Franz Kafka, „Der Prozess“: Inhalt, Schlüsselzitate, Detail-Interpretation (Mat2084)

Worum es hier geht:

Die meisten Schüler kennen Kafka durch die Lektüre seiner kurzen Erzählungen. Wir haben uns intensiv mit ihnen beschäftigt und dabei auch eine Menge über diesen Schriftsteller und seine Sicht auf den Menschen und die Welt kennengelernt.

Kafka hat aber auch drei Romane geschrieben, von denen vor allem „Der Prozess“ in der Schule gelesen wird.  Dementsprechend spannend ist es für uns, herauszufinden, was dieser Roman mehr leistet als die unglaublich konzentrierten kurzen Erzählungen. Immerhin ist eine von ihnen – „Vor dem Gesetz“ – ja sogar diesem Roman entnommen.

Im Folgenden wollen wir eine Hilfe beim Einstieg in den Roman und seiner Lektüre leisten, indem wir

  • den Inhalt erläuternd vorstellen – besonders mit Blick auf die Wirkung auf den Leser,
  • auf Schlüsselzitate genauer eingehen
  • und uns immer wieder die Frage stellen: Kann man diesen Roman genauso so einfach als Bild der Situation des Menschen in der Welt verstehen, wie wir das von den Erzählungen her gewöhnt sind.

Als Textgrundlage verwenden wir die E-Book-Version des Reclam-XL Heftes aus dem Jahre 2013, die die entsprechenden Seitenangaben der gedruckten Ausgabe enthält, so dass wir sie angeben können.

E-Book-Ausgabe: ISBN 978-3-15-960310-0

Buchausgabe:      ISBN 978-3-15-019126-2

S. 7-9: Der Einstieg: Eine plötzliche und sehr seltsame Verhaftung

  1. Jemand musste Josef K. verleumdet haben, denn ohne dass er etwas Böses getan hätte, wurde er eines Morgens verhaftet.
    • Wer die Erzählung „Die Verwandlung“ kennt, merkt schnell, dass es hier Gemeinsamkeiten gibt. Dort wie hier gibt es einen Einbruch in das normale Leben, der bei Gregor Samsa aber sehr viel massiver und einschneidender ist, weil er auf einen Schlag in eine völlig neue Existenz geworfen wird.
    • Hier scheint das zunächst auch so zu sein, denn eine Verhaftung führt ja meistens dazu, dass man schnell abgeholt wird und sich dann bald in einer Zelle wiederfindet.
    • Wir werden gleich sehen, dass das hier anders ist.
    • Gemeinsam ist aber beiden Anfängen, dass gleich eine gewisse Klarheit geschaffen wird, auch wenn die Verwandlung in ein Ungeziefer sehr viel offensichtlicher ist als der eher als Vermutung geäußerte Hinweis auf eine mögliche Verleumdung.
    • Gemeinsam ist beiden Anfängen aber auch der Hinweis auf die Unschuld bei den jeweiligen Opfern der Veränderung: Hier wird sie vom Erzähler offen geäußert, bei Gregor Samsa wird zumindest keine schuldhafte Ursache angegeben. Gregor hätte ja auch am Abend vorher jemandem so etwas gewünscht haben können und würde es jetzt an sich selbst erleben.
    • Halten wir also abschließend fest: Wie so oft bei Kafka gibt es einen plötzlichen Einbruch in die Normalität eines Lebens.
  2. Die Köchin der Frau Grubach, seiner Zimmervermieterin, die ihm jeden Tag gegen acht Uhr früh das Frühstück brachte, kam diesmal nicht. Das war noch niemals geschehen.
  3. K. wartete noch ein Weilchen, sah von seinem Kopfkissen aus die alte Frau, die ihm gegenüber wohnte und die ihn mit einer an ihr ganz ungewöhnlichen Neugierde beobachtete, dann aber, gleichzeitig befremdet und hungrig, läutete er.
  4. Sofort klopfte es und ein Mann, den er in dieser Wohnung noch niemals gesehen hatte, trat ein. Er war schlank und doch fest gebaut, er trug ein anliegendes schwarzes Kleid, das, ähnlich den Reiseanzügen, mit verschiedenen Falten, Taschen, Schnallen, Knöpfen und einem Gürtel versehen war und infolgedessen, ohne dass man sich darüber klar wurde, wozu es dienen sollte, besonders praktisch erschien.
  5. „Wer sind Sie?“ fragte K. und saß gleich halb aufrecht im Bett. Der Mann aber ging über die Frage hinweg, als müsse man seine Erscheinung hinnehmen, und sagte bloß seinerseits: „Sie haben geläutet?“
    • Interessant ist hier die Konfrontation von berechtigter Frage und der unglaublichen Parallel-Wirklichkeit, die einfach beansprucht wird, ohne irgendwie belegt oder nachgewiesen zu werden.
  6. „Anna soll mir das Frühstück bringen“, sagte K. und versuchte, zunächst stillschweigend, durch Aufmerksamkeit und Überlegung festzustellen, wer der Mann eigentlich war.
  7. Aber dieser setzte sich nicht allzulange seinen Blicken aus, sondern wandte sich zur Tür, die er ein wenig öffnete, um jemandem, der offenbar knapp hinter der Tür stand, zu sagen: „Er will, daß Anna ihm das Frühstück bringt.“ Ein kleines Gelächter im Nebenzimmer folgte, es war nach dem Klang nicht sicher, ob nicht mehrere Personen daran beteiligt waren.
    • Hier gibt es noch die Steigerung, dass die andere Seite nicht nur eine Gegenwirklichkeit präsentiert, sondern diese auch zur einfach wahren macht, indem sie die normale Wirklichkeit als lächerlich abtut oder hinstellt.
  8. Obwohl der fremde Mann dadurch nichts erfahren haben konnte, was er nicht schon früher gewusst hätte, sagte er nun doch zu K. im Tone einer Meldung: „Es ist unmöglich“.
  9. „Das wäre neu“, sagte K., sprang aus dem Bett und zog rasch seine Hosen an. „Ich will doch sehen, was für Leute im Nebenzimmer sind und wie Frau Grubach diese Störung mir gegenüber verantworten wird.“
  10. Es fiel ihm zwar gleich ein, dass er das nicht hätte laut sagen müssen und dass er dadurch gewissermaßen ein Beaufsichtigungsrecht des Fremden anerkannte, aber es schien ihm jetzt nicht wichtig.
    • Hier kommt ein weiteres Element rein, nämlich das Bröckeln der normalen Realität. K. fängt an, es überhaupt für möglich zu halten, dass er Boden an die Gegenseite abgibt.
  11. Immerhin fasste es der Fremde so auf, denn er sagte: „Wollen Sie nicht lieber hierbleiben?“ „Ich will weder hierbleiben, noch von Ihnen angesprochen werden, solange Sie sich mir nicht vorstellen.“
  12. „Es war gut gemeint“, sagte der Fremde und öffnete nun freiwillig die Tür.
    • Hier rafft sich K. noch einmal auf, nimmt gewissermaßen den Kampf auf.
    • Und die Gegenseite behauptet einfach, was sie getan oder vertreten hat, sei „gut gemeint“ gewesen,
    • Das kann man nur so verstehen, dass man auch anders hätte auftreten können, nämlich negativer.
  13. Im Nebenzimmer, in das K. langsamer eintrat, als er wollte, sah es auf den ersten Blick fast genau so aus wie am Abend vorher. Es war das Wohnzimmer der Frau Grubach, vielleicht war in diesem mit Möbeln, Decken, Porzellan und Photographien überfüllten Zimmer heute ein wenig mehr Raum als sonst, man erkannte das nicht gleich, um so weniger, als die Hauptveränderung in der Anwesenheit eines Mannes bestand, der beim offenen Fenster mit einem Buch saß, von dem er jetzt aufblickte.
  14. „Sie hätten in Ihrem Zimmer bleiben sollen! Hat es Ihnen denn Franz nicht gesagt?“ „Ja, was wollen Sie denn?“ sagte K. und sah von der neuen Bekanntschaft zu dem mit Franz Benannten, der in der Tür stehengeblieben war, und dann wieder zurück.
    • Hier dann wieder die totale Selbstverständlichkeit, mit der die Gegenseite deutlich macht, dass sie das Sagen hat.
  15. Durch das offene Fenster erblickte man wieder die alte Frau, die mit wahrhaft greisenhafter Neugierde zu dem jetzt gegenüberliegenden Fenster getreten war, um auch weiterhin alles zu sehen.
  16. „Ich will doch Frau Grubach –“, sagte K., machte eine Bewegung, als reiße er sich von den zwei Männern los, die aber weit von ihm entfernt standen, und wollte weitergehen.
    • Hier hat man den Eindruck, dass K. mehr von einer inneren Gewalt gehindert wird als von einer äußeren.
    • Man könnte auch sagen, dass der Psychoterror, der ausgeübt wurde, hier deutlich seine Wirkung zeigt.
  17. „Nein“, sagte der Mann beim Fenster, warf das Buch auf ein Tischchen und stand auf. „Sie dürfen nicht weggehen, Sie sind ja verhaftet.“
    • Hier äußert sich die Gegenseite endlich zur Sache, erklärt damit alles, womit sie K. vorher verunsichert hat.
  18. „Es sieht so aus“, sagte K. „Und warum denn?“ fragte er dann. „Wir sind nicht dazu bestellt, Ihnen das zu sagen. Gehen Sie in Ihr Zimmer und warten Sie. Das Verfahren ist nun einmal eingeleitet, und Sie werden alles zur richtigen Zeit erfahren.
    • Als nächste Variante des Psychoterrors kommt jetzt eine Kombination von Minimalinformationen und völlig fehlender Hintergrundinformation.
  19. Ich gehe über meinen Auftrag hinaus, wenn ich Ihnen so freundschaftlich zurede. Aber ich hoffe, es hört es niemand sonst als Franz, und der ist selbst gegen alle Vorschrift freundlich zu Ihnen. Wenn Sie auch weiterhin so viel Glück haben wie bei der Bestimmung Ihrer Wächter, dann können Sie zuversichtlich sein.“
    • Am Ende noch einmal die Methode – und diesmal viel massiver, dass die Gegenseite so tut, als wäre ihr Verhalten noch eine Art freundliche Variante.
    • Was hier abgeht, könnte vom Grundsatz her in jedem Terrorregime veranstaltet werden, das nicht sofort auf brutale äußere Gewalt setzt, sondern auf innere Zersetzung.

