Michael Spyra, „Der erste eigene Syrer“ (Mat7223)

Worum es hier geht:

Vorgestellt wird das Gedicht „Der erste eigene Syrer“ von Michael Spyra, das auf sehr besondere Weise das Problem einer einseitigen Integration betrachtet – und dabei sogar die Strophenform zur Unterstützung verwendet.

Gefunden haben wir das Gedicht hier:

https://signaturen-magazin.de/michael-spyra–der-erste-eigene-syrer.html

Die äußere Form

Sehr interessant, dass von Versgruppe zu Versgruppe die Zahl der Zeilen abnimmt. Das könnte auf eine raffinierte Art und Weise das darstellen, was hier Integration ist. Der „Fremde“ wird so integriert, dass er nicht mehr als etwas anderes, eigenes wahrgenommen wird.

Ansonsten fünfhebiger Jambus, also regelmäßige Abfolge von unbetonter und betonter Silbe.

Die Überschrift 

„Der erste eigene Syrer“

  • Die Überschrift macht schon deutlich, dass hier anscheinend ein Mensch zu einer Art Besitz gemacht wird.
  • Damit wird jemand mit einer eigenen Würde, Kultur, Identität zu einer Art Anhängsel, fast ein Accessoire.

Aus urheberrechtlichen Gründen präsentieren wir von den Gedichtzeilen nur den Anfang – in kursiver Schrift, damit man sich in der eigenen Ausgabe leicht zurechtfindet.

Dann eingerückt unsere Anmerkungen.

Anmerkungen zu Strophe 1
  • Die Schranke  … 
  • dahinter stehen … 
  • Salat und Quiche … 
  • ein Korb mit Überziehern … 
  • die passen jedem Gast … 
    • In der ersten Strophe geht es offensichtlich um eine Art Schrebergarten,
  • wo Leute eine Art Garten haben neben vielen anderen, in denen es dann auch kleine Häuser gibt, in denen man sich auch mal bei Regen aufhalten kann.
  • Offensichtlich wird gefeiert.
  • Typisch für solche Feste, die mehr oder weniger draußen stattfinden. Man braucht etwas, um sich gegen zunehmende Kälte zu schützen – und so etwas nennt man „Überzieher.
  • Deutlich wird hier auch, dass hier alte Traditionen herrschen. Die Vorstellung, dass diese Überzieher jedem Gast passen, köntne eine ironische Bedeutung haben.
  • Nach dem Motto: Wenn wir den ersten Syrer, stellvertretend für Migranten, bei uns haben. Unser bewährtes System passt auch für den.
Anmerkungen zu Strophe 2
  • Und hier die Gäste, die sich niederlassen.
  • Und da der Syrer zwischen all den Gästen,
  • so wie schon bei den letzten Sommerfesten
  • der Nachbarn, die sich auch mit ihm befassen.
    • Dann doch eine Unterteilung zwischen denen, die sich wie immer „niederlassen“, ist ihre Gewohnheit, ihr Recht.
    • Und dieser Syrer ist dazwischen, wie zwischen allen Stühlen, nur etwas schöner dargestellt.
    • Er ist nicht Teil der Gesellschaft, sondern man „befasst“ sich mit ihm. Er ist also Objekt der Betrachtung, vielleicht auch neugierig-peinlicher Fragen.
Anmerkungen zu Strophe 3
  • Der holt die neuen …
  • und manchmal trinkt …
  • Das geht jetzt …
    • Der Syrer hat eine Aufgabe, ist eine Art Diener oder Angestellter.
    • Auch im Hinblick auf den Wein passt er sich langsam an.
    • Die letzte Zeile deutet an, dass ihn der Alkohol gewissermaßen flott macht.
Anmerkungen zu Strophe 4
  • Man sollte  …
  • und ist es auch …
    • Hier übernimmt eine Art Erzähler das Kommando und sagt, was alle denken.
    • Die Dankbarkeit scheint sich vor allem darauf zu beziehen, dass er sich gut „einfügt“, also anpasst.
    • Integration nur in eine Richtung.
Anmerkungen zu „Strophe“ 5
  • Ein Schelm 
    • Am Ende wird er Opfer eines vielleicht gut gemeinten kleinen Streiches, der aber wenig Rücksichtnahme zeigt.
    • Denn offensichtlich geht das Gedicht davon aus, dass dieser Syrer kein Schweinefleisch isst – und jetzt muss er sich entschuldigen, hat auf jeden Fall ein Problem.
Zur Aussage des Gedichtes

Insgesamt ein Gedicht, das auf eine sehr eigene, aber überzeugende Weise zeigt, dass jede „Integration“ auch ihre Schwierigkeiten und Probleme hat.

Man könnte jetzt darüber diskutieren, ob das nicht grundsätzlich bei Menschen ist, zum Beispiel wenn jemand als bisher unbekannter Besucher auf eine Fete kommt. Der fühlt sich dann auch vielleicht unwohl – und die anderen wissen nicht, wie sie ihn ansprechen können.

Diese Situation wird nur sehr viel schwieriger, wenn Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen und ganz verschiedenen Gewohnheits- und Vertrautheitsgraden zusammenkommen – und dann noch in der Konstellation: einer neben allen anderen.

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