Im Folgenden präsentieren wir einen Überblick über das 7. Kapitel des Romans „Nach Mitternacht“ von Irmgard Keun.
Kurz-Darstellung
Episode 1: Trotz des ausgelassenen Festes liegt eine trübe Stimmung in der Luft, während die Gäste tanzen und feiern.
Episode 2: Die Erzählerin und Betty Raff sorgen sich um Algins Abwesenheit, besonders nach einer beunruhigenden Bemerkung, die ihm gemacht wurde.
Episode 3: Susanne beschließt, Algin zu suchen, während sie Bettys seltsames und besorgtes Verhalten beobachtet.
Episode 4: Susanne findet den betrunkenen Algin in einer Weinstube in Gesellschaft von Herrn Küppers, der mit ihm wirre Gespräche führt.
Episode 5: Herr Küppers erzählt Susanne seine Lebensgeschichte, die von familiären Problemen und dem Wunsch nach einem Neuanfang geprägt ist.
Episode 6: Algin verkündet seinen Entschluss zur Flucht mit Herrn Küppers, um ein neues Leben als Schriftsteller zu beginnen und allen Ballast abzuwerfen.
Episode 7: Franz taucht plötzlich auf und gesteht Susanne im Vorgarten, dass er jemanden umgebracht hat.
Episode 8: Während einer zynischen Rede über die Zustände in Deutschland erschießt sich Heini.
Episode 9: Geschockt von Heinis Suizid gerät Susanne in Panik, da sie Franz versteckt hat und nun fliehen will.
Episode 10: Herr Küppers kehrt zurück, um mit Algin fortzugehen, und Susanne plant heimlich ihre eigene Flucht mit Franz, wobei sie Algins Pass und Liskas Ringe stiehlt.
Episode 11: Susanne verabschiedet sich von Liska und gesteht ihr den Diebstahl, woraufhin Liska ihr sogar noch ihre Rubinohrringe mitgibt.
Episode 12: Susanne befreit Franz aus dem Kohlenkeller, und gemeinsam fliehen sie mit dem Zug.
Episode 13: Der Zug erreicht die Grenze, die Kontrolle wird erfolgreich überstanden, und Susanne empfindet Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft mit Franz.
Detailliertere Darstellung mit Zitaten
Episode 1: Das Fest und die trübe Stimmung
Das Kapitel beginnt mit einem lebhaften Fest bei Liska, obwohl Karneval längst vorbei ist und Ostern naht. Die Atmosphäre ist ausgelassen, mit Musik, Luftschlangen und tanzenden Gästen, darunter drei englische Journalisten… Trotz der Heiterkeit liegt eine unterschwellige траurigkeit in der Luft, verglichen mit dem „traurigen Aschermittwochmorgen“. Die Erzählerin bemerkt die Blicke eines „schwarzen Engländers“ auf Gerti, deren Kleid aus kornblumenblauem Samt ist.
Zitat: »Schön ist jeder Tag, den du mir schenkst…«
Episode 2: Algins Abwesenheit und die Sorge um ihn
Die Stimmung wird getrübt durch die Abwesenheit Algins, des Gastgebers und Bruders der Erzählerin. Er ist seit dem Morgen fort, was die Erzählerin und Betty Raff beunruhigt. Betty Raff sorgt sich besonders, da jemand Algin gesagt habe, er solle sich umbringen.
Zitat: »Mir ist nicht ganz wohl, mir ist ängstlich zumute, wenn ich an Algin denke. Warum mußte der Heini ihm auch gestern sagen, er solle sich umbringen. So was sagt man doch nicht. So was – – – Vielleicht ist der Algin jetzt ganz und gar verrückt geworden.«
Episode 3: Susannes Entschluss und Bettys Verhalten
Susanne beschließt, Algin zu suchen. Währenddessen beobachtet sie Betty Raffs seltsames Verhalten, ihre Beschäftigung mit vegetarischer Ernährung und ihre Unruhe um Algin… Betty Raff weint und bittet Susanne, Algin zu suchen, da sie seine Schwester sei…
Zitat: »Man muß ihn suchen, man muß ihn finden«, sagt Betty Raff und sinkt auf den schmutzigen Küchenstuhl neben dem Herd.
Episode 4: Die Suche und die Begegnung mit Herrn Küppers
Susanne findet Algin in Bogeners Weinstube in Gesellschaft eines älteren Mannes mit „weißem Igelhaar“, Herrn Jean Küppers… Algin ist betrunken und spricht wirre Dinge. Susanne versucht, Algin mit nach Hause zu nehmen, aber er weigert sich, da er sich mit Herrn Küppers unterhält.
