Inhaltsgabe von Gedichten – das Problem und Versuch einer Lösung (Mat3062-inh)

Inhaltsangaben bei Gedichten – nur eine scheinbare Erleichterung

Wir wollen hier zeigen, wie schwierig und eigentlich überflüssig die neuerdings geforderten Inhaltsangaben bei Gedichten sind.

Sie setzen nämlich das voraus, was sie eigentlich erleichtern sollen, nämlich das Verständnis von Gedichtzeilen, die häufig als einzige Handlung nur die Äußerungen des lyrischen Ichs enthalten – zum Teil nur Andeutungen und mehr oder weniger große Verrätselungen.

Wir zeigen hier zwei Versuche:

Versuch 1

  1. eine Zusammenfassung, die schon notwendige Analyse-, ja Interpretationsansätze enthält
  2. und dann den Versuch, etwas zu dem Gedicht formulieren, was den strengen Vorgaben der Inhaltsangaben von Kurzgeschichten entspricht.

Gefunden haben wir das Gedicht hier:

Aus urheberrechtlichen Gründen präsentieren wir hier nur die Textstellen, die das Besondere dieses Gedichtes deutlich machen.

  • Auf der Seite
    https://textaussage.de/inhaltsangabe-gedicht-themenseite
    sind wir auf das Problem von Inhaltsangaben bei Gedichten eingegangen.
  • Die sollten für die Schülis eine Erleichterung sein – um erst mal an das Gedicht heranzukommen.
  • Dabei hat man leider übersehen, dass aus dem Deutschunterricht eigentlich nur bekannt ist, wie man die Handlung zum Beispiel einer Kurzgeschichte oder Ballade „angibt“.
  • Gedichte enthalten aber häufig keine Handlung – wie soll man dann eine Inhaltsangabe zu den Strophen verfassen.
  • Dazu kommt, dass Gedichte zum Teil sehr erklärungsbedürftig sind, nur Ansätze präsentieren, ansonsten Lücken und versteckte Appelle an Leser und Leserin, sich was einfallen zu lassen, was mit einer Verszeile gemeint sein könnte.

Soviel zum Problem – jetzt ein Versuch, es zu lösen.

Eine Art von Handlung ist im Gedicht absolut sicher – das sind die „Sprechhandlungen“, die Äußerungen des lyrischen Ichs.

Also dann: Fassen wir die doch einfach inhaltlich zusammen – und überlassen es dann der Lehrkraft, das zu bewerten – oder den Schülis anschließend noch bessere Tipps für Inhaltsangaben zu Gedichtstrophen zu geben.

Versuch 1

  1. In dem Gedicht geht es – wie der Titel schon deutlich macht, um eine moderne Landschaft.
  2. Die besteht aus Elementen unserer heutigen technischen Zivilisation, die aber gewissermaßen mit Rest-Erinnerungen an die Natur verbunden werden.
  3. So werden aus Straßenlaternen „Stahlbäume“.
  4. Die Stromdrähte „zweigen“ von Baum zu Baum, als wären sie ein Element des Waldes.
  5. Darunter befinden sich die „elektrischen Tiere“, die Menschen „im Herzen“ transportieren. Das könnten also Straßenbahnen sein.
  6. Ab der Zeile 7 wendet sich das lyrische Ich dann vorbeigehenden und damit potenziellen Beobachtern zu
  7. und stellt fest, dass die bei dieser Kombination von Technik und Natur „nichts weiter dabei“ finden.
  8. Interessant und sehr bedenkenswert dann die Erklärung am Schluss: Diese „steinerne Landschaft“ ist ja auch die „Mutter“ dieser Menschen. Es wird also angenommen, dass das Gewohnheitstier Mensch sich auch auf diese neue Wirklichkeit eingestellt hat und sie gar nicht mehr in ihren Bestandteilen und Reminiszenzen wahrnimmt.
  9. Das erledigt dafür das lyrische Ich in diesem Gedicht für alle diese längst angepassten Menschen.
  10. Insgesamt ein sehr schönes Gedicht mit einer Idee, die mit ihrer zweiteiligen Komposition sehr nachdenklich machen kann.

Jetzt merkt man, wie viel einfacher es ist, eine solche Kombination von Analyse und Interpretation zu schreiben als einen Text, der den Vorgaben der Inhaltsangabe zum Beispiel bei Kurzgeschichten entspricht: Nur Inhalt, keine Zitate, keine über das absolut Notwendige hinausgehenden Erläuterungsversuche.

2. Versuch

Nun also ein zweiter Versuch, der wirklich nur die Handlung inhaltlich präsentiert:

  1. In dem Gedicht geht es – wie der Titel schon deutlich macht, um eine moderne Landschaft.
  2. Das lyrische Ich präsentiert dann eine Kombination von moderner Technik und in ihr noch vorhandenen Erinnerungen an frühere Naturverhältnisse.
  3. Es folgt die Feststellung, dass das von den vorübergehenden Menschen aber gar nicht mehr wahrgenommen wird.
  4. Als Begründung wird angegeben, dass sie ja dieser unnatürlichen Landschaft entstammen wie ein Kind dem Mutterleib.

Fazit

  • Wenn bei der Analyse eines Gedichtes die Zusammenfassung des Inhalts verlangt wird,
  • dann macht aus der Not eine Tugend.
  • Geht also einfach von den „Sprech-Handlungen“ des lyrischen Ichs aus
  • und beschreibt ihre Abfolge genauso wie bei einer Kurzgeschichte.
  • Klärt vorher mit der Lehrkraft ab, wie ihr mit unklaren Verszeilen umgehen sollt. Dürfen dann die notwendigen Erklärungshypothesen mit in die Inhaltsangabe – oder?
  • sollte man nicht einfach anerkennen, dass Gedichte keine Kurzgeschichten sind – also eine eigene Art von Inhaltsangabe verlangen.

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