Worum es hier geht:
In der Theorie sind Menschen so, dass sie auf Argumente reagieren und dabei etwas für sich lernen.
Dass die Wirklichkeit ganz anders aussieht, behauptet der folgende Text.
Seine provokative Haltung ist gut geeignet, um Diskussionen und abweichende Meinungen hervorzurufen, die dann auch begründet werden.
Und wenn dabei das eine oder andere aus dem Ursprungstext anerkannt wird – vielleicht sogar im Sinne von: „Stimmt eigentlich“ – oder: „Daran habe ich noch gar nicht gedacht“ – dann hat es hier einen richtigen Lernprozess im Sinne des Textes gegeben. 😉
Hinweis auf eine „vereinfachte“ Fassung
Wer lieber eine Fassung des Textes nutzt, die durch Zwischenüberschriften etwas lesefreundlicher gestaltet ist.
Der findet die hier:
Vorschau und Druckfassung

Mat7000-swl Freistein Warum wirkliches Lernen in der Schule so selten ist
Hier die Textfassung
Anders Freistein
Warum wirkliches Lernen in der Schule so selten ist
Natürlich wird in der Schule gelernt – jeden Tag, Stunde für Stunde. Aber wenn man ehrlich ist, hat dieses Lernen mit wirklichem Lernen oft wenig zu tun. Was dort meist geschieht, ist Wissensaufnahme: Formeln, Jahreszahlen, Gedichtanalysen, Grammatikregeln. Nicht selten sogar ohne echtes Verständnis. Und nach der Klassenarbeit – oder spätestens nach dem Abitur – ist das meiste davon wieder verschwunden.
Das gilt übrigens auch fürs Studium. Ein Lehrer hat einmal gesagt: „Das Einzige, was ich aus der Schule im Gedächtnis behalten habe, war der Satz meines Philosophie-Lehrers: „Nicht der Staat ist die größte Gefahr für den Einzelnen, sondern die Gesellschaft.“ (Anm. s.u.) Und ein Germanistikstudent erzählte: „Der einzige Gedanke, der mir geblieben ist: „Sprechen ist immer neu.“ (Anm. s.u.) Solche Sätze sind selten – aber sie bleiben. Denn sie markieren das, was man vielleicht Punctum (Anm. s.u.) nennen könnte: den Moment, in dem ein Gedanke das eigene Bewusstsein trifft – und etwas verändert.
Wirkliches Lernen hat mit Veränderung zu tun. Mit einer inneren Bewegung, die dazu führt, dass man anders denkt oder handelt als vorher. Und das ist anstrengend. Man muss sich überwinden, Geduld haben – gegen die Macht der eigenen Gewohnheiten.
Beim Handeln ist es oft noch deutlicher. Menschen ändern ihr Verhalten selten freiwillig – meist erst, wenn sie Schmerz erlebt haben. Schmerz ist sozusagen die extreme Form der Einsicht. Wer einmal gesehen hat, was eine Kopfverletzung beim Fahrradunfall ohne Helm anrichtet, wird beim nächsten Mal wohl einen Helm tragen. Das ist Lernen – durch Erschütterung.
Aber die gute Nachricht ist: Man muss nicht jeden Tag vor Schmerz schreien, um etwas zu lernen. Es reicht, mit offenen Augen durch die Welt zu gehen. Einen Film zu sehen, ein Buch zu lesen, aufmerksam durch die Stadt zu laufen – und den Moment zu bemerken, in dem etwas hängenbleibt. Das kann eine Szene sein, die einen berührt. Ein Gedanke, der nicht mehr loslässt. Oder eine Begeisterung, die plötzlich erwacht – fürs Schauspiel, fürs Schreiben, fürs Musizieren. Wer das erlebt, hat gelernt. Weil sich etwas verschoben hat – im Denken, im Fühlen oder im Handeln.
Vielleicht lohnt es sich, sich selbst einmal zu fragen: Was hat mich in letzter Zeit so beeindruckt, dass es mein Leben – auch nur ein kleines Stück – verändert hat?
Wo das übrigens hervorragend funktioniert, ist Werbung. Aber die ist ja nicht gemeint. Und warum das so ist, kann sich jeder selbst einmal überlegen.
Dazu drei Anmerkungen des Verfassers:
- „Nicht der Staat ist die größte Gefahr für den Einzelnen, sondern die Gesellschaft.“
Man kann das gut am Beispiel „Mobbing“ sehen – es ist der Staat, der hier über die Lehrkräfte und ggf. auch andere Einrichtungen den Einzelnen schützt. Im Rahmen von Klasse oder Kurs fordert das viel Mut und ist daher eher selten.
— - „Sprechen ist immer neu.“
Gemeint ist damit, dass die reale Sprache im Sprech- oder Schreibakt nur Hilfe von Grammatik und Wortschatz erst entsteht – und dabei auch mehr oder weniger neu.
Das erklärt auch den Sprachwandel.
— - „Punctum“ ist das, was uns trifft – wie die Spitze einer Nadel beim „Punktieren“.
Näheres dazu auf dieser Seite:
https://schnell-durchblicken.de/erst-punktum-dann-studium-eine-chance-fuer-mehr-freude-an-gedichten-im-deutschunterricht-mit-roland-barthes
Weitere Infos, Tipps und Materialien
- Sachtexte – Infos, Tipps und Materialien
https://textaussage.de/thema-sachtexte-infos-tipps-und-materialien-themenseite
— - Übersicht: Lernkurs Umgang mit Sachtexten
https://textaussage.de/uebersicht-lernkurs-sachtexte
— - Sammlung von Sachtexten für Analyse- und Erörterungs-Übungen
https://textaussage.de/sammlung-sachtexte-deutschunterricht
— - Sachtexte zum Thema „Medien“
https://textaussage.de/sammlung-sachtexte-deutschunterricht-thema-medien
— - Sachtexte zum Thema „Künstliche Intelligenz“ – bsd. praktische Nutzung der neuen KI-Chat-Programme für Fragen des Deutschunterrichts:
https://textaussage.de/ki-mia-praktische-erprobung-der-kuenstlichen-intelligenz-fuer-aufgaben-des-deutschunterrichts
— - Youtube-Playlist
https://www.youtube.com/playlist?list=PLNeMBo_UQLv1bBiPiTy_JWGzGYKD9iBs3
— - Infos, Tipps und Materialien zu weiteren Themen des Deutschunterrichts
https://textaussage.de/weitere-infos