Worum es hier geht:
Hier stellen wir eine Klausuraufgabe vor, die zunächst von einer Analyse der Szene aus Lessings Theaterstück „Nathan der Weise“, Akt 3, Szene 9 ausgeht.
Dann wird noch die Schluss-Szene des Dramas einbezogen mit abschließenden Überlegungen zu einer grundsätzlichen Einschätzung der Kommunikation Nathans im Stück.
Aufgabenstellung:
- Analysieren Sie die Szene 9 des 3. Aktes in Lessings Theaterstück „Nathan der Weise“, indem Sie
- die Szene kurz mit Angabe des Themas vorstellen,
- klären, welche Ausgangssituation zu Beginn der Szene vorliegt,
- wie die Kommunikation in der Szene verläuft
(Konzentrieren Sie sich angesichts der Länge des Textes, der Ihnen allerdings bekannt ist, nur auf diesen Punkt!
und - welche Schluss-Situation sich am Ende der Szene ergibt.
- Nehmen Sie Stellung zu der These, Nathan verhalte sich im Stück egoistisch, vor allem nehme er wenig Rücksicht auf die Situation anderer Personen im Stück.
- Formulieren Sie eine abschließende Bewertung seines Verhaltens auf der Basis des „Kategorischen Imperativs“ von Immanuel Kant.
Textvorlage Szene 9 in Akt 3
Sie können Ihre eigene Ausgabe des Theaterstücks mit der entsprechenden Verszeilenzahl verwenden.
Die Fassung dient nur dem Überblick und ist ggf. für Notfälle gedacht.
Nathan und der Tempelherr.
- NATHAN. Wie? seid Ihrs?
- TEMPELHERR. Ihr habt
Sehr lang‘ Euch bei dem Sultan aufgehalten. - NATHAN.
So lange nun wohl nicht. Ich ward im Hingehn
Zu viel verweilt. – Ah, wahrlich Curd; der Mann
Steht seinen Ruhm. Sein Ruhm ist bloß sein Schatten.
Doch laßt vor allen Dingen Euch geschwind
Nur sagen … - TEMPELHERR.
Was? - NATHAN.
Er will Euch sprechen; will,
Daß ungesäumt Ihr zu ihm kommt. Begleitet
Mich nur nach Hause, wo ich noch für ihn
Erst etwas anders zu verfügen habe:
Und dann, so gehn wir. - TEMPELHERR.
Nathan, Euer Haus
Betret‘ ich wieder eher nicht … - NATHAN.
So seid
Ihr doch indes schon da gewesen? Habt
Indes sie doch gesprochen? – Nun? – Sagt: wie
Gefällt Euch Recha? - TEMPELHERR.
Über allen Ausdruck! –
Allein, – sie wiedersehn – das werd ich nie!
Nie! nie! – Ihr müßtet mir zur Stelle denn
Versprechen: – daß ich sie auf immer, immer –
Soll können sehn. - NATHAN.
Wie wollt Ihr, daß ich das
Versteh‘? - TEMPELHERR nach einer kurzen Pause ihm plötzlich um den Hals fallend.
Mein Vater! - NATHAN.
– Junger Mann! - TEMPELHERR ihn eben so plötzlich wieder lassend.
Nicht Sohn? –
Ich bitt‘ Euch, Nathan! – - NATHAN.
Lieber junger Mann! - TEMPELHERR.
Nicht Sohn? – Ich bitt‘ Euch, Nathan! – Ich beschwör‘
Euch bei den ersten Banden der Natur! –
Zieht ihnen spätre Fesseln doch nicht vor! –
Begnügt Euch doch ein Mensch zu sein! – Stoßt mich
Nicht von Euch! - NATHAN.
Lieber, lieber Freund! … - TEMPELHERR.
Und Sohn?
Sohn nicht? – Auch dann nicht, dann nicht einmal, wenn
Erkenntlichkeit zum Herzen Eurer Tochter
Der Liebe schon den Weg gebahnet hätte?
Auch dann nicht einmal, wenn in eins zu schmelzen
Auf Euern Wink nur beide warteten? –
Ihr schweigt? - NATHAN.
Ihr überrascht mich, junger Ritter. - TEMPELHERR.
Ich überrasch‘ Euch? – überrasch‘ Euch, Nathan,
Mit Euern eigenen Gedanken? – Ihr
Verkennt sie doch in meinem Munde nicht? –
Ich überrasch‘ Euch? - NATHAN.
Eh ich einmal weiß,
Was für ein Stauffen Euer Vater denn
Gewesen ist! - TEMPELHERR.
Was sagt Ihr, Nathan? was? –
In diesem Augenblicke fühlt Ihr nichts,
Als Neubegier? - NATHAN.
Denn seht! Ich habe selbst
Wohl einen Stauffen ehedem gekannt,
Der Conrad hieß. - TEMPELHERR.
Nun – wenn mein Vater denn
Nun eben so geheißen hätte?
- NATHAN.
Wahrlich? - TEMPELHERR.
Ich heiße selber ja nach meinem Vater: Curd
Ist Conrad. - NATHAN. Nun – so war mein Conrad doch
Nicht Euer Vater. Denn mein Conrad war,
Was Ihr; war Tempelherr; war nie vermählt. - TEMPELHERR.
darum! - NATHAN. Wie?
- TEMPELHERR.
darum könnt‘ er doch
Mein Vater wohl gewesen sein. - NATHAN.
Ihr scherzt. - TEMPELHERR.
Und Ihr nehmts wahrlich zu genau! – Was wärs
Denn nun? So was von Bastard oder Bankert!
Der Schlag ist auch nicht zu verachten. – Doch
Entlaßt mich immer meiner Ahnenprobe.
Ich will Euch Eurer wiederum entlassen.
Nicht zwar, als ob ich den geringsten Zweifel
In Euern Stammbaum setzte. Gott behüte!
Ihr könnt ihn Blatt vor Blatt bis Abraham
Hinauf belegen. Und von da so weiter,
Weiß ich ihn selbst; will ich ihn selbst beschwören. - NATHAN.
Ihr werdet bitter. – Doch verdien‘ ichs? – Schlug
Ich denn Euch schon was ab? – Ich will Euch ja
Nur bei dem Worte nicht den Augenblick
So fassen. – Weiter nichts. - TEMPELHERR.
- Gewiß? – Nichts weiter?
so vergebt! … - NATHAN.
Nun kommt nur, kommt! - TEMPELHERR.
Wohin?
Nein! – Mit in Euer Haus? – Das nicht! das nicht! –
Da brennts! – Ich will Euch hier erwarten. Geht! –
Soll ich sie wiedersehn: so seh ich sie
Noch oft genug. Wo nicht: so sah ich sie
Schon viel zu viel … - NATHAN.
Ich will mich möglichst eilen.
Quelle: Gotthold Ephraim Lessing: Werke. Band 2, München 1970 ff., S. 284-287.
http://www.zeno.org/nid/20005262542
Hinweise zur Lösung:
Die haben wir auf die folgende Seite ausgelagert:
https://schnell-durchblicken.de/loesungshinweise-zur-klausur-lessing-nathan-der-weise-3-9-in-verbindung-mit-5-8-schwerpunkt-kommunikation
Weitere Infos, Tipps und Materialien
Themenseite: „Nathan “
https://textaussage.de/nathan-der-weise-infos-materialien
Zu weiteren Themen des Deutschunterrichts
https://textaussage.de/weitere-infos