Borchert, „Draußen vor der Tür“ – Bedeutung des Mädchens (Mat567-mad)

Worum es hier geht:

Wenn man Borcherts „Draußen vor der Tür“ liest oder sieht, könnte man irgendwann zu der Frage kommen:
„Wie realistisch ist ein Stück, wenn dort nur Negatives präsentiert wird?“

Und dann ist man sofort bei der Figur des Mädchens. Immerhin bleibt Beckmann bei der jungen Frau nicht „draußen vor der Tür“.

Schauen wir uns das mal genauer an. Wir haben die Frage NotebookLM mal gestellt und präsentieren hier die Antwort der KI (in kursiver Schrift) – und kommentieren sie auch zugleich – eingerückt.

Die Figur des Mädchens ist in „Draußen vor der Tür“ von entscheidender Bedeutung für die Gesamtaussage des Stückes, da sie einen Kontrast zu den meisten anderen Begegnungen Beckmanns darstellt und für einen kurzen Moment die Möglichkeit von Menschlichkeit, Wärme und einer Rückkehr ins Leben verkörpert.

  • Hier werden zwei Gründe angegeben für die entscheidende Bedeutung der Figur des Mädchens.
    • Zum einen ihre Sonderstellung, was die Türen angeht, vor denen Beckmann steht.
      • interessant ist die Einschränkung „zu den meisten anderen Begegnungen“. Da ist man gespannt, welche Figuren zwischen „‚Tür zu“ und zumindest „teilweise offen“ stehen.
      • Man könnte hie an den Oberst denken, denn dort kommt Beckmann in die Wohnung und bekommt am Ende wenigstens ein Stück Kleidung.
      • Das Gespräch mit dem Direktor gehört zu den geschlossenen Türen, weil Beckmann dort nur räumlich kurz ankommt, aber nichts bekommt.
  • Und dann geht es um die „Möglichkeit von Menschlichkeit, Wärme und einer Rückkehr ins Leben“ – diese Formulierung ist gewissermaßen eine Klärungsaufforderung: Wieso nur Möglichkeit?

Ihre Bedeutung lässt sich wie folgt zusammenfassen:

