Ödön von Horvath, „Jugend ohne Gott“: Inhalt – Zitate – Interpretation (Mat2134)

„Jugend ohne Gott“ – schnell durchblicken im Roman

Auf dieser Seite wollen wir einen Roman vorstellen, der nicht nur wichtige Themen behandelt, sondern das auch auf eine recht interessante Weise präsentiert.

Es geht zum einen darum,

  • was eine Diktatur mit den Menschen macht,
  • dann aber auch darum, was sie mit sich machen lassen
  • und was sie eigentlich brauchen, um unbeschädigt durch eine solche Zeit zu kommen und menschlich zu bleiben.

Wir werden dabei den Inhalt des Romans soweit vorstellen, wie man es zum Verständnis braucht.

Darüber hinaus geht es uns aber um besonders wichtige oder eben auch interessante Textstellen.

Um die werden wir uns auch etwas genauer kümmern – und zwar im Sinne einer Interpretation, also der Frage, was hat das mit uns zu tun, was bringt es uns.

Noch ein kurzer Hinweis zu den Seitenangaben.

Wir nutzen eine E-Book-Ausgabe, die wir uns kostenlos bei Amazon herunterladen konnten.

Amazon selbst gibt an, dass diese Ausgabe aus projekt.gutenberg.de stammt.

Dort ist der Roman unter der folgenden Adresse zu finden:
https://www.projekt-gutenberg.org/horvath/jugend/jugend.html

Wenn man die angegebenen Seiten in seiner eigenen Ausgabe wiederfinden will, muss man nur ein bisschen rechnen.

Die E-Book-Ausgabe geht von Seite 1 bis S. 106.

Wenn die eigene Ausgabe 130 umfasst, dann muss man unsere Seiten nur mit dem Faktor 130/106 = 1,2264 multiplizieren, dann ist man ungefähr im richtigen Bereich.

Unsere Seite genau auf der Hälfte 53 ist dann in der 130-Seiten-Ausgabe 53*1,2264 = 64,9992. Und das auch ungefähr die Hälfte von 130 🙂


Die Korrektur einer Klassenarbeit mit einer problematischen Schüleräußerung

  • Im ersten Kapitel „Die Neger“ wird uns ein 34-jähriger Lehrer für Geographie und Geschichte vorgestellt, der eine Art Klassenarbeit korrigieren muss. Dabei stößt er auf die Bemerkung eines Schüler: “Alle Neger sind hinterlistig, feige und faul.” (S. 3)
  • Das ist natürlich ein Satz, der heute wohl niemandem einfach mehr so über die Lippen gehen würde. Hier muss man allerdings berücksichtigen, dass der Roman im Jahre 1936 spielt, als die Nazis immerhin schon drei Jahre Zeit hatten, den Deutschen eine neue Art von Moral beizubringen.
  • Dieser Lehrer denkt aber glücklicherweise genauso wie wir heute, will den Satz also anstreichen und entsprechend kritisch kommentieren.
  • Da fällt ihm ein, dass er so etwas letztens im Radio gehört hat und das Radio war damals ein Propagandainstrument der Nationalsozialisten. Dem widerspricht man besser nicht, also verzichtet der Lehrer auf das Anstreichen, um sich keinen Ärger einzuhandeln und vielleicht sogar den Job zu verlieren.

