ChatGPT als Hilfe beim Verständnis eines schwierigen Sachtextes: Walter Benjamins 7. These zur Geschichte

Zum Ausgangspunkt und zu Benjamins Text

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Hier zunächst zur Einstimmung ein Bild

Das versteht man aber erst, wenn man sich den Rest hier angeschaut hat 😉

Das Originalzitat – zerlegt

Gefunden haben wir es hier – das Motto haben wir herausgelöst.
https://www.textlog.de/benjamin/abhandlungen/ueber-den-begriff-der-geschichte

Grundsätzlich empfehlen wir es immer, einen solchen Text in Bestandteile zu zerlegen, um den gedanklichen Aufbau verstehen und beschreiben zu können.

  1. Fustel de Coulanges empfiehlt dem Historiker, wolle er eine Epoche nacherleben, so solle er alles, was er vom spätern Verlauf der Geschichte wisse, sich aus dem Kopf schlagen.
  2. Besser ist das Verfahren nicht zu kennzeichnen, mit dem der historische Materialismus gebrochen hat.
  3. Es ist ein Verfahren der Einfühlung. Sein Ursprung ist die Trägheit des Herzens, die acedia, welche daran verzagt, des echten historischen Bildes sich zu bemächtigen, das flüchtig aufblitzt.
  4. Sie galt bei den Theologen des Mittelalters als der Urgrund der Traurigkeit.
  5. Flaubert, der Bekanntschaft mit ihr gemacht hatte, schreibt: »Peu de gens devineront combien il a fallu être triste pour ressusciter Carthage.«
  6. Die Natur dieser Traurigkeit wird deutlicher, wenn man die Frage aufwirft, in wen sich denn der Geschichtsschreiber des Historismus eigentlich einfühlt.
  7. Die Antwort lautet unweigerlich in den Sieger.
  8. Die jeweils Herrschenden sind aber die Erben aller, die je gesiegt haben.
  9. Die Einfühlung in den Sieger kommt demnach den jeweils Herrschenden allemal zugut.
  10. Damit ist dem historischen Materialisten genug gesagt. Wer immer bis zu diesem Tage den Sieg davontrug, der marschiert mit in dem Triumphzug, der die heute Herrschenden über die dahinführt, die heute am Boden liegen. Die Beute wird, wie das immer so üblich war, im Triumphzug mitgeführt.
  11. Man bezeichnet sie als die Kulturgüter. Sie werden im historischen Materialisten mit einem distanzierten Betrachter zu rechnen haben. Denn was er an Kulturgütern überblickt, das ist ihm samt und sonders von einer Abkunft, die er nicht ohne Grauen bedenken kann. Es dankt sein Dasein nicht nur der Mühe der großen Genien, die es geschaffen haben, sondern auch der namenlosen Fron ihrer Zeitgenossen. Es ist niemals ein Dokument der Kultur, ohne zugleich ein solches der Barbarei zu sein.
  12. Und wie es selbst nicht frei ist von Barbarei, so ist es auch der Prozeß der Überlieferung nicht, in der es von dem einen an den andern gefallen ist.
  13. Der historische Materialist rückt daher nach Maßgabe des Möglichen von ihr ab. Er betrachtet es als seine Aufgabe, die Geschichte gegen den Strich zu bürsten.

Aufgabe (Prompt)

  1. Präsentierte immer zuerst das Textelement.
  2. Erkläre es dann inhaltlich, was in den Textelementen und was damit gemeint ist.
  3. Außerdem alles erklären, was man vielleicht nicht weiß (Namen, Begriffe, Übersetzungen)
  4. Zeige außerdem auf, wie sich schrittweise der Gedankengang entwickelt, wie also die Textelemente zusammenhängen.
  5. Dabei ggf. auch einzelne Textelemente zu einer Gruppe zusammenfassen.

1. Original-Textelement

Fustel de Coulanges empfiehlt dem Historiker, wolle er eine Epoche nacherleben, so solle er alles, was er vom spätern Verlauf der Geschichte wisse, sich aus dem Kopf schlagen.“

Erklärung von Fustel de Coulanges:

Numa Denis Fustel de Coulanges (1830–1889) war ein französischer Historiker, bekannt für seine Werke über die antike Gesellschaft, insbesondere La Cité antique (Die antike Stadt). Er war ein Vertreter der positivistischen Geschichtsschreibung und betonte die Notwendigkeit, sich vollständig in die historische Epoche einzufühlen, um sie verstehen zu können.