  • Rettung aus der Verzweiflung: Das Mädchen ist diejenige, die Beckmann buchstäblich aus der Elbe zieht, nachdem sein Selbstmordversuch gescheitert ist und die Elbe ihn wieder ausgespuckt hat. Sie findet ihn „halb an Land und halb im Wasser“ und ist die erste, die aktiv versucht, ihm zu helfen und ihn aus seiner Lethargie zu reißen, indem sie ihn auffordert aufzustehen und ihm ihre Hilfe anbietet.
    • Interessant ist hier die Aufnahme des Bildes: „buchstäblich“.
    • Hilfreich auch das Zitat „halb an Land und halb im Wasser“, weil es eine gewisse Offenheit deutlich macht, was die weitere Entwicklung angeht und was mit dieser Figur verbunden ist.
  • Verkörperung von Menschlichkeit und Wärme: Im Gegensatz zu den gleichgültigen oder brutalen Reaktionen der Elbe, des Beerdigungsunternehmers, des Obersten, des Direktors oder Frau Kramers, bietet das Mädchen Beckmann sofortige Wärme, Fürsorge und ein Zuhause an. Sie nimmt ihn mit in ihre Wohnung, um ihm trockene Kleidung zu geben, obwohl er nass und eiskalt ist. Ihre Motivation ist dabei tief empfundenes Mitleid: „Ich nehme Sie nur mit, weil Sie so nass und kalt sind, verstanden! Und weil – Weil Sie so eine hoffnungslos traurige Stimme haben. So grau und vollkommen trostlos“. Sie ist es, die Beckmann liebevoll „Fisch“ nennt und ihm zuredet, zu sprechen und nicht allein zu sein.
    • Interessant ist hier der Übergang von „Mitleid“ zu „liebevoll“.
    • Das wird am Ende ja noch mal aufgenommen, wo ganz offen von Liebe die Rede ist.
  • Versuch der Entschleierung von Beckmanns Wahrnehmung: Das Mädchen nimmt Beckmann seine „Gasmaskenbrille“ weg, die er seit dem Krieg trägt. Sie sagt, dass er ohne sie „ganz anders aussieht“ und die Brille ihn wie ein „Gespenst“ wirken lässt. Indem sie ihm die Brille abnimmt, symbolisiert sie den Versuch, Beckmanns verzerrte, vom Krieg geprägte Wahrnehmung der Welt zu korrigieren und ihn die Dinge wieder „verschwommen“ sehen zu lassen – vielleicht, um die harte Realität erträglicher zu machen oder eine neue, weniger schmerzhafte Sichtweise zu ermöglichen.
    • Auch hier sind die Ausführungen hilfreich, weil sie auf einen wichtigen Aspekt der Brille hinweisen.
    • Sie sorgt nämlich für eine Klarheit, die angesichts der realen Situation Beckmanns zu viel ist – so dass hier etwas greifen müsste, was wohl jeder schon mal erlebt hat: Schlimme Dinge lassen sich leichter ertragen, wenn man sie sich nicht so klarmacht.
  • Kontrast zur Ignoranz der Gesellschaft: Während der Oberst Beckmanns Trauma als „komische Nummer“ missversteht und der Direktor die „Wahrheit“ für die Kunst als irrelevant erklärt, nimmt das Mädchen Beckmanns Leid ernst. Sie selbst ist vom Krieg betroffen – ihr Mann ist in Stalingrad vermisst – und versteht daher, wenn auch unbewusst, Beckmanns Schmerz auf einer emotionalen Ebene.
    • Auch hier wird ein wichtiger Aspekt deutlich,
    • wenn der auch am Ende dazu führt, dass gerade die Gemeinsamkeit zur Trennung führt, weil Beckmann nicht genau das tun will, worunter er bei seiner Frau leidet.
  • Quelle vorübergehender Hoffnung: Das Mädchen bietet Beckmann einen kurzen Moment der Intimität und des Angenommenseins. Sie ist die einzige Figur, die in der letzten Szene, während Beckmanns Todeskampf, aktiv nach ihm sucht und ihm ihre Liebe gesteht: „Warum? Weil ich dich liebe, armes Gespenst!“. Ihr Ruf und das Angebot, „zusammen lebendig“ zu sein, geben Beckmann einen letzten Anstoß zum Leben und zum Aufstehen, der fast erfolgreich ist. Sie ist die „Lampe, die für mich brennt“ auf der dunklen Straße.
    • Hierauf hatten wir selbst schon verwiesen.
    • Gerade dieser  letzte „Anstoß zum Leben“ ist für Leser und Zuschauer schmerzlich und zwingt sie, genauer darüber nachzudenken, warum Beckmann das Angebot nicht annimmt.
    • Man merkt hier, dass er durch seine Brille – und diesmal in einem moralischen Sinne – schon wieder (vielleicht zu) scharf blickt.
  • Bestätigung der „Anderen“-Perspektive: „Der Andere“, eine Art innere Stimme oder moralische Instanz Beckmanns, betont immer wieder die Wichtigkeit des Lebens und der menschlichen Verbindung. Er hebt hervor, dass das Mädchen Beckmann aus der Elbe gezogen und gewärmt hat und ihn „überall gesucht“ hat, im Gegensatz zu den anderen, die ihn ignorieren oder fallen lassen.
    • Hier zeigt der „Andere“ endlich mal Substanz, während er ja ansonsten nur schönfärberische Behauptungen zu bieten hat.

Trotz dieser Hoffnung und Menschlichkeit, die das Mädchen darstellt, zeigt die dramatische Ironie, dass auch ihre Verbindung durch die Schatten der Vergangenheit (ihr einbeiniger Mann) zerstört wird. Dies unterstreicht die letztendliche Ausweglosigkeit von Beckmanns Situation und die Schwierigkeit, nach den traumatischen Kriegserlebnissen einen Platz in einer scheinbar normalen Welt zu finden. Das Mädchen bietet eine Oase der Menschlichkeit, aber selbst diese ist nicht genug, um Beckmann dauerhaft vor seiner inneren Zerstörung zu bewahren.

  • Hier könnte man allerdings stärker darauf hinweisen, dass Beckmann hier vielleicht zu moralisch denkt – oder zu eng.
  • Außerdem bedeutet seine Lösung vielleicht auch einen Stoß in die Trostlosigkeit für das Mädchen.
  • Aber am Ende muss man anerkennen, dass nur der Betroffene selbst vor dem Hintergrund seiner Erfahrungen und Gefühle diese Entscheidung treffen kann.

Fazit:

  • Man könnte auch sagen, das Erlebnis mit dem Mädchen sorgt dafür, dass die Aussage des Stücks noch schmerzlich verstärkt wird.
    Es läuft nicht alles und sehr eintönig und plakativ auf Ablehnung von außen hinaus, sondern hier gibt es eine Kombination von äußerer Realität (das Mädchen ist noch verheiratet) und innerer moralischer Begrenzung – gerade auch vor dem Hintergrund der eigenen Erfahrung Beckmanns mit seiner Frau.

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