Die Rückgabe einer Arbeit und ihre Folgen

  • Bei der Rückgabe der Arbeit ist der Lehrer aber dann doch so mutig, dass er dem betreffenden Schüler zumindest mündlich klarmacht: „Auch die Neger sind doch Menschen!“ (S. 6)
  • Das reicht aber schon, dass der Vater in der nächsten Sprechstunde das als „Sabotage am Vaterland“ (S. 7) bezeichnet und dazu bemerkt: „Ich weiß es nur zu gut, auf welch heimlichen Wegen und mit welch perfiden Schlichen das Gift ihrer Humanitätsduselei unschuldige Kinderseelen zu unterhöhlen trachtet.“ (S. 7)
  • Das ist dann der Zeitpunkt, an dem der Lehrer diesen Vater einfach mehr oder weniger rausschmeißt. Dafür muss er aber bald zum Direktor, der zwar durchaus Verständnis für seine Situation hat, ihm aber auch ganz klar und deutlich sagt, dass er gerne seine Pension behalten möchte. Deshalb empfiehlt er dem Lehrer sehr, sich genauso an das geheime Rundschreiben zu halten, das ganz klar deutlich macht: Die Schule soll die Jugendlichen „moralisch zum Krieg erziehen“. (S. 8)
  • Als der Lehrer den Direktor dann damit konfrontiert, dass er früher ganz anders geredet hat, gibt der ihm einen wichtigen Hinweis:
    „Wir alle, die wir zu höheren Ufern der Menschheit strebten, haben eines vergessen: die Zeit!“ (S. 9)
    Und das bedeutet letztlich, dass es große geschichtliche und eben auch kulturelle Veränderungen gibt, denen man sich nicht einfach entgegen stellen kann.
  • Immerhin unterstützt der Direktor den Lehrer dann in der nächsten Stunde doch, als die Schüler einen Brief überreichen, in dem sie die Ablösung des Lehrers fordern, zu dem sie kein Vertrauen mehr hätten. Mit einer lautstarken Standpauke gelingt es, diesen Aufstandsversuch zu unterdrücken, aber mit Ablehnung und Hass der Schüler muss der Lehrer ab jetzt leben. (S. 10)

Die Nachwirkungen des Stresses mit den Schülern – das „Zeitalter der Fische“

  • Nach der Auseinandersetzung mit den Schülern seiner Klasse ist der Lehrer abends ziemlich fertig, er begreift: „Sie wollen mich vernichten“.
  • Und er fügt hinzu: „Dass diese Burschen alles ablehnen, was mir heilig ist, war zwar noch nicht so schlimm. Schlimmer ist schon, wie sie es ablehnen, nämlich: ohne es zu kennen. Aber das schlimmste ist, dass sie es überhaupt nicht kennen lernen wollen.“
  • Schwer zu schaffen macht ihm, was sich im Hinblick auf das Rechtsbewusstsein geändert hat:
  • „Recht ist, was der eigenen Sippschaft kommt, sagt das Radio.
  • Was uns nicht gut tut, ist Unrecht.
  • Also ist alles erlaubt, Mord, Raub Brandstiftung Meineid.“
  • Und etwas weiter heißt es: „Seit es eine menschliche Gesellschaft gibt, kann sie aus Selbsterhaltungsgründen auf das Verbrechen nicht verzichten. Aber die Verbrechen wurden verschwiegen, vertuscht, da man hat sich ihrer geschämt. Heute ist man stolz auf sie. Es ist eine Pest.“
  • Schließlich will der Lehrer nur noch raus und landet schließlich in einer Bar, wo er Julius Caesar, einen Kollegen eines Mädchengymnasiums trifft. Der ist sehr skeptisch im Hinblick auf die Zukunft:
  • „Es kommen kalte Zeiten, das Zeitalter der Fische […]. Da wird die Seele des Menschen unbeweglich wie das Antlitz eines Fisches.“
  • Allerdings sieht dieser Mann auch positive Ansätze:
  • „Ich kenne eine Dame, deren Sohn geht ins Realgymnasium. Robert heißt er und ist 15 Jahre alt. Neulich hat er so ein bestimmtes Buch gelesen, heimlich – nein, kein erotisches, sondern eine nihilistisches. Es hieß ‚Über die Würde des menschlichen Lebens“ und ist streng verboten.“
  • Am Ende landet der ziemlich betrunkene Lehrer neben irgendeiner Frau in einem fremden Zimmer, von wo aus er sich am frühen Morgen auf den Heimweg macht.
  • Am nächsten Morgen wird der Lehrer durch den Besuch eines Vaters überrascht. Es geht um den schwerkranken Schüler W., dessen größter Wunsch ist, einmal persönlich mit dem berühmten Tormann der Stadtmannschaft zu sprechen. Tatsächlich klappt das: „Und während der Tormann erzählte, schlief der kleine „. ein. Mit einem seligen Lächeln, still und friedlich.“ (S. 19). Man sieht also, es gibt noch so etwas wie Mitmenschlichkeit, allerdings nur noch im kleinen Rahmen.
  • Bei der Beerdigung des Schülers sieht sich der Lehrer dann wieder mit N konfrontiert, einem der Schüler, die ihn besonders hassen:
  • „Er ist dein Todfeind, fühlte ich.
  • Er hält dich für einen Verderber.
  • Wehe, wenn er älter wird!
  • Dann wird er alles zerstören, selbst die Ruinen deiner Erinnerung.
  • Er wünscht dir, du lägest jetzt da drunten.
  • Und er wird auch dein Grab vernichten, damit es niemand erfährt, daß du gelebt hast.“ (S. 19)
  • Was jetzt noch fehlt, ist der Schüler T – und tatsächlich blickt er ihn „seltsam starr“ (S. 20) an, was ihn an einen Fisch erinnert.