Inhaltliche Erklärung:

Fustel de Coulanges fordert hier eine vollständige Loslösung vom heutigen Wissen, wenn man eine vergangene Epoche verstehen will. Er vertritt die Auffassung, dass der Historiker sich in die Gedankenwelt der jeweiligen Zeit hineinversetzen soll, ohne durch Kenntnisse über den weiteren Geschichtsverlauf beeinflusst zu werden.

Bedeutung im Gesamttext:

Benjamin bringt diese Position als Kontrastfolie ein. Er kritisiert diese Form der Empathie, weil sie dazu führt, dass der Historiker die bestehenden Machtverhältnisse und den Sieg der Herrschenden unkritisch reproduziert. Der Einstieg dient also als Ausgangspunkt für Benjamins Kritik am Historismus und der Forderung nach einer materialistischen Geschichtsbetrachtung.

2. Original-Textelement

„Besser ist das Verfahren nicht zu kennzeichnen, mit dem der historische Materialismus gebrochen hat.“

Erklärung des Begriffs historischer Materialismus:

Der historische Materialismus ist eine von Karl Marx und Friedrich Engels entwickelte Theorie, die gesellschaftliche Entwicklungen als Resultat materieller Bedingungen, insbesondere der Produktionsverhältnisse, erklärt. Geschichte wird dabei nicht als bloße Abfolge von Ideen oder Ereignissen verstanden, sondern als Ausdruck von Klassenkämpfen und wirtschaftlichen Prozessen.

Inhaltliche Erklärung:
Benjamin stellt klar, dass der historische Materialismus sich von der Methode des Fustel de Coulanges – der empathischen Einfühlung – bewusst abgrenzt. Die marxistische Geschichtsbetrachtung lehnt es ab, vergangene Ereignisse ohne kritische Reflexion der Machtstrukturen zu analysieren.
Bedeutung im Gesamttext:

Hier beginnt Benjamin, den historischen Materialismus als Alternative zum Historismus einzuführen. Der Bruch mit der empathischen Betrachtung ist zentral, da es Benjamin darum geht, die Geschichte aus der Perspektive der Unterdrückten und nicht der Sieger zu betrachten.

3. Original-Textelement

„Es ist ein Verfahren der Einfühlung. Sein Ursprung ist die Trägheit des Herzens, die acedia, welche daran verzagt, des echten historischen Bildes sich zu bemächtigen, das flüchtig aufblitzt.“

Erklärung der Begriffe:
  • Einfühlung (Empathie): Hier beschreibt Benjamin die Haltung, sich emotional in die Vergangenheit einzufühlen, ohne dabei kritisch zu hinterfragen.
  • Acedia: Ein Begriff aus der mittelalterlichen Theologie. Ursprünglich bezeichnete er eine Form von spiritueller Trägheit oder Schwermut, die aus der Unfähigkeit resultiert, wahre Einsicht zu erlangen.
Inhaltliche Erklärung:

Benjamin kritisiert die Einfühlung als bequemes Verfahren, das aus einer intellektuellen Trägheit entsteht. Die wahre Erkenntnis der Geschichte sei ein flüchtiges Phänomen, das sich nur schwer erfassen lässt. Die Einfühlung hingegen vermeidet diese Herausforderung, indem sie sich unkritisch mit den Siegern der Geschichte identifiziert.

Bedeutung im Gesamttext:

Hier führt Benjamin den Gedanken ein, dass wahre historische Erkenntnis schwer zugänglich ist und eine aktive kritische Haltung erfordert. Die Einfühlung ist für ihn eine passive, bequeme Form des Geschichtsverständnisses, die den Zugang zu einer authentischen Geschichtsbetrachtung versperrt.

4. Original-Textelement

„Sie [die Acedia] galt bei den Theologen des Mittelalters als der Urgrund der Traurigkeit.“

Erklärung des Begriffs:
  • Theologen des Mittelalters: Im Mittelalter wurde Theologie als Wissenschaft des göttlichen Wissens und der Glaubenslehre betrieben. Wichtige Vertreter sind Thomas von Aquin und Augustinus.
  • Acedia: Bereits im vorherigen Abschnitt als „Trägheit des Herzens“ eingeführt, wird sie hier von den mittelalterlichen Theologen weiter vertieft. Sie bezeichnet eine spirituelle und emotionale Lähmung, die aus Hoffnungslosigkeit oder der Unfähigkeit, wahre Erkenntnis zu erlangen, entspringt. Sie ist eng mit Melancholie und Traurigkeit verbunden.
Inhaltliche Erklärung:

Benjamin greift den mittelalterlichen theologischen Begriff auf, um zu zeigen, dass die empathische Einfühlung in die Vergangenheit eine Form der intellektuellen und emotionalen Trägheit ist. Diese Trägheit führt zu einer resignierten Haltung, die die kritische Auseinandersetzung mit der Vergangenheit vermeidet.

