Anmerkungen zum Kapitel „Der Großbauer und seine vier Töchter“ im Roman „Heimsuchung“ von Jenny Erpenbeck (Mat8630-eb9-20)

Worum es hier geht:

Wenn im Deutschunterricht ein Roman gelesen wird, dann gibt es immer wieder auch Fragen.

Hier geht es jetzt um das erste große Kapitel (EB9-20)

Wie wirkt das Kapitel der Großbauer und seine vier Töchter auf den Leser? (Wie verändert sich der Eindruck von der Eigenart und der möglichen Aussage des Romans beim Leser, wenn er dieses Kapitel gelesen hat

Antwort:

  • Wer nach dem Prolog als Leser noch nicht die Lust verloren hat, diesen Roman freiwillig zu lesen, bei dem könnte das jetzt passieren
  • Denn nach dem Naturkundemuseum hat die Autorin möglicherweise ein Heimatkunde-Museum besucht und dort alles mitgeschrieben, was ihr zu früheren Hochzeitsbräuchen erzählt worden ist.
  • Sieht man mal von der abschreckenden Wirkung ab, kann man sich vorstellen, dass neben der Belanglosigkeit menschlicher Existenz vor dem Hintergrund großer Naturentwicklungen jetzt noch problematische kulturelle Einschränkungen kommen.
  • Denn alles das, was hier beschrieben wird, ist für das Betroffene Hochzeitspaar wohl kein reiner Anlass zur Freude.
  • Man wird erinnert an bestimmte Bräuche, wenn zum Beispiel jemand mit 30 Jahren noch nicht unter der Haube ist. Die Späße, die dann veranstaltet werden, sind in der Regel nur für die Außenstehenden lustig.
  • Man könnte auch die Hypothese vertreten, dass hier gezeigt werden soll, wie früher ein kulturelles Unterhaltungsprogramm ausgesehen hat.
  • Die Frage ist nur: Wer will sich auf diese Art und Weise heute noch unterhalten lassen? Und warum müssen junge Menschen vor dem  Abitur zwangsweise so etwas lesen. Der Literatur dürfte damit in vielen Fällen beim jugendlichen Publikum nicht gedient sein.
  • Wenn man konkrete Textkenntnis zeigen will, kann man auf den schönen Test verweisen, mit dem man herauskommt, ob man demnächst geheiratet wird.
  • Es dürfte wohl die bedauernswerte weibliche Perspektive von damals vorliegen, möglicherweise ein sogenanntes Mauerblümchen zu bleiben, das keinen Mann „abgekommen“ hat. Bei dem Test spielt der Hühnerstall eine besondere Rolle.
  • Im weiteren Verlauf geht es an das um das Schicksal der vier Töchter.
    • Die eine, Greta, ist besonders arm dran, weil ihr Verlobter die Voraussetzungen für eine Heirat verliert, nämlich ein entsprechendes Grundstück als Erbe.
    • Die andere, Hedwig, lässt sich mit einem Typen ein, der vom Vater mit der Axt verjagt wird.
    • Emma, die dritte Tochter, kann kurz abgehandelt werden, denn sie ist absolut tüchtig und hat nur das Pech, kein Mann zu sein, sonst könnte sie von ihrem Vater das Amt des Schulzen übernehmen.
    • Am schlimmsten ergeht es letztlich Klara, der jüngsten Tochter, denn die lässt sich auf ihrem Erbstück mit einem vorbeikommenden Fischer ein und wird dann zunehmend verrückt, bis sie schließlich im Wasser Selbstmord begeht.
    • Das wiederum ist für die Autorin wohl Anlass gewesen, genauer auf die Rituale einzugehen, die bei einem Begräbnis zu beachten sind.
    • Und schon geht es wieder los im Heimatkundemuseum.
  • Fazit:
    Die Bewerbung dieses Romans als ein Vermittler tiefer Einblicke in die deutsche Geschichte von der Weimarer Republik bis zur Wende 1990 wird hier nur in einem ziemlich abseitigen Randbereich erfüllt.
  • Man hätte sich gewünscht, mehr über das normale Leben von Frauen im 19. Jhdt. zu erfahren – und nicht nur eine Krankengeschichte präsentiert zu bekommen.

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