Im Zeltlager, Teil 1: Kinder als „Unkraut“ und verrückte Männer

  • Nach Ostern steht ein Zeltlager auf dem Programm, das der vormilitärischen Ertüchtigung dienen soll.
  • Vom Pfarrer wird der Lehrer darauf aufmerksam gemacht, dass in nicht allzugroßer Entfernung auch Mädchen – allerdings in einem Schloss – untergebracht sind:
    „»Nichts für ungut«, meint er, »aber wenn man fünfunddreißig Jahre im Beichtstuhl verbracht hat, wird man skeptisch bei anderthalb Stund Entfernung.«“
  • Bald taucht auch schon eine Gruppe dieser Mädchen auf, die sich in militärischer Formation auf die Suche nach einem weißen Karton gemacht hat, der für einen abgestürzten Flieger steht.
  • Der Lehrer hat dann allerdings erst mal ein anderes Erlebnis: Er wird Zeuge, wie ein Mädchen anscheinend als Anführerin, mit zwei Jungen eine blinde Bäuerin aus ihrem Hof lockt, um einiges aus dem Haus zu stehlen.
  • Der Bauer, der schließlich dazu kommt, hat dazu nur einen Kommentar: „Denen trau ich alles zu. Es ist Unkraut und gehört vertilgt!“ (S. 26)
  • Auf dem Rückweg beobachtet der Lehrer zwei Mädchen, die sehr unter diesem Zwangsleben leiden. Als sie das den Männern zuschreiben, stimmt der Lehrer ihnen innerlich zu: „Die Männer sind verrückt geworden, und die nicht verrückt geworden sind, denen fehlt der Mut, die tobenden Irrsinnigen in die Zwangsjacken zu stecken. Ja, sie hat recht. Auch ich bin feig.“ (S. 27)

Besuch beim Pfarrer

  • S. 28ff: Auf dem Weg zum Bürgermeister trifft der Lehrer den Pfarrer, der ihn zu sich einlädt.
  • Auf dem Weg dorthin gehen sie durch eine Straße, in der die Kinder armer Heimarbeiter an den offenen Fenstern Puppen bemalen, um Licht zu sparen:
    „Die Kinder sehen mich groß an, seltsam starr. Nein, das sind keine Fische, das ist kein Hohn, das ist Haß. Und hinter dem Hass sitzt die Trauer in den finsteren Zimmern.“ (S. 29)
  • Ein Bild im Haus des Pfarrers erinnert den Lehrer an seine Eltern, die sehr fromm gewesen sind, aber:
    „Es war im Krieg, da habe ich Gott verlassen. Es war zuviel verlangt von einem Kerl in den Flegeljahren, daß er begreift, dass Gott einen Weltkrieg zulässt.“ (S. 29)
  • Er denkt aber gerne an seine Kindheit und seine Berufswünsche zurück: „Lieber als Arzt wollte ich Lehrer werden. Lieber als Kranke heilen, wollte ich Gesunden etwas mitgeben, einen winzigen Stein für den Bau einer schöneren Zukunft.“ (S. 30). Jetzt stellt er fest: „Mein Beruf freut mich nicht mehr.“ (S. 30)
  • Mit dem Pfarrer ergibt sich dann ein ausführliches Gespräch über Religion und Kirche.
  • Der Pfarrer hat eine sehr kritische Einstellung zum Staat: „Kennen Sie einen Staat, in dem nicht die Reichen regieren“ (S. 31).
  • Aber hinter den Problemen des Staates stehen auch Probleme der menschlichen Gemeinschaft: „… die ganze menschliche Gesellschaft ist aufgebaut auf Eigenliebe, Heuchelei und roher Gewalt. Wie sagt Pascal? ›Wir begehren die Wahrheit und finden in uns nur Ungewissheit. Wir suchen das Glück und finden nur Elend und Tod.“ (S. 31)
  • Der Pfarrer selbst bekennt sich als strafversetzt: „Jaja, nur selten wird einer heilig, der niemals unheilig, nur selten einer weise, der nie dumm gewesen ist! Und ohne die kleinen Dummheiten des Lebens wären wir ja alle nicht auf der Welt“. Das hört sich an, als hätte er gegen die kirchliche Ordnung ein Kind in die Welt gesetzt.
  • Was die Chancen für eine bessere Welt angeht, ist der Pfarrer skeptisch: „Ja, die Reichen werden immer siegen, weil sie die Brutaleren, Niederträchtigeren, Gewissenloseren sind.“
  • Dann geht es um die Kernfrage, warum Gott die Not der Kinder zulässt, die man auf dem Hinweg gesehen hat. Hier präsentiert der Pfarrer eine sehr ungewöhnliche Sicht: „Gott ist das Schrecklichste auf der Welt..“ (S. 32)
  • Kurz darauf ist man bei der Erbsünde, die der Lehrer ablehnt – aber der Pfarrer verweist auf einen der ersten Philosophen der Welt, den Griechen Anaximander von Milet, der hinterlassen hat: „Woraus die Dinge entstanden sind, darein müssen sie auch wieder vergehen nach dem Schicksal; denn sie müssen Buße und Strafe zahlen für die Schuld ihres Daseins nach der Ordnung der Zeit.“ (S. 33)

