möglicherweise ist es auch ein Kommentar zur Macht des Wortes in Literatur und Rhetorik.
- Insgesamt überzeugt das Gedicht durch seine kraftvollen Bilder und die dynamische Sprache.
- Es nutzt poetische Mittel gezielt, um die Vielschichtigkeit der Sprache einzufangen.
- Die fast mystische Darstellung macht es zu einem eindrucksvollen, modernen Sprachgedicht.
Früher haben wir das mal so zusammengefasst:
- Thema ist die Eigenart, Bedeutung und Wirkung der Sprache – wohl vor allem im Hinblick auf künstlerische Nutzung.
- Fünfhebiger Jambus und ein interessantes Reimschema, bei dem immer ein Element einer Strophe auf die nächste übertragen wird.
- Hervorgehoben wird die Wildheit und Kraft der Sprache,
- die aber auch etwas Abschreckendes hat
- und zu plötzlichen Ausbrüchen neigt,
- nach denen sie aber auch von selbst wieder zur Ruhe kommt.
- Am Ende gibt es eine Art Morgenrot, d.h. die Sprache bringt etwas Neues hervor, ausgedrückt in der Vorstellung von „tausend Namen“, was durchaus für literarische Figuren stehen kann.
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