Was Wolfgang Borchert im Gedicht „Nachts“ präsentiert
Das folgende Gedichte haben wir hier gefunden.
https://www.babelmatrix.org/works/de/Borchert%2C_Wolfgang-1921/Nachts
Es ist interessant für uns, weil wir Borchert eher als Verfasser von Kurzgeschichten kennen.
Dann schauen wir es uns einfach mal an.
Übrigens haben wir zum Rhythmus des Gedichtes inzwischen ein Video gemacht.
Es hatte sich dabei nämlich eine interessante „Regelmäßigkeit“ in der Unregelmäßigkeit ergeben.
Hier sind die Sprungmöglichkeiten zu den einzelnen Stellen im Video:
0:00 Thema 0:38 Phänomen Rhythmus-Störungen 1:09 Stellen erkennen 3:05 Erklärung der Störungen 4:40 Zusammenfassung 5:35 Vorschlag 6:00 Dokumentation
Dokumentation:
Mat573-rhs-pcf Rhythmus-Störungen interpretieren Borchert Nachts
Wolfgang Borchert
Nachts
- Meine Seele ist wie eine Straßenlaterne.
- Wenn es Nacht wird und die Sterne
- aufgehn, beginnt sie zu sein.
- Das lyrische Ich vergleich sich mit einer Straßenlaterne
- und verbindet damit eine Vorstellung von nächtlichem Leben als wirklicher Existenz.
- Mit zitterndem Schein
- tastet sie durchs Dunkel,
- verliebt wie die Katzen
- auf nächtlichen Dächern, mit grünem Gefunkel
- in den Augen. Menschen und Spatzen
- schlafen.
- Nur die Schiffe schwanken im Hafen.
- Hier ein neuer Vergleich, diesmal mit verliebten und deshalb schleichenden Katzen.
- Dann der Kontrast mit der schlafenden Welt der Menschen und den Spatzen wohl als Vertreter fast schon von Haustieren.
- Hebt der Mond sich über den Rand
- von einem Kirchendache,
- ist in meinen Augen
- knisternd ein Streichholz auf geflammt,
- und ich lache.
- Der Mond verstärkt dann das Gefühl von Existenz,
- was verdeutlicht wird am Bild eines aufflammenden Streichholzes.
- Das mündet in ein Lachen, das man wohl als Höhepunkt der Entfaltung menschlichen Lebens sehen kann.
- Regen rinnt –
- bei mir sind
- nur mein Schatten und der Wind.
- Und meine Hände haben noch den Duft
- von irgendeinem schönen Kind.
- Im Schlussteil dann wieder eine Rückkehr in eine weniger lebendige Existenz, die von Regen und Schatten geprägt ist.
- Sehr unklar die beiden Schlusszeilen.
- Wir wollen mal annehmen, dass mit dem „schönen Kind“ nicht wirklich ein Kind gemeint ist, sondern eine junge Frau, mit der es zu einer interessanten, auch körperlichen Begegnung gekommen ist.
- Natürlich kann es auch eine ganz harmlose Begegnung mit einem wirklichen Kind gewesen sein, von dem man etwas Duft mitnehmen konnte.
- Seltsam auf jeden Fall, dass von „irgendeinem“ Kind die Rede ist.
- Hier ist man als Leser oder Leserin sehr gefragt, um mit dieser auf den ersten Blick irritierenden Doppelzeile etwas anzufangen.
- ChatGPT rettet sich in die „Erinnerung an etwas Reines, Unschuldiges oder Vergangenes“ – aber dann hat man den Duft nicht mehr an den Händen.
Aussagen
Das Gedicht zeigt:
- dass die Nacht eine Zeit echten Lebens und einer besonderen Empfindsamkeit ist.
- Einsamkeit, aber auch eine gewisse Faszination für die nächtliche Welt.
- an den Bildern von Licht (Laterne, Mond, Streichholz) emotionale Momente in der Dunkelheit.
- insgesamt eine Mischung aus Sehnsucht, Melancholie und kurzen Glücksmomenten.
Sprachliche und rhetorische Mittel
- Vergleich: „Meine Seele ist wie eine Straßenlaterne“ (Vers 1) – Die Seele wird mit einer Lichtquelle verglichen, die in der Dunkelheit sucht.
- Personifikation: „Mit zitterndem Schein tastet sie durchs Dunkel“ (Vers 4–5) – Die Seele wird wie ein fühlendes Wesen dargestellt.
- Synästhesie: „knisternd ein Streichholz auf geflammt“ (Vers 14) – Kombination aus Geräusch und Lichtbild.
- Symbolik: Der Mond als Erleuchtung, die Straßenlaterne als suchende Seele, der Duft des Kindes als Erinnerung an Unschuld oder vergangene Nähe.
- Gegensätze: Menschen und Spatzen schlafen – das lyrische Ich aber wacht (Vers 8–9). Dies verstärkt das Gefühl der Isolation.
Zusammenfassung
- Das Gedicht vermittelt eine Stimmung der Nachdenklichkeit und Einsamkeit,
- zeigt aber auch kleine, fast magische Momente der Freude.
- Die Nacht wird nicht nur als düster, sondern auch als Raum der Selbstfindung und Sensibilität dargestellt.
- Die letzten Verse suggerieren eine Sehnsucht nach Nähe, die jedoch letztlich nicht erfüllt wird.
Äußere Form:
Die unterschiedlich langen Verszeilen lassen schon ahnen, dass es hier zwar Reime gibt, aber keinen festen Rhythmus.
Schon die erste Zeile zeigt das:
„Meine Seele ist wie eine Straßenlaterne.“
BuBuBuBuBuuBu: Das beginnt als Trochäus, endet dann aber in etwas Richtung Daktylus.
Der wäre komplett, wenn die Zeile enden würde mit: „Straßenlaterne nachts brennt“.
Auch in Zeile 4 haben wir mit „zitterndem“ eine betonte und dann zwei unbetonte Silbe.
Weitere Infos, Tipps und Materialien
- Rhythmus Versmaß – Infos, Tipps und Materialien
https://textaussage.de/themenseite-rhythmus-in-gedichten
—
- Erklärung mit Video und Beispiele
https://textaussage.de/lernvideo-rhythmus-von-gedichten-leicht-und-sicher-erkennen
— - Videos zum Thema „Rhythmus in Gedichten“
https://www.youtube.de/playlist?list=PLNeMBo_UQLv1JocfYhF_OFoI4z3aPVACB
— - Baustein: Kadenzen und Versschlüsse
https://schnell-durchblicken.de/5-min-tipp-versschluss-und-kadenz-in-gedichten
— - Der Reim in Gedichten: Was gibt es da? Wo wird es interessant? – Themenseite
https://schnell-durchblicken.de/themenseite-der-reim-in-gedichten-was-gibt-es-da-wo-wird-es-interessant
— - Infos, Tipps und Materialien zu weiteren Themen des Deutschunterrichts
https://textaussage.de/weitere-infos