S. 9ff: K. im Gespräch mit den beiden Wärtern

  • S. 9: K. muss schlechtere Kleidung anziehen, seine eigene wird konfisziert.
  • S. 9/10: K. kümmert sich nicht groß darum:
    „viel wichtiger war es ihm, Klarheit über seine Lage zu bekommen […] Was waren denn das für Menschen? Wovon sprachen sie? Welcher Behörde gehörten sie an? K. lebte doch in einem Rechtsstaat, überall herrschte Friede, alle Gesetze bestanden aufrecht, wer wagte, ihn in seiner Wohnung zu überfallen?“
  • Er überlegt, ob man sich vielleicht einen Scherz mit ihm leistet: „Darin, dass man später sagen würde, er habe keinen Spaß verstanden, sah K. eine ganz geringe Gefahr, wohl aber erinnerte er sich – ohne daß es sonst seine Gewohnheit gewesen wäre, aus Erfahrungen zu lernen – an einige, an sich unbedeutende Fälle, in denen er zum Unterschied von seinen Freunden mit Bewusstsein, ohne das geringste Gefühl für die möglichen Folgen, sich unvorsichtig benommen hatte und dafür durch das Ergebnis gestraft worden war. Es sollte nicht wieder geschehen, zumindest nicht diesmal; war es eine Komödie, so wollte er mitspielen.“
  • K. sucht dann nach seinen Papieren, findet aber nur eine „Radfahrlegitimation“.
  • Seine Zimmerwirtin, Frau Grubach, schaut kurz herein, verschwindet aber gleich wieder, weil er doch verhaftet ist.
  • Die beiden Wächter verzehren inzwischen sein Frühstück, sind aber bereit, ihm auch was zu essen zu holen – gegen Bezahlung.
  • Als K. den Verhaftungsbefehl sehen will, reagieren die Wächter nur gereizt:
  • „Sie führen sich ärger auf als ein Kind. Was wollen Sie denn? Wollen Sie Ihren großen, verfluchten Prozeß dadurch zu einem raschen Ende bringen, daß Sie mit uns, den Wächtern, über Legitimation und Verhaftbefehl diskutieren?
  • Wir sind niedrige Angestellte, die sich in einem Legitimationspapier kaum auskennen und die mit Ihrer Sache nichts anderes zu tun haben, als daß sie zehn Stunden täglich bei Ihnen Wache halten und dafür bezahlt werden.
  • Das ist alles, was wir sind, trotzdem aber sind wir fähig, einzusehen, daß die hohen Behörden, in deren Dienst wir stehen, ehe sie eine solche Verhaftung verfügen, sich sehr genau über die Gründe der Verhaftung und die Person des Verhafteten unterrichten. Es gibt darin keinen Irrtum.
  • Unsere Behörde, soweit ich sie kenne, und ich kenne nur die niedrigsten Grade, sucht doch nicht etwa die Schuld in der Bevölkerung, sondern wird, wie es im Gesetz heißt, von der Schuld angezogen und muss uns Wächter ausschicken.
  • Das ist Gesetz. Wo gäbe es da einen Irrtum?“
  • „Dieses Gesetz kenne ich nicht«, sagte K.
  • „Desto schlimmer für Sie“, sagte der Wächter.
  • „Es besteht wohl auch nur in Ihren Köpfen“, sagte K., er wollte sich irgendwie in die Gedanken der Wächter einschleichen, sie zu seinen Gunsten wenden oder sich dort einbürgern.
  • Aber der Wächter sagte nur abweisend: „Sie werden es zu fühlen bekommen.“
  • S. 12: K. reagiert darauf eher selbstbewusst (für Kafka-Kenner: Etwas Ähnliches findet sich in der Erzählung „Der Schlag ans Hoftor“)
    „K. antwortete nichts mehr; muss ich, dachte er, durch das Geschwätz dieser niedrigsten Organe – sie geben selbst zu, es zu sein – mich noch mehr verwirren lassen? Sie reden doch jedenfalls von Dingen, die sie gar nicht verstehen. Ihre Sicherheit ist nur durch ihre Dummheit möglich. Ein paar Worte, die ich mit einem mir ebenbürtigen Menschen sprechen werde, werden alles unvergleichlich klarer machen als die längsten Reden mit diesen. „

S. 13ff: K. in seinem Zimmer

  • „Er fühlte sich wohl und zuversichtlich“
  • Die Wächter, die K. für ziemlich beschränkt hält: „mochten jetzt, wenn sie wollten, zusehen, wie er zu einem Wandschränkchen ging, in dem er einen guten Schnaps aufbewahrte, wie er ein Gläschen zuerst zum Ersatz des Frühstücks leerte und wie er ein zweites Gläschen dazu bestimmte, sich Mut zu machen, das letztere nur aus Vorsicht für den unwahrscheinlichen Fall, daß es nötig sein sollte.“
  • Deutlich wird zum einen, wie selbstbewusst K. noch ist – oder besser: sich gibt.
  • Denn am Ende wird – typisch für Kafka – deutlich, wie dieses Selbstbewusstsein am Ende in Frage gestellt wird. K. hält es zwar noch für einen „unwahrscheinlichen Fall“, dass er Mut braucht, aber er sorgt schon mal vor, während er früher das Gegenteil von sich behauptet hat.
  • Vgl. S. 10: „Darin, dass man später sagen würde, er habe keinen Spaß verstanden, sah K. eine ganz geringe Gefahr, wohl aber erinnerte er sich – ohne dass es sonst seine Gewohnheit gewesen wäre, aus Erfahrungen zu lernen – an einige, an sich unbedeutende Fälle, in denen er zum Unterschied von seinen Freunden mit Bewusstsein, ohne das geringste Gefühl für die möglichen Folgen, sich unvorsichtig benommen hatte und dafür durch das Ergebnis gestraft worden war. Es sollte nicht wieder geschehen, zumindest nicht diesmal; war es eine Komödie, so wollte er mitspielen.“

S. 14ff: K. wird von den Wächtern gerufen und trifft den Aufseher

  • Wie sehr K. schon ein bisschen zermürbt ist und nervös reagiert, zeigt sich auf S. 14: „Da erschreckte ihn ein Zuruf aus dem Nebenzimmer derartig, dass er mit den Zähnen ans Glas schlug. „
  • Von dem Aufseher erfährt K. dann nichts Neues, bei ihm werden weiter widerstreitende Gefühle, zum einen immer noch eine gewisse Empörung über seine Behandlung, dann aber auch eine „gewisse Aufregung“, schließlich reagiert er sogar „mehr bestürzt als geärgert“.
  • Er hofft der Angelegenheit, „durch einen gegenseitigen Händedruck einen versöhnlichen Abschluß zu geben“, ein Vorschlag, den der der Aufseher aber nicht annimmt.
  • Das hindert K. aber nicht am Versuch erneuten Selbstbewusstseins:  „K. fragte mit einem gewissen Trotz, denn obwohl sein Handschlag nicht angenommen worden war, fühlte er sich, insbesondere seitdem der Aufseher aufgestanden war, immer unabhängiger von allen diesen Leuten. Er spielte mit ihnen.“

S. 22 Nach der normalen Tagesarbeit in der Bank: Gespräch mit Frau Grubach

  • K. ist erstaunt, dass er trotz seiner Verhaftung seinen Alltagsgeschäften nachgehen kann.
  • Abends hält er es für nötig, in seiner Wohnung „die Ordnung wieder herzustellen“.
  • Er entschuldigt sich bei Frau Grubach, der Vermieterin, spricht mit ihr über seinen Fall und muss am Ende feststellen, dass sie ihn unter Tränen bedauert, dabei aber den Handschlag vergisst, den K. gerne nach dem vergeblichen Kontaktversuch gegenüber dem Aufseher hätte.

S. 28ff: Bei Fräulein Bürstner

  • Dass K. nicht zur Normalität zurückfindet, merkt man daran, dass er beschließt, auf Fräulein Bürstner, seine Nachbarin im Haus zu warten.
  • Hier kommt es – nachdem K. sich auch hier ausführlich über seine Verhaftung ausgesprochen hat – zu einigen erotischen Verklemmungen. Am Ende heißt es: K. „lief vor, faßte sie, küsste sie auf den Mund und dann über das ganze Gesicht, wie ein durstiges Tier mit der Zunge über das endlich gefundene Quellwasser hinjagt. Schließlich küsste er sie auf den Hals, wo die Gurgel ist, und dort ließ er die Lippen lange liegen. „
  • Man merkt deutlich, wie dieser an sich angesehene hohe Bankangestellte K. immer mehr aus dem normalen Rahmen fällt.

