Theodor Kramer, „Andre, die das Land so sehr nicht liebten“: Die Qual der Entscheidung für das Exil (Mat2393)

Worum es hier geht:

Es geht um ein Gedicht des österreichischen Schriftstellers Theodor Kramer, der von 1897 bis 1958 lebte.  Es beschreibt die Qualen, die jemand empfinden kann bei der Frage: Heimat verlassen oder bleiben.

Er selbst war als Jude in der NS-Zeit von der Frage betroffen. Er entschied sich dann 1939, nach Großbritannien zu emigrieren.

Wir gehen davon aus, dass das Gedicht vorliegt.

Wir haben das Gedicht z.B. hier gefunden.

Wir beschränken uns hier auf die Erläuterung der einzelnen Strophen sowie eine Auswertung in Richtung „Aussagen des Gedichtes“.

Strophe 1:
  • Das lyrische Ich beginnt mit dem Unterschied zwischen denen, die recht schnell in die Emigration gegangen sind und denen es jetzt besser geht, …
  • … und ihm selbst, das das eigene Land mehr liebt.
  • Die damit in dieser besonderen Situation verbundene Qual wird verdeutlicht am Beispiel der eigenen Wurzeln, die man nicht nur aus der Erde drehen muss, sondern auch noch mit dem eigenen Messer bearbeiten muss.
  • Letztlich bedeutet das, dass das lyrische Ich sich als Person beschreibt, die wie andere auch die Verhältnisse für unerträglich hält, grundsätzlich auch bereit ist zu gehen, aber dies nur unter großen Qualen und Selbstverletzungen tun kann, weil es eben tief mit der Kultur der Heimat sich verbunden fühlt.
Strophe 2:
  • Die zweite Strophe beschreibt dann, wie es dem lyrischen Ich in den letzten Wochen gegangen ist.
  • Die sind verbunden mit Schlaflosigkeit, zunehmender Kraftlosigkeit und schließlich sogar Lebensgefahr, weil angesichts der Verletzungen ein Verbluten droht.
Strophe 3:
  • In dieser Strophe wird deutlich, dass der Kampf immer noch fortdauert, allerdings die Notwendigkeit des Weggehens immer stärker erkannt wird.
  • Es geht im wesentlichen um die Bewahrung der eigenen Identität.
  • Interessant ist die Formulierung, dass man woanders hingehen muss, um zu bleiben, wie man selbst ist.
  • Deutlich wird, dass gewissermaßen der innere Ort, die innere Heimat, letztlich doch wichtiger ist als die äußere, wenn die sich durch äußeren Druck von einem entfernt.
  • Anschließend wird noch einmal deutlich gemacht, dass es unter den jetzigen Bedingungen in der Heimat nicht mehr genügend Entwicklungsmöglichkeiten gibt.
  • Nicht ganz klar sind die letzten beiden Zeilen der Strophen. am leichtesten ergibt sich ein brauchbares Verständnis, wenn man davon ausgeht, dass das lyrische Ich hier auf frühere Erfahrungen mit dem Ausland verweist. Dort hat es nie schreien müssen. Denn sogar das leise Wort wurde wahrgenommen.
Strophe 4:
  • In dieser Strophe bestätigt sich die Interpretation, denn das lyrische Ich verweist auf frühere Zeiten, in denen es anscheinend im Ausland in gleicher Weise sicher war und jetzt wieder sein könnte.
  • Allerdings wird im Rest der Strophe deutlich, dass eine solche Ortsveränderung mit vielen Problemen verbunden wäre. Das lyrische Ich geht sogar soweit, das als Wendung gegen sich selbst zu verstehen.
  • Konkret bedeutet das dann die weiter oben schon angesprochene Notwendigkeit, sich mit den eigenen Wurzeln auszureißen und sich in einem anderen Land neu anzupflanzen.
Strophe 5:
  • Die Schlussstrophe wiederholt noch einmal die erste Strophe und betont damit noch einmal die besondere Situation dieses lyrischen Ichs.
  • Die Liebe zum eigenen Land und die Verwurzelung dort erhöht eben den Schmerz, wenn man es verlassen muss.

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