Lessing, „Nathan der Weise“: optimale Klausurvorbereitung mit den richtigen Fragen(Mat8578-loe)

Worum es hier geht:

Wir wollen mal ausprobieren, wie man sich optimal auf eine Klausur vorbereiten kann. Aus aktuellem Anlass nehmen wir das Drama „Nathan der Weise“.

Auf der folgenden Seite haben wir nur die Fragen präsentiert, die auch im mündlichen Abitur eine Rolle spielen könnten:
https://schnell-durchblicken.de/lessing-nathan-der-weise-beispiel-fuer-optimale-klausurvorbereitung

Hier nun die Antworten in Kurzform – ggf. noch mit Hinweisen für eine ausführlichere Darstellung.

Nun die Antworten zu den Fragen

Die Zahlen vorne sollen deutlich machen, wie wichtig die Frage sein könnten. Das muss natürlich ggf. abgeändert werden.

Wir präsentieren hier die Einschätzungen unseres Referenzschülers Latus Crux.

Besonders wichtig = 10P

  1. 10P „Worum geht es im Theaterstück Nathan der Weise?“
    • Am besten nicht inhaltlich antworten,
    • sondern thematisch:
    • In dem 1779 veröffentlichten Stück geht es um die Frage, wie die drei großen Religionen  (in zeitlicher Reihenfolge) Judentum, Christentum und Islam möglichst konfliktfrei zusammenleben können.
    • Hintergrund ist eine Situation aus der Zeit der Kreuzzüge.
    • Damit verbunden wird eine Familiengeschichte, bei der am Ende die christlichen und muslimischen Vertreter zusammenkommen – und der Jude Nathan gewissermaßen mit in eine Art Menschheitsfamilie aufgenommen wird.
  2. 4P Was versteht man unter dem „Fragmentenstreit“?
    • Lessing war ein Aufklärer, stand also der christlichen Offenbarung (Bibel als Heilige Schrift) kritisch gegenüber,
    • weil er letztlich die von Gott gegebene Vernunft höher einschätzte.
    • Bei den Fragmenten handelt es sich um die Hinterlassenschaft eines verstorbenen Freundes, der die aufklärerische Kritik an der Offenbarung (bsd. Jesus als Gottes Sohn) ziemlich klar ausdrückte.
    • Dies führte schließlich zum Verbot des Landesherrn für Lessing, sich öffentlich überhaupt noch zu Religionsfragen zu äußern.
    • Daraufhin wich Lessing in ein Bühnenstück aus, woraus „Nathan der Weise“ wurde.
    • Nähere Infos hier:
      https://schnell-durchblicken.de/baustein-fragmentenstreit-und-nathan-der-weise
  3. 8P Welche Bedeutung hat die Schrift „Die Erziehung des Menschengeschlechts“?
    • 1777 veröffentlichte Lessing im Zusammenhang mit dem Fragmentenstreit eine eigene Geschichte der christlichen Religion.
    • Die erste Stufe wird durch das Alte Testament präsentiert: Viele Detail-Gebote und ggf. auch göttliche Strafen erzwingen ein gottgefälliges Verhalten.
    • Die zweite Stufe ist das Neue Testament: Die Lehre um Jesus (Christus) überwindet die Einengung der Menschen durch die Detail-Gebote des Judentums und verlangt nur den Glauben mit entsprechender Jenseitsperspektive.
    • Lessing glaubt nun, dieses Christentum könne sich weiterentwickeln zu einer Religion, in der sich die Menschen aus Vernunftgründen moralisch verhalten.
    • Kritik: Naiv-utopisches Denken der Aufklärer, die ähnlich wie Kant in seinem „Kategorischen Imperativ“ die menschliche Psyche und die komplexen Situation, in denen Menschen sich verhalten müssen, zu wenig berücksichtigen.
      Zum Kategorischen Imperativ gibt es hier eine interessante Parabel: https://textaussage.de/anders-tivag-parabel-zum-kategorischen-imperativ
    • Zur „Erziehung des Menschengeschlechts“ gibt es auch ein Video. Die Dokumentation ist hier zu finden:
      https://schnell-durchblicken.de/lessing-erziehung-menschengeschlecht-pruefstand
  4. 8P Wie hat Lessing denn dann seine Ansichten in Religionsfragen auf die Bühne gebracht?
    • Er hat 1780 ein Bühnenstück mit dem Titel „Nathan der Weise“ veröffentlicht, das seine aufklärerischen Grundideen präsentiert.
    • Kernstück ist die sogenannte Ring-Parabel, in der der Jude Nathan die gefährliche Frage des muslimischen Sultans Saladin nach der besten Religion beantwortet.
    • Kern: Es kommt auf das vor allem moralische Verhalten der Menschen an und eine nicht näher bestimmte Ehrfurcht auch gegenüber Gott. Die Wahrheit der Religionen kann nicht entschieden werden.
  5. 10P Was zeigt die Ring-Parabel denn im Einzelnen?
    • Ausgangspunkt ist ein Wunderring, der den Träger vor Gott und Menschen „angenehm“ macht – wenn er ihn in diesem Bewusstsein trägt. Der Ring fordert also schon ein entsprechendes Verhalten.
    • Ein Vater in der Generationenkette findet alle drei Söhne in gleicher Weise ring-würdig und lässt zwei Kopien herstellen.
    • Nach seinem Tod gibt es Streit, den ein Richter so auflöst: Die Brüder sollen sich so verhalten, dass man sieht, bei dem der Ring am besten wirkt.
    • Insgesamt eine sehr naiv-theoretische Lösung, die den Sultan regelrecht begeistert, aber viele Probleme aufweist.
  6. 5P Wie ist denn nun diese Begeisterung des Sultans einzuschätzen?
    • Der Sultan findet wahrscheinlich die Idee, dass sich alle in seinem Reich optimal verhalten, sehr herrschaftsfreundlich.
    • Jedenfalls zeigt er nicht viel Glaubensbewusstsein als Moslem.
    • Man muss allerdings berücksichtigen, dass zwischen den Teilen der Parabel eine viel überzeugendere Lösung angeboten wird: Man soll anerkennen, dass jeder Gläubige in seine Religion hineingewachsen ist und deshalb ihr auch gerne treu bleibt.
  7. 9P  Wo liegen die Schwächen der Ringparabel?
    • Geschickt ist Lessings Idee, die Wunderwirkung an eine entsprechende Einstellung des Trägers des Rings zu binden.
    • Allerdings ist es unwahrscheinlich, dass die Religionsangehörigen sich auf eine Art „moralischen Imperativ“ reduzieren lassen.
    • Dass Religion sehr viel mehr ist als angenehmes Verhalten in der Gesellschaft, scheint Lessing überhaupt nicht bewusst gewesen zu sein.
    • Zumindest blendet er die entscheidende Frage, wie man „angenehm“ wird vor Gott, völlig aus.
    • Die wird in den drei Religionen ja sehr unterschiedlich beantwortet.
    • Bezeichnenderweise spielen Fragen des Glaubensbekenntnis und der religiösen Praxis im Theaterstück überhaupt keine Rolle – sicherheitshalber hat Lessing auch keinen Theologen auftreten lassen, sondern nur diesen furchtbaren christlichen Patriarchen. Der ist aber mehr Politiker und Machtmensch als Religionsvertreter.
  8. 7P  Was gibt es Positives in „Nathan der Weise“?
    ART: Krüsand-Text dazu
    https://schnell-durchblicken.de/lars-kruesand-was-das-drama-nathan-der-weise-wirklich-wertvoll-macht