S. 35ff: Erste Untersuchung – Anruf: Einladung für Sonntag

  • K wird telefonisch über eine erste Vorladung informiert.
  • Sie ist auf Sonntag gelegt worden, damit er beruflich nicht eingeschränkt wird.
  • Dummerweise macht ihm aber zugleich der Direktor-Stellvertreter das Angebot, am Sonntag zu seiner Veranstaltung zu kommen.
  • K, der das als eine Art Freundschafts Angebot bei schwierigen Verhältnis versteht, muss leider ablehnen.
  • Deutlich wird in diesem Zusammenhang, wie geistesabwesend K ist, nur mit seinem Prozess beschäftigt.

S. 37 Auf dem Weg zum Verhör

  • K macht sich früh auf den Weg, eine genaue Uhrzeit ist nicht angegeben worden.
  • Ebenso ist der Ort auch nicht genau genug angegeben worden, K verlässt sich allerdings auf den Hinweis eines der beiden Männer, die ihn verhaftet haben, dass das Gericht gewissermaßen zur Schuld kommt.
  • Auf jeden Fall wird K am Ende richtig in den Sitzungssaal geleitet, obwohl er eigentlich nach einem Tischler Lanz gesucht hat.

S. 41: Im Verhörsaal: K. tritt sehr selbstbewusst auf.

  • Der Saal ist gut gefüllt,
  • K hat den Eindruck, in eine Art Parteiversammlung mit zwei Parteien geraten zu sein.
  • Angeblich ist da zu spät gekommen, die Veranstaltung soll aber doch stattfinden.
  • Dann wird er mit einem Zimmermaler verwechselt, K korrigiert das, aber das alles wird nur mit Gelächter begleitet, anscheinend kommt es gar nicht darauf an, wer K wirklich ist.
  • Ihre Frage, Herr Untersuchungsrichter, ob ich Zimmermaler bin – vielmehr, Sie haben gar nicht gefragt, sondern es mir auf den Kopf zugesagt –, ist bezeichnend für die ganze Art des Verfahrens, das gegen mich geführt wird.
  • Sie können einwenden, dass es ja überhaupt kein Verfahren ist,
  • Sie haben sehr recht, denn es ist ja nur ein Verfahren, wenn ich es als solches anerkenne.
  • Aber ich erkenne es also für den Augenblick jetzt an, aus Mitleid gewissermaßen.
  • Man kann sich nicht anders als mitleidig dazu stellen, wenn man es überhaupt beachten will.
  • Ich sage nicht, daß es ein liederliches Verfahren ist, aber ich möchte Ihnen diese Bezeichnung zur Selbsterkenntnis angeboten haben.«
  • K legt dann noch einen nach, in dem er sich über das Untersuchungsheft des Untersuchungsrichters lustig macht:
  • „… vor diesem Schuldbuch fürchte ich mich wahrhaftig nicht, obwohl es mir unzugänglich ist, denn ich kann es nur mit zwei Fingern anfassen und würde es nicht in die Hand nehmen.“
  • Es konnte nur ein Zeichen tiefer Demütigung sein oder es musste zumindest so aufgefaßt werden, dass der Untersuchungsrichter nach dem Heftchen, wie es auf den Tisch gefallen war, griff, es ein wenig in Ordnung zu bringen suchte und es wieder vornahm, um darin zu lesen.
  • In einem nächsten Schritt weitet K die Kritik aus, macht sich gewissermaßen zum Anwalt all derer, denen es ähnlich geht. Hier erreicht er sogar einen einzelnen Bravo-Ruf.
  • Anschließend nutzt K die Zeit, ausführlich die „öffentliche Besprechung eines öffentlichen Mißstandes“, nämlich die Umstände seiner Verhaftung, zu präsentieren.
  • Als er mitbekommt, dass der Untersuchungsrichter der Versammlung Zeichen gibt, macht er das auch öffentlich, erreicht aber nur, dass die scheinbar zwei Parteien immer mehr zu einer gemeinsamen Einheitsmasse werden, die sich eher gegen K richtet.
  • In dem Zusammenhang schlägt K sogar mit der Faust auf den Tisch, was den Untersuchungsrichter regelrecht erschreckt, was wiederum K zu der Überzeugung bringt, dass er hier gewissermaßen die Oberhand gewonnen habe.
  • Es gibt dann durch eine Waschfrau eine Störung der Rede und des Eindrucks, den K gemacht hat. Anschließend muss er feststellen, dass alle Anwesenden das gleiche Abzeichen haben und die unterschiedlichen Parteien und alles andere wahrscheinlich auch nur gespielt haben.
  • K beschimpft daraufhin die gesamte Versammlung und verlässt sie, allerdings nicht ohne dass der Untersuchungsrichter ihn darauf aufmerksam gemacht hat, dass er die Chance verspielt habe, einen guten Eindruck zu machen.
  • „Einen Augenblick“, sagte er.
  • K. blieb stehen, sah aber nicht auf den Untersuchungsrichter, sondern auf die Tür, deren Klinke er schon ergriffen hatte.
  • „Ich wollte Sie nur darauf aufmerksam machen“, sagte der Untersuchungsrichter, „dass Sie sich heute – es dürfte Ihnen noch nicht zu Bewusstsein gekommen sein – des Vorteils beraubt haben, den ein Verhör für den Verhafteten in jedem Falle bedeutet.“
  • K. lachte die Tür an. „Ihr Lumpen“, rief er, „ich schenke euch alle Verhöre“, öffnete die Tür und eilte die Treppe hinunter.
  • Hinter ihm erhob sich der Lärm der wieder lebendig gewordenen Versammlung, welche die Vorfälle wahrscheinlich nach Art von Studierenden zu besprechen begann.

