Büchner, „Woyzeck“: Marie und die Frage der Emanzipation (Mat4443-video)

Worum es hier geht:

  • Marie ist in Büchners Dramenfragment „Woyzeck“ auf den ersten Blick vor allem Opfer.
  • Sie wird von dem eifersüchtigen Vater des gemeinsamen Kindes brutal abgeschlachtet.
  • Wenn man genauer hinschaut, sieht man aber auch, dass diese Frau Momente hat, in denen sie mehr sein möchte als nur eine Mutter in einer recht elenden sozialen Lage.
  • Daraus kann durchaus die Frage entstehen, ob und inwieweit diese Frau auch schon ein Bemühen um Emanzipation zeigt.

Das Video ist hier zu finden:
Videolink: https://youtu.be/HeIjcsnYsiM

Hier zunächst die Dokumentation in der Ausgangsfassung – ohne Markierungen:

Zunächst das entscheidende Schaubild:

Mat4443-video pcf Woyzeck Marie Emanzipation

Dann die Dokumentation in der Fassung, die im Video erzeugt wurde, also mit Bearbeitungen:

Mat4443-video vfb Woyzeck Marie Emanzipation

Die Textteile

 

Einstieg einfach:

  • Marie als Opfer

 

 

Einstieg einfach:

  • Marie als Opfer

 

 

Wieso?

  • nur Grundversorgung
  • gestresster Mann
  • minimal familiär
  • Kommunikationsproblem
  • nur Eifersucht statt Aussprache
  • „hirnwütig“ (Sz7, EB18)

 

Marie – Sz2: Reaktion 1

Unerträgliche Situation
Alternative?

  • Soldaten = „schöne Bursch“
  • TM: „wie ein Löw“
  • „Auge glänze“ beim beim Vorbeimarsch
  • „Hurenkind“ – „deiner Mutter Freud“
  • Wz: „Kann nit. Muss zum“ Zählappell
  • M: „so vergeistert“
  • M: „Ich halt‘s nicht aus.“
  • M: „Es schauert mich.“

 

Marie -Sz3: Reaktion 2

Marie-Soldaten:
Gegenseitiges Interesse
„Zucht“ gegen „Uhr“
Steigerung – Vorb. Annäherung

Familienbesuch -> „Buden“

Wz: „Willst du?“

M: „schön Dings“
„die Frau hat Hosen.“

U: „Was n‘ Weibsbild“

TM: „Zucht von Tambourmajors“

Verbindung: M. will Uhr sehen

 

 

 

Marie -Sz4: Reaktion 3

Marie freut sich an Ohrring

W: Verdacht

W: gibt Geld

M: Selbstkritik – weggeschoben
(Fatalismus)

M: „Was die Steine glänze!“

M: „nur ein Eckchen in der Welt“

M: doch hab ich einen so roten Mund wie die Madamen“

Wz: „Unter deinen Fingern glänzt‘s ja.“

M: „Ohrringlein“ „gefunden“

W: „noch nix gefunden, zwei auf einmal.“

W: „Wir arme Leut“ – „Geld“

M: „Gott vergelt‘s Franz“

W: „Ich muss fort. Heut Abend.“

M: „Ich bin doch ein schlecht Mensch. Ich könnt‘ mich erstechen. – Ach! Was Welt? Geht doch alles zum Teufel, Mann und Weib.“

 

 

Marie -Sz6: Reaktion 4

Marie verfällt dem TM

M: „wie ein Löw“
„Ich bin stolz vor allen Weibern“

M: „spöttisch“ zum Selbstlob ™

TM:  Zucht anlegen

M: „verstimmt“ – „Lass mich“

TM:  „Wild Tier“

M: „Rühr mich an.“

TM:  „Teufel aus den Augen“

M: „Meinetwegen. Es ist alles eins.“

 

 

 

 

Marie -Sz7: Reaktion 5

Wz: Vorwürfe – Eifersucht

M: zwischen Angst, Ausweichen und Keckheit

W: wütend, Verdacht

M: „verschüchtert“ „hirnwütig“

W: „du bist schön wie die Sünde“

Marie weicht aus

W: „ich hab ihn gesehn.“

M: „keck“ – „Und wenn auch.“

 

 

 

 

Marie: Sz17: Reaktion 6
Bibel – Schuldfrage

  • erkennt ihre Schuld an
  • sucht Hilfe in der Bibel
  • findet dort Fall von Vergebung,
  • aber auch Forderung: „Sündige hinfort nicht mehr.“
  • M: „Herrgott! Ich kann nicht“
    will wenigstens beten
  • „Das Kind“ – Stich ins Herz“
  • nicht mehr gekommen
  • Nimmt Bibel auf: „Heiland,ich möchte dir die Füße salben.“

 

 

Sz 19;  Verallgemeinerung der Situation im Märchen der Großmutter
             Woyzeck holt Marie ab – unsicher, löst Angst aus bei Marie

  • Großmutter: Märchen von einem armen Kind – „war alles tot“
  • nur kosmische Enttäuschungen
    • freundlicher Mond -> faules Stück Holz: Sonne -> „verwelkte Sonnenblume“
    • Rückkehr zur Erde. umgestürzter Topf = nutzlos und kein Zugang
  • „Da sitzt es noch und ist ganz allein“

 

 

Sz20:
Erbarmungslose Abschlacht-Aktion

  • W: arrogante Pseudo-Kommunikation
  • W: ohne jede Empathie – Psychopath
  • W: keine Rücksicht auf das Leben der Mutter des gemeinsamen Kindes
  • W: achtet mit typisch psychopathischer Sorgfalt darauf, dass da nichts mehr „zuckt“

 

Auswertung -> Beantwortung der Frage: ist Marie auf dem Weg zur Emanzipation?

  • Ausangspunkt = Begriff: „Emanzipation“ – wörtlich: sich aus der Hand eines anderen befreien
  • Marie ist in Woyzecks Hand
    • hat mit ihm ein Kind, das sie versorgen muss – sie braucht Woyzecks Geld.
    • M: muss Woyzecks wenig partnerschaftliches Verhalten ertragen.
  • Szene 2 macht den Gegensatz deutlich zwischen Woyzecks Verhalten und Maries Traum von einer Alternative
  • Szene 3: Marie spricht anscheinend von einer Frau mit „Hosen“ = männliches Attribut – steht hier für Gleichrangigkeit = Emanzipation
  • Szene 4: M: lässt sich Ohrringe schenken = Zeichen für Anerkennung – verteidigt sie gegenüber Woyzeck mit einer Lüge, der reagiert nicht offen
    hat Schuldgefühle, flüchtet sich in Fatalismus, der der Grundhaltung des Werkes entspricht, vgl. Märchen der Großmutter
  • Szene 6: zeigt vor dem Sex mit dem TM durchaus Ansätze von Intelligenz und Autonomie
  • Szene 7: offen gegenüber Woyzeck
  • Szene 17: prüft sich anhand der Bibel – erkennt Schuld an – kann nicht anders, hofft aber trotzdem auf Vergebung

 

Fazit

  • Marie = ein Opfer der damaligen Verhältnisse und eines geistig/seelisch kranken Mannes
  • zeigt Ansätze von „Emanzipation“
  • wird Opfer eines kaltblütig geplanten und durchgeführten Mordes
  • Sie ist die eigentliche „Heldin“ und hat Anspruch auf die Titelformulierung

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