Zitat: »Komm bitte mit, Algin.« Algin kommt nicht. Ganz blödsinnige Sachen bespricht er mit dem Igelhaarigen.
Episode 5: Jean Küppers‘ Lebensgeschichte
Herr Küppers erzählt Susanne seine Lebensgeschichte. Er war Fabrikbesitzer in Krefeld und ist nun Rentner, nachdem seine Frau Sabine („Binchen“) vor zehn Jahren gestorben ist… Er beschreibt sein schwieriges Verhältnis zu seinem Sohn und seiner Schwiegertochter Lucie in Frankfurt, die ihn nur wegen seines Geldes zu mögen scheinen… Er erzählt von Lucies Affäre mit einem SA-Mann und der Entdeckung ihrer jüdischen Großmutter, was zur Scheidungsabsicht des Sohnes führte… Herr Küppers hat beschlossen, an seinem siebzigsten Geburtstag wegzugehen, da er glaubt, dass sich der Mensch alle sieben Jahre verändert…
Zitat: »Denn die Verzweiflung beim Tode eines geliebten Menschen ist die Verzweiflung über sich selbst, über die wissende Ahnung, daß man ihn im Herzen vergessen und ersetzen wird und dadurch auf ewig verlieren.«
Episode 6: Algins Entschluss zur Flucht
Algin hat beschlossen, mit Herrn Küppers fortzuwandern, um „Ballast abzuwerfen“ – Wohnung, Besitz, Ansehen und seine Frau… Er will als Schriftsteller leben, ohne sich den „menschlichen Diktaten“ zu beugen.
Zitat: »Ballast abwerfen«, sagt Algin. Vielleicht hundertmal in einer Stunde hat er gesagt: »Ballast abwerfen.«
Episode 7: Franz‘ plötzliche Ankunft und Enthüllung
Zurück im Haus trifft Susanne im Vorgarten auf Franz, der ihr signalisiert zu schweigen… Er weigert sich, ins Haus zu kommen und gesteht Susanne später unter feuchten Bäumen, dass er jemanden umgebracht hat.
Zitat: »Ich habe ihn umgebracht«, sagt Franz.
Episode 8: Heinis Suizid
Im Haus eskaliert die Situation. Heini hält eine zynische Rede über die Zustände in Deutschland, die Grausamkeit und die Sinnlosigkeit weiteren Protests… Plötzlich erschießt er sich…
Zitat: »Zuviel an Grausamkeit ist geschehen. Ein böser Tag der Rache wird kommen, und die Rache wird nicht göttlich, sondern noch grausamer, noch menschlicher, noch unmenschlicher sein.«
Episode 9: Die Reaktion auf Heinis Tod und Susannes Panik
Die Gäste sind geschockt und erstarrt. Susanne gerät in Panik, da sie Franz im Kohlenkeller versteckt hat und nun fliehen will… Ihre Gedanken kreisen um die Flucht, benötigte Pässe und Geld…
Zitat: »Heini ist tot. Franz verhungert im Kohlenkeller, ich habe ihn eingeschlossen und kann ihn nicht mehr herauslassen, ich kann mich nicht bewegen, ich bin nicht wirklich, ich bin auf ein Bild gemalt.«
Episode 10: Herr Küppers‘ Rückkehr und Susannes Vorbereitungen
Herr Küppers kehrt zurück, um mit Algin fortzugehen. Susanne nutzt die Gelegenheit, um heimlich Algins Pass zu entwenden und plant ihre eigene Flucht mit Franz. Sie stiehlt Liskas Brillantringe, um Geld zu haben…
Zitat: »›Ballast abwerfen!‹ hat Ihr Herr Bruder gesagt, das hat mir gefallen. Wir werden wandern, trinken und schlafen und auf die ganze Welt sonst scheißen, ich fühl mich ja so jung.«
Episode 11: Abschied von Liska
Susanne verabschiedet sich von Liska und gesteht ihr den Diebstahl der Ringe und ihre bevorstehende Flucht. Liska zeigt Verständnis und gibt Susanne sogar ihre Rubinohrringe mit.
Zitat: »Nimm«, sagt Liska und gibt mir ihre Ohrringe aus Rubinen.
Episode 12: Die Flucht mit Franz
Susanne holt Franz aus dem Kohlenkeller. Gemeinsam besteigen sie einen Zug.