S. 51ff: Zweiter Besuch im Sitzungssaal, der aber leer ist, dafür Gespräch mit der Frau des Gerichtsdieners

  • S. 51ff: K. wartet auf einen nächsten Sitzungstermin, bekommt aber keine Nachricht.
  • Er glaubt dann, dass er „stillschweigend“ in das gleiche Haus eingeladen worden sei und macht sich einfach auf den Weg.
  • 51ff: Gespräch mit der Frau des Gerichtsdieners:
  • Zunächst geht es um die seltsame Situation mit dem Studenten, durch den seine Rede gestört worden ist. Hier hat K. moralische Bedenken, weil die Frau doch verheiratet ist.
  • Die Frau erklärt aber:
    „Es war nicht zu Ihrem Nachteil, daß ihre Rede abgebrochen wurde. Man hat nachher noch sehr ungünstig über sie geurteilt.“ (52)
  • Was die peinliche Situation angeht, erklärt die Frau, dass sie von dem Studenten regelrecht verfolgt werde, ihr Mann nichts machen könne, weil der andere „voraussichtlich zu größerer Macht kommen“ (52) werde.
  • Was eine Verbesserung dieser Zustände angeht, will K. sich darum bemühen, erwartet aber auch eine entsprechende hilfreiche Gegenleistung von der Frau.
  • Die besteht darin, dass sie ihn die Bücher des Richters durchschauen lässt, bei denen es sich um niedrigste Trivialliteratur handelt:
  • „K. schlug das oberste Buch auf, es erschien ein unanständiges Bild. Ein Mann und eine Frau saßen nackt auf einem Kanapee, die gemeine Absicht des Zeichners war deutlich zu erkennen, aber seine Ungeschicklichkeit war so groß gewesen, dass schließlich doch nur ein Mann und eine Frau zu sehen waren, die allzu körperlich aus dem Bilde hervorragten, übermäßig aufrecht dasaßen und sich infolge falscher Perspektive nur mühsam einander zuwendeten.
  • K. blätterte nicht weiter, sondern schlug nur noch das Titelblatt des zweiten Buches auf, es war ein Roman mit dem Titel: ‚Die Plagen, welche Grete von ihrem Manne Hans zu erleiden hatte.‘ ‚Das sind die Gesetzbücher, die hier studiert werden‘, sagte K., ‚von solchen Menschen soll ich gerichtet werden.'“
  • Dann wird deutlich, dass die Frau K. zwar irgendwie helfen will, aber auch persönliches Interesse an ihm hat, was K. missfällt: „sie ist verdorben“.
    „Sie gehören zu der Gesellschaft, die ich bekämpfen muss“
  • Schließlich dann längere Ausführungen zu K.s Einstellung gegenüber dem Prozess und seinen Perspektiven:
  • S. 55: „‚Sie missverstehen mich«, sagte K. und setzte sich, ‚wenn Ihnen wirklich daran liegt, daß ich hier bleibe, bleibe ich gern, ich habe ja Zeit, ich kam doch in der Erwartung her, dass heute eine Verhandlung sein werde. Mit dem, was ich früher sagte, wollte ich Sie nur bitten, in meinem Prozeß nichts für mich zu unternehmen.
  • Aber auch das muss Sie nicht kränken, wenn Sie bedenken, daß mir am Ausgang des Prozesses gar nichts liegt und dass ich über eine Verurteilung nur lachen werde.
  • Vorausgesetzt, dass es überhaupt zu einem wirklichen Abschluss des Prozesses kommt, was ich sehr bezweifle.
  • Ich glaube vielmehr, dass das Verfahren infolge Faulheit oder Vergesslichkeit oder vielleicht sogar infolge Angst der Beamtenschaft schon abgebrochen ist oder in der nächsten Zeit abgebrochen werden wird.
  • Möglich ist allerdings auch, dass man in Hoffnung auf irgendeine größere Bestechung den Prozeß scheinbar weiterführen wird, ganz vergeblich, wie ich heute schon sagen kann, denn ich besteche niemanden.
  • Es wäre immerhin eine Gefälligkeit, die Sie mir leisten könnten, wenn Sie dem Untersuchungsrichter oder irgend jemandem sonst, der wichtige Nachrichten gern verbreitet, mitteilten, dass ich niemals und durch keine Kunststücke, an denen die Herren wohl reich sind, zu einer Bestechung zu bewegen sein werde. Es wäre ganz aussichtslos, das können Sie ihnen offen sagen. Übrigens wird man es vielleicht selbst schon bemerkt haben, und selbst wenn dies nicht sein sollte, liegt mir gar nicht so viel daran, dass man es jetzt schon erfährt. Es würde ja dadurch den Herren nur Arbeit erspart werden, allerdings auch mir einige Unannehmlichkeiten, die ich aber gern auf mich nehme, wenn ich weiß, dass jede gleichzeitig ein Hieb für die anderen ist. Und daß es so wird, dafür will ich sorgen.
  • Deutlich wird hier das Selbstbewusstsein, das K. noch zeigt, verbunden mit Kampfbereitschaft.
  • Die Frau berichtet dann, wie fleißig der Untersuchungsrichter schreibt, besonders über K., und wie sehr er sich auch um sie bemüht, so dass er ihr sogar eine Lampe in ihr Schlafzimmer zurückbringt und ihr durch den Studenten seidene Strümpfe bringen lässt.
  • S. 57: Der Student Bertold erscheint und ruft die Frau zu sich. Die geht auch, versichert aber K. vorher noch:
  • „‚Seien Sie mir nicht böse, ich bitte Sie vielmals, denken Sie auch nicht schlecht von mir, ich muss jetzt zu ihm gehen, zu diesem scheußlichen Menschen, sehen Sie nur seine krummen Beine an.
  • Aber ich komme gleich zurück, und dann gehe ich mit Ihnen, wenn Sie mich mitnehmen, ich gehe, wohin Sie wollen, Sie können mit mir tun, was sie wollen, ich werde glücklich sein, wenn ich von hier für möglichst lange Zeit fort bin, am liebsten allerdings für immer.‘
  • Sie streichelte noch K.s Hand, sprang auf und lief zum Fenster.
  • Unwillkürlich haschte noch K. nach ihrer Hand ins Leere. Die Frau verlockte ihn wirklich, er fand trotz allem Nachdenken keinen haltbaren Grund dafür, warum er der Verlockung nicht nachgeben sollte.
  • Den flüchtigen Einwand, dass ihn die Frau für das Gericht einfange, wehrte er ohne Mühe ab. Auf welche Weise konnte sie ihn einfangen? Blieb er nicht immer so frei, dass er das ganze Gericht, wenigstens soweit es ihn betraf, sofort zerschlagen konnte? Konnte er nicht dieses geringe Vertrauen zu sich haben?
  • Und ihr Anerbieten einer Hilfe klang aufrichtig und war vielleicht nicht wertlos. Und es gab vielleicht keine bessere Rache an dem Untersuchungsrichter und seinem Anhang, als dass er ihnen diese Frau entzog und an sich nahm.
  • Es könnte sich dann einmal der Fall ereignen, daß der Untersuchungsrichter nach mühevoller Arbeit an Lügenberichten über K. in später Nacht das Bett der Frau leer fand. Und leer deshalb, weil sie K. gehörte, weil diese Frau am Fenster, dieser üppige, gelenkige, warme Körper im dunklen Kleid aus grobem, schwerem Stoff, durchaus nur K. gehörte.“
  • Man merkt hier deutlich, wie sehr K. doch gegenüber sexuellen Avancen empfänglich ist.
  • Auf S. 59 kommt es schließlich zur Konfrontation zwischen K. und dem Studenten, der daraufhin erklärt:
  • „‚Man hätte ihn nicht so frei herumlaufen lassen sollen‘, sagte der Student, als wolle er der Frau eine Erklärung für K.s beleidigende Rede geben, ‚es war ein Missgriff. Ich habe es dem Untersuchungsrichter gesagt. Man hätte ihn zwischen den Verhören zumindest in seinem Zimmer halten sollen. Der Untersuchungsrichter ist manchmal unbegreiflich.'“
  • Der Student zeigt dann seine Macht, indem er die Frau einfach mitnimmt und diese sich auch nur halb wehrt:
  • „‚Es hilft nichts, der Untersuchungsrichter läßt mich holen, ich darf nicht mit Ihnen gehen, dieses kleine Scheusal‘, sie fuhr hierbei dem Studenten mit der Hand übers Gesicht, »dieses kleine Scheusal läßt mich nicht.‘
  • ‚Und Sie wollen nicht befreit werden!‘ schrie K. und legte die Hand auf die Schulter des Studenten, der mit den Zähnen nach ihr schnappte.
  • ‚Nein!‘ rief die Frau und wehrte K. mit beiden Händen ab, »nein, nein, nur das nicht, woran denken Sie denn! Das wäre mein Verderben. Lassen Sie ihn doch, o bitte, lassen Sie ihn doch. Er führt ja nur den Befehl des Untersuchungsrichters aus und trägt mich zu ihm.'“
  • Die erste Niederlage, als die Frau gar nicht gerettet werden wollte:
  • S. 60: „K. ging ihnen langsam nach, er sah ein, daß das die erste zweifellose Niederlage war, die er von diesen Leuten erfahren hatte.
  • Es war natürlich kein Grund, sich deshalb zu ängstigen, er erhielt die Niederlage nur deshalb, weil er den Kampf aufsuchte.
  • Wenn er zu Hause bliebe und sein gewohntes Leben führte, war er jedem dieser Leute tausendfach überlegen und konnte jeden mit einem Fußtritt von seinem Wege räumen.
  • Und er stellte sich die allerlächerlichste Szene vor, die es zum Beispiel geben würde, wenn dieser klägliche Student, dieses aufgeblasene Kind, dieser krumme Bartträger vor Elsas Bett knien und mit gefalteten Händen um Gnade bitten würde.
  • K. gefiel diese Vorstellung so, dass er beschloss, wenn sich nur irgendeine Gelegenheit dafür ergeben sollte, den Studenten einmal zu Elsa mitzunehmen.“
  • Man merkt hier deutlich,  dass dieser K. nicht (nur) der rationale Prokurist ist, sondern sich darunter starke menschlich-allzumenschliche Gefühle verbergen.

S. 60ff: Nach dem Verschwinden der Frau mit dem Studenten: Gespräch mit ihrem Mann

  • K. trifft dann den Gerichtsdiener, der sich über den Studenten und dessen Umgang mit seiner Frau beklagt.
  • Interessant ist, dass der Mann dann ähnliche Bestrafungsträume äußert wie vorher K. auch.
  • „Wäre ich nicht so abhängig, ich hätte den Studenten schon längst hier an der Wand zerdrückt. Hier neben dem Anschlagzettel. Davon träume ich immer. Hier, ein wenig über dem Fußboden, ist er festgedrückt, die Arme gestreckt, die Finger gespreizt, die krummen Beine zum Kreis gedreht, und ringsherum Blutspritzer. Bisher war es aber nur Traum.“
  • „Man müßte den Studenten, der ein Feigling ist, einmal, wenn er meine Frau anrühren will, so durchprügeln, daß er es niemals mehr wagt. Aber ich darf es nicht, und andere machen mir den Gefallen nicht, denn alle fürchten seine Macht.“
  • K. erklärt sich dann durchaus bereit, „gelegentlich den Studenten in Behandlung zu nehmen“.
  • Sie weiten das dann aber gemeinsam noch weiter aus:
    „‚Es würden vielleicht‘, fuhr K. fort, ‚auch noch andere Ihrer Beamten und vielleicht sogar alle das gleiche verdienen.‘ ‚Ja, ja‘, sagte der Gerichtsdiener, als handle es sich um etwas Selbstverständliches. Dann sah er K. mit einem zutraulichen Blick an, wie er es bisher trotz aller Freundlichkeit nicht getan hatte, und fügte hinzu: »Man rebelliert eben immer.«
  • Hier wird fast eine Verbrüderung deutlich, allerdings werden auch die Grenzen deutlich:
    „Aber das Gespräch schien ihm doch ein wenig unbehaglich geworden zu sein, denn er brach es ab.“

