Eichendorff – Gedichte Teil 3-3 – „Abschied (Mat2675-3)

Worum es hier geht:

Wir stellen hier von Eichendorff  vier weitere Gedicht vor, die wir allerdings auf mehrere Seiten verteilen:

  1. „Der Wegelagerer“
    https://schnell-durchblicken.de/eichendorff-gedichte-teil-3-1
  2. „Die zwei Gesellen“
    https://schnell-durchblicken.de/eichendorff-gedichte-teil-3-2
  3. „Abschied“
    https://schnell-durchblicken.de/eichendorff-gedichte-teil-3-3
  4. „Zwielicht“
    https://schnell-durchblicken.de/eichendorff-gedichte-teil-3-4

Rückblick auf die beiden anderen Videos mit Gedichten Eichendorffs

Systematischer “Spickzettel” –  zu den Kennzeichen der Romantik

Den haben wir auch der Übersichtlichkeit halber ausgelagert:
https://schnell-durchblicken.de/eichendorff-gedichte-teil-3-0

 

Joseph von Eichendorff

Abschied

  • Dieses Gedicht ist mit in unterschiedlichen Ausgaben mit verschiedenen Titeln zu finden (laut den Anmerkungen von Hartwig Schultz in der Ausgabe im Deutschen Klassiker Verlag).
  • Z.B. „Im Walde bei L.“
  • Oder: „Im Walde der Heimat“
  • Oder: „Im Walde“
  • Auf jeden Fall geht es um eine besondere Situation im Leben, bei der man etwas verlässt, was für einen noch mehr oder weniger Bedeutung gehabt hat beziehungsweise hat.
  • Und die anderen Überschriften deuten schon an, dass es dabei um den Abschied von einem Wald geht, der etwas mit der Heimat zu tun hat.

O Täler weit, o Höhen,

O schöner, grüner Wald,

Du meiner Lust und Wehen

Andächtger Aufenthalt!

Da draußen, stets betrogen,

Saust die geschäftge Welt,

Schlag noch einmal die Bogen

Um mich, du grünes Zelt!

  • Das Gedicht beginnt mit einer emphatischen (gefühlsbetonten, eindringlichen, nachdrücklichen) Anrede an das, was im Zentrum vieler romantischen Gedichte steht, nämlich eine weitläufige Landschaft, die vor allem durch Wald geprägt ist.
  • Die nächsten beiden Zeilen machen deutlich, welche Bedeutung diese Landschaft für das lyrische Ich hat. Sie ist ein Ort der Andacht, an der offensichtlich sowohl positive Erlebnisse („Lust“) wie auch negative Erlebnisse („Wehen“) verarbeitet werden können.
  • Die nächsten Zeilen machen dann deutlich, um was für eine Art von Abschied es hier geht. Offensichtlich muss das lyrische Ich diese ihm wohltuende Landschaft verlassen und jetzt in eine Welt hineingehen, die vor allem von Geschäftigkeit geprägt ist.
  • Man kann sich vorstellen, dass hier jemand zum Beispiel aus beruflichen Gründen seine ländliche Heimat verlassen muss und demnächst seinen Lebensunterhalt in einer Stadt unter den Bedingungen wirtschaftliche Konkurrenz verdienen muss.
  • Die beiden letzten Zeilen passen sehr gut zur Situation des Abschieds. Denn die ist ja geprägt dadurch, dass wir noch einmal intensiv mit dem Kontakt aufnehmen möchten, das man demnächst nur noch in der Erinnerung zur Verfügung hat. Möglicherweise ist damit auch ein gewisser Prozess des Auftankens gemeint, mit dem man die auf einen zukommende und ganz anders geartete Welt zumindest für einige Zeit besser ertragen kann.

Wenn es beginnt zu tagen,

Die Erde dampft und blinkt,

Die Vögel lustig schlagen,

Daß dir dein Herz erklingt:

Da mag vergehn, verwehen

Das trübe Erdenleid,

Da sollst du auferstehen

In junger Herrlichkeit!

  • Die zweite Strophe veranschaulicht in den ersten vier Zeilen das, was das lyrische Ich an der Natur der Heimat schätzt.
  • Die zweite Hälfte führt näher aus, was dadurch beim lyrischen Ich bewirkt wird: nämlich ein Vergessen all dessen, was zusammenggefasst als „Erdenleid“ verstanden wird.
  • Bei der letzten Verszeile ist nicht ganz klar, wer oder was dort angeredet wird. Das lyrische Ich kann sich selbst meinen und damit eine Art Regenerationsprozess ansprechen. Dazu passt allerdings das Wort „Herrlichkeit“ nicht so richtig, das kaum jemand so ungeschützt auf sich selbst bezieht.
  • Von daher liegt es wohl näher, dieses „du“ noch in dem Kommunikationszusammenhang zu verstehen, der vorher angelegt worden ist: Es geht also um den Wald, der dann wohl für das lyrische Ich noch einmal in seiner ganzen Schönheit und positiven Wirkung erlebbar wird.

Da steht im Wald geschrieben

Ein stilles, ernstes Wort

Von rechtem Tun und Lieben,

Und was des Menschen Hort.

Ich habe treu gelesen

Die Worte, schlicht und wahr,

Und durch mein ganzes Wesen

Wards unaussprechlich klar.

  • Die dritte Strophe geht dann einen Schritt weiter und verbindet den Wald mit einer Art Lebensmaxime, in der es um das richtige „tun und lieben“ geht – und um das, was dem Menschen innerlich eine Art Hafen gibt, in dem man immer wieder Schutz findet und in dem man natürlich auch an Land gehen kann.
  • In den letzten vier Zeilen der Strophe bekennt das lyrische Ich sich dazu, dass es diese Maxime tief in sich aufgenommen hat und auch in seinem Wesen verwirklicht hat. Es geht es geht also nicht nur um die passive Übernahme einer Lebensweisheit, sondern auch um deren Umsetzung.

Bald werd ich dich verlassen,

Fremd in der Fremde gehn,

Auf buntbewegten Gassen

Des Lebens Schauspiel sehn;

Und mitten in dem Leben

Wird deines Ernsts Gewalt

Mich Einsamen erheben,

So wird mein Herz nicht alt.

  • In dieser Strophe geht das lyrische Ich dann noch mal genauer auf die Situation des Abschieds ein. Hervorgehoben werden auf der einen Seite das Fremdsein, auf der anderen Seite das Bunte des Lebens.
  • Den Schluss bildeten die sichere Erwartung, dass diese innere und in gewisser Weise normative Rückbindung an den heimatlichen Wald dazu führen wird, dass es gewissermaßen nicht untergeht. Hier kann man sehr gut anschließen an den Schluss des Gedichtes „Die zwei Gesellen“, in der die möglichen Gefahren im Leben beschrieben werden.

Das Besondere dieses Gedichtes besteht darin, dass es deutlich macht, dass die Waldheimat nicht nur ein Ort der Erinnerung ist, sondern auch eine Art bleibenden Schatz darstellt, auf den man immer wieder zurückgreifen kann und der einen vor negativen Entwicklung bewahren kann.

Inhaltlich wird es nicht weiter ausgeführt, aber es geht wohl in die Richtung, dass man in seiner Jugend gewisse Lebensmaximen und Regeln vermittelt bekommen kann, die dann dafür sorgen, dass man im Leben immer wieder an der richtigen Stelle Anker werfen kann und Sicherheit findet.

Und am Ende ein Gedicht, das die Abgründe deutlich macht, vor denen auch Romantiker nicht gefeit sind.

Weitere Infos, Tipps und Materialien