Humor, Ironie und Zynismus – Gemeinsamkeiten und Unterschiede (Mat567-hiz)

Der Anlass für die Beschäftigung mit den drei Begriffen

Ausgangspunkt für diese Überlegungen war eine Stelle im Drama „Draußen vor der Tür“, wo die neue Bewohnerin der elterlichen Wohnung das Schicksal von Beckmanns Vater und Mutter beschreibt:
https://www.projekt-gutenberg.org/borchert/draussen/draussen.html

  • Der Heimkehrer Beckmann fragt nach der neuen Wohnung der Eltern:
    Die Nachmieterin, eine Frau Kramer:
    „Soviel ich weiß: Kapelle 5.“
    „Kapelle 5 in Ohlsdorf. Wissen Sie, was Ohlsdorf ist? Ne Gräberkolonie. Wissen Sie, wo Ohlsdorf liegt? Bei Fuhlsbüttel. Da oben sind die drei Endstationen von Hamburg. In Fuhlsbüttel das Gefängnis, in Alsterdorf die Irrenanstalt. Und in Ohlsdorf der Friedhof. Sehen Sie, und da sind sie geblieben, Ihre Alten. Da wohnen sie nun. Verzogen, abgewandert, parti. Und das wollen Sie nicht wissen?“
  • „Die alten Beckmanns konnten nicht mehr, wissen Sie. Hatten sich ein bißchen verausgabt im Dritten Reich, das wissen Sie doch. Was braucht so ein alter Mann noch Uniform zu tragen. Und dann war er ein bißchen doll auf die Juden, das wissen Sie doch, Sie, Sohn, Sie. Die Juden konnte Ihr Alter nicht verknusen. Die regten seine Galle an. Er wollte sie alle eigenhändig nach Palästina jagen, hat er immer gedonnert. Im Luftschutzkeller, wissen Sie, immer wenn eine Bombe runterging, hat er einen Fluch auf die Juden losgelassen. War ein bißchen sehr aktiv, Ihr alter Herr. Hat sich reichlich verausgabt bei den Nazis. Na, und als das braune Zeitalter vorbei war, da haben sie ihn dann hochgehen lassen, den Herrn Vater. Wegen den Juden. War ja ein bißchen doll, das mit den Juden. Warum konnte er auch seinen Mund nicht halten. War eben zu aktiv, der alte Beckmann. Und als es nun vorbei war mit den braunen Jungs, da haben sie ihm mal ein bißchen auf den Zahn gefühlt. Na, und der Zahn war ja faul, das muß man wohl sagen, der war ganz oberfaul. „
  • „An die Luft gesetzt haben sie Ihren Papa, ohne Pension, versteht sich. Und dann sollten sie noch aus der Wohnung raus. Nur den Kochtopf durften sie behalten. Das war natürlich trübe. Und das hat den beiden Alten den Rest gegeben. Da konnten sie wohl nicht mehr. Und sie mochten auch nicht mehr. Na, da haben sie sich dann selbst endgültig entnazifiziert. Das war nun wieder konsequent von Ihrem Alten, das muß man ihm lassen.“
  • „Frau Kramer  (mehr gutmütig als gemein): Entnazifiziert. Das sagen wir so, wissen Sie. Das ist so ein Privatausdruck von uns. Ja, die alten Herrschaften von Ihnen hatten nicht mehr die rechte Lust. Einen Morgen lagen sie steif und blau in der Küche. So was Dummes, sagt mein Alter, von dem Gas hätten wir einen ganzen Monat kochen können.“

Das Gemeinsame der drei Begriffe: Umgang mit der Realität

Die zentrale Gemeinsamkeit ist, dass alle drei Begriffe eine indirekte oder gebrochene Art des Umgangs mit der Realität und der Kommunikation darstellen. Sie weichen von einer rein wörtlichen, direkten oder naiven Betrachtung der Dinge ab und beinhalten oft eine Form der Subtextualität oder eines tieferen Verständnisses, das über die Oberfläche hinausgeht.

  • Humor findet das Komische, Absurde oder Unerwartete in den Unzulänglichkeiten der Realität und erlaubt uns, darüber zu lachen oder eine Situation zu entspannen. Er spielt mit der Inkongruenz.
  • Ironie spricht das Gegenteil dessen aus, was gemeint ist, und spielt so mit der Diskrepanz zwischen Schein und Sein, zwischen Gesagtem und Gedachtem.
  • Zynismus entlarvt eine vermeintlich tiefere, oft negative oder eigennützige Wahrheit hinter der Fassade von Idealen oder positiven Absichten. Er rechnet mit der Verlogenheit der Realität ab.

Kurz gesagt, sie alle fordern vom Empfänger eine Interpretation jenseits der bloßen Oberfläche und nutzen eine Form der Distanzierung oder Verfremdung, um eine bestimmte Botschaft, Haltung oder Emotion zu vermitteln.

Obwohl Ironie, Zynismus und Humor oft im selben Kontext genannt werden und sich überschneiden können, unterscheiden sie sich grundlegend in ihrer Absicht, ihrer Wirkung und der zugrunde liegenden Haltung.

Hier die wichtigsten Unterschiede:

Das Besondere des Humors

  • Definition: Humor ist die Fähigkeit, die Unzulänglichkeiten der Welt, eigene und fremde Schwächen sowie alltägliche Schwierigkeiten mit heiterer Gelassenheit zu betrachten und zum Lachen zu bringen oder selbst lachen zu können. Er ist eine positive Geisteshaltung.
  • Absicht: Die Hauptabsicht von Humor ist es, Erheiterung zu schaffen, zu unterhalten, eine Situation aufzulockern oder eine gewisse Leichtigkeit zu vermitteln. Er kann verbinden und Konflikte entschärfen.
  • Wirkung: Erzeugt Lachen, Schmunzeln, Freude, Entspannung. Die Wirkung ist in der Regel positiv und wohlwollend. Selbst schwarzer Humor, der ernste Themen aufgreift, tut dies oft, um eine gewisse Erleichterung zu schaffen oder ein Tabu zu brechen, aber nicht primär, um zu verletzen.
  • Beispiel: „Humor ist, wenn man trotzdem lacht.“ Oder: Jemand stolpert leicht und lacht über sich selbst.

Das Wesen der Ironie

  • Definition: Ironie ist ein rhetorisches Stilmittel, bei dem das Gegenteil des eigentlich Gemeinten gesagt oder dargestellt wird. Die wahre Bedeutung erschließt sich dem Empfänger oft durch den Kontext, den Tonfall oder das Hintergrundwissen.
  • Absicht: Ironie wird oft verwendet, um Kritik, Spott oder Missbilligung auf subtile, indirekte und oft humorvolle Weise zu äußern. Sie kann auch dazu dienen, etwas zu betonen oder eine bestimmte Wirkung zu erzielen, ohne direkt zu sein.
  • Wirkung: Kann Schmunzeln hervorrufen, zum Nachdenken anregen oder Kritik elegant verpacken. Die Wirkung ist oft witzig, kann aber missverstanden werden, wenn der Empfänger die Ironie nicht erkennt. Sie ist in der Regel nicht primär darauf ausgelegt, zu verletzen, kann aber als Vorstufe zum Sarkasmus dienen.
  • Beispiel: Jemand hat einen großen Fehler gemacht, und man sagt: „Das hast du ja wieder ganz toll hingekriegt!“ (Obwohl das Gegenteil gemeint ist.)
  • Insgesamt ist Ironie also schärfer als Humor, kann auch verletzend sein.

 

3. Das potenziell Menschenverachtende des Zynismus

  • Definition: Zynismus ist weniger ein Stilmittel als vielmehr eine pessimistische, resignative oder menschenverachtende Geisteshaltung. Ein Zyniker zweifelt an den grundlegenden Werten, Moralvorstellungen und der Aufrichtigkeit anderer Menschen. Er betrachtet die Welt oft als verlogen, eigennützig und hoffnungslos.
  • Absicht: Zynismus hat oft die Absicht, Werte und Ideale herabzusetzen, zu verspotten und die vermeintliche Schlechtigkeit der Welt oder des Menschen aufzuzeigen. Er kann verletzend sein, da er die Gefühle oder Überzeugungen anderer missachtet. Er ist oft Ausdruck von Enttäuschung oder Resignation.
  • Wirkung: Zynismus wirkt oft bitter, spöttisch und verletzend. Er kann andere demotivieren oder abschrecken und wird selten als humorvoll empfunden, es sei denn, man teilt die zynische Weltanschauung.
  • Beispiel: Eine Person, die einen neuen Job anfängt, sagt: „Na klar, die versprechen dir jetzt das Blaue vom Himmel, aber am Ende geht es sowieso nur ums Geld und die werden dich ausbeuten.“ (Hier wird eine positive Erwartungshaltung direkt herabgesetzt und die Annahme geäußert, dass immer nur niedere Motive dahinterstecken.)

Zusammenfassende Unterschiede:

Merkmal Humor Ironie Zynismus
Natur Positive Geisteshaltung, Komik Rhetorisches Stilmittel Pessimistische/Verachtende Geisteshaltung
Absicht Erheiterung, Verbindung, Auflockerung Indirekte Kritik, Betonung, Witz Herabsetzung von Werten, Ausdruck von Resignation
Wirkung Lachen, Freude, Entspannung Schmunzeln, Nachdenken, subtile Kritik Bitterkeit, Verletzung, Demotivation
Haltung Wohlwollend, gelassen, optimistisch Oft spielerisch, intelligent, indirekt Menschenverachtend, misstrauisch, hoffnungslos
Beispiel Lachen über ein Missgeschick „Das ist ja eine Punktlandung!“ (Bei Verspätung) „Moral? Das ist doch alles nur Heuchelei.“

Es ist wichtig zu beachten, dass es Überschneidungen geben kann. Ironie kann humorvoll sein, und Zynismus kann sich manchmal ironisch ausdrücken (oft dann als Sarkasmus bezeichnet, der eine schärfere, verletzendere Form der Ironie ist). Die Grundhaltung und die Absicht sind jedoch die entscheidenden Unterscheidungsmerkmale.

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