S. 63-74: K. schaut sich die Kanzleien des Gerichts an

  • S. 63: K. wird vom Gerichtsdiener eingeladen, sich die Kanzleien des Gerichts anzuschauen.
  • S. 64: Hinweis auf die geringe Rücksicht, die auf die Besucher genommen werden.
  • S. 64: Die gehören vorwiegend den höheren Klassen an, sind aber „vernachlässigt angezogen“.
    Anmerkung: Das könnte ein Hinweis darauf sein, dass dieses Gericht sich vor allem um Leute wie K. kümmert und sie verkümmern lässt.
  • S. 64: „Sie standen wie Straßenbettler.“
  • S. 65: Beispiel für einen solchermaßen heruntergekommenen Mann:
  • „K. wartete auf den ein wenig hinter ihm gehenden Gerichtsdiener und sagte: »Wie gedemütigt die sein müssen.« »Ja«, sagte der Gerichtsdiener, »es sind Angeklagte, alle, die Sie hier sehn, sind Angeklagte.« »Wirklich!« sagte K. »Dann sind es ja meine Kollegen.«
  • Und er wandte sich an den nächsten, einen großen, schlanken, schon fast grauhaarigen Mann. »Worauf warten Sie hier?« fragte K. höflich. Die unerwartete Ansprache aber machte den Mann verwirrt, was um so peinlicher aussah, da es sich offenbar um einen welterfahrenen Menschen handelte, der anderswo gewiß sich zu beherrschen verstand und die Überlegenheit, die er sich über viele erworben hatte, nicht leicht aufgab. Hier aber wußte er auf eine so einfache Frage nicht zu antworten und sah auf die anderen hin, als seien sie verpflichtet, ihm zu helfen, und als könne niemand von ihm eine Antwort verlangen, wenn diese Hilfe ausbliebe.
  • Da trat der Gerichtsdiener hinzu und sagte, um den Mann zu beruhigen und aufzumuntern: »Der Herr hier fragt ja nur, worauf Sie warten. Antworten Sie doch.« Die ihm wahrscheinlich bekannte Stimme des Gerichtsdieners wirkte besser: »Ich warte –« begann er und stockte. Offenbar hatte er diesen Anfang gewählt, um ganz genau auf die Fragestellung zu antworten, fand aber jetzt die Fortsetzung nicht. Einige der Wartenden hatten sich genähert und umstanden die Gruppe, der Gerichtsdiener sagte zu ihnen: »Weg, weg, macht den Gang frei.« Sie wichen ein wenig zurück, aber nicht bis zu ihren früheren Sitzen. Inzwischen hatte sich der Gefragte gesammelt und antwortete sogar mit einem kleinen Lächeln: »Ich habe vor einem Monat einige Beweisanträge in meiner Sache gemacht und warte auf die Erledigung.«
  • »Sie scheinen sich ja viele Mühe zu geben«, sagte K. »Ja«, sagte der Mann, »es ist ja meine Sache.«
  • »Jeder denkt nicht so wie Sie«, sagte K., »ich zum Beispiel bin auch angeklagt, habe aber, so wahr ich selig werden will, weder einen Beweisantrag gestellt, noch auch sonst irgend etwas Derartiges unternommen.
  • Halten Sie denn das für nötig?« »Ich weiß nicht genau«, sagte der Mann wieder in vollständiger Unsicherheit; er glaubte offenbar, K. mache mit ihm einen Scherz, deshalb hätte er wahrscheinlich am liebsten, aus Furcht, irgendeinen neuen Fehler zu machen, seine frühere Antwort ganz wiederholt, vor K.s ungeduldigem Blick aber sagte er nur: »Was mich betrifft, ich habe Beweisanträge gestellt.«
  • »Sie glauben wohl nicht, daß ich angeklagt bin?« fragte K.
  • »O bitte, gewiß«, sagte der Mann, und trat ein wenig zur Seite, aber in der Antwort war nicht Glaube, sondern nur Angst.
  • »Sie glauben mir also nicht?« fragte K. und faßte ihn, unbewußt durch das demütige Wesen des Mannes aufgefordert, beim Arm, als wolle er ihn zum Glauben zwingen.
  • Aber er wollte ihm nicht Schmerz bereiten, hatte ihn auch nur ganz leicht angegriffen, trotzdem schrie der Mann auf, als habe K. ihn nicht mit zwei Fingern, sondern mit einer glühenden Zange erfaßt.
  • Dieses lächerliche Schreien machte ihn K. endgültig überdrüssig; glaubte man ihm nicht, daß er angeklagt war, so war es desto besser; vielleicht hielt er ihn sogar für einen Richter. Und er faßte ihn nun zum Abschied wirklich fester, stieß ihn auf die Bank zurück und ging weiter.
  • »Die meisten Angeklagten sind so empfindlich«, sagte der Gerichtsdiener.
  • Anmerkung: Eine erschütternde Episode, wie das Gericht bzw. die von ihm ausgelösten Prozesse Menschen regelrecht verfallen lassen. In gewisser Weise ist K.s Schicksal hier schon vorweggenommen, auch wenn er hier noch sehr stark, fast aggressiv auftritt.
  • S. 66: K. kümmert sich nicht weiter um die Gesellschaft.
  • Ihm ist es unangenehm, dass er vor dem Gerichtsdiener herlaufen muss. Er möchte auf gar keinen Fall aussehen wie jemand, der vorgeführt wird.
  • K. will dann verschwinden, aber der Gerichtsdiener will unbedingt, dass er noch mehr sieht. Darüber kommt es fast zu einem kleinen Streit.
  • Unangenehm ist K. auch, dass Leute vom Gericht jetzt auf ihn aufmerksam werden:
  • „Hinter ihr in der Ferne sah man im Halbdunkel noch einen Mann sich nähern.
  • K. blickte den Gerichtsdiener an. Dieser hatte doch gesagt, daß sich niemand um K. kümmern werde, und nun kamen schon zwei, es brauchte nur wenig und die Beamtenschaft wurde auf ihn aufmerksam, würde eine Erklärung seiner Anwesenheit haben wollen.
  • Die einzig verständliche und annehmbare war die, daß er Angeklagter war und das Datum des nächsten Verhörs erfahren wollte, gerade diese Erklärung aber wollte er nicht geben, besonders da sie auch nicht wahrheitsgemäß war,
  • denn er war nur aus Neugierde gekommen oder, was als Erklärung noch unmöglicher war, aus dem Verlangen, festzustellen, daß das Innere dieses Gerichtswesens ebenso widerlich war wie sein Äußeres.
  • Und es schien ja, daß er mit dieser Annahme recht hatte, er wollte nicht weiter eindringen, er war beengt genug von dem, was er bisher gesehen hatte, er war gerade jetzt nicht in der Verfassung, einem höheren Beamten gegenüberzutreten, wie er hinter jeder Tür auftauchen konnte, er wollte weggehen, und zwar mit dem Gerichtsdiener oder allein, wenn es sein mußte.“
  • K. wird immer unwohler, er will nur noch raus.
  • S. 70: Schließlich stößt er zusammen mit einem Mädchen, das sich um ihn kümmern will, auf den sogenannten „Auskunftgeber“, der aber vor allem durch ein Lachen gekennzeichnet ist, was das Mädchen wiederum entschärfen will.
  • S. 72: »Wollen Sie sich nicht hier ein wenig setzen?« fragte der Auskunftgeber, sie waren schon im Gang und gerade vor dem Angeklagten, den K. früher angesprochen hatte. K. schämte sich fast vor ihm, früher war er so aufrecht vor ihm gestanden, jetzt mußten ihn zwei stützen, seinen Hut balancierte der Auskunftgeber auf den gespreizten Fingern, die Frisur war zerstört, die Haare hingen ihm in die schweißbedeckte Stirn. Aber der Angeklagte schien nichts davon zu bemerken, demütig stand er vor dem Auskunftgeber, der über ihn hinwegsah, und suchte nur seine Anwesenheit zu entschuldigen.“
  • S. 72/73: Es geht K. immer schlechter:
    „Er war wie seekrank. Er glaubte auf einem Schiff zu sein, das sich in schwerem Seegang befand. Es war ihm, als stürze das Wasser gegen die Holzwände, als komme aus der Tiefe des Ganges ein Brausen her, wie von überschlagendem Wasser, als schaukle der Gang in der Quere und als würden die wartenden Parteien zu beiden Seiten gesenkt und gehoben. Desto unbegreiflicher war die Ruhe des Mädchens und des Mannes, die ihn führten. Er war ihnen ausgeliefert, ließen sie ihn los, so mußte er hinfallen wie ein Brett. „
  • S. 73/74: Die Ausgangstür empfindet K. dann regelrecht als Befreiung:
  • „K. merkte, daß er vor der Ausgangstür stand, die das Mädchen geöffnet hatte. Ihm war, als wären alle seine Kräfte mit einemmal zurückgekehrt, um einen Vorgeschmack der Freiheit zu gewinnen, trat er gleich auf eine Treppenstufe und verabschiedete sich von dort aus von seinen Begleitern, die sich zu ihm hinabbeugten.
  • »Vielen Dank«, wiederholte er, drückte beiden wiederholt die Hände und ließ erst ab, als er zu sehen glaubte, daß sie, an die Kanzleiluft gewöhnt, die verhältnismäßig frische Luft, die von der Treppe kam, schlecht ertrugen. Sie konnten kaum antworten, und das Mädchen wäre vielleicht abgestürzt, wenn nicht K. äußerst schnell die Tür geschlossen hätte.
  • K. stand dann noch einen Augenblick still, strich sich mit Hilfe eines Taschenspiegels das Haar zurecht, hob seinen Hut auf, der auf dem nächsten Treppenabsatz lag – der Auskunftgeber hatte ihn wohl hingeworfen – und lief dann die Treppe hinunter, so frisch und in so langen Sprüngen, daß er vor diesem Umschwung fast Angst bekam.
  • Solche Überraschungen hatte ihm sein sonst ganz gefestigter Gesundheitszustand noch nie bereitet. Wollte etwa sein Körper revolutionieren und ihm einen neuen Prozeß bereiten, da er den alten so mühelos ertrug? Er lehnte den Gedanken nicht ganz ab, bei nächster Gelegenheit zu einem Arzt zu gehen, jedenfalls aber wollte er – darin konnte er sich selbst beraten – alle künftigen Sonntagvormittage besser als diesen verwenden.“

S. 75: Der Prügler

  • Ein paar Tage später bekommt K mit, wie in einer abgelegenen Rumpelkammer die beiden Männer, die ihn verhaftet haben, von einem Dritten verprügelt werden.
  • Anlass dafür ist sein Hinweis gewesen, dass sie sich bei seiner Verhaftung seine Kleider unter den Nagel reißen wollten.
  • Überraschenderweise setzt sich K für die beiden Männer ein und will Ihnen die Prügel ersparen.
  • Interessant ist seine Begründung auf Seite 77: „Ich halte sie nämlich gar nicht für schuldig, schuldig ist die Organisation, schuldig sind die hohen Beamten.“
  • Als der Prügler jede Rücksichtnahme verweigert, versucht einer der beiden Männer (Franz) dadurch davon zu kommen, dass er den anderen (Willem) als den eigentlich Schuldigen bezeichnet.
  • Jedes weitere Engagement von K wird durch einen lauten Schrei des geprügelten Franz beendet. K hat größte Mühe, das Hinzukommen von Dienern zu verhindern, indem er erklärt: „es schreit nur ein Hund auf dem Hof“. (79)
  • K muss gehen, er nimmt sich aber vor, „die Sache noch zur Sprache zu bringen und die wirklich Schuldigen, die hohen Beamten, von denen sich ihm noch keiner zu zeigen gewagt hatte, soweit es in seinen Kräften war, gebührend zu bestrafen.“ (80)
  • Am nächsten Tag muss K. feststellen, dass er in dem Zimmer mit dem Prügler die gleiche Situation vorfindet wie am Tag vorher. Er ist davon tief beeindruckt: „Fast weinend lief er zu den Dienern, die ruhig an der Kopiermaschine arbeiteten und erstaunt in ihrer Arbeit innehielten. ‚Räumt doch endlich die Rumpelkammer aus‘, rief er. ‚Wir versinken hier im Schmutz.'“
  • Anmerkung: Letzteres ist sicherlich auch im übertragenen Sinne zu verstehen.