    • Ausgangspunkt = Ringparabel und ihre um Religion weitgehend reduzierte Moral-Lösung: Seid nett zueinander.
    • Es gibt zwar den Hinweis, dass man auch bei Gott „angenehm“ sein soll.
    • Aber die unterschiedlichen Glaubensbekenntnisse und Glaubensregelungen werden völlig ausgeklammert.
    • Krüsand verweist nun auf den Mittelteil zwischen den Parabelteilen. Dort präsentiert nämlich das Werk eine Lösung, die sehr viel intelligenter ist als die immer wieder zitierte Ring-Parabel-Lösung.
    • Sie nimmt nämlich den Glauben ernst, verweist nur auf die biografischen Zusammenhänge bei Gläubigen und plädiert vor dem Hintergrund für Toleranz:
      Nach dem Motto:
      Lasst dem anderen seinen Glauben – er kann gewissermaßen nichts dafür.
  9. 7P Aussage des Dramas im Unterschied zur Aussagen Lessing-Nathans?
    • Wie eben schon ausgeführt:
    • Das Drama sagt: Lasst dem anderen seinen Glauben – er kann gewissermaßen nichts dafür. Denn er ist in bestimmte kulturelle, soziale und familiäre Verhältnisse hineingeboren und gibt die ungern auf.
      Man könnte auch sagen nach Friedrich dem Großen:
      „Die Religionen müssen alle toleriert werden und der Staat muss nur darauf achten, dass keine der andern Abbruch tut, denn hier muss ein jeder nach seiner Fasson selig werden.“ – Das heißt: Jeder soll nach seiner Auffassung selig werden – der Staat soll sich da raushalten.
    • Damit wird auch deutlich, dass der Staat dafür sorgen muss – und der Sultan  mit seiner Haltung möglicherweise genau der aufgeklärt absolutistischen Haltung des Preußenkönigs entspricht.
  10. 8P Und was ist da auch ggf. realitätsfern?
    • Es widerspricht dem Missionsgebot des Christentums.
    • Es widerspricht der Forderung im Islam, dass letztlich alle Welt Allah untertan ist bzw. sein soll.
    • Es widerspricht möglicherweise den Interessen der jeweiligen Religionsführer, die jederzeit die Gläubigen aufhetzen können – vgl. den Patriarchen.
    • Unterschiedliche Glaubenshandlungen können zu Konflikten führen.
    • Letztlich muss ständig dran gearbeitet werden – und der Staat als Ordnungsfaktor muss dafür sorgen.
  11. 2P 1000 Jahre – Inwieweit passt das zu Lessings Wahrheitsbegriff?“
    • Lessing hat mal geschrieben, dass er – wenn Gott ihm in einer Hand die Wahrheit bieten würde und in der anderen Hand den ständigen Zweifel, er diesen vorziehen würde.
    • Damit ist Lessing eine Fortsetzung der Antwort Kants auf die Frage: „Was ist Aufklärung“. Jeder soll selbst denken.
    • Lessing erweitert das: Und er soll ständig die eigenen Wahrheiten in Frage stellen und erneut überprüfen.
  12. 1P:  Was fällt beim Vergleich der Fassungen von Lessing und Boccaccio auf?
    • Boccaccio präsentiert eine einfache Variante.
    • Der Ring ist nur wertvoll.
    • Statt des Richters interpretiert der Parabelautor die Geschichte selbst.
    • Lessing hat die Wunderwirkung mit dem Glauben daran verbunden.
    • Und er hat am Ende den Richter die Sache sehr wirkungsvoll entschieden.
    • Außerdem hat Lessing das viel wichtigere Mittelstück eingeschoben – mit der biografischen Lösung des Religionsproblems.
  13. 8P:  Zeit Nathan sich im Stück wie im Titel als „weise“?
    Inwieweit ist er ein Vorbild an Aufklärung?