Zeltlager 2: Der Brief

  • S. 40-45: Weil ein Fotoapparat gestohlen worden ist, halten der Feldwebel als militärischer Führer und der Lehrer gemeinsam Wache.
  • Dabei beobachtet der Lehrer, wie Z. von einem fremden Jungen in der Nacht einen Brief bekommt.
  • Statt den Feldwebel darüber zu informieren, wird es bei ihm zur fixen Idee, dass er diesen Brief und das Tagebuch lesen muss. Denn er erfährt nämlich von einem Zeltkameraden von Z, dass dieser wegen des Tagebuchschreibens immer in Streit mit N gerät.
  • Es stellt sich heraus, dass der Brief von Eva, einem Mädchen, kommt, das mit vier Jungen aus dem Ort vom Stehlen lebt. Es geht darin um ein nächstes Treffen. Im Tagebuch wird dann deutlich wie Z und das Mädchen sich kennengelernt haben und schon gemeinsam mehrmals Sex hatten.

Die Folgen des Aufbruchs des Tagebuch-Kästchens

  • Kurze Zeit später wird deutlich, dass Z den N verdächtigt. Im Tagebuch hat der Lehrer gelesen, dass jeder mit dem Tod bedroht wird, der das Tagebuch heimlich liest.
  • Obwohl N ihn um Hilfe bittet, verschweigt der Lehrer, dass er das Kästchen mit dem Tagebuch aufgebrochen hat.
  • Dafür kommt er sich in seinen Gedanken wie ein Richter vor (S. 48)
  • „Wie ein Raubvogel zieht die Schuld ihre Kreise. Sie packt uns rasch.
  • Aber ich werde den N freisprechen.
  • Er hat ja auch nichts getan.
  • Und ich werde den Z begnadigen. Und auch das Mädel. Ich lasse mich nicht unschuldig verurteilen! Ja, Gott ist schrecklich, aber ich will ihm einen Strich durch die Rechnung machen. Mit meinem freien Willen.
  • Einen dicken Strich.
  • Ich werde uns alle retten.“
  • Er wird dann aus seinen Gedanken aufgeschreckt und sieht, dass T ihn anstarrt: „Weiß er, daß ich es bin, der das Kästchen erbrach?“
  • In der nächsten Nacht will der Lehrer dann die beiden bei ihrem Treffen überraschen – er sieht sie tatsächlich, wagt es aber doch nicht, auf sie zuzugehen, um alles aufzuklären. Dafür stellt er angesichts des Mädchens, das nackt da vor dem Jungen steht, fest: „Sie gefällt mir immer mehr.“ (49)
  • Am nächsten Morgen verschläft der Lehrer nach der durchwachten Nacht. Die Schüler sind schon abgezogen und kehren abends ohne N zurück. Eine Suchaktion bleibt erfolglos.  Der Lehrer verspürt Schuldgefühle und muss hinterher vom Feldwebel noch hören, dass der vergeblich versucht hat, ihn zu wecken, was den Lehrer zu dem Kommentar veranlasst: „Richtig, Gott ist das Schrecklichste auf der Welt.“
  • Und folgerichtig wird der Tag, der die schreckliche Wahrheit einleitet, auch so eingeleitet: „Am letzten Tage unseres Lagerlebens kam Gott. Ich erwartete ihn bereits.“ (S.54)
  • N. ist tot aufgefunden worden, mit einem Stein erschlagen – und Z nimmt die Schuld auf sich (vgl. S. 55/56)