Zitat: »Ich habe ihn im Kohlenkeller eingeschlossen. Und als ich ihn herausholte, war er nicht gestorben. Vielleicht hatte er Haß gehabt und Wut, vielleicht war er voll dumpfer trauriger Gleichgültigkeit. Daß er nicht starb, ist Liebe genug für mich.«
Episode 13: Die Grenze und die Hoffnung
Der Zug erreicht die Grenze. Die Kontrolle ist angstvoll, aber sie wird erfolgreich überstanden. Susanne empfindet Erleichterung und Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft mit Franz.
Zitat: »Das war die Grenze. Und so liege ich in dem dunkelblauen rasenden Bett der Nacht. Franz, alles wird gut, ich bin glücklich, wir sind gerettet, wir werden leben.«
Zusammenfassung der Aussagen
Das Kapitel zeigt auf einer zunächst oberflächlich festlichen Ebene die tiefgreifenden politischen und gesellschaftlichen Spannungen im nationalsozialistischen Deutschland, die bereits unter der Oberfläche brodeln. Die Diskrepanz zwischen der Feierlichkeit und der траurigen Unterströmung kann als Spiegelbild der fragilen Normalität in einer zunehmend bedrohlichen Zeit interpretiert werden.
Algins Wunsch, „Ballast abzuwerfen“ und mit Herrn Küppers zu fliehen, deutet auf eine tiefe Entfremdung von den gesellschaftlichen Normen und Erwartungen hin, die im Roman wiederholt thematisiert werden. Seine Hoffnung, als Schriftsteller frei von „menschlichem Diktat“ zu leben, kann als eine Form des inneren Exils verstanden werden, das viele Figuren im Roman auf die eine oder andere Weise suchen.
Herr Küppers‘ Entschluss zur Flucht an seinem siebzigsten Geburtstag unterstreicht das Gefühl des Umbruchs und der Notwendigkeit, sich den veränderten Umständen zu entziehen. Seine Beobachtungen über die Lieblosigkeit seiner Familie und deren Anpassung an das Regime spiegeln eine kritische Haltung gegenüber der opportunistischen Haltung vieler Deutscher im Roman wider.
Franz‘ gewaltsame Handlung ist ein direkter Ausdruck der Ungerechtigkeit und Verfolgung, die er und Paul durch das nationalsozialistische System erfahren haben. Dies verdeutlicht die Gewalt und den Terror, die im Roman als allgegenwärtige Bedrohung dargestellt werden und Menschen zu verzweifelten Taten treiben.
Heinis Suizid ist ein dramatischer Höhepunkt der Verzweiflung und des Verlusts an Hoffnung angesichts der Grausamkeiten des Regimes. Seine zynischen Bemerkungen über die „Zuchthäusler“-Gesellschaft und die Sinnlosigkeit weiteren Protests fassen die Ohnmacht vieler Intellektueller und kritischer Geister im Roman zusammen.
Susannes Entscheidung zur Flucht mit Franz ist ein zentraler Wendepunkt, der die individuelle Reaktion auf die politische Situation als einen Weg des Widerstands oder zumindest der Selbstbehauptung darstellt. Ihre Liebe zu Franz und der Wunsch nach einem besseren Leben außerhalb Deutschlands sind starke Motive für die Rebellion gegen die erdrückende Realität, die im gesamten Roman eine wichtige Rolle spielen.
Die ironischen Kommentare der englischen Journalisten über das „umgewandelte deutsche Volk“ dienen als kritische Distanzierung von der nationalsozialistischen Propaganda und heben die Blindheit oder das bewusste Ignorieren der Realität durch ausländische Beobachter hervor, ein Thema, das im Roman implizit kritisiert wird.
Die Handlungen und Gespräche der anderen Figuren (Betty Raffs exzentrisches Verhalten, Liskas oberflächliche Feierlaune, die familiären Konflikte der Aarons, enthüllt durch Heinis Rede) zeigen die vielfältigen Reaktionen der Menschen auf die politische und gesellschaftliche Umbruchszeit, von Verdrängung und Ablenkung bis hin zu Anpassung und Denunziation.
Insgesamt fasst dieses Kapitel die zentralen Themen des Romans verdichtet zusammen: die allgegenwärtige Bedrohung durch den Nationalsozialismus, die unterschiedlichen Formen der Reaktion auf diese Bedrohung (innerer Rückzug, offener Protest, Verzweiflung, Flucht), den Verlust von individueller Freiheit und Selbstbestimmung sowie die Suche nach Liebe und Hoffnung in einer dunklen Zeit. Susannes und Franz‘ Flucht am Ende des Kapitels deutet einen möglichen Weg der individuellen Befreiung an, lässt aber gleichzeitig die Ungewissheit und die Schwierigkeiten eines Lebens im Exil anklingen („Die Dächer, die du siehst, sind nicht für dich gebaut…“).
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