Eichendorff, „Der stille Grund“ – ein Beispiel für das Gefahrenbewusstsein in der Romantik und ausdrucksstarke Störungen des Rhythmus (Mat6262)

Worum es hier geht:

Im Folgenden zeigen wir zunächst unsere Bearbeitung des Gedichtes.
Weiter unten könnt ihr eine mp3-Datei herunterladen, in der alles erklärt wird.
Weiter unten gibt es dann auch den Hinweis auf ein Video – die zugehörige Dokumentation kann dort auch heruntergeladen werden.

Video-Dokumentation

Das zugehörige Video findet sich hier:
Beschreibung des Videos
Rhythmusstörungen als künstlerische Mittel im Gedicht
Am Beispiel von Eichendorffs Gedicht der stille Grund

  1.  Wir haben vor einiger Zeit ein Video gemacht, in dem wir zeigen, wie man relativ einfach und sicher die wichtigsten Rhythmusarten bestimmen kann.
    https://youtu.be/uDtBzhvVtFk
  2. Jetzt erreichen uns aber immer mehr Anfragen, die darauf hinauslaufen: Die meisten Schüler fragen sich, warum man sich überhaupt lange mit dem Rhythmus von Gedichten beschäftigen soll.
  3. Und häufig ist es wirklich so: Der Rhythmus wird bestimmt und dann vergessen.
  4. Spannend wird es aber, wenn der Rhythmus nicht nur gestört ist, sondern dass das sogar anscheinend ein besonderes künstlerisches Mittel ist.
  5. Nun haben wir ein Gedicht gefunden, an dem man das schön zeigen kann:
  6. Dieser Dichter ist eigentlich bekannt dafür, dass er einen in Ruhe lässt, wenn man in der ersten Zeile den Rhythmus richtig erkannt hat, der wird nämlich dann bis zum Ende des Gedichtes sauber durchgehalten.
  7. Aber keine Regel ohne Ausnahme: Das schauen wir uns jetzt mal an dem Gedicht der stille Grund an.
  8. Die erste Zeile enthält drei Jamben, unter einem Jambus versteht man die Abfolge von unbetonter und betonter Silbe.
  9. Am besten spricht man gegebenenfalls auch still die weiteren Verse in einem betonten Rhythmus, dann stellt man am ehesten fest, wo dieser ständige Wechsel von betonter und unbetonter Silbe nicht gegeben ist.
  10. In diesem Fall passiert das zu Beginn der vierten Strophe, denn man kann nicht sagen eiNE (betont) NiXE (betont), erst der Rest der Strophe ist dann wieder im alten Rhythmus.
  11.  Interessant ist, dass genau dort die Störung im Rhythmus auftaucht, wo auch eine Gefahr sichtbar wird, denn in der dritten Strophe ist von einem zerstörten Kahn die Rede. Auch wenn es nicht ausdrücklich erwähnt wird, hat man als Leser den Eindruck, dass es hier einen Zusammenhang gibt wie in den griechischen sagen bei den Sirenen
    https://web.de/magazine/wissen/mystery/meerjungfrauen-nixen-magische-geschoepfe-wasser-32617808
    Man wird auch an die Loreley erinnert, die ja von ihrem Felsen am Rhein angeblich auch immer wieder Schiffe und ihre Besatzung in den Abgrund gerissen hat.
  12. Auch die nächsten Stellen in 5,1 und 5,3 haben mit dieser Nixe zu tun und gehen dann wohl in die gleiche Richtung.
  13. In 6,3 allerdings wird dieses Motiv der Störung umgedreht, jetzt wird nicht das normale Leben des lyrischen Ichs bedroht, sondern die Macht der Nixe wird gebrochen durch die Morgenglocken, die zur Wirklichkeit zurückführen und das lyrische Ich am Ende dankbar sagen lassen in 6,3, dass es ohne diese Glocken verloren gewesen wäre.
  14. Halten wir also fest: Dieses Gedicht ist ein sehr schönes Beispiel dafür, dass eine Veränderung im Rhythmus, vor allem wenn sie wie eine Störung aussieht, im Idealfall eine enge Beziehung zum Inhalt haben und die Aussage unterstützen kann.
  15. Ansonsten haben wir hier alle die Stellen blau markiert, in denen romantische Motive auftauchen.
  16. Außerdem haben wir die Intentionalität, also die Aussagen des Gedichtes aufgelistet.
  17. Noch ein Nachtrag: In einem anderen Video sind wir auf das Thema eingegangen:
    „Daktylisch aufgelockert“ – wenn der Dichter den Rhythmus ändert – Goethes Gedicht „Auf dem See“

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