Lehrt die Schule das Arm-Sein? Auswertung eines Videos (Mat7000-sma-you)

Worum es hier geht:

Auf der folgenden Seite haben wir ein Video genutzt, um zu zeigen, dass man etwas reißerisch wirkende Überschriften nicht zu ernst nehmen sollte – wohl aber das Thema.
https://schnell-durchblicken.de/anders-freistein-zwischen-empoerung-und-erkenntnis-kritischer-umgang-mit-youtube-videos

Hier nun eine Auswertung des Videos, so dass man selbst prüfen kann, was man mit ihm und seinen Infos und Thesen anfangen kann.
https://www.youtube.com/watch?v=9wk5LhKJ2mA

Zunächst zur Frage des Titels

Der vorliegende Videotitel ist aus mehreren Gründen als eher reißerisch (sensationalistisch) einzustufen. Die Hauptaufgabe eines solchen Titels besteht darin, durch schockierende, extreme oder geheime Behauptungen die größtmögliche Aufmerksamkeit zu erzielen (Clickbaiting).

1. Analyse des reißerischen Charakters des Titels
Der Titel lautet: „The Terrible Reason Why School Teaches You to Be Poor – Nietzsche“.
1. Extreme und polarisierende These: Die Aussage, dass die Schule einen lehrt, arm zu sein („Teaches You to Be Poor“), ist äußerst provokant. Sie impliziert eine bewusste, bösartige Absicht hinter einer Institution, die weithin als Ort der Aufklärung und des Aufstiegs gilt. Solche Dichotomien (Erfolg vs. Armut, Befreiung vs. Sklaverei) sind dazu bestimmt, starke emotionale Reaktionen hervorzurufen.

2. Dramatische Wortwahl:
Die Phrase „The Terrible Reason Why“ (Der schreckliche Grund, warum) suggeriert, dass es sich um eine dunkle, verborgene Wahrheit oder eine Art Verschwörung handelt, die der Zuschauer nur durch das Ansehen des Videos aufdecken kann.

3. Appell an eine Autorität (Nietzsche-Hook):
Die Nennung eines bekannten, radikalen Philosophen wie Nietzsche im Titel verleiht der provokanten Aussage einen Anschein von intellektueller Tiefe und Legitimität. Dies zieht Zuschauer an, die an philosophischer Kritik interessiert sind. Ironischerweise werden im Video selbst jedoch Zitate von Schopenhauer stärker zur Untermauerung der Kernthesen genutzt.

Zusammenfassend verwendet der Titel ein extremes, alarmierendes Narrativ und dramatische Sprache, um die universelle Erfahrung des Schulsystems direkt mit persönlichem finanziellem Misserfolg zu verknüpfen, was ihn als reißerisch erscheinen lässt.

Dann zum eigentlichen Inhalt des Videos

  1. Zusammenstellung der wichtigsten Informationen, Thesen und Argumente des Videos
    Das Video argumentiert, dass die moderne Schule nicht zur Befreiung der Menschen geschaffen wurde, sondern als „Fabrik der Fügsamkeit“ dient, um gehorsame und finanziell abhängige Arbeitnehmer für das bestehende Wirtschaftssystem zu produzieren.A. Die Hauptthese: Schule als Domestizierung

    • Zweck der Schule: Die Schule produziert keine Objekte, sondern Gehorsam. Sie nimmt ein neugieriges, fragendes Kind auf und entlässt einen Erwachsenen, der darauf programmiert ist, sein ganzes Leben gegen ein Monatsgehalt einzutauschen.

    • Historischer Ursprung: Die moderne Schule wurde während der industriellen Revolution ins Leben gerufen, um fügsame Arbeiter für die Fabriken zu schaffen. Die Industrie brauchte Menschen, die Befehle akzeptierten, starre Zeitpläne befolgten und mechanische Aufgaben ohne Hinterfragen wiederholten. Bauern und Handwerker waren dafür ungeeignet, da sie zu viel dachten und zu viel Autonomie besaßen.

    • Systematischer Gehorsam: Dies ist kein Versagen des Systems, sondern das System funktioniert perfekt im Sinne seiner ursprünglichen Designer.

    B. Argumente zur psychologischen Konditionierung und Anpassung
  • Fabrik-Struktur: Die Schule funktioniert bewusst wie eine Fabrik. Klingelzeichen konditionieren darauf, dass andere die Zeit kontrollieren. Uniformen, Schlangen und Genehmigungen für Grundbedürfnisse (wie der Toilettengang) sind kein bloßes Organisationsmittel, sondern Verhaltenskonditionierung.

    • Autoritätsgehorsam: Man lernt früh, dass die Autorität des Lehrers unbestreitbar ist. Hinterfragen gilt als Rebellion, abweichendes Denken als Disziplinproblem. Die Botschaft lautet: Gehorsam ist Tugend, Unterwerfung ist Weisheit, Konformität ist Erfolg.

