Szenen-Übersicht Borchert, „Draußen vor der Tür“ (Mat567-szu)

Worum es hier geht:

Für uns selbst haben wir eine knappe Übersicht über die Teile des Dramas erstellt. Wir hoffen, die hilft auch anderen.
Rot sind Schlüsselzitate, die man sich anstreichen könnte.
Blau sind unsere kommentierenden Anmerkungen.

Wer allgemeine Infos zum Stück und seinem Hintergrund (Krieg) wissen möchte, findet hier den Versuch, den Autor sein eigenes Stück vorstellen zu lassen:
https://schnell-durchblicken.de/borchert-draussen-vor-der-tuer-einfuehrung-durch-die-beteiligten

Ein  zusammenfassendes Schaubild

Das Schaubild als PDF-Datei

Mat567-Schaubild Draußen vor der Tür pcf mfz

Titel

  • Das Stück trägt den vollständigen Titel „Draußen vor der Tür
    Wenn man noch nicht weiß, worum es geht, ist zumindest klar, dass hier jemand ausgeschlossen ist – irgendwo nicht reinkommt.
    Es folgen dann noch zwei Sätze, die eine Art Untertitel darstellen:

    • „Ein Mann kommt nach Deutschland“
      Hier fragt man sich, woher er kommt – bald wird deutlich, dass er zwangsweise durch den Krieg in Russland von seinem Heimatland ferngehalten worden ist.
    • „Ein Stück, das kein Theater spielen und kein Publikum sehen will“
      Das verwundert einen natürlich erst mal – aber später wird deutlich, dass die meisten Menschen, die den Krieg überlebt haben, möglichst schnell alles vergessen wollen – auch das Thema des Stücks.
    • Interessant, dass das Drama trotzdem gleich sehr erfolgreich war. Hier kann man mal recherchieren, warum das so war – es gibt nämlich die Zuschriften an die Rundfunkanstalt, als das Drama als Hörspiel gesendet worden war.
  • Es ist Hans Quest gewidmet.
    Das war der Schauspieler, der die Hauptrolle im Hörspiel und bei der Uraufführung gespielt hat.
  • Die Personenliste wird vorgestellt, darunter Beckmann, seine Frau, ein Mädchen, ein Oberst, dessen Frau und Tochter, ein Kabarettdirektor, Frau Kramer, der alte Mann (Gott), der Beerdigungsunternehmer, ein Straßenfeger und „Der Andere“.
  • Schlüsselzitat – die drei Elemente des Titels – Näheres dazu siehe oben.
    • „Draußen vor der Tür“
    • „Ein Mann kommt nach Deutschland“
    • „Ein Stück, das kein Theater spielen und kein Publikum sehen will“.

Ein Mann kommt nach Deutschland (Einleitung)

  • Die Einleitung beschreibt die Rückkehr eines Mannes nach Deutschland, der lange weg war und sich innerlich wie äußerlich entfremdet fühlt.
  • Er hat tausend Tage und Nächte in der Kälte verbracht und musste mit seiner Kniescheibe bezahlen.
  • Seine Heimkehr erlebt er als ganz „tollen“ Film“
    Hier kann man an die alte Bedeutung von „toll“ im Sinne von „verrückt“ denken – man sieht das noch an der Beschreibung der Tierkrankheit „Tollwut“
  • Im Kontrast dazu steht, dass dieser Film sich aber als „ganz alltäglich“ erweist.
    Das bedeutet, dass das Besondere, auch Ungeheure zur Normalität geworden ist, was hier eher Kritik bedeutet.
  • Für den Heimkehrer ist kein Zuhause mehr da; sein Deutschland ist „draußen, nachts im Regen, auf der Straße“.
  • Schlüsselzitat: „Und ihr Zuhause ist dann draußen vor der Tür. Ihr Deutschland ist draußen, nachts im Regen, auf der Straße. Das ist ihr Deutschland.“.

Vorspiel

  • Die Szene spielt am Abend an der Elbe, begleitet vom Stöhnen des Windes, was auf eine unangenehme Atmosphäre hindeutet.
  • Der Beerdigungsunternehmer kommentiert das massenhafte Sterben („Wie die Fliegen!„) mit wiederholtem Rülpsen.
  • Er beobachtet einen alten Soldaten (Beckmann), der verdächtig nah am Wasser steht und dann verschwindet.
    Man muss davon ausgehen, dass er im Fluss untergehen wollte.
  • Ein alter Mann, der sich als Gott offenbart, erscheint und weint, weil er das Sterben seiner „Kinder“ nicht ändern kann.
    Hier wird natürlich die normale Vorstellung von einem allmächtigen Gott ins Gegenteil verkehrt. Das führte kurz nach dem II. Weltkrieg in einem noch ziemlich christlich geprägten Deutschland zu Protesten.
  • Der Beerdigungsunternehmer, der sich als Tod zu erkennen gibt, prahlt damit, in diesem Jahrhundert „ein bisschen Fett angesetzt“ zu haben, da das Geschäft gut gehe und „ein Krieg dem anderen die Hand“ gebe.
    Da könnte man recherchieren, welche Kriege außer dem II. Weltkrieg noch gemeint sind.
    Man könnte an den Ersten Weltkrieg denken
  • Schlüsselzitat: „Ein Mensch stirbt. Und? Nichts weiter.„.
    Hier wird deutlich, wie wenig wert ein Menschenleben im Krieg und danach noch ist.