Bedeutung im Gesamttext:

Dieser Satz vertieft die Kritik an der Einfühlung, indem er sie als Form der spirituellen Schwäche beschreibt. Benjamin stellt die Acedia in einen historischen Kontext, um zu verdeutlichen, dass diese Form der Traurigkeit keine produktive Haltung gegenüber der Geschichte ist, sondern eine resignierende, die den Erkenntnisprozess blockiert.

5. Original-Textelement

„Flaubert, der Bekanntschaft mit ihr gemacht hatte, schreibt: »Peu de gens devineront combien il a fallu être triste pour ressusciter Carthage.«“

(Übersetzung: „Wenig Menschen werden erraten, wie traurig man sein musste, um Karthago wieder auferstehen zu lassen.“)

Erklärung:
  • Gustave Flaubert (1821–1880): Ein französischer Schriftsteller, bekannt für seine realistischen Romane wie Madame Bovary. Er war berühmt für seine detailreiche, oft melancholische Darstellung der Vergangenheit.
  • Karthago: Eine antike Stadt im heutigen Tunesien, die von den Römern 146 v. Chr. zerstört wurde. Flaubert bezieht sich auf seinen Roman Salammbô (1862), der in Karthago spielt.
Inhaltliche Erklärung:

Flaubert beschreibt hier die tiefe Melancholie, die ihn bei der literarischen Rekonstruktion der untergegangenen Stadt Karthago überkam. Benjamin zitiert dies, um zu zeigen, dass die Einfühlung in die Vergangenheit nicht nur eine Trägheit des Herzens, sondern auch eine Form der melancholischen Resignation sein kann.

Bedeutung im Gesamttext:

Mit diesem Zitat illustriert Benjamin, dass die emotionale Einfühlung in die Vergangenheit häufig eine melancholische, unproduktive Haltung ist. Die tiefe Traurigkeit wird nicht in kritische Reflexion verwandelt, sondern bleibt eine persönliche Empfindung, die den kritischen Zugriff auf Geschichte blockiert.

6. Original-Textelement

„Die Natur dieser Traurigkeit wird deutlicher, wenn man die Frage aufwirft, in wen sich denn der Geschichtsschreiber des Historismus eigentlich einfühlt.“

Erklärung des Begriffs:
  • Historismus: Eine Geschichtsauffassung, die sich auf die Rekonstruktion der Vergangenheit durch Empathie und Identifikation mit den historischen Akteuren konzentriert, häufig ohne kritische Reflexion der Machtverhältnisse.
Inhaltliche Erklärung:

Benjamin lenkt nun die Aufmerksamkeit auf den zentralen Punkt seiner Kritik: Die Frage, auf wen sich die Einfühlung eigentlich bezieht. Er kündigt an, dass die Antwort auf diese Frage die problematische Natur der Einfühlung im Historismus offenlegt.

Bedeutung im Gesamttext:

Hier setzt Benjamin zum Kern seiner Argumentation an: Die Einfühlung erfolgt nicht neutral, sondern ist auf eine bestimmte gesellschaftliche Gruppe ausgerichtet. Dies ist der Übergang zu seiner zentralen Kritik an der Geschichtsschreibung als Herrschaftslegitimation.

7. Original-Textelement

„Die Antwort lautet unweigerlich: in den Sieger.“

Erklärung:
  • Sieger: Hier bezieht sich Benjamin auf die historischen und gegenwärtigen Herrschenden, die Kriege, Eroberungen oder Machtkämpfe für sich entschieden haben. Die Perspektive der Besiegten wird ausgeblendet.
Inhaltliche Erklärung:

Benjamin macht hier unmissverständlich klar, dass die empathische Geschichtsschreibung fast ausschließlich die Perspektive derjenigen einnimmt, die in der Geschichte siegreich waren. Dies bedeutet, dass die Darstellung der Vergangenheit von den Machtstrukturen der Sieger geprägt ist.

Bedeutung im Gesamttext:

Dies ist der Wendepunkt der These: Benjamin stellt fest, dass der Historismus die Geschichte aus der Perspektive der Sieger erzählt und damit Machtstrukturen zementiert. Die Stimmen der Besiegten bleiben ungehört.

