Worum es hier geht:
Im Anfangsteil des Romans „Heimsuchung“ spielen ein Großbauer und seine vier Töchter eine wichtige Rolle.
Wir zeigen hier, was das Besondere an diesen Figuren ist und welche Rolle sie spielen.
Der Großbauer (Schulze / Wurrach)
- Der Großbauer wird im Text als der Schulze und Wurrach des Dorfes vorgestellt. Seine Familie blickt auf eine lange Tradition als Schulzen zurück. Der Schulzenhof, die Klotthofstelle, wurde vom König um sechzehnhundertfünfzig an seinen Urahn als Lehen gegeben. Er hat diese Hofstelle von seinem Vater geerbt, der sie wiederum von seinem geerbt hat, „und immer so weiter“. Er ist der einzige Schulze im Dorf.
Er ist der Vater von vier Töchtern: Grete, Hedwig, Emma und Klara. Die Mutter der Mädchen ist bei der Geburt der jüngsten Tochter, Klara, gestorben. Es wird erwähnt, dass er keinen Sohn hat.
— - Eine seiner auffälligsten Eigenheiten ist, dass er, wenn er sonntags nach dem Gottesdienst mit seinen Töchtern in der Kutsche vom Kirchweg auf die Hauptstraße hinunterfährt, „den Pferden weiße Strümpfe an“ (EB16) zieht. Er kutschiert sie durchs Dorf, am Fleischerladen, der Schule und der Ziegelei vorbei, bis zum Uferweg, der zu Klaras Wald führt, und fährt dann heimwärts. Wenn er mit der leeren Kutsche werktags durchs Dorf fährt, „jagt“ er, „um seine Knechte und Mägde zu Arbeit zu rufen“ und lässt seine Peitsche knallen.
— - Der Wurrach wird als autoritär und gewalttätig dargestellt, insbesondere im Umgang mit seiner Tochter Hedwig. Als er erfährt, dass sie sich mit einem Handarbeiter eingelassen hat, stürzt er in die Scheune, jagt den Arbeiter vom Hof und droht ihm: „Ick hol die Axt, ick schlag dir tot!“ (EB19). Er sperrt Hedwig zur Strafe für mehrere Tage in die Räucherkammer auf dem Dachboden, wo sie ihr Kind verliert. Dieses Ereignis scheint der Grund zu sein, warum er die sonntäglichen Kutschfahrten mit seinen Töchtern einstellt.
Im Umgang mit seiner jüngsten Tochter, Klara, die eine offensichtliche psychische Erkrankung entwickelt, zeigt er ebenfalls Härte. Er „verbietet ihr, den Hof zu verlassen“ (EB22) und „schraubt die Fenstergriffe und die innere Türklinke ab“ in ihrem Zimmer, während er „die Tür eigenhändig von außen“ nachts verschließt.
— - Er verwaltet den Familienbesitz und verkauft nach und nach Klaras Erbteil, den Wald am Schäferberg. Er unterschreibt dabei als Verkäufer „im Namen seiner entmündigten Tochter“ (EB25). Obwohl Klara infolge ihrer Erkrankung offensichtlich den Freitod wählt, setzt der Schulze, der trotz seines hohen Alters inzwischen „Ortsbauernführer geworden ist“, durch, dass der Pfarrer ihr ein christliches Begräbnis nicht verweigern kann. Im Text wird konstatiert, dass er alt wird.
Grete
- Grete ist die älteste Tochter des Schulzen. Sie war mit dem ältesten Sohn des Bauern Sandke verlobt (EB18)
- Ihre geplante Hochzeit fand nicht statt, weil der Grundherr ihren Verlobten nicht als Erben bestimmte, wodurch die Sandkeschen Felder für die Familie des Schulzen verloren gingen.
- Sie heiratet nicht. Sie wird, wie ihre Schwestern, nur einfach älter.
- Sie ist, wie ihre Schwestern, anwesend, wenn Klara versteckt oder auffällig ist, was ihre Beteiligung an den Bemühungen, mit Klaras Verhalten umzugehen, impliziert. Als sie einmal die Kammertür öffnet, um einen Besen zu holen, trifft sie auf Klara, die dort wartet.
- Insgesamt besteht das Besondere dieser Figur in ihrem Schicksal, das die Entscheidung eines anderen ihre ganze Lebensplanung zerstört,
Hedwig
- Hedwig ist die zweite Tochter des Schulzen. Sie geht eine Beziehung mit einem Handarbeiter ein, der auf der Klotthofstelle das Korn drischt.
