Jan Wagner, „Zehn Aussagen suchen ein Gedicht“ – kreativ verstanden (Mat 7957)

Worum es hier geht:

In dem Oberstufen-Schulbuch:
P.A.U.L. D. Oberstufe, Hrsg. Von Johannes Diekhans und Michael Fuchs, Westermann, Braunschweig 2924
gibt es auf der S. 452 von Jan Wagner „Zehn Aussagen suchen ein Gedicht“.

Das hat unserem „Behelfsschriftsteller“ Anders Tivag so gefallen und ihn zugleich auch so herausgefordert werden, dass er sich auf ganz eigene Art und Weise damit beschäftigt hat
Eben
„Beyond the books“ – über die Aufgaben im Buch hinaus.

  • Er gibt nämlich zunächst mit eigenen Worten wieder, was in den Aussagen steht.
  • Danach versucht er den Grundgedanken auf kreative Weise in Gedichtform zu präsentieren.

Die erste Aussage präsentieren wir zur Veranschaulichung des Ansatzes hier im Original – in Kursivschrift, aus Achtung vor dem Autor.
Die weiteren Punkte werden dann nur in eigenen Worten präsentiert, damit man die kreative Variante nachvollziehen kann.
Wir bitten um Verständnis, wenn die kreative Variante nicht immer gelingt und wir noch etwas Zeit brauchen für die gesamten 10 Aussagen.

Aussage 1:

Das Gedicht entsteht an der Schnittstelle zwischen dem sogenannten Banalen und dem sogenannten Erhabenen.“

Dazu haben wir auch ein Video gemacht:

Videolink
Hier die Dokumentation – einmal „ungefärbt“
und einmal mit unserer Live-Bearbeitung im Video
Mat7961 mark Gedichte und Brillen – Gemeinsamkeit
  • In unseren Worten:
    • In der ersten Aussage soll deutlich werden, dass ein Gedicht zwischen dem Banalen und dem Erhabenen entsteht.
    • Damit wird erst mal deutlich, dass ein richtiges Gedicht sowohl banal als auch erhaben sein kann.
    • Das kann man so verstehen, dass es auf der einen Seite einfach einen Aspekt des Menschseins abbildet – und letztlich ist beim Menschen alles auch banal. Das merkt man, wenn zum Beispiel zwei Brillenträger sich zum ersten Mal küssen – und dann sich nur die Brillen berühren, der Rest ist Lachen – und dann ein zweiter Versuch ohne Brille – und schon ist man beim Erhabenen, dem Schönsten, was zwischen Menschen möglich ist.

Diese Erklärung hier könnte man in Gedichtform präsentieren.

  1. Das Gedicht ist
  2. Wie das Leben.
  3. Es gibt dort
  4. Die banalen Momente.
  5. Etwa, wenn zwei Brillenträger
  6. Sich küssen
  7. Und es nur zum Kontakt
  8. Der Sehhilfen kommt.
  9. Der Rest ist
  10. Lachen
  11. Dann aber
  12. Beim zweiten Versuch:
  13. Es gelingt
  14. und ein
  15. erhabener Moment
  16. unendlichen Glücks
  17. wird Realität.
Aussage 2:

In unseren Worten ausgedrückt:

  • Ein Gedicht steht natürlich – bewusst oder unbewusst – in einer langen Tradition.
  • Manche Schriftsteller und Schriftstellerinnen (ab jetzt SuS) haben das bewusste im Kopf und spielen damit auch herum.
  • Allerdings sollte das nicht aufdringlich im Gedicht erscheinen, sondern eher nebenbei.
  • Auf jeden Fall soll man das Gedicht verstehen und vielleicht auch genießen können, ohne die ganze Tradition mitdenken zu müssen.
  • Unserer Meinung nach wieder eine Warnung vor zu viel Germanistik im Deutschunterricht. Man muss nicht Fachmann sein für Gedichte, um sie verstehen und etwas damit machen zu können.
  • Das gilt zum Beispiel für das wunderbare Gedicht von Ulla Hahn mit dem schönen Titel „Anständiges Sonett“.
    https://www.lyrikline.org/de/gedichte/anstaendiges-sonett-10714