8. Original-Textelement

„Die jeweils Herrschenden sind aber die Erben aller, die je gesiegt haben.“

Erklärung:
  • Die jeweils Herrschenden: Hier bezieht sich Benjamin auf die gegenwärtigen politischen und gesellschaftlichen Eliten, die ihre Machtposition auf der Grundlage vergangener Siege behaupten.
Inhaltliche Erklärung:

Benjamin verdeutlicht, dass die aktuelle Herrschaft auf den Siegen vergangener Generationen beruht. Die Kontinuität der Machtverhältnisse wird durch die Geschichtsschreibung gestützt, die nur die Perspektive der Sieger berücksichtigt.

Bedeutung im Gesamttext:

Dieser Satz betont die historische Kontinuität der Herrschaft: Die aktuellen Machtstrukturen sind keine neuen Phänomene, sondern das Ergebnis eines historischen Prozesses, der immer die Perspektive der Sieger bevorzugt hat.

9. Original-Textelement

„Die Einfühlung in den Sieger kommt demnach den jeweils Herrschenden allemal zugut.“

Erklärung:
  • Einfühlung in den Sieger: Hier bezieht sich Benjamin auf die Tendenz, Geschichte aus der Perspektive der Sieger zu erzählen, was dazu führt, dass die Perspektive der Unterdrückten ausgeblendet wird.
  • Den jeweils Herrschenden: Benjamin meint die aktuellen Eliten, die politische, wirtschaftliche oder kulturelle Macht besitzen. Sie profitieren davon, wenn die Geschichte ihre Vormachtstellung legitimiert.
Inhaltliche Erklärung:

Benjamin stellt klar, dass die Geschichtsschreibung, wenn sie sich nur auf die Perspektive der Sieger konzentriert, den bestehenden Machtverhältnissen dient. Diese Perspektive rechtfertigt die gegenwärtigen Herrschaftsstrukturen, indem sie als natürlicher Verlauf der Geschichte dargestellt werden.

Bedeutung im Gesamttext:

Hier verdichtet Benjamin seine Kritik: Die Geschichtsschreibung ist nicht neutral, sondern ein Instrument der Herrschenden. Die Geschichte der Sieger wird so erzählt, dass sie ihre Machtposition bestätigt, was den Status quo zementiert.

10. Original-Textelement

„Damit ist dem historischen Materialisten genug gesagt. Wer immer bis zu diesem Tage den Sieg davontrug, der marschiert mit in dem Triumphzug, der die heute Herrschenden über die dahinführt, die heute am Boden liegen. Die Beute wird, wie das immer so üblich war, im Triumphzug mitgeführt.“

Erklärung:
  • Historischer Materialist: Vertreter einer Geschichtsauffassung, die auf Karl Marx zurückgeht und soziale, politische und ökonomische Machtverhältnisse als treibende Kräfte der Geschichte begreift.
  • Triumphzug: Ein Bild aus der römischen Antike. Nach einem erfolgreichen Kriegseinzug feierten römische Feldherren mit großen Paraden, bei denen besiegte Feinde und Kriegsbeute öffentlich zur Schau gestellt wurden.
Inhaltliche Erklärung:

Benjamin beschreibt hier die Mechanik der Geschichte aus der Sicht der Herrschenden: Jeder Sieg der Vergangenheit wird als Teil eines fortgesetzten Triumphzugs betrachtet, der bis in die Gegenwart reicht. Die Herrschenden der Gegenwart sind die Erben vergangener Siege. Die „Beute“ (Kulturgüter, Errungenschaften) wird als Symbol des Erfolgs mitgeführt, verdeckt jedoch die Gewalt, mit der sie errungen wurde.

Bedeutung im Gesamttext:

Hier wird deutlich, dass Benjamin Geschichte als fortgesetzte Machtdemonstration der Sieger begreift. Der historische Materialist erkennt dies und hinterfragt den scheinbaren Glanz der Kultur, der auf Ausbeutung und Unterdrückung beruht. Es ist ein Aufruf, Geschichte kritisch zu hinterfragen und nicht unreflektiert aus der Perspektive der Sieger zu erzählen.

