Lernprogramm „Analyse und Interpretation von Gedichten“

Worum es hier geht:

  1. Viele Schülis haben Schwierigkeiten oder fühlen sich unwohl, wenn es um die Interpretation von Gedichten geht.
  2. Wir haben dazu schon (gefühlt unendlich) viel gemacht und entsprechend auch viel Erfahrung.
  3. Ja, wir warten immer noch auf den ersten Fall, dass wir mal ein Gedicht überhaupt nicht verstanden haben. Damit meinen wir natürlich nur Gedichte, die auch verstanden werden sollen oder wollen 😉

Hier führen wir erst mal die einzelnen „Programmschritte“ auf, die wir uns vorgenommen haben.

Um möglichen Interessen für das Programm schnell zu helfen, schreiben wir hier erste Tipps hinein. Daraus werden dann später entsprechende Unterseiten.

Ansonsten gibt es unten eine Hinweis auf die schon vorhandene „Maxi-Seite“.

  1. Was sind überhaupt Gedichte?
    • Ganz einfach: Texte in Versform:
      Alles andere wie Strophen, Reim, Rhythmus ist „Beiwerk“, muss also nicht sein.
    • Ein Vers ist nichts anderes als eine Zeile, die der Autor künstlich, also absichtlich vor dem realen Ende der Zeile bereits abstoppt. Daraus ergeben sich interessante Effekte, wie man an diesem Beispiel sieht:
  2. Was macht Gedichte so schwierig?
    • Gedichte sind in der Regel mehr oder weniger „verknappt„, also auf ein Minimum des Notwendigen reduziert. Nichts von „epischer“ Breite wie in vielen Romanen.
    • Außerdem sind sie lückenhaft. Die Autoren haben nicht das höchste Ziel, dass die Leser die Gedichte eindeutig verstehen.
    • Deshalb gibt es ja auch Liebesgedichte: Sie sind so, dass jeder seine Gefühle dort wiederfinden kann – und im Idealfall dann auch ein bisschen erlöst oder zumindest erleichtert wird.
    • Manchmal sind Gedichte auch richtig verrätselt – aber da hört dann der Spaß auch schon auf – und aus der Schule sollten sie rausgehalten werden.
    • Auf jeden Fall setzen die Autoren mehr oder weniger ihre ganze Kunst ein, um aus dem Gedicht auch ein sprachliches Kunstwerk zu machen. Da werden Neologismen erfunden (Wortneuschöpfungen) – oder man ergeht sich in Bildern, spielt mit Gegensätzen, wagt sich an eine Steigerung bis zum Höhepunkt usw.
  3. Warum spielen Gedichte (trotz dieser Schwierigkeiten) im ganz normalen Leben auch eine Rolle?
    • Weil die Menschen Freude haben an schönen Formulierungen und anderen sprachlichen Gestaltungen. Darum freut man sich ja auch über Wendungen wie die folgende.

      „Es kann
      der Frömmste
      nicht
      in Frieden leben,
      wenn
      es dem bösen Nachbarn
      nicht gefällt.

      Eigentlich wollten wir das in der bekannten Form hinschreiben:
      „Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt.“
      Aber dann ist der poetische Gaul mit uns durchgegangen – und wir haben einfach daraus ein Gedicht gemacht.
      Und es ist eins – versprochen, auf der Seite „schnell-durchblicken.de“ kann man nachschlagen 😉
      Anregung: Einfach mal selbst bekannte Sprichwörter in Gedichte umwandeln – und beim nächsten Mal für die Geburtstagskarte o.ä. nutzen. Das kommt sicher gut an.
  4. Wie kann man ein Gedicht am besten knacken?
  5. Was macht man, wenn man auf schwierige Stellen stößt?
    • Erst mal schauen, was man versteht.
      Hilfreich ist meistens, sich das konkret vorzustellen, was da beschrieben oder sonst gesagt wird.
    • Lückenhaftes oder Unverständliches „hypothetisch“ füllen. Das heißt, man überlegt, was am besten da hineinpasst. Allerdings muss man das in einer Klassenarbeit oder Klausur als „Hypothese“, als Vermutung äußern. Die ist nur so lange gut, bis es eine bessere gibt. Auf die man hoffentlich selbst noch kommt 😉
  6. Was versteht man unter der Absicht/Aussage/Intention?

