Kurzgeschichte „Abschied“ von Mia Tivag – Vergleich mit Roman „Heimsuchung“ (Mat8630-kga)

Vergleich einer Kurzgeschichte mit dem Kapitel eines Romans

  • Bis zum Abitur 2026 ist es zwar noch ein bisschen Zeit.
  • Aber zufällig ist hier eine Kurzgeschichte entstanden, an der man üben kann, wie man von einem anderen literarischen Text zu einer Vergleichsaufgabe kommt.
  • Bei der wird in diesem Falle der Roman „Heimsuchung“ von Jenny Erpenbeck einbezogen.

Hier zunächst eine Vorschau

Dann die PDF-Datei mit Aufgabenstellung und Text

Mat8630-kga-Klausur Mia Tivag Kurzgeschichte Abschied Vergleich Heimsuchung

Aufgabenstellung

Aufgabenstellung:

  1. Analysieren Sie den angehängten Text, indem Sie
    1. in einer Einleitung die Gattung bestimmen und das Thema formulieren,
    2. dann aus dem Text seine Intentionalität (Aussagen) herausarbeiten – mit Textbelegen,
    3. in einem nächsten Schritt zeigen, mit welchen strukturellen, sprachlichen und rhetorischen Mitteln die Aussagen unterstrichen werden.
    4. Prüfen Sie dabei besonders den Schluss und seine Offenheit, wobei Sie kurz skizzieren, wie die Handlung weitergehen könnte. Begründen Sie ihre Idee.
  2. Vergleichen Sie die Geschichte mit dem Kapitel „Die unberechtigte Eigenbesitzerin“ des Romans „Heimsuchung“ von Jenny Erpenbeck im Hinblick auf den Umgang mit dem Abschied und berücksichtigen Sie dabei auch die Frage, ob und inwieweit Zukunft auch eine Rolle spielt.
  3. Nehmen Sie abschließend vor diesem Hintergrund kurz Stellung zur Frage, inwieweit der Roman vor diesem Hintergrund eine geeignete Abitur-Pflichtlektüre

Text der Kurzgeschichte

Mia Tivag

Abschied

 

Der Morgen tastete sich grau und still in die Küche. Anna war früher aufgewacht als gedacht – noch lag eine Stunde zwischen ihr und Marlene, die sie zum Bahnhof bringen sollte. Vielleicht war Freundschaft ja wenigstens etwas, das blieb, zumindest eine Ahnung von Dauer enthielt.

Sie blieb einen Moment sitzen, sah sich um: das Muster der Kacheln, der Schatten auf dem Tisch, an dem sie lesen gelernt hatte.

Sie zog den Mantel über den Schlafanzug und ging barfuß über das knarrende Holz. Der Flur empfing sie mit seinem vertrauten Geruch: ein Gemisch aus Holz, Staub und den Jahren. An der Wand hing noch der Spiegel mit dem Riss in der Ecke – der Riss war neu, der Rahmen alt. Manche Dinge ließen sich nicht reparieren, nur behalten.

Zimmer für Zimmer nahm sie Abschied, aber nicht laut oder feierlich – sie ließ den Blick wandern, verweilte, spürte. Alles enthielt so viel Leben, von dem sie nicht wusste, was daraus werden würde.

Da stand die Kommode, in der ihre Mutter Briefe aufbewahrt hatte, dort das Fenster, an dem sie im Winter Schneesterne gepustet hatte. In der Luft war nichts Besonderes – aber dieses Gefühl des Aufbruchs ins Neue, das an sonnigen Tagen nach draußen drängte, war da wie eh und je. Aber es verband sich jetzt mit dieser seltsamen Empfindung von Unwiederbringlichkeit.

Sie trat hinaus in den Hof. Der Frost hatte das Gras silbern überzogen. Die alte Scheune war still, als hielte sie den Atem an. Über dem Apfelbaum lag ein milchiges Licht, so wie an jenem Morgen, als sie das erste Mal allein losgegangen war – zur Schule, in die Stadt, ins Leben.

Als sie das Gartentor schloss, kam Marlene den Weg herauf. Sie erkannte Annas Haltung sofort – die Schultern zu tief, die Augen zu wach.
„Du bist schon unterwegs?“
Anna nickte.
„Ich wollte noch einmal… na ja, du weißt schon.“
Marlene sah sie einen Moment lang an. Dann sagte sie leise:
„Weißt du – das Schöne bleibt nicht hier. Du nimmst es mit. Auch wenn du’s vielleicht nicht gleich merkst.“

Anna sagte nichts, aber sie atmete tiefer.
Ein letzter Blick über den Hof – dann gingen sie.

Erwartungshorizont

Eine vorläufige Fassung gibt es hier:
https://schnell-durchblicken.de/erwartungshorizont-zur-klausur-zur-kurzgeschichte-abschied-von-mia-tivag-mit-vergleich-zum-roman-heimsuchung-m

Weitere Infos, Tipps und Materialien