Der Traum (In der Elbe)

  • Beckmann erwacht in der Elbe, nachdem er ins Wasser gesprungen ist, um zu sterben und endlich „pennen“ zu können.
    • Das ist ein ganz wichtiges Motiv. Man hat soviel mitgemacht, dass man einfach nichts weiter mehr erleben will. An etwas Positives glaubt dieser Heimkehrer in der Situation nicht mehr.
  • Er klagt der Elbe sein Leid: Hunger, sein steifes Bein, das besetzte Bett und seine Frau.
    • Hier wird deutlich, was dieser „Heimkehrer“ schon erlebt hat – nämlich seine eigene Frau mit einem anderen zusammen vorzufinden.
      Das passierte vielen Ehepaaren – weil man vor allem in der Schlussphase des Krieges häufig nicht mehr wusste, ob der Mann noch lebte oder aus der Gefangenschaft wiederkommen würde.
  • Die Elbe weist seinen Selbstmordversuch harsch zurück, nennt ihn einen „Grünschnabel“ und „Rotznase“.
    • Dies kann man als Anspielung auf die Natur verstehen. Sie interessiert sich nicht für das Schicksal des Einzelnen, ist nur daran interessiert, dass weitergelebt wird, damit die nächste Generation folgen kann.
  • Sie lehnt sein „armseliges bisschen Leben“ ab und fordert ihn auf, zu leben, sich treten zu lassen und zurückzutreten.
  • Die Elbe spuckt ihn schließlich wieder an Land aus und sagt: „Ich scheiß auf deinen Selbstmord!“.
    • Erstaunlich, dass damals schon so drastische Worte fielen.
  • Schlüsselzitat: „Ich scheiß auf deinen Selbstmord! Du Säugling! Pass gut auf, was ich mit dir mache.“.

1. Szene: Von der Verzweiflung zu ein bisschen Mitgefühl und Hoffnung?

  • Beckmann liegt am Strand und spricht mit jemandem, der „Der Andere“, genannt wird.
  • Der versteht sich als „Jasager“, als „Antworter“ und als „Optimist“ vorstellt.
    • Man sieht hier deutlich, wie der innere Kampf in Beckmann (sterben oder weiterkämpfen) in zwei Figuren aufgeteilt wird.
  • Beckmann erklärt, dass er nach seiner Rückkehr aus Russland keinen Vornamen mehr hat, da seine Frau ihn nur noch „Beckmann“ nannte, wie ein Möbelstück.
  • Er wollte sich ertränken, weil er das „Gehumpel und Gehinke„, die ablehnend-fremde Situation mit seiner Frau und die Zerstörung seiner Heimatstadt, unter deren Trümmer sogar sein Kind liegt, nicht mehr ertragen konnte.
    • Das ist eine Anspielung auf die Bombenangriffe der Alliierten, die keine Rücksicht nahmen auf Zivilisten.
  • Ein Mädchen findet den durchnässten und frierenden Beckmann, der seine Gasmaskenbrille trägt.
    • Diese Brille ist eine Art Symbol für die besondere Sichtweise, die die Umstände Beckmann aufzwingen.
    • Interessant, dass er mit ihr alles klar sieht, aber wohl auch so, wie die anderen es nicht sehen wollen.
  • Sie hilft ihm auf und bietet ihm an, ihn mit nach Hause zu nehmen, da er eine „hoffnungslos traurige Stimme“ hat.
  • Der Andere kommentiert, wie Beckmanns Lebenswille durch die Anwesenheit des Mädchens wieder erwacht:
    „alles wegen so ein paar Augen, wegen so einem bißchen weichen warmen Mitleid und so kleinen Händen und wegen einem schlanken Hals.“
  • Schlüsselzitat: „Ich bin der Andere, der immer da ist: Morgen. An den Nachmittagen. Im Bett. Nachts.“.
    • Interessant ist die Verbindung dieser Szene mit der nächsten – über das Mädchen als Zeichen möglicher Wärme und Hoffnung.

2. Szene: Das Scheitern der Hoffnung durch die nachwirkenden Kriegserlebnisse

  • Das Mädchen nimmt Beckmann seine Gasmaskenbrille ab, weil er damit wie ein Gespenst aussieht und sie sich damit sicherer fühlt.
  • Für Beckmann ist die Brille wichtig:
    „Ohne Brille bin ich rettungslos verloren. Wirklich, vollkommen hilflos.“
  • Das Mädchen gibt ihm trockene Kleidung, die ihrem Mann gehörte, der in Stalingrad vermisst wird.
  • Beckmann fühlt sich in der zu großen Jacke wie ein „grauenhafter, gemeiner Witz“ des Krieges.
  • Er hat eine Vision des einbeinigen Mannes des Mädchens, der „Teck tock“ mit Krücken klopft und ihn fragt, was er „in meinem Zeug? Auf meinem Platz? Bei meiner Frau?“ tut.
  • Beckmann verlässt daraufhin das Mädchen; der Andere rät ihm, die „Verantwortung“ zum Oberst zurückzubringen, anstatt wieder zur Elbe zu gehen.
    Vorbereitung der nächsten Szene.
  • Schlüsselzitat: „Der Einbeinige (monoton): Was tust du hier. Du? In meinem Zeug? Auf meinem Platz? Bei meiner Frau?“.

3. Szene

  • Beckmann sucht den Oberst in seiner warmen Stube auf und will die „Verantwortung“ zurückgeben, um endlich schlafen zu können.
  • Die Frau des Obersts friert, wenn sie Beckmanns Brille sieht und hat Angst vor ihm. Die Tochter findet ihn verrückt und genervt.
  • Beckmann erzählt von seiner Gefangenschaft in Stalingrad, wo der „Häuptling“ Kaviar aß, während die Soldaten litten.
  • Er beschreibt ironisch die heuchlerische „gute deutsche Wahrheit“ des Obersts, die nur den Satten und Komfortