Eichendorff, „Heimweh“ (An meinen Bruder) (Mat8592-2)

Worum es hier geht:

Von Joseph von Eichendorff gibt es zwei Gedichte mit dem Titel „Heimweh“.

Das erste haben wir auf der folgenden Seite vorgestellt:
Vorsicht: Es ist von der Aussage her ziemlich unklar 🙁
https://schnell-durchblicken.de/eichendorff-heimweh-wer-in-die-fremde-will-wandern

Hier nun das 2. Gedicht mit dem Titel „Heimweh“, in dem das lyrische Ich sich an seinen Bruder wendet.

Es ist natürlich als Gedicht hier ein fiktionaler Text. Aber es lohnt sich auf jeden Fall, mal zu recherchieren, was es mit diesem Bruder auf sich hat.

Heimweh

An meinen Bruder

  1. Du weißts, dort in den Bäumen
    x X           x     X x     X    x
  2. Schlummert ein Zauberbann,
    X x          x    X    x   X
    Auch hier wieder ein unregelmäßiger Rhythmus, der allerdings sogar vorne einmal mit einer Senkung, dann mit einer Hebung beginnt.
  3. Und nachts oft, wie in Träumen,
  4. Fängt der Garten zu singen an.
    • Das lyrische Ich redet den in der Unterüberschrift genannten Bruder an
    • Und erinnert ihn an Bäume, in denen ein „Zauberbann“ angeblich schlummert.
    • Das geht dann so weit, dass „wie in Träumen“
    • Nachts sogar der Garten anfängt zu singen.
    • Insgesamt klingt das sehr nach dem Gedicht „Wünschelrute“.
  5. Nachts durch die stille Runde
  6. Wehts manchmal bis zu mir,
  7. Da ruf ich aus Herzensgrunde,
  8. O Bruderherz, nach dir.
    • Die zweite Strophe macht dann deutlich,
    • Welche Empfindungen das lyrische Ich nachts hat.
    • Es erinnert sie dann etwas an den Bruder
    • Und das löst aus, dass sie nach ihm „aus Herzensgrunde“, also tief und intensiv nach ihm ruft.
  9. So fremde sind die andern,
  10. Mir graut im fremden Land,
  11. Wir wollen zusammen wandern,
  12. Reich treulich mir die Hand!
    • In dieser Strophe dann der Blick auf die anderen Menschen,
    • die dem lyrischen Ich genau so fremd (geblieben) sind
    • wie das ganze Land.
    • Es folgt die Aufforderung an den Bruder,
    • gemeinsam zu wandern
    • und zwar in einer Weise, bei der man sich treu die Hand gibt.
  13. Wir wollen zusammen ziehen,
  14. Bis daß wir wandermüd
  15. Auf des Vaters Grabe knien
  16. Bei dem alten Zauberlied.
    • Die letzte Strophe beschreibt dann eine gemeinsame Zukunft,
    • in der sie zusammen wandern,
    • bis sie schließlich – wohl altersmüde –
    • auf dem Grab des Vaters knien,
    • wo sie das Gefühl haben, bei „dem alten Zauberlied“ zu sein.
    • Die Schluss-Situation ist etwas dunkel,
    • Aber das ist wohl Absicht, näher will oder kann sich das lyrische Ich darüber nicht auslassen.

 

Insgesamt im Vergleich zum ersten Heimweh-Gedicht eine recht klar Intentionalität.

Das Gedicht zeigt;

  1. gemeinsame Erinnerungen, die vom lyrischen Ich an den Bruder herangetragen werden,
  2. einen Ort, an dem die Bäume einen Zauber enthalten und der Garten nachts singt – also recht deutliche romantische Fantasievorstellungen,
  3. dann – typisch für die Romantik – Sehnsucht, diesmal in Richtung Bruder,
  4. all dies im Kontrast zu einer Fremde, in der auch die Menschen fremd (geblieben) sind,
  5. am Ende die Zukunftsperspektive gemeinsamen Wanderns, was immer das konkret bedeuten mag,
  6. die am Grab des Vaters endet, was starke Familienbande zeigt
  7. und das wird noch einmal mit dem anscheinend allgegenwärtigen Zauber aus den ersten Zeilen des Gedichtes verbunden.*

Zu finden ist dieses Gedicht im gleichen Sammelband:
Joseph von Eichendorff, Sämtliche Gedichte, Herausgegeben Von Hartwig Schultz, Deutscher Klassiker Verlag, 2. Auflage, 2006, S. 300/301  – ISBN: 978-3-618-68012-3,

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