11. Original-Textelement

„Man bezeichnet sie als die Kulturgüter. Sie werden im historischen Materialisten mit einem distanzierten Betrachter zu rechnen haben. Denn was er an Kulturgütern überblickt, das ist ihm samt und sonders von einer Abkunft, die er nicht ohne Grauen bedenken kann. Es dankt sein Dasein nicht nur der Mühe der großen Genien, die es geschaffen haben, sondern auch der namenlosen Fron ihrer Zeitgenossen.“

Erklärung:
  • Kulturgüter: Hier meint Benjamin kulturelle Errungenschaften wie Kunstwerke, Literatur, Architektur oder wissenschaftliche Entdeckungen.
  • Distanziert: Der historische Materialist betrachtet diese Errungenschaften nicht nur als Errungenschaften, sondern hinterfragt ihre Entstehungsbedingungen.
  • Namenlose Fron: Bezieht sich auf die oft ausgeblendeten anonymen Arbeiter und Unterdrückten, deren Arbeit oder Leid die Grundlage für kulturelle Erzeugnisse bildete.
Inhaltliche Erklärung:

Benjamin zeigt hier die Ambivalenz von Kulturgütern auf: Sie sind nicht nur Zeugnisse menschlicher Kreativität, sondern auch Resultate von Ausbeutung und Gewalt. Der historische Materialist erkennt dies und betrachtet Kulturgüter mit kritischer Distanz, da sie sowohl Meisterwerke als auch Produkte historischer Ungerechtigkeit sind.

Bedeutung im Gesamttext:

Dieser Abschnitt betont, dass Kulturgüter nicht nur durch Genies, sondern auch durch die Arbeit und den Schmerz vieler namenloser Menschen entstanden sind. Der historische Materialist deckt diese Doppelbedeutung auf und verweigert eine unkritische Bewunderung kultureller Errungenschaften.

12. Original-Textelement

„Es ist niemals ein Dokument der Kultur, ohne zugleich ein solches der Barbarei zu sein.“

Erklärung:
  • Dokument der Kultur: Dies kann ein Kunstwerk, ein literarischer Text, ein architektonisches Bauwerk oder eine wissenschaftliche Entdeckung sein.
  • Dokument der Barbarei: Benjamin meint, dass selbst die schönsten kulturellen Werke oft auf Gewalt, Unterdrückung und Ungleichheit beruhen.
Inhaltliche Erklärung:

Benjamin formuliert hier eine radikale These: Jedes kulturelle Dokument, das heute bewundert wird, ist auch ein Zeugnis der Ungerechtigkeit, auf der es basiert. Beispielsweise kann ein beeindruckender Palast Ausdruck künstlerischer Meisterschaft sein, während seine Errichtung auf der Ausbeutung von Arbeitskräften beruhte.

Bedeutung im Gesamttext:

Dieser Satz ist zentral für Benjamins Kritik am Historismus. Er fordert, Kulturgüter nicht nur als Erfolge der Menschheit, sondern auch als Ergebnisse von Herrschaft und Ungerechtigkeit zu betrachten. Dies entlarvt die einseitige Geschichtsschreibung der Siegerperspektive.

13. Original-Textelement

„Und wie es selbst nicht frei ist von Barbarei, so ist es auch der Prozeß der Überlieferung nicht, in der es von dem einen an den andern gefallen ist.“

Erklärung:
  • Prozess der Überlieferung: Benjamin bezieht sich auf die Weitergabe von Kulturgütern über Generationen hinweg, etwa durch Museen, Archive oder Bildungssysteme.
  • Nicht frei von Barbarei: Die Weitergabe dieser Werke ist oft mit Gewalt, Kolonialismus und Machtmissbrauch verbunden.
Inhaltliche Erklärung:

Benjamin betont, dass nicht nur die Kulturgüter selbst problematisch sind, sondern auch der Prozess ihrer Weitergabe. Kunstwerke und Dokumente wurden oft durch Plünderungen, Kolonialismus oder Enteignungen weitergereicht. Dadurch bleibt der Akt der Überlieferung selbst von Gewalt geprägt.

Bedeutung im Gesamttext:

Dieser Gedanke erweitert Benjamins Kritik: Es geht nicht nur um die Werke selbst, sondern um die gesamte Praxis der Geschichtsvermittlung, die ebenfalls von den Herrschenden kontrolliert wird. Der historische Materialist muss daher auch die Art und Weise hinterfragen, wie Geschichte überliefert wird.

14. Original-Textelement

„Der historische Materialist rückt daher nach Maßgabe des Möglichen von ihr ab. Er betrachtet es als seine Aufgabe, die Geschichte gegen den Strich zu bürsten.“

Erklärung:
  • Gegen den Strich bürsten: Ein metaphorischer Ausdruck, der bedeutet, sich der vorherrschenden Erzählweise zu widersetzen und die Geschichte aus einer kritischen, nicht-konformen Perspektive zu betrachten.
Inhaltliche Erklärung:

Benjamin fordert den historischen Materialisten auf, sich von der traditionellen Geschichtsschreibung zu distanzieren. Statt die Perspektive der Sieger zu reproduzieren, soll die Geschichte kritisch und aus der Sicht der Unterdrückten analysiert werden.

