Anmerkungen zu den Mottos und zum Prolog im Roman „Heimsuchung“ von Jenny Erpenbeck (Mat8630-prolog)

Worum es hier geht:

Wenn im Deutschunterricht ein Roman gelesen wird, dann gibt es immer wieder auch Fragen.

Auf zwei von ihnen gehen wir hier hier:

Frage: welche Bedeutung haben die drei Zitate, die den Prolog vorangestellt werden?

Zitat Nr. 1: „Dieweil der Tag lang und die Welt alt ist, können viel Menschen an einem Platz stehn, einer nach dem andern.“
(Marie in WOYZECK von Georg Büchner)

  • Das Zitat von Büchner ist eine Banalität, seinen Sinn kann man nur verstehen, wenn man das Theaterstück auch kennt.
  • Hypothese: das Zitat könnte die Bedeutungslosigkeit der Menschen ausdrücken, was auch zum Stück passt.

Zitat Nr. 2: „…, versprecht ihr mir, Ihr Wälder meiner Jugend, wenn ich Komme, die Ruhe noch einmal wieder?“
Frage: was meint Friedrich Hölderlin mit seiner Bitte?

  • Er wendet sich an die Wälder seiner Jugend,
  • Weil sie vor allen Dingen bei ihm mit Ruhe verbunden sind.
  • Und er hofft jetzt, diese Wälder unversehrt mit ihrem Angebot von Ruhe wiederzusehen, gegebenenfalls nach langer Zeit.
  • Dieses Zitat passt zu dem Kapitel, in dem der Architekt ja den Wald in einen Park umwandeln will.
  • Das würde dann bedeuten, dass dieses Zitat auf ein Problem aufmerksam macht, das im Roman behandelt wird.

Zitat Nr. 3: „Wenn das Haus fertig ist, kommt der Tod.“
(Arabisches Sprichwort)

Frage: wie ist das arabische Sprichwort zu verstehen?

Antwort:

  • Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten.
  • Ein zynische Verständnis würde besagen, dass ein Hausbau so anstrengend ist, dass man danach gut sterben kann.
  • Es kann aber auch bedeuten, dass nach dem Hausbau eigentlich nichts Wichtiges mehr kommt und man nur noch auf den Tod warten kann.
  • Man kann das aber auch in abgeschwächter Form verstehen:
    Wenn man eine wichtige Sache positiv abgeschlossen hat, fällt man erst mal in ein Loch, was hier übertrieben mit dem Tod gleichgesetzt wird. Besonders kreative Menschen kennen das Problem.
Fragen und Anmerkungen zum Prolog

Frage: welchen Eindruck können Leser bekommen, wenn sie diesen Prolog lesen?

Antwort

  • Ein Prolog ist ja etwas, was dem eigentlichen Text vorangeht.
  • Von daher muss man annehmen, dass es hier Vorverweise gibt auf den Roman und vielleicht sogar seine Aussage.
  • Das lässt allerdings Schlimmes befürchten, weil dieser Prolog niemanden interessiert außer Besucher irgendeines Naturkundemuseums.
  • Man kann allenfalls annehmen, dass hier im großen Stil gezeigt wird, wie die Natur die Umwelt gestaltet.
  • Interessant und äußerst fragwürdig ist dann der Schlussakzent, dass alles in der Natur auch Verwüstung zuläuft.
  • Anregung:
    Genau über diesen Punkt kann man gut diskutieren, denn zur Natur gehört ja auch alles, was erst mal all diese wunderbaren Dinge hat entstehen lassen, die dann zum Teil auch vergehen oder verwüstet werden.
  • Wenn man mal einen Vulkan besucht hat, der vor einiger Zeit das letzte Mal ausgebrochen ist, sieht man, was die Natur hat neu entstehen lassen.
  • Letztlich beurteilen kann man diesen Prolog erst, wenn man den gesamten Roman gelesen hat
  • Auf jeden Fall dürfte es der Autorin gelungen sein, viele Leute vom Lesen abzuschrecken, die ganz gerne ein bisschen mehr und anderes wollen als diesen seltsamen Rückblick auf die Naturgeschichte.

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