  7. Wie erkennt man das Thema eines Gedichtes? Und wie kann man das formulieren?
    • Das Thema ist eine Fragestellung oder ein Problem.
    • Das Gedicht stellt mit seinen Aussagen die Antwort oder die Lösung bereit.
    • Man muss also aus den Antworten die Frage erschließen.
    • Wenn wir im Urlaub jemanden sagen hören:
      „Der Antwort liegt in dieser Richtung.“
      Dann kann die zugrundeliegende Frage erschließen:
      „Wo ist oder wie komme ich zum Bahnhof?“
      Wie das bei einem Gedicht funktioniert, kann man an dem gleichen Beispiel sehen. Dort haben wir es durchgespielt:
    • Beispiel: Aussagen und Thema eines Gedichtes ermitteln: Lichtenstein, Die Fahrt nach der Irrenanstalt I
      https://schnell-durchblicken.de/beispiel-aussagen-und-thema-eines-gedichtes-ermitteln-lichtenstein-die-fahrt-nach-der-irrenanstalt-i
  8. Was sind sprachliche Mittel?
    • Sprachliche Mittel sind etwas ganz Einfaches: Es sind die Phänomene in einem Gedicht, die der Autor sich hat einfallen lassen, um Eindruck zu machen – übrigens zunächst mal bei seiner „peer group“, also Schriftstellerkollegen oder Lektoren von Verlagen.
      • Dazu gehören „Neologismen“, also Wort-Neuerfindungen
        z.B. „Erdenhimmel“ als Wort für Frieden, also ein irdischer Vorgeschmack auf den Himmel.
      • Vor allem Bilder, auch Metaphern genannt: „ein Meer von Tränen ergießt sich in die Ebene seines aktuellen Selbstbewusstseins“.
      • Reihungen mit Steigerung:
        „Ach, sei mein Freund, mein Engel, mein Gott.“
        und vieles mehr:
        https://textaussage.de/liste-sprachlicher-mittel
    • Wichtig sind dabei nicht so sehr die Begriffe, sondern dass man erkennt, wie der Schriftsteller sein Gedicht wirkungsvoll gemacht hat.
    • Auf der folgenden Seite haben wir das mal am Beispiel eines Gedichtes durchgespielt:
      Sprachliche Mittel am Beispiel des Gedichtes „Großstadtliebe“ von Mascha Kaléko:
      https://textaussage.de/last-minute-erfolg-bei-der-gedichtanalyse-schritt-5-sprachliche-mittel
  9. Was sind rhetorische Mittel?
    • Wir unterscheiden gerne rein „sprachliche“ Mittel von „rhetorischen Mitteln“.
    • Eine Steigerung ist eigentlich schon kein sprachliches Mittel mehr, denn die Wörter bleiben ja für sich unbedeutend. Die Kombination ist eine übergeordnete Leistung – ursprünglich des Redners (darum Rhetorik) und natürlich auch des Gedicht-Schreibers.
    • Wenn man sich die Liste der sogenannten „sprachlichen“ Mittel ansieht, erkennt man viele, die über das einzelne Wort hinausgehen, zum Beispiel eine Metapher oder auch ein Vergleich.
    • Die Übergänge sind natürlich fließend – aber es lohnt sich, darum nachzudenken.
    • Ganz extrem sind rhetorische Mittel wie zum Beispiel ein bestimmtes Wortfeld (etwa Farben), die in einem Gedicht gezielt eingesetzt werden. Die können auch weit auseinander stehen, der Autor hat sie aber im Blick gehabt – und der Interpret erkennt sie dann hoffentlich auch.
  10. Was spielt bei der Form von Gedichten eine Rolle?
  11. Was versteht man unter Interpretation?
    • Viele Leute unterscheiden nicht zwischen Analyse und Interpretation. Dabei geht das ganz einfach, wenn man von den Begriffen ausgeht.
    • Analyse kennt man aus der Chemie: Das Gedicht soll also nach allen Regeln der Kunst „zerlegt“ werden, damit man alle Teile und Aspekte überzeugend bestimmen kann.
    • Interpretation hat etwas mit „verstehen“ zu tun: Nicht im Sinne von:
      „Der eine versteht das Gedicht so
      der andere so.“
    • Sondern es geht um das Herstellen von Beziehungen. Das Gedicht wird in eine Beziehung zu etwas anderem gesetzt:
      • z.B. zur Biografie des Autors
      • und zu seinem Werk
      • zu vergleichbaren anderen Gedichten
      • zur Epoche
      • zu dem darin enthaltenen Problem
      • usw.
    • Beispiel:
      Analysiere das Gedicht Maschinenschlacht von Hermann Hesse
      https://textaussage.de/schnell-durchblicken-hermann-hesse-die-maschinenschlacht-strophenform-reim-und-rhythmus
      und ordne es in die Epochen der deutschen Literaturgeschichte ein.
      Am Ende stellt sich dann heraus, dass Hesse sich hier ganz im Stil des Expressionismus präsentiert, was die meisten sich erst mal nicht vorstellen, dann aber doch erkennen müssen.
  12. Was kann man sonst noch mit einem Gedicht anfangen?
    • Kritik:
      Man kann es zum Beispiel kritisieren – wird in der Schule viel zu wenig gemacht. Auch Dichter sind Menschen, sind also nicht so perfekt wie manche glauben.
    • Kreativität:
      Man kann es umschreiben oder weiterschreiben.
    • Beides verbunden haben wir zum Beispiel bei diesem Gedicht:
      August von Platen, „O wonnigliche Reiselust“
      https://www.schnell-durchblicken2.de/platen-wonnigliche-reiselust

Wir bauen das Programm gerade erst auf, deshalb bitte ein bisschen Geduld.

Die Strategie ist aber, zu allen Punkten schon mal schnell was zu sagen. Das kann dann später erweitert werden.

Das heißt: Bei „Aussage“ haben wir es unsere Tipps schon mal auf eine eigene Seite ausgelagert, mit den anderen Aspekten werden wir das auch noch tun.

Fragen und Anregungen können auf dieser Seite abgelegt werden:
https://textaussage.de/schnelle-hilfe-bei-aufgaben-im-deutschunterricht

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Wenn man mal bei verschiedenen Teilschritten des Programms gewesen ist, kann man mit diesem Link immer zur Gesamtübersicht zurückkehren.
https://schnell-durchblicken.de/lernprogramm-analyse-und-interpretation-von-gedichten-ub

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