S. 82 K. bekommt Besuch von seinem Onkel

  • An einem Nachmittag bekommt K Besuch von seinem Onkel, der von seiner Tochter Erna von dem Prozess erfahren hat und es für sehr wichtig hält, dass K die Hilfe des Advokaten Huld in Anspruch nimmt, den er kennt.
  • Anmerkung: Erstaunlich ist, dass der Onkel sich überhaupt nicht für die Besonderheiten eines Gerichts neben den normalen Gerichten interessiert, sondern das offensichtlich als ganz normal  betrachtet.
  • Wichtig ist, dass Erna von dem Prozess durch einen Diener in der Bank erfahren hat. Zusätzlich trägt der Onkel durch seine laute Art dazu bei, dass sicherlich noch mehr davon erfahren.
  • In einem höheren Sinne ist die Bemerkung des Onkels interessant (Seite 86): „Solche Dinge kommen doch nicht plötzlich, sie bereiten sich seit langem vor.“
  • Auf dem Weg zum Advokaten beginnt K „sofort zu erzählen, ohne irgendetwas zu verschweigen, seine vollständige Offenheit war der einzige Protest, den er sich gegen des Onkels Ansicht, der Prozess sei eine große Schande, erlauben konnte.“

S. 90ff: K. beim Advokaten Huld und seiner Pflegerin Leni

  • Der Advokat präsentiert sich zunächst recht krank, wirkt dann aber sehr viel frischer, als das Gespräch auf den Prozess von K kommt.
  • Zufällig ist auch gerade der Kanzleidirektor da, mit dem man jetzt die Angelegenheit besprechen könnte, wenn K sich nicht von der Pflegerin Leni vor die Tür locken ließe und lieber die Zeit mit ihr und allerlei Kontaktgeschnatter verbringen würde.
  • Ein interessanter Bezugspunkt zu der kurzen Erzählung „Der Schlag ans Hoftor“ ergibt sich auf Seite 79, wo ein auf einem Bild abgebildeter Richter in seiner Haltung so beschrieben wird,
    „als wolle er im nächsten Augenblick mit einer heftigen und vielleicht empörten Wendung aufspringen um etwas Entscheidendes zu sagen oder gar das Urteil zu verkünden.“
    Siehe hierzu auch die Seite
    https://www.schnell-durchblicken2.de/vergleich-kafka-schlag-prozess
    und das entsprechende Video, auf das dort verwiesen wird.
  • Als Leni K schließlich so nahe gekommen ist, dass sie sogar auf seinem Schoß sitzt und andeutet, sie könne in seinem Prozess etwas für ihn tun, wenn er nicht mehr so „unnachgiebig“ sei, merkt K:
    „Ich werbe Helferinnen, dachte er fast verwundert, zuerst Fräulein Bürstner, dann die Frau des Gerichtsdieners und endlich diese kleine Pflegerin, die ein unbegreifliches Bedürfnis nach mir zu haben scheint.“ (99)
  • Wichtig für die Frage der Sexualität in dem Roman ist ein kleiner körperlicher Fehler, den Leni K zeigt:
    „Sie spannte den Mittel- und Ringfinger ihrer rechten Hand auseinander, zwischen denen das Verbindungshäutchen fast bis zum obersten Gelenk der kurzen Finger reichte.“
    Dieser Hinweis auf Wesen im Wasser erinnert an Nixen, denen seit der Romantik eine gefährliche erotische Anziehungskraft zugeschrieben wurde. Man denke etwa an Goethes Gedicht „Der Fischer“: „Halb zog sie ihn, halb sank er hin und ward nicht mehr gesehn.
  • Schließlich bekommt K von Leni, die ihn beißt und küsst, sogar den Hausschlüssel, bevor er sie verlässt und draußen seinen Onkel wartend vorfindet. Der macht ihm heftige Vorwürfe, weil er die Gelegenheit nicht für eine Besprechung seines Prozesses genutzt hat.