Bedeutung im Gesamttext:

Dieser Schluss der These fasst Benjamins zentrales Anliegen zusammen: Die Aufgabe der kritischen Geschichtsschreibung ist es, die herrschenden Narrative zu hinterfragen und die Stimmen der Besiegten sichtbar zu machen.

Zusammenfassung

Zentrale These von Benjamin in der 7. Geschichtstheorie:

Die traditionelle Geschichtsschreibung (Historismus) dient den Herrschenden, indem sie die Perspektive der Sieger fortschreibt. Der historische Materialist muss diese Narrative kritisch hinterfragen und die Geschichte aus der Sicht der Unterdrückten betrachten.


I. Ausgangspunkt: Kritik an der traditionellen Geschichtsschreibung (Historismus)
  • Fustel de Coulanges’ Ansatz:
    → Einfühlung in vergangene Zeiten, ohne das Wissen um spätere Entwicklungen (Zitat 1).
    → Ziel: Emotionale Annäherung an die Vergangenheit.
  • Benjamins Kritik:
    → Problematische „Einfühlung“ (Zitat 2).
    → Ursprung in emotionaler Trägheit (Acedia) – passive Melancholie (Zitat 3-5).
    → Ergebnis: Unkritische Übernahme der Siegerperspektive.

→ Fazit: Historismus ist nicht neutral, sondern emotional verzerrt.


II. Kernproblem: Identifikation mit den Siegern (Machtkritik)
  • Worauf richtet sich die Einfühlung?
    → Immer auf die Sieger der Geschichte (Zitat 6-7).
  • Warum problematisch?
    → Die heutigen Herrschenden sind die Erben vergangener Sieger (Zitat 8).
    → Geschichtsschreibung stabilisiert bestehende Machtverhältnisse (Zitat 9).

→ Fazit: Historismus = Legitimation der bestehenden Macht.


III. Der Triumphzug der Sieger und seine Folgen
  • Triumphzug als Metapher:
    → Kontinuierliche Machtdemonstration der Sieger (Zitat 10).
    → Kulturgüter = Beute aus diesem Triumphzug.
  • Ambivalenz der Kulturgüter:
    → Errungenschaften basieren auf Ausbeutung und Unterdrückung (Zitat 11).
    → Jedes Kulturgut ist zugleich ein Dokument der Barbarei (Zitat 12).
  • Der Überlieferungsprozess:
    → Auch der Weitergabeprozess ist von Gewalt geprägt (Zitat 13).

→ Fazit: Selbst kulturelle Meisterwerke sind Ausdruck von Macht und Barbarei.


IV. Die Haltung des historischen Materialisten (Kritische Gegenerzählung)
  • Ablehnung der unkritischen Geschichtsschreibung:
    → Distanz zu Kulturgütern (Zitat 11).
    → Nicht bewundern, sondern kritisch hinterfragen.
  • Die Aufgabe des historischen Materialisten:
    → Geschichte „gegen den Strich bürsten“ (Zitat 14).
    → Perspektive der Unterdrückten sichtbar machen.
    → Machtstrukturen offenlegen, nicht reproduzieren.

→ Fazit: Geschichtsschreibung muss hinterfragen, wer spricht und wessen Stimmen fehlen.

Schaubild – mögliche Struktur

Das freut mich sehr zu hören! Ich werde nun eine klare, zusammenfassende Darstellung des gedanklichen Aufbaus von Benjamins siebter These erstellen, die dir als Grundlage für ein Schaubild dienen kann. Ich strukturiere es so, dass es sich gut für eine visuelle Umsetzung eignet, z.B. in Form eines Diagramms oder Mindmaps.

Zentrale These von Benjamin in der 7. Geschichtstheorie:

Die traditionelle Geschichtsschreibung (Historismus) dient den Herrschenden, indem sie die Perspektive der Sieger fortschreibt. Der historische Materialist muss diese Narrative kritisch hinterfragen und die Geschichte aus der Sicht der Unterdrückten betrachten.


