Probeklausur: Lösung Analyse Sachtext und Stellungnahme – Tivag, Norm und Normierung (Mat8668-video-loe)

Worum es hier geht:

Wir haben als Übungsmöglichkeit auf der folgenden Seite eine Klausuraufgabe veröffentlicht, die sich mit den Gefahren der Künstlichen Intelligenz für die sprachliche Norm, also die Normalität des Sprechens beschäftigt:
https://schnell-durchblicken.de/probeklausur-analyse-sachtext-und-stellungnahme-tivag-norm-und-normierung

Hier testen wir jetzt unsere „ultimativen“ Tipps, die wir für Klausurschreiber zusammengestellt haben:
https://schnell-durchblicken.de/schriftliches-abitur-2024-ultimative-praxis-tipps

Den Text und die Aufgabenstellung:

Mat8668-Klausur-ohne-Mark-Anders-Tivag-Norm-Normierung

Nun unsere Lösung

Um jeden Zeitverzug zu vermeiden und auch ggf. Kommentare mit einarbeiten zu können, präsentieren wir hier die Lösungsteile nach und nach.

Zunächst der Überblick über die Tipps, wie wir umsetzen wollen:

1./2.  Zerlegung der Aufgabenstellung mit Zeitplanung
  • Hier haben wir schon gezeigt, wie man die Aufgabenstellung zerlegen könnte:

Dies mag dem einen oder der anderen „kleinkariert“ vorkommen – aber jeder mag selbst überlegen, ob sich die 3 Minuten nicht lohnen, wenn man nachher nur noch die aufgemalten Nummern abhaken muss – soweit fertig.

Und wie gesagt: Für Leute, die Mühe haben, bei einer Klausur über 3 Seiten hinauszukommen, finden hier vielleicht noch Anregungen für ein paar Absätze mehr.

  1. Vorstellung des Textes
  2. mit Angabe des Themas
  3. Argumentationsstruktur
  4. Position des Textes
  5. sprachliche Mittel
  6. rhetorische Mittel
  7. Einordnung in Themenfeld
  8. Sprachliches Handeln
  9. Kommunikation
  10. Kontext
  11. Stellungnahme zur Bedeutung des Textes
3. Einleitungssatz mit Thema-Lücke

Wir verwenden das Standardformular:

  1. Bei dem vorliegenden Text
  2. handelt es sich um den Artikel/Beitrag
  3. von Anders Tivag
  4. mit der Überschrift: „Wenn die Norm zur Normierung wird – Sprachwandel im Zeitalter der Künstlichen Intelligenz“,
  5. der in der Ausgabe 4/2024, also wohl im April dieses Jahres
  6. in der Web-Publikation „Durchblicke bis auf Widerruf – Online-Zeitschrift für Schule und Studium“ veröffentlicht wurde.
  7. Thema des Artikels sind die Gefahren, die von der Künstlichen Intelligenz für die sprachliche Norm, also die normale, von allen akzeptierte Sprechweise in einer Sprache, ausgeht.
4. Inhaltsangabe zum Text – Zusammenfassung
  • In dem Text wird – ausgehend von dem Unterschied zwischen Vorgabenorm und Verhaltensnorm auf eine Gefahr hingewiesen, die mit dem Einsatz Künstlicher Intelligenz verbunden ist.
  • Mit deren Hilfe kann nämlich eine zumindest teilweise künstliche Sprachnormalität hergestellt werden.
  • Auf diese Art und Weise kann das Denken der Menschen beeinflusst werden.
  • Dabei geht der Text aus davon, dass Sprache und Denken eng zusammen gehören und sich gegenseitig beeinflussen können.
Differenzierte „Spalten“-Bearbeitung

Hier unser Beispiel für „differenzierte“ Anmerkungen zum Text – in angedeuteten Spalten.

Hier die beiden Seiten auch als PDF-Datei

Mat8668-video-loe mit Spalten

5. Distanzierte Haltung bei der Textanalyse
  • In diesem Falle geht es um den speziellen Aspekt der Argumentationsstruktur.
  • Einstieg/Argumentationsansatz
    • Zu Beginn des Textes nutzt der Verfasser etwas, was er im Deutschunterricht gelernt hat, um auf den Unterschied zwischen Norm als Vorgabe und Norm als Normalverhalten zu verweisen.
    • Deutlich wird ein Unterschied zwischen hingenommener Selbstverständlichkeit und Zwangsvorgaben, deren Nichtbefolgung Konsequenzen haben kann.
  • Vertiefung von Norm und Normalität
    • Etwas genauer wird dann auf die Selbstverständlichkeiten hingewiesen, die das Leben erleichtern können und die man in der Praxis nicht vermissen möchte.
  • Vorteile von Normen:
    • Anschließend werden die Vorteile gewisser Normen noch einmal genauer erläutert.
  • Beispiel Verpackungsgrößen:
    • Das Beispiel mit den Verpackungsgrößen wird dann genutzt, um den Unterschied zwischen Vorgabennorm und Verhaltensnorm zu veranschaulichen.
  • Überleitung zur Sprache
    • Anschließend geht der Verfasser zur Sprache über, bei deren Behandlung den meisten Schülern zum ersten Mal eine Vorstellung von Sprachnormalität vermittelt wird.
    • Der Verfasser ist gewissermaßen auf einem Umweg wieder zum Ausgangspunkt und damit auch zu seinem eigentlichen Thema gekommen.
  • Veranschaulichung des Sprachwandels an einem Beispiel
    • Am Beispiel der Entwicklung einer Beschreibungsmöglichkeit beim Wortfeld gut werden dann Verschiebungen bzw. Weiterentwicklungen recht anschaulich deutlich gemacht.
  • Übergang zum eigentlichen Thema
    • Nachdem der Verfasser gewissermaßen die Grundlagen geklärt hat, kommt er zum eigentlichen Thema, nämlich der Kritik an zu viel Beeinflussung der sprachlichen Normen durch mehr oder weniger strenge Vorgaben.
  • Negativbeispiel staatlicher Eingriffe in sprachliche Normen
    • Am Beispiel der Rechtschreibreform macht der Verfasser dann deutlich, wie problematisch es ist, in das, was die Menschen auf natürliche Art und Weise untereinander regeln, gewissermaßen von außen einzugreifen.
  • Herausstellung des entscheidenden Problempunktes
    • Diese Stelle seiner Argumentation nutzt der Verfasser dann, um auf etwas aufmerksam zu machen, worüber bisher wohl wenig nachgedacht worden ist.
    • Es geht darum, dass das, was bei der Rechtschreibeform noch durch die Verhaltensnormalität der Menschen wieder in ein gewisses Gleichgewicht gebracht worden ist, durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz ausgehebelt werden könnte.
    • Am Beispiel des Romans 1984 von George Orwell wird angedeutet, wie die Mächtigen in einem Land die künstliche Intelligenz für sich nutzen könnten
  • Schluss: Akzentuierung des Kernproblems
    • Am Schluss differenziert der Autor dann gewissermaßen zwischen nachvollziehbaren und von den meisten als gut empfundenen Eingriffen in eine sich vielleicht zu langsam entwickelnde sprachliche Normalität und einem ganz anderen Bereich.
    • Relativ kurz, aber sicherlich anregend, wird am Ende darauf hingewiesen, dass in einer Diktatur, also einem System, in dem die Regierung nicht mehr durch eine Volksvertretung kontrolliert wird, mit Hilfe der künstlichen Intelligenz das Denken der Menschen beeinflusst werden könnte.
6. Intentionalität / Aussagen: Der Text zeigt …
  1. die Wichtigkeit der Unterscheidung von Vorgabenorm und Verhaltensnorm.
  2. Wichtig ist dem Autor, dass die, die das Sagen haben, d.h. letztlich die politische Macht, sich nicht zu sehr und mit zu wenig Sinn für die Praxis in die Normalität des Lebens einmischen.
  3. Das erscheint ihm im Bereich der Sprache besonders problematisch, weil diese auch das Denken beeinflusst.
7. Unterstützende „sprachliche“ und rhetorische Mittel
  • Die Mittel, die der Autor einsetzt, sind vorwiegend rhetorisch.
  • Das beginnt schon damit, dass er sehr geschickt mit einer persönlichen Erfahrung beginnt und dann die Vorteile von Vorgabenormen an einem gut nachvollziehbaren Beispiel zu erklären – um dann zu seinem eigentlichen Anwendungsbereich, der Sprache, kommen. Das ist gewissermaßen die Strategie des Autors.
  • Besonders im Anfangsteil fallen die vielen Beispiele auf, die durchaus konkretisiert werden. Das verhilft dem Text zu viel Anschaulichkeit.
  • Sprachliche Mittel im engeren Sinne gibt es wenige und sie sind auch nicht sehr weit von Normalsprache entfernt: „auf dem Fuße folgt“ (7), rhetorische Frage (46-49).
  • Bei den spezielleren Mitteln ist die Auslassung in 36/37 sicher etwas Ungewöhnliches, was eine engere Beziehung zwischen Autor/Text und dem Leser bewirken kann.
  • Positiv hervorzuheben ist noch das Bemühen des Autors um Systematisierung, was besonders in 23/24 deutlich wird.
8. Systematische Erörterung 
  • Zunächst einmal sollte man eine Stoffsammlung machen:
    • Differenzierende Betrachtung von Norm = wichtig
    • Normalität der Menschen = klüger als das, was die Regierung und ihre Berater sich ausdenken (gelebte Alltagsrealität)
    • Er spricht zu Recht einen Bereich an, in dem zum Beispiel bestimmte Gruppen sich durch alte Sprachverhaltensweisen verletzt fühlen könnten.
    • Allerdings ist hier die Frage, ob man nicht wie bisher dem Bemühen um einen zivilisierten Umgang miteinander überlassen sollte.
    • Dazu gehört auch die Ermutigung zu positivem Engagement von Einzelmenschen, statt letztlich – unter Demokratiegesichtspunkten problematisch – von außen über Regelungen einzugreifen.
    • Grundsätzlich kann der Gesetzgeber bei der eigenen Sprache ja mit gutem Beispiel vorangehen. So war früher nur ein „Bundeskanzler“ denkbar – später wurde es selbstverständlich, dass es auch eine „Bundeskanzlerin“ geben kann. Regierung und Parlament und auch die Leitmedien können hier eine Vorbildfunktion einnehmen, ohne Zwangsmaßnahmen.
    • Auf jeden Fall ist es in einer Demokratie gefährlich, wenn die Künstliche Intelligenz nicht von der aktuellen Norm ausgeht, sondern sie durch eigenes Praktizieren praktisch vorgibt.
    • Hierbei muss beachtet werden, dass die Künstliche Intelligenz ja im Normalfall versucht, die aktuelle Norm nachzuahmen.
    • Zwangsveränderungen können also nur über eine entsprechende Programmierung erfolgen.
    • Hier wäre wichtig, dass es Vielfalt der KI-Systeme gibt – dann haben die menschlichen Nutzer eine Möglichkeit, auf die Weiterentwicklung der Norm Einfluss zu nehmen.
9. Sachliche und persönliche Stellungnahme
10. Mögliche Zusatzpunkte
  • Bei der Analyse der sprachlichen Mittel könnte man einen Zusatzpunkt erreichen, indem man auf dieses Grundproblem eingeht, dass bei normalen Sachtexten die Rhetorik eine größere Rolle spielt als Mitglieder aus der üblichen Liste der Verdächtigen (;-).
  • Was die Sprachentwicklung angeht, könnte man zum Beispiel zufällig wissen, dass in Frankreich wohl für Ministerinnen der Madame Le Ministre eingeführt worden ist.
    [Wir haben hier etwas eingefügt, was unserem aktuellen Kenntnisstand entspricht. Eine Recherche, die natürlich während einer Klausur nicht möglich ist, wohl aber bei dieser Vorbereitung, kann man natürlich den folgenden Artikel berücksichtigen, den wir gefunden haben.
    https://actualitte.com/article/15680/numerique/madame-le-ou-la-ministre-l-academie-francaise-va-trancher]
  • Oder man hat zufällig gehört oder gelesen, dass es angeblich Bestrebungen gibt, Wahlen der Künstlichen Intelligenz zu überlassen, denn die wisse ja, was wir wirklich wollen.
    [Auch hier kommt es nicht darauf an, dass das wahr ist. Es zeigt eine mögliche Gefahr für die herkömmliche Demokratie.]

Weitere Infos, Tipps und Materialien