Umgang mit dem Verbrechen nach der Tat

  • Am Vortag des Prozesses lässt der Lehrer noch mal alles vor seinem inneren Auge vorbeilaufen, was seit der Mordtat passiert ist.
  • Interessant ist dabei seine Antwort gegenüber einem Zeitungsvertreter (S. 57):
  • „Unser Mitarbeiter legte dem Lehrer die folgenschwere Frage vor, ob diese Untat ihre Wurzel etwa in einer gewissen Verrohung der Jugend hätte,
  • was jedoch der Lehrer strikt bestritt.
  • Die heutige Jugend, meinte er, sei keineswegs verroht,
  • sie sei vielmehr, dank der allgemeinen Gesundung, äußerst pflichtbewußt, aufopferungsfreudig und absolut national.
  • Dieser Mord sei ein tiefbedauerlicher Einzelfall,
  • ein Rückfall in schlimmste liberalistische Zeiten.
  • Jetzt läutet die Schulglocke, die Pause ist aus, und der Lehrer empfiehlt sich.
  • Er schreitet in die Klasse, um junge aufgeschlossene Seelen zu wertvollen Volksgenossen auszubilden.
  • Gottlob ist der Fall Z nur ein Ausnahmefall, der ausnahmsweise Durchbruch eines verbrecherischen Individualismus!«“
  • Hier wird deutlich, in welchem Ausmaß sich der Lehrer nach außen, gegenüber der Öffentlichkeit dem neuen Denken (scheinbar) angeschlossen hat.
  • Außerdem merkt man natürlich auch, was der Zeitungsvertreter hören will.
  • Interessant sind darüber hinaus Gespräche des Lehrers mit dem Verteidiger, der den Schüler Z für unschuldig hält. Seiner Meinung nach deckt er nur Evan, die Chefin der jugendlichen Räuberbande: „Sie beherrschte ihn, sie beherrscht ihn noch immer. Er ist ihr hörig.“ (59)