S. 102ff: K. denkt über eine Verteidigungsschrift nach – Infos zum „Gerichtsorganismus“

  • Wie sehr K. inzwischen im Banne des Prozesses ist, zeigt sich auf S. 102, als er an einem Wintervormittag (ein interessanter Zeithinweis, es wird kälter, aber es ist noch nicht Nacht!) in seinem Büro sitzt:
  • „Aber statt zu arbeiten, drehte er sich in seinem Sessel, verschob langsam einige Gegenstände auf dem Tisch, ließ dann aber, ohne es zu wissen, den ganzen Arm ausgestreckt auf der Tischplatte liegen und blieb mit gesenktem Kopf unbeweglich sitzen.
  • Der Gedanke an den Prozess verließ ihn nicht mehr. Öfters schon hatte er überlegt, ob es nicht gut wäre, eine Verteidigungsschrift auszuarbeiten und bei Gericht einzureichen.
  • Er wollte darin eine kurze Lebensbeschreibung vorlegen und bei jedem irgendwie wichtigeren Ereignis erklären, aus welchen Gründen er so gehandelt hatte, ob diese Handlungsweise nach seinem gegenwärtigen Urteil zu verwerfen oder zu billigen war und welche Gründe er für dieses oder jenes anführen konnte. „
  • Hintergrund ist sein gewachsenes Misstrauen gegenüber seinem Advokaten:
  • „Vor allem hatte er ihn fast gar nicht ausgefragt. Und hier war doch so viel zu fragen. Fragen war die Hauptsache. K. hatte das Gefühl, als ob er selbst alle hier nötigen Fragen stellen könnte. “ (102)
  • Anmerkung: Wir werden noch sehen, dass auch K. nicht in der Lage ist, die entscheidenden Fragen zu stellen, die man im Licht der Realität stellen würde: In welchem Verhältnis stehen die normalen Gerichte zu diesem Sondergericht? Wo ist die gesetzliche Grundlage für dieses Gericht? usw.
  • Es folgt ein Rückblick auf all das, was der Advokat ihm über das Gericht und seine Arbeit erzählt hat.
  • Besonders interessant ist das, was dieses Gericht von jedem normalen Gericht unterscheidet. Nachdem der Anwalt ausführlich wiedergegeben worden ist, was die relative Bedeutungslosigkeit aller Eingaben angeht, erfolgt eine seltsame Entschuldigung, die schließlich bis ins Absurde hineinreicht:
  • „Das alles sei bedauerlich, aber nicht ganz ohne Berechtigung.
  • K. möge doch nicht außer acht lassen, dass das Verfahren nicht öffentlich sei,
  • es kann, wenn das Gericht es für nötig hält, öffentlich werden,
  • das Gesetz aber schreibt Öffentlichkeit nicht vor.
  • Infolgedessen sind auch die Schriften des Gerichts, vor allem die Anklageschrift, dem Angeklagten und seiner Verteidigung unzugänglich, man weiß daher im allgemeinen nicht oder wenigstens nicht genau, wogegen sich die erste Eingabe zu richten hat …“ (103/104)
  • Anmerkung: Hier wird natürlich überdeutlich, dass es sich um Geheim- und Willkürjustiz handelt, die sogar die Prozesse der Stalinzeit übertrifft. Denn dort wurde den Angeklagten wenigstens etwas vorgeworfen, auch wenn es an den Haaren herbeigezogen war.
  • Man wundert sich dann als Leser schon gar nicht mehr, wenn es etwas später heißt:
  • „Die Verteidigung ist nämlich durch das Gesetz nicht eigentlich gestattet, sondern nur geduldet, und selbst darüber, ob aus der betreffenden Gesetzesstelle wenigstens Duldung herausgelesen werden soll, besteht Streit. Es gibt daher strenggenommen gar keine vom Gericht anerkannten Advokaten …“ (104)
  • Nachdem ausführlich beschrieben worden ist, wie entwürdigend-armselig die Arbeitsbedingungen der Advokaten aussehen, was dann aber in einem seltsamen Umkehrschluss endet:
  • „Man will die Verteidigung möglichst ausschalten,
  • alles soll auf den Angeklagten selbst gestellt sein.
  • Kein schlechter Standpunkt im Grunde, nichts wäre aber verfehlter, als daraus zu folgern, dass bei diesem Gericht die Advokaten für den Angeklagten unnötig sind.
  • Im Gegenteil, bei keinem anderen Gericht sind sie so notwendig wie bei diesem.
  • Das Verfahren ist nämlich im allgemeinen nicht nur vor der Öffentlichkeit geheim, sondern auch vor dem Angeklagten.
  • Natürlich nur soweit dies möglich ist, es ist aber in sehr weitem Ausmaß möglich.
  • Auch der Angeklagte hat nämlich keinen Einblick in die Gerichtsschriften, und aus den Verhören auf die ihnen zugrunde liegenden Schriften zu schließen, ist sehr schwierig, insbesondere aber für den Angeklagten, der doch befangen ist und alle möglichen Sorgen hat, die ihn zerstreuen.
  • Hier greift nun die Verteidigung ein. Bei den Verhören dürfen im allgemeinen Verteidiger nicht anwesend sein, sie müssen daher nach den Verhören, und zwar möglichst noch an der Tür des Untersuchungszimmers, den Angeklagten über das Verhör ausforschen und diesen oft schon sehr vermischten Berichten das für die Verteidigung Taugliche entnehmen.
  • Aber das Wichtigste ist dies nicht, denn viel kann man auf diese Weise nicht erfahren, wenn natürlich auch hier wie überall ein tüchtiger Mann mehr erfährt als andere. Das Wichtigste bleiben trotzdem die persönlichen Beziehungen des Advokaten, in ihnen liegt der Hauptwert der Verteidigung.
  • Auf gut deutsch:
  • An Wahrheit scheint das Gericht nicht interessiert zu sein.
  • Der Angeklagte soll möglichst hilflos gehalten werden.
  • Dazu gehört auch die Ausschaltung einer begleitenden Verteidigung.
  • Die erfährt nur indirekt über die Erinnerung des Angeklagten etwas, das ihr nützlich sein könnte.
  • Und dann der absolute Hammer: Es kommt gar nicht auf die Verhandlungen an, entscheidend sind nur Beziehungen.
  • Man wundert sich dann schon nicht mehr, wenn auch dieser Stand nicht nur relativiert, sondern ins Gegenteil verkehrt wird:
  • „… die Beamten, und darunter recht hohe, kommen selbst, geben bereitwillig Auskunft, offene oder wenigstens leicht deutbare, besprechen den nächsten Fortgang der Prozesse, ja sie lassen sich sogar in einzelnen Fällen überzeugen und nehmen die fremde Ansicht gern an. Allerdings dürfe man ihnen gerade in dieser letzteren Hinsicht nicht allzusehr vertrauen, so bestimmt sie ihre neue, für die Verteidigung günstige Absicht auch aussprechen, gehen sie doch vielleicht geradewegs in ihre Kanzlei und geben für den nächsten Tag einen Gerichtsbeschluß, der gerade das Entgegengesetzte enthält und vielleicht für den Angeklagten noch viel strenger ist als ihre erste Absicht, von der sie gänzlich abgekommen zu sein behaupteten. Dagegen könne man sich natürlich nicht wehren, denn das, was sie zwischen vier Augen gesagt haben, ist eben auch nur zwischen vier Augen gesagt und lasse keine öffentliche Folgerung zu, selbst wenn die Verteidigung nicht auch sonst bestrebt sein müßte, sich die Gunst der Herren zu erhalten.“
  • Aber auch beim Stand bleibt es bei Kafka nicht. Nachdem die Willkürmacht der Beamten deutlich gemacht worden ist, kommt plötzlich eine Einschränkung:
  • „Andererseits sei es allerdings auch richtig, daß die Herren nicht etwa nur aus Menschenliebe oder aus freundschaftlichen Gefühlen sich mit der Verteidigung, natürlich nur mit einer sachverständigen Verteidigung, in Verbindung setzen, sie sind vielmehr in gewisser Hinsicht auch auf sie angewiesen. Hier mache sich eben der Nachteil einer Gerichtsorganisation geltend, die selbst in ihren Anfängen das geheime Gericht festsetzt. Den Beamten fehlt der Zusammenhang mit der Bevölkerung, für die gewöhnlichen, mittleren Prozesse sind sie gut ausgerüstet, ein solcher Prozeß rollt fast von selbst auf seiner Bahn ab und braucht nur hier und da einen Anstoß, gegenüber den ganz einfachen Fällen aber, wie auch gegenüber den besonders schwierigen sind sie oft ratlos, sie haben, weil sie fortwährend, Tag und Nacht, in ihr Gesetz eingezwängt sind, nicht den richtigen Sinn für menschliche Beziehungen, und das entbehren sie in solchen Fällen schwer. Dann kommen sie zum Advokaten um Rat, und hinter ihnen trägt ein Diener die Akten, die sonst so geheim sind. „
  • Da, wo es jetzt spannend werden könnte, schweigt Huld bzw. K. hat mal wieder nicht nachgefragt. Denn es wird in keiner Weise darauf eingegangen, was denn in solchen Gesprächen erreicht werden könnte.
  • Man erfährt nur allgemein, dass die Beamten jeweils auf einen kleinen Aspekt des Prozesses beschränkt sind und deshalb vom Advokaten etwas erfahren können, weil der natürlich den gesamten Prozess – wenn auch nur indirekt über den Angeklagten – verfolgt.
  • Es folgt eine absurde Geschichte vom Fleiß eines älteren Beamten, der so kaputt war, dass er am nächsten Tag alle Advokaten die Treppe hinunterwarf. Und der Witz des Ganzen ist, dass die Advokaten schließlich eine spezielle Ermüdungstechnik anwenden und dann schließlich den Beratungsraum betreten dürfen.
  • Aus all dem wird deutlich, was K. so vermittelt worden ist:
  • Denn den Advokaten – und selbst der Kleinste kann doch die Verhältnisse wenigstens zum Teil übersehen – liegt es vollständig ferne, bei Gericht irgendwelche Verbesserungen einführen oder durchsetzen zu wollen,
  • während – und dies ist sehr bezeichnend – fast jeder Angeklagte, selbst ganz einfältige Leute, gleich beim allerersten Eintritt in den Prozeß an Verbesserungsvorschläge zu denken anfangen und damit oft Zeit und Kraft verschwenden, die anders viel besser verwendet werden könnten.
  • Das einzig Richtige sei es, sich mit den vorhandenen Verhältnissen abzufinden.
  • Selbst wenn es möglich wäre, Einzelheiten zu verbessern – es ist aber ein unsinniger Aberglaube -, hätte man bestenfalls für künftige Fälle etwas erreicht, sich selbst aber unermeßlich dadurch geschadet, daß man die besondere Aufmerksamkeit der immer rachsüchtigen Beamtenschaft erregt hat.
  • Nur keine Aufmerksamkeit erregen! Sich ruhig verhalten, selbst wenn es einem noch so sehr gegen den Sinn geht!
  • Einzusehen versuchen, daß dieser große Gerichtsorganismus gewissermaßen ewig in der Schwebe bleibt und daß man zwar, wenn man auf seinem Platz selbständig etwas ändert, den Boden unter den Füßen sich wegnimmt und selbst abstürzen kann,
  • während der große Organismus sich selbst für die kleine Störung leicht an einer anderen Stelle – alles ist doch in Verbindung – Ersatz schafft und unverändert bleibt, wenn er nicht etwa, was sogar wahrscheinlich ist, noch geschlossener, noch aufmerksamer, noch strenger, noch böser wird.
  • Man überlasse doch die Arbeit dem Advokaten, statt sie zu stören.
  • Der Advokat wird dann ganz konkret und macht deutlich, dass K. sich bei seinem Besuch sehr geschadet habe, als er sich mehr mit Leni als dem Kanzleidirektor beschäftigt hat.
  • Was den Verlauf von Prozessen angehe, gäbe es manchmal den Anschein,
  • „als hätten nur die von Anfang an für einen guten Ausgang bestimmten Prozesse ein gutes Ende genommen, wie es auch ohne Mithilfe geschehen wäre,
  • während alle anderen verlorengegangen sind, trotz allem Nebenherlaufen, aller Mühe, allen kleinen, scheinbaren Erfolgen, über die man solche Freude hatte.
  • Dann scheint einem allerdings nichts mehr sicher, und man würde auf bestimmte Fragen hin nicht einmal zu leugnen wagen, dass man ihrem Wesen nach gut verlaufende Prozesse gerade durch die Mithilfe auf Abwege gebracht hat.
  • Auch das ist ja eine Art Selbstvertrauen, aber es ist das einzige, das dann übrigbleibt.“
  • Anmerkung: Besonders der letzte Satz kann ja nur satirisch bzw. zynisch wirken.
  • Interessant auch, wie der Advokat sich dann doch noch zu den Ergebnissen seiner Gespräche mit Beamten äußert:
  • „Mit verschiedenem Erfolg, wie offen zugestanden werden soll.
  • Es sei viel besser, vorläufig Einzelheiten nicht zu verraten, durch die K. nur ungünstig beeinflußt und allzu hoffnungsfreudig oder allzu ängstlich gemacht werden könnte,
  • nur so viel sei gesagt, daß sich einzelne sehr günstig ausgesprochen und sich auch sehr bereitwillig gezeigt haben, während andere sich weniger günstig geäußert, aber doch ihre Mithilfe keineswegs verweigert haben.
  • Das Ergebnis sei also im ganzen sehr erfreulich, nur dürfe man daraus keine besonderen Schlüsse ziehen, da alle Vorverhandlungen ähnlich beginnen und durchaus erst die weitere Entwicklung den Wert dieser Vorverhandlungen zeigt.
  • Jedenfalls sei noch nichts verloren,
  • und wenn es noch gelingen sollte, den Kanzleidirektor trotz allem zu gewinnen – es sei schon verschiedenes zu diesem Zwecke eingeleitet -, dann sei das Ganze – wie die Chirurgen sagen – eine reine Wunde, und man könne getrost das Folgende erwarten.“
  • Anmerkung: Es ist wirklich erstaunlich, in welchem Ausmaß es Kafka gelingt, hier ein großes Nichts zu schildern, bei dem der Angeklagte – wie sich dann am Ende auch zeigt – reiner Willkür ausgesetzt ist und eigentlich nichts für sich tun oder tun lassen kann.
  • Vor dem Hintergrund ist es verständlich, wenn der Erzähler feststellt: „Es war unbedingt nötig, dass K. selbst eingriff.“ (115)

S. 114: K. will sich selbst vor Gericht vertreten

  • S. 115: „, das Gericht sollte einmal auf einen Angeklagten stoßen, der sein Recht zu wahren verstand.“
  • Dementsprechend will er selbst eine Eingabe verfassen, was sich aber als schwierig herausstellt.