    • Angst vor Fehlern: Die Schule lehrt, Fehler zu fürchten. Falsche Antworten führen zu Punktabzügen und öffentliche Korrektur. Dies führt dazu, dass Erwachsene Angst haben, Risiken einzugehen oder neue Dinge auszuprobieren, und lieber in einem gehassten Job verharren.

    • Abtöten der Kreativität: Kreativität wird systematisch zerstört, da die Schule Uniformität und keine unkonventionellen Lösungen oder nicht-lineares Denken benötigt.

    • Der „gute Schüler“: Der Musterschüler, der alle Regeln befolgte und Bestnoten erzielte, wurde zur exzellenten Gehorsamkeit erzogen, nicht zum Erfolg im Sinne von Autonomie und Wohlstand. Sie werden zum perfekten, kontrollierbaren und vorhersehbaren Angestellten.C. Die Finanzielle Analphabetisierung (Die Lehre, arm zu sein)

    • Absichtliche Ignoranz: Der Lehrplan wurde so gestaltet, dass Schüler intelligent genug sind, um Maschinen zu bedienen und Anweisungen zu befolgen, aber ignorant genug, um das wirtschaftliche Spiel nicht zu verstehen. Dies wird als strategische Zensur bezeichnet.

    • Fehlendes Wissen: Es gibt keine oder nur minimale Bildung über Geld, Vermögensbildung, Investitionen oder die Funktionsweise des Finanzsystems. Stattdessen werden irrelevante historische Daten, mathematische Formeln und wissenschaftliche Konzepte auswendig gelernt.

    • Der Unterschied zwischen Arm und Reich: Die Schule lehrt die Gleichung, Zeit gegen Geld zu tauschen („Work, get paid, spend, repeat“). Den Schülern wird verschwiegen, dass Reiche Vermögenswerte (Assets) kaufen, die Einkommen generieren, ohne dass ihre Anwesenheit erforderlich ist.

    • Schulden und Konsum: Die Schule programmiert die Menschen darauf, Reichtum durch Konsum zu suchen, nicht durch Vermögensaufbau. Gekaufte Gegenstände (finanzierte Autos, Häuser, Kreditkarten) werden zu zusätzlichen Ketten, die den Einzelnen an das Monatsgehalt binden.

    • Die Täuschung über Geld: Die Schule lehrt die „komfortable Lüge“, dass Geld nicht so wichtig sei und dass man dem folgen solle, was man liebt. In einem kapitalistischen System jedoch wird, wer Geld nicht versteht, ewig von denen ausgebeutet, die es verstehen.

    D. Der Kreislauf der Abhängigkeit

    • Der Lohn als Gefängnis: Der Lohn (Salary) ist das Werkzeug, das den Arbeitnehmer einsperrt, nicht befreit. Wer versteht, dass er Wert produziert, aber nur einen Bruchteil erhält, beginnt, das System zu hinterfragen.

    • Die Falle der Schulden: Nach dem Abschluss müssen die Absolventen sofort arbeiten, um Schulden zu begleichen oder finanzielle Verpflichtungen (Miete, Hypothek, Familie) einzugehen. Diese Verpflichtungen sind zusätzliche Ketten, die verhindern, dass der Arbeitnehmer kündigt oder mehr verlangt.

    • Ersatzbarkeit: Da Tausende andere denselben Konditionierungsprozess durchlaufen haben, können die Gefangenen des Systems leicht ersetzt werden, wenn sie das System infrage stellen.

    • Das Fazit: Das Ziel der Massenbildung war es, eine gehorsame, vorhersehbare und abhängige Arbeiterklasse zu schaffen, die arm genug ist, um arbeiten zu müssen, aber nicht so miserabel, dass sie rebelliert. Die Schule schafft somit „gebildete Armut“ (educated poverty).

    E. Philosophische und Schlussfolgerungen

    • Arthur Schopenhauer wird zitiert, um zu erklären, dass es schwierig ist, Narren aus den Ketten zu befreien, die sie verehren („it is difficult to free fools from the chains they revere“).

    • Dietrich Bonhoeffer wird zitiert: Dummheit sei eine gefährlichere moralische Krankheit als Bosheit. Die Schule stelle genau das her: technische Intelligenz kombiniert mit närrischem Gehorsam.

    • Die Befreiung erfordert, die brutale Wahrheit zu akzeptieren und sich selbst neu zu programmieren, um zu lernen, was die Schule nie gelehrt hat. Wahre Freiheit entsteht durch die Zerstörung des Gelernten und den Aufbau neuer Strukturen, die dem Individuum dienen, nicht dem System.