- Diese Beziehung führt zur extremen Wut ihres Vaters.
- Als Strafe sperrt der Vater sie in die Räucherkammer, wo sie ihr Kind verliert, das als „ein kleiner blutiger Klumpen“ beschrieben wird.
- Dieses „Mißgeschick“ beendet die sonntäglichen Kutschfahrten des Vaters mit den Töchtern. Auch Hedwig wird älter und ist, wie ihre Schwestern, an den Sicherungsmaßnahmen und dem Umgang mit Klaras Verhalten beteiligt.
Emma
- Emma ist die drittälteste Tochter des Schulzen.
- Sie wird als die fähigste der Töchter beschrieben; der Text sagt explizit, sie „hätte sicher zum Schulzen getaugt, wenn sie als Mann auf die Welt gekommen wäre“. Sie ist die „rechte Hand des Vaters“ und übernimmt in seiner Abwesenheit wichtige Aufgaben auf dem Hof, wie Entscheidungen über die Abgaben der Dörfler, das Einstellen von Personal sowie die Überwachung von Wäldern, Feldern und Vieh.
- Es wird betont, dass „über eine Heirat von Emma niemals von irgend jemandem… je ein Wort verloren worden“ ist. Sie wird, wie ihre Schwestern, einfach nur älter und ist an den Maßnahmen im Umgang mit Klara beteiligt.
- Emma ist es, die am nächsten Tag „Klaras Spuren im frischgefallenen Schnee“ entdeckt, die geradenwegs ins Wasser führen.
- Diese Tochter ist vor allem wichtig, weil an ihr gezeigt wird, was Frauen auch damals schon ganz selbstverständlich leisten konnten, ohne zum Beispiel ein Amt auch offiziell selbst bekleiden zu können.
Klara
- Klara ist die jüngste Tochter des Schulzen. Ihre Mutter stirbt bei ihrer Geburt. Ihr Erbteil ist der Wald am Schäferberg, der deshalb im Dorf „Klaras Wald“ genannt wird.
- Ihr Verhalten verändert sich im Laufe der Zeit. Anfangs begrüßt sie die Schwestern manchmal übertrieben höflich, an anderen Tagen wendet sie sich ab.
Auf die Veränderungen, die Ursachen und die Bedeutung des besonderen Schicksals dieser Tochter wird hie genauer eingegangen
https://schnell-durchblicken.de/entwicklung-und-bedeutung-der-erkrankung-von-klara-einer-tochter-des-grossbauern-im-roman-heimsuchung
- Im Laufe der Zeit wird ihr Verhalten immer absonderlicher und das löst Angst aus und führt dazu, dass sie als „eine, die aus der Welt des Benehmens ausgeschert ist“ betrachtet wird.
- Aufgrund ihres Zustands werden umfangreiche Sicherheitsmaßnahmen ergriffen: Spitze Messer werden weggeschlossen, Äxte hochgelegt, Fenstergriffe in ihrem Zimmer abgeschraubt und die Tür nachts von außen verschlossen. Nachts dreht sie manchmal ihren Nachttopf um und beginnt, „darauf zu trommeln“.
- Im Dorf wird sie inzwischen „die Olle Schulzen“ genannt. Ihr Gang ist verändert, sie „hinkt“ und trägt „zwei verschiedene Schuh an den Füßen oder sogar überhaupt nur auf Strümpfen“.
- Ihr Vater verkauft ihren Wald Stück für Stück, wobei er im Namen seiner „entmündigten Tochter“ unterschreibt. Ihr Leben endet, als sie ins Wasser geht. Emma findet ihre Spuren, die in den See führen, und wenig später wird ihr Leichnam gefunden. Obwohl der Pfarrer ein christliches Begräbnis für eine Selbstmörderin verweigern will, setzt ihr Vater es durch. Klara wird, wie ihre Schwestern, im Text als älter werdend erwähnt, bis zu ihrem Tod.
Weitere Infos, Tipps und Materialien
- Infos, Tipps und Materialien zum Roman „Heimsuchung“ von Jenny Erpenbeck
https://schnell-durchblicken.de/themenseite-heimsuchung
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Tipps und Materialien zu weiteren Themen des Deutschunterrichts
https://textaussage.de/weitere-infos