    • Schon am Anfang zeigt sich Nathan als Gegner der Aufklärung: Er hindert nämlich Daja genau daran, an der Aufdeckung bzw. „Klärung“ der Herkunft Rechas.
    • Natan fixiert zudem Recha ganz auf sich, hält sie von Büchern fern.
    • Dann spielt Nathan nicht mit offenen Karten gegenüber dem Tempelherrn,
    • macht ihn am Ende zum Opfer einer völlig unnötigen, wenn auch dramenwirksamen Show.
  14. 2P:  Was versteht man unter der „Dialektik der Aufklärung“ und inwieweit schränkt sie (im Nachhinein) die Position Lessings ein?
    • Die Philosophen Adorno und Habermas haben während ihres Exils im Zweiten Weltkrieg die Frage untersucht, warum die Aufklärung nicht den Faschismus und ähnliches verhindert hat.
    • Ihre Antwort: Die Aufklärung hat den Menschen von der Herrschaft der Natur befreit, das hat er aber genutzt, um anschließend die Natur zu beherrschen (Industrialisierung).
    • Die Aufklärung hat die alten Mythen entlarvt, aber mit der Wissenschaftsgläubigkeit einen neuen Mythos geschaffen.
  15. 10P: Wie könnte man denn zusammenfassend die Bedeutung von Lessings Theaterstück beschreiben?
    • Lessing hat gezeigt, wie man Zensur umgehen kann – mit Hilfe der Kunst.
    • Er hat aber eine sehr problematische Lösung auf die Bühne gebracht:
      • die Scheinlösung der Ring-Parabel
      • und ein zum Teil sehr unaufgeklärtes Verhalten Nathans.
    • Er hat aber auch im Mittelteil der Parabel eine Lösung geliefert, die man viel mehr ins Zentrum stellen könnte. Sie könnte zumindest Streit zwischen den Religionen verhindert oder vermindern, wenn man anerkennt, dass der Gott, der einen Menschen in eine Religion aber der Geburt hineinwachsen lässt, ihm auch eine Chance geben sollte, in ihr zu bleiben – in Treue zu seiner Kultur, seiner Gemeinschaft, seiner Familie und letztlich zu sich selbst.

Weitere Infos, Tipps und Materialien

Themenseite: „Nathan “
https://textaussage.de/nathan-der-weise-infos-materialien

Bausteine Nathan der Weise (Sammlung der Infos für Klausuren und mdl. Prüfungen)
https://schnell-durchblicken.de/bausteine-nathan-der-weise

Zu weiteren Themen des Deutschunterrichts
https://textaussage.de/weitere-infos