Klausur: Sachtextanalyse und Stellungnahme: Künstliche Intelligenz und menschliche Überlegenheit – Wunschbild oder Realität? (Mat2773-kla)

Künstliche Intelligenz und menschliche Überlegenheit – Wunschbild oder Realität?

Wir zeigen hier mal, wie Lesen und Nachdenken bei einer Lehrkraft zu einer Klausur werden kann, die für gemeinsame Nachdenklichkeit sorgt.

Hier zunächst eine Vorschau, darunter dann die Druck-Datei.

Druckvorlage

Mat2773-kla Var3 Klausur Vorteile des Menschen gegenüber der KI

Aufgabe:

  1. Analysiere den angehängten Text, indem du
    1. ihn in einer kurzen Einleitung vorstellst und dabei das Thema nennst (möglichst in Frageform),
    2. Arbeite dann die Antworten heraus, die im Text zu finden sind, also seine Aussagen.
    3. Zeige auf, wie diese Aussagen im Text mit sprachlichen und rhetorischen Mitteln unterstützt werden.
  2. Nimm begründet Stellung zu dem Text, indem du die wesentlichen Aussagen vor dem Hintergrund deiner Erfahrungen und Kenntnisse kritisch prüfst.
  3. Mach am Ende einige, möglichst konkrete Vorschläge, wie man das Potenzial des Menschen gegenüber der Künstlichen Intelligenz besser nutzen kann.

Anders Tivag,

Künstliche Intelligenz und menschliche Überlegenheit – Wunschbild oder Realität?

 

Kaum ein Thema wird derzeit so breit diskutiert wie die Zusammenarbeit von Mensch und Maschine. Besonders beliebt ist dabei der Versuch, klare Unterscheidungen zu ziehen: Natürlich könne eine KI rechnen, Daten sortieren und Texte schreiben – aber es gäbe doch fünf Bereiche, in denen der Mensch der Maschine überlegen sei. Immer wieder liest man Schlagworte wie, Neugier, Kreativität, Mut, Mitgefühl bzw. Empathie, Kommunikationsfähigkeit und Verantwortungsbewusstsein.

Das klingt gut und soll wohl auch Hoffnung machen in schwierigen Übergangszeiten. Denn es klingt ja wie ein Kompliment an die ganze Menschheit. Aber da sind wir schon bei dem Punkt, an dem jeder nachdenkliche Mensch insw Grübeln kommt. Gibt es da nicht den Nachbarn, der den ganzen Tag im Garten sitzt und Kreuzworträtsel löst oder einfach vor sich hindöst? Na gut, der ist in Rente und hat sich den Ruhestand verdient. Muss damit auch alle Neugier verschwunden sein. Gestern beklagte er sich noch, dass seine Enkel immer was mit ihm unternehmen wollen. Dabei soll er doch nur dafür sorgen, dass nichts passiert – und im Garten ist genug Platz. Ihm hatte das jedenfalls in seiner Kindheit gereicht.

Oder wie ist das mit der Kreativität. Letztens hatte man im Büro ein paar originelle Vorschläge gemacht – was man alles ändern und verbessern könnte. Nach fünf Minuten sah er sich von lauter zufriedenen Leuten umgeben, die allerdings aufatmeten, als er einen Anruf von seinem Chef bekam. Über die Vorschläge wurde nie wieder geredet.

Und was den Mut angeht: Letztens hatte der Chef mal wieder seinen ganzen Frust an einem Kollegen ausgelassen – bis die zu weinen begann. Erst als der Chef aus dem Raum war, kümmerten sich einige um das Opfer, während die anderen weiter auf ihre Bildschirme starrten.

Man könnte jetzt auch noch auf die anderen angeblichen Vorzüge eingehen. Aber auch da wird ein genauerer Blick zeigen: Viele dieser Stärken existieren – wenn überhaupt – eher als Potenzial –ob sie im Alltag und vor allem unter Stressbedingungen wirklich zum Tragen kommen, ist eine ganz andere Frage. Vielleicht liegt der größte Unterschied zwischen Mensch und Maschine gar nicht darin, was wir theoretisch besser könnten, sondern darin, dass wir unsere eigenen Fähigkeiten oft selbst sabotieren.

Schauen wir uns das mal etwas systematischer an:

Wir Menschen sind neugierig – sagt man. Aber warum sehen dann so viele Jugendliche immer wieder dieselbe Art von Serien, folgen immer denselben Influencern und lassen sich vom Algorithmus vorschlagen, was sie als Nächstes konsumieren sollen? Eine KI passt sich flexibel an neue Informationen an – der Mensch bleibt oft lieber in seiner bequemen Filterblase.

In der Schule soll Kreativität großgeschrieben werden. Aber was passiert wirklich? Sobald eine Präsentation ansteht, greifen viele schnell zu fertigen Templates, übernehmen Formulierungen aus dem Netz oder schreiben „auf Nummer sicher“. Mut, auch mal gegen den Mainstream zu denken? Fehlanzeige – oft ist die Angst, etwas falsch zu machen, größer als der Wunsch, etwas Eigenes zu schaffen.

Natürlich haben wir Menschen Mitgefühl. Aber schauen wir genauer hin: Sobald jemand im Klassenchat aneckt oder Außenseiter wird, schweigen viele lieber, als sich einzumischen. Angst vor Gruppendruck, davor, selbst zur Zielscheibe zu werden. Maschinen hingegen urteilen nicht – sie behandeln jeden gleich. Vielleicht gibt es deshalb so viel Mitgefühl im Hinblick auf die Not und das Elend, das man am Bildschirm sieht, weil man weiß, wie weit es weg ist und einen selbst nichts kostet.

Vielleicht sollten wir also weniger stolz auf unsere vermeintlichen „Superkräfte“ sein – und uns lieber fragen, warum wir sie so selten ausspielen.

Aus: Durchblicke bis auf Widerruf – Online-Zeitschrift für Schule und Studium, Ausgabe 2025-03

Erwartungshorizont:

https://schnell-durchblicken.de/erwartungshorizont-klausur-sachtextanalyse-und-stellungnahme-kuenstliche-intelligenz-und-menschliche-ueberlegenheit-wunschbild-oder-realitaet

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