Der Prozess

  • Beim Prozessbeginn herrscht dann großer Andrang, recht drastisch beschreibt der Erzähler das Verhalten der Damenwelt: „Vernachlässigt und elegant, waren sie geil auf Katastrophen, von denen sie kein Kind bekommen konnten. Sie lagen mit dem Unglück anderer Leute im Bett und befriedigten sich mit einem künstlichen Mitleid.“ (Seite 61)
  • Der angeklagte Schüler Z ist es Mordes angeklagt und soll erst mal seine Lebensgeschichte erzählen. Dabei äußert er sich auch zum Ich-Erzähler:
  • »Die Ansichten des Herrn Lehrers waren mir oft zu jung.«
  • Der Präsident staunt.
  • »Wieso?«
  • »Weil der Herr Lehrer immer nur sagte, wie es auf der Welt sein sollte, und nie, wie es wirklich ist.«
  • Der Präsident sieht den Z groß an. Fühlt er, daß nun ein Gebiet betreten wurde, wo das Radio regiert? Wo die Sehnsucht nach der Moral zum alten Eisen geworfen wird, während man vor der Brutalität der Wirklichkeit im Staube liegt? (S 63)
  • Spannend wird es dann, als es um einen Kompass geht, der am Tatort gefunden worden ist, der aber dem Angeklagten nicht gehört. Der Verteidiger nutzt das, um einen weiteren möglichen Täter ins Spiel zu bringen. Der Angeklagte sagt dazu aber ganz klar: „Verteidigen Sie mich nicht, Herr Doktor, ich möchte bestraft werden.“ (S. 65)
  • Es gibt dann erst mal eine Pause, in der der Lehrer einen Tabakladen aufsucht, dort meint er die Stimme Gottes zu hören:
  • „Wenn du als Zeuge aussagst und meinen Namen nennst, dann verschweige es nicht, dass du das Kästchen erbrochen hast.“ (S. 67)
  • Tatsächlich gibt der Lehrer als Zeuge dann auch tatsächlich zu, dass er das Kästchen mit dem Tagebuch aufgebrochen hat. Die Folgen sind ihm gleich: er merkt: „Ich fühle mich wunderbar leicht“ (S. 70) und dann gibt er auch einen Grund an für seine Ehrlichkeit:
  • „Ich wollte einen Strich durch eine Rechnung ziehen. Einen dicken. Durch eine andere Rechnung.“ (S. 71)
  • Als der Vater des ermordeten Jungen dem Lehrer zuruft: „Fürchten Sie sich, fürchten Sie sich vor Gott.“ Da reagiert der darauf mit: „Nein, ich fürchte mich nicht vor Gott. Ich spüre den allgemeinen Abscheu um mich herum. Nur zwei Augen verabscheuen mich nicht. Sie ruhen auf mir. Still wie die dunklen Seen in den Wäldern meiner Heimat. Eva, bist du schon der Herbst?“ (S. 71)
  • Man merkt hier deutlich, dass zu dem Motiv des Gewissens auch noch eine seltsame Sympathie für die Anführerin der Räuberbande kommt
  • Die sorgt dann für eine zweite Sensation, weil sie plötzlich erklärt: „Ich möchte jetzt genauso die Wahrheit sagen wie der Herr Lehrer.“ (S. 72). Und dann erzählt sie, dass sie zwar den Z verteidigen wollte und mit dem Stein auf den N zu rannte, dass dann aber ein fremder Junge ihn ihr entrissen und damit den N erschlagen habe. Das glaubt ihr aber keiner – und so wird für sie ein eigener Prozess angesetzt. Z wird nur milde bestraft, nicht für Mord.

Die Suche nach dem Unbekannten

  • Weil Eva als einziges Erkennungszeichen von den kalten Fischaugen des Unbekannten gesprochen hat, versucht der Lehrer nun, unterstützt von Julius Cäsar und einer Gruppe von Jungen, die sich „Klub“ (S. 83) nennen, den T als Täter zu entlarven.
  • Denn von ihm wissen sie: „… der T ist entsetzlich wißbegierig, immer möcht er alles genau wissen, wie es wirklich ist, und er hat mir mal gesagt, er möcht es gern sehen, wie einer stirbt.“ (82).
  • Bei einem Besuch in seinem Elternhaus, einer teuren Villa,  kann der Lehrer zwar nicht mit der Mutter sprechen, aber er verunsichert den T so, dass seine Augen „plötzlich Glanz“ bekommen, die „Schimmer des Entsetzens“. (93).
  • Das führt dazu, dass er sich selbst erhängt und auf einem Zettel den Vorwurf erhebt „Der Lehrer trieb mich in den Tod.“ (S. 102).
  • Es gelingt dem Lehrer dann aber, die Mutter so mit dem Hinweis auf das soziale Elend der Umgebung zu provozieren, dass sie schließlich ganz hysterisch wird und sie dabei die untere Hälfte des Zettels verliert, auf der ihr Sohn zugegeben hat: „Denn der Lehrer weiß es, daß ich den N erschlagen habe. Mit dem Stein -“ (S. 105)

Der Schluss – mit den Zügen eines relativen Happy Ends

  • Damit hat sich der Prozess gegen Eva erledigt, auch sie kommt mit einer relativ milden Strafe davon.
  • Der Lehrer wird für seinen Mut zur Wahrheit dann auch noch entschädigt: Er verliert zwar seinen Job, aber der Pfarrer, mit dem er so lange über Gott geredet hat, kann ihm eine Stelle an einer Missionsschule in Afrika verschaffen.
  • Am Ende stellt er unter Verwendung des Spitznamens, den ihm seine Schüler gegeben haben, fest: „Der Neger fährt zu den Negern.“ (106)

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