S. 117: Der Besuch des Fabrikanten

  • K. muss sich einem geschäftlichen Besucher widmen.
  • Er ist aber überfordert, kann sich nicht konzentrieren.
  • Schließlich nimmt ihm der Direktor-Stellvertreter den Kunden ab – allerdings mit einem kritischen Hinweis:
  • „Es ist eine sehr wichtige Sache«, sagte er zu dem Fabrikanten, „ich sehe das vollständig ein.
  • Und dem Herrn Prokuristen« – selbst bei dieser Bemerkung redete er eigentlich nur zum Fabrikanten – „wird es gewiss lieb sein, wenn wir es ihm abnehmen.
  • Die Sache verlangt ruhige Überlegung. Er aber scheint heute sehr überlastet zu sein, auch warten ja einige Leute im Vorzimmer schon stundenlang auf ihn.“
  • K. hatte gerade noch genügend Fassung, sich vom Direktor-Stellvertreter wegzudrehen und sein freundliches, aber starres Lächeln nur dem Fabrikanten zuzuwenden, sonst griff er gar nicht ein, stützte sich, ein wenig vorgebeugt, mit beiden Händen auf den Schreibtisch wie ein Kommis hinter dem Pult und sah zu, wie die zwei Herren unter weiteren Reden die Papiere vom Tisch nahmen und im Direktionszimmer verschwanden.
  • Kommentar: Man merkt hier, wie K. geschäftlich abbaut.
  • S. 122: Der Fabrikant kommt noch mal zu K. und empfiehlt ihm den Maler Titorelli, der für das Gericht Porträts anfertige und ihm vielleicht helfen könnte.

S. 128: K. fährt zum Maler Titorelli

  • Bei dem Maler findet er eine seltsame Mädchentruppe, von der der Mann sagt: „Auch diese Mädchen gehören zum Gericht.“
  • Anmerkung: Das ist ein Hinweis darauf, dass es sich bei dem Prozess um etwas handelt, wqas letztlich jeden betrifft. Es wäre dann so eine Art dunkle Seite des Menschseins. Dazu passt ja auch die Prügler-Szene, die deutlich macht, dass die die Macht haben, selbst auch einer höheren Macht unterworfen sind.
  • S. 137: Kurze Zeit später sagt der Maler „halb im Scherz, halb zur Erklärung: „Es gehört ja alles zum Gericht.“
  • Später erzählt der Maler K. noch viel über die Organisation des Gerichts und die Entwicklung der Prozesse.
  • Letztlich läuft es auf drei mögliche Ziele hinaus (S. 139ff):
  • 139: „. Die wirkliche Freisprechung ist natürlich das Beste, nur habe ich nicht den geringsten Einfluß auf diese Art der Lösung. Es gibt meiner Meinung nach überhaupt keine einzelne Person, die auf die wirkliche Freisprechung Einfluss hätte. Hier entscheidet wahrscheinlich nur die Unschuld des Angeklagten.“
    Anschließend wird lange darüber diskutiert, ob es so etwas jeweils schon mal gegeben hat. Sicher ist das nicht, es gibt nur Legenden darüber.
  • 143: „die scheinbare Freisprechung“: Die kann man mit gewissen Hilfen erhalten, aber das Verfahren schwebt gewissermaßen ständig über einem und kann einen jederzeit mit einer erneuten Verhaftung wieder einholen.
  • 146: „das Wesen der Verschleppung“: Der Prozess wird einfach in Gang gehalten, ohne dass es wirkliche Fortschritte gibt. Konkret bedeutet das, dass der Angeklagte immer wieder damit zu tun hat:
    S. 147: „Der Prozeß muss eben immerfort in dem kleinen Kreis, auf den er künstlich eingeschränkt worden ist, gedreht werden.“

S. 152: K. will dem Advokaten wirklich die Vertretung entziehen: Teil 1: Gespräch mit Kaufmann Block

  • Im Haus des Advokaten trifft K. auf Leni, die sich sehr um ihn bemüht
  • und auf den Kaufmann Block, der schon seit mehr als fünf Jahren seinen Prozess führt und dementsprechend viele Erfahrungen gemacht hat.

S. 168: Beim Advokaten

  • Zu Beginn des Gesprächs geht es um eine Besonderheit von Leni, die alle Angeklagten schön finde. Der Advokat ist auch der Meinung, dass daran etwas sei:
  • „Ich bin über das Ganze nicht so erstaunt, wie Sie es zu sein scheinen.
  • Wenn man den richtigen Blick dafür hat, findet man die Angeklagten wirklich oft schön.
  • Das allerdings ist eine merkwürdige, gewissermaßen naturwissenschaftliche Erscheinung.
  • Es tritt natürlich als Folge der Anklage nicht etwa eine deutliche, genau zu bestimmende Veränderung des Aussehens ein.
  • Es ist doch nicht wie bei anderen Gerichtssachen, die meisten bleiben in ihrer gewöhnlichen Lebensweise und werden, wenn sie einen guten Advokaten haben, der für sie sorgt, durch den Prozeß nicht behindert.
  • Trotzdem sind diejenigen, welche darin Erfahrung haben, imstande, aus der größten Menge die Angeklagten, Mann für Mann, zu erkennen.
  • Woran? werden Sie fragen. Meine Antwort wird Sie nicht befriedigen. Die Angeklagten sind eben die Schönsten.
  • Es kann nicht die Schuld sein, die sie schön macht, denn – so muss wenigstens ich als Advokat sprechen – es sind doch nicht alle schuldig, es kann auch nicht die richtige Strafe sein, die sie jetzt schon schön macht, denn es werden doch nicht alle bestraft, es kann also nur an dem gegen sie erhobenen Verfahren liegen, das ihnen irgendwie anhaftet. Allerdings gibt es unter den Schönen auch besonders schöne. Schön sind aber alle, selbst Block, dieser elende Wurm.“
  • Anmerkung: Diese Stelle ist insofern wichtig, weil sie zu der Frage führt, was denn K von anderen Menschen unterscheidet. Eine Hypothese könnte sein, dass er auf eine besondere, intensive Weise Mensch ist, wie Faust es in Goethes Werk auch ist, ein Mensch in seinem Widerspruch. Auch Faust hat ja ein Problem, leidet an bestimmten Aspekten des Daseins, wenn auch möglicherweise auf einem ganz anderen Niveau als dieser K, auf den man möglicherweise zu schnell herabsieht. Das wäre genauer zu prüfen.
  • K. will dem Advokaten das Mandat entziehen, macht auch deutlich, dass der Entschluss feststehe.
  • Der Advokat will ihm nun deutlich machen, dass er zu den besonderen Mandanten zähle, mit denen er sich eigentlich nur noch beschäftige.
  • Um K den Unterschied zu zeigen, wird Block hereingerufen und auf vielfältige Weise gedemütigt, wogegen er sich aber zumindest teilweise wehrt.

182: Im Dom

  • K. bekommt den Auftrag, einem italienischen Geschäftsfreund der Bank die Stadt zu zeigen.
  • Der Mann will aber erst noch einiges erledigen und sich dann später mit K nur den Dom ansehen.
  • Als K. dort erscheint, ist von dem Italiener aber nichts zu sehen – und er kommt auch später nicht.
  • Stattdessen gerät K in die Predigt eines Geistlichen, die nur für ihn bestimmt ist. Der Geistliche kennt Ks Prozess und präsentiert sich als Gefängnisgeistlicher.
  • Ihm wird verdeutlicht, dass es schlecht um seinen Prozess stehe. Interessant ist dabei, wie der Geistliche den Ablauf sieht:
    „das Urteil kommt nicht mit einemmal, das Verfahren geht allmählich ins Urteil über. “ (194/195).
  • Schließlich versucht der Geistliche K das Wesen des Gerichts mit einer Parabel klarzumachen. Sie trägt den Titel „Vor dem Gesetz“ und läuft letztlich darauf hinaus, dass jemand zum „Gesetz“ will, das sehr positiv gesehen wird, dort aber von einem Türhüter nicht eingelassen wird. Er wartet dann sein Leben lang dort und erfährt erst ganz am Schluss, dass kein anderer gekommen ist, weil der Eingang nur für ihn bestimmt gewesen sei und jetzt geschlossen werde.
  • Es folgt eine Fülle sehr unterschiedlicher Interpretationen, die alle wohl deutlich machen sollen:
    „Die Schrift ist unveränderlich und die Meinungen sind oft nur ein Ausdruck der Verzweiflung darüber.“
  • Unsere Überlegungen zu dieser Parabel finden sich hier:
    https://schnell-durchblicken.de/anmerkungen-zu-kafkas-parabel-vor-dem-gesetz

S. 206: Ende

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