I. Ausgangspunkt: Kritik an der traditionellen Geschichtsschreibung (Historismus)
  • Fustel de Coulanges’ Ansatz:
    → Einfühlung in vergangene Zeiten, ohne das Wissen um spätere Entwicklungen (Zitat 1).
    → Ziel: Emotionale Annäherung an die Vergangenheit.
  • Benjamins Kritik:
    → Problematische „Einfühlung“ (Zitat 2).
    → Ursprung in emotionaler Trägheit (Acedia) – passive Melancholie (Zitat 3-5).
    → Ergebnis: Unkritische Übernahme der Siegerperspektive.

→ Fazit: Historismus ist nicht neutral, sondern emotional verzerrt.


II. Kernproblem: Identifikation mit den Siegern (Machtkritik)
  • Worauf richtet sich die Einfühlung?
    → Immer auf die Sieger der Geschichte (Zitat 6-7).
  • Warum problematisch?
    → Die heutigen Herrschenden sind die Erben vergangener Sieger (Zitat 8).
    → Geschichtsschreibung stabilisiert bestehende Machtverhältnisse (Zitat 9).

→ Fazit: Historismus = Legitimation der bestehenden Macht.


III. Der Triumphzug der Sieger und seine Folgen
  • Triumphzug als Metapher:
    → Kontinuierliche Machtdemonstration der Sieger (Zitat 10).
    → Kulturgüter = Beute aus diesem Triumphzug.
  • Ambivalenz der Kulturgüter:
    → Errungenschaften basieren auf Ausbeutung und Unterdrückung (Zitat 11).
    → Jedes Kulturgut ist zugleich ein Dokument der Barbarei (Zitat 12).
  • Der Überlieferungsprozess:
    → Auch der Weitergabeprozess ist von Gewalt geprägt (Zitat 13).

→ Fazit: Selbst kulturelle Meisterwerke sind Ausdruck von Macht und Barbarei.


IV. Die Haltung des historischen Materialisten (Kritische Gegenerzählung)
  • Ablehnung der unkritischen Geschichtsschreibung:
    → Distanz zu Kulturgütern (Zitat 11).
    → Nicht bewundern, sondern kritisch hinterfragen.
  • Die Aufgabe des historischen Materialisten:
    → Geschichte „gegen den Strich bürsten“ (Zitat 14).
    → Perspektive der Unterdrückten sichtbar machen.
    → Machtstrukturen offenlegen, nicht reproduzieren.

→ Fazit: Geschichtsschreibung muss hinterfragen, wer spricht und wessen Stimmen fehlen.


Mögliche Struktur für dein Schaubild:

  1. Zentrum des Diagramms:
    „Kritik am Historismus“
  2. Erster Ast: Kritik am Historismus
    • Fustel de Coulanges → Einfühlung
    • Problem: Trägheit des Herzens (Acedia)
    • Ergebnis: Unkritische Übernahme der Siegerperspektive
  3. Zweiter Ast: Identifikation mit den Siegern
    • Sieger als Fokus
    • Machtkontinuität
    • Herrschaft wird gestärkt
  4. Dritter Ast: Der Triumphzug der Sieger
    • Kulturgüter als Beute
    • Kultur = Ergebnis von Gewalt
    • Überlieferung = Prozess der Barbarei
  5. Vierter Ast: Der historische Materialismus
    • Kritische Distanz
    • Geschichte gegen den Strich bürsten
    • Perspektive der Unterdrückten sichtbar machen

Schaubild-Umsetzung durch ChatGPT

Dieses Schaubild gefällt uns nicht so ganz – wir werden ihm ein eigenes entgegensetzen. Bitte etwas Geduld.

Jetzt erst noch eine kreative Aufgabe für ChatGPT

Vergiss die ganze Struktur von Benjamins Gedankengang.

Stelle dir stattdessen eine Situation vor, in eine Schülerin auf dem Weg zur Schule einem Mitschüler begegnet, der den Benjamin-Text sich auch erarbeiten und dann entsprechend zusammenfassen sollte.

Erstelle jetzt eine solche Zusammenfassung, die vom Allgemeinen ausgeht und dann die wesentlichen Elemente von Benjamins Position beschreibt – dabei möglichst auch konkrete Beispiele nennt, damit das besser verstanden wird und im Gedächtnis bleibt.

Vergiss die ganze Struktur von Benjamins Gedankengang.

Stelle dir stattdessen eine Situation vor, in eine Schülerin auf dem Weg zur Schule einem Mitschüler begegnet, der den Benjamin-Text sich auch erarbeiten und dann entsprechend zusammenfassen sollte.

Erstelle jetzt eine solche Zusammenfassung, die vom Allgemeinen ausgeht und dann die wesentlichen Elemente von Benjamins Position beschreibt – dabei möglichst auch konkrete Beispiele nennt, damit das besser verstanden wird und im Gedächtnis bleibt.

[Die Schülerin und ihr Mitschüler treffen sich auf dem Weg zur Schule.]

Schülerin:
Hey, du hattest doch auch den Benjamin-Text, oder? Ich hab den gestern auseinandergenommen – soll ich dir mal erklären, worum es da geht?

Mitschüler:
Ja, bitte! Ich hab versucht, es zu lesen, aber der schreibt echt kompliziert.


Schülerin (fängt allgemein an):
Okay, pass auf. Benjamin redet über Geschichte – aber nicht so, wie wir das aus den Geschichtsbüchern kennen. Normalerweise lernen wir ja: „Die großen Entdecker“, „Die großen Erfinder“, „Die Helden der Vergangenheit“. Die Geschichte wird erzählt, als ob es immer um Gewinner, Erfolge und Fortschritt geht. Benjamin meint aber, dass das nur die halbe Wahrheit ist.

Mitschüler:
Wie meinst du das?

Schülerin:
Stell dir einen großen Festumzug vor. Ganz vorne laufen die Gewinner der Geschichte – Könige, Generäle, Politiker, vielleicht so jemand wie Napoleon. Sie feiern ihre Siege und hinter ihnen werden Schätze und Kulturgüter – Gemälde, Paläste, Bücher – mitgeführt, um zu zeigen, wie großartig sie sind. Aber das ist nicht die ganze Geschichte.

Mitschüler:
Warum nicht?

Schülerin:
Weil das, was du da siehst, die „Siegerperspektive“ ist. Benjamin sagt, dass diese Kulturgüter – also die Errungenschaften der Kultur – oft auf Leid und Ungerechtigkeit basieren. Beispiel: Die Pyramiden in Ägypten – beeindruckend, oder? Aber wer hat sie gebaut? Tausende Sklaven, die nie gewürdigt wurden. Oder der Bau des Kölner Doms: Jahrhunderte an harter, oft unbezahlt oder schlecht bezahlter Arbeit von namenlosen Arbeitern.

Mitschüler:
Oh, krass. Das erzählt uns im Geschichtsunterricht aber niemand so.


Schülerin:
Genau! Und Benjamin sagt, dass wir Geschichte meistens so erzählt bekommen, als wäre sie von den Gewinnern geschrieben. Die „Sieger“ bestimmen, was erinnert wird und wie es dargestellt wird. Denk mal an Kolumbus: Er wird oft als Entdecker Amerikas gefeiert. Aber was ist mit den indigenen Völkern, die dabei unterdrückt und ausgerottet wurden?

Mitschüler:
Stimmt… Das macht Geschichte irgendwie viel einseitiger.


Schülerin:
Ja! Und Benjamin nennt das einen „Triumphzug der Sieger“. Die Gewinner der Geschichte feiern sich selbst, aber das Leid der Verlierer wird ausgeblendet. Und jetzt kommt sein wichtiger Punkt: Er sagt, jedes Kulturgut ist auch ein Dokument der Barbarei. Das bedeutet: Egal, ob ein Palast oder ein Gemälde – es erzählt nicht nur von Kreativität, sondern auch von den Arbeitsbedingungen, den Kämpfen und den Opfern, die im Hintergrund stehen.

Mitschüler:
Also, Geschichte ist gar nicht so unschuldig, wie es scheint?


Schülerin:
Genau! Und Benjamin fordert, dass man Geschichte „gegen den Strich bürsten“ soll. Stell dir vor, du streichst eine Katze nicht mit, sondern gegen das Fell – unbequem, oder? Genauso unbequem ist es, Geschichte aus der Perspektive der Unterdrückten zu erzählen. Der historische Materialist – so nennt Benjamin seine kritische Haltung – schaut nicht auf die Gewinner, sondern auf die, die gelitten haben.

Mitschüler:
Das klingt echt spannend. Also will Benjamin, dass wir Geschichte nicht als Heldengeschichte, sondern als Geschichte von Macht und Leid betrachten?

Schülerin:
Genau! Er sagt: Frage dich immer, wer erzählt die Geschichte und wessen Stimme fehlt. So bekommst du ein vollständigeres Bild.


Mitschüler (nachdenklich):
Okay, das hilft mir echt weiter. Also: Geschichte kritisch hinterfragen, nicht nur auf die glänzende Oberfläche schauen und auch an die denken, die im Hintergrund stehen.

Schülerin:
Perfekt zusammengefasst! Und jetzt komm, sonst verpassen wir den Unterricht!


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