Anders Tivag

Dank an Ulla Hahn

  1. Selten
  2. ist so schön
  3. mit Sprache
  4. gespielt worden
  5. wie in dieser
  6. erzwungenen
  7. und zugleich
  8. auf besondere Art und Weise
  9. gelungenen
  10. Überschrift.
  11. Die Frau,
  12. die wie kaum eine andere
  13. ausdrücken konnte,
  14. was Frauen bewegt
  15. sollte endlich mal ein
  16. „anständiges Sonett“
  17. schreiben.
  18. Und sie hat es getan.
  19. Ihre Verfolger
  20. haben wahrscheinlich
  21. doppelt verschämt
  22. das Ergebnis
  23. beiseite gelegt.
  24. Einmal wegen des Inhalts,
  25. dann aber auch
  26. wegen der Erkenntnis,
  27. dass es in Gedichten
  28. auch „drunter“
  29. und „drüber“
  30. gehen kann
  31. und man am Ende ist:
  32. glücklich und „stumm“.
Aussage 3:

In unseren Worten ausgedrückt:

  • Die dritte Aussage bezieht sich darauf, dass ein Gedicht nicht nur auf das achtet, was in der eigenen Literatur üblich ist.
  • Sondern es kann auch Entwicklungen einbeziehen, die in anderen Kulturen bei Gedichten üblich oder zumindest möglich sind.
  • Das gilt natürlich nicht für alle Gedichte.
  • Aber so wie die Literatur unser Leben in der Wirklichkeit bereichern kann, so gilt das natürlich auch für die Einbeziehung anderer Kulturen und den Austausch mit Ihnen.
Aussage 4:

In unseren Worten ausgedrückt:

  • Auch die vierte Aussage ist mehr eine Empfehlung als eine verbindliche Regel.
  • Hier warnt der Autor davor, zu viel Pathos, also hohe Gefühle, in ein Gedicht hineinzulegen.
  • Ganz allgemein plädiert er dafür,
    • in einem Gedicht möglichst nüchtern zu bleiben
    • und mit hohen Gefühlen sparsam umzugehen.
  • Das dürfte aber zumindest
    • für Liebesgedichte nicht gelten
    • und auch nicht immer für politische Gedichte.
    • Denn dort kann Pathos durchaus eine positive Wirkung entfalten.
    • Bei einer Liebeserklärung möchte man kaum etwas Nüchternes, Sachliches hören nach dem Motto:

Ganz nebenbei
Wir kennen
uns jetzt schon
3 Jahre
Da könnten wir
doch heiraten.
Was hältst du von
Las Vegas?
Ich habe da sowieso
einen Geschäftstermin.

Aussage 5:

In unseren Worten ausgedrückt:

  • Diese Aussage dürfte Schülis besonders gut gefallen
  • Außerdem kann sie dazu beitragen, dass weniger Menschen durch den Schulunterricht von Gedichten abgeschreckt werden.
  • Wenn jemand seinem Körper etwas Gutes tun will und ihn in Schweiß bringt, ist das völlig in Ordnung
  • Das muss aber nicht gerade bei Gedichten sein.
  • Am interessantesten ist der Hinweis, dass ein gutes Gedicht die Anstrengung, die in ihm steckt, eher versteckt.
  • Das passt auch gut zu der Erfahrung, dass viele Schriftsteller die Aussagen ihrer Gedichte nicht unnötig verstecken.
    Es sei denn, sie wollen mal richtig angeben.
  • Wichtig auch: Über gelungene, sprachliche Mittel sollte man sich freuen, statt mühsam nach dem passenden Begriff zu suchen.

Unsere Lösungen zu den Aussagen 6-10 finden sich hier:
https://schnell-durchblicken.de/jan-wagner-zehn-aussagen-suchen-ein-gedicht-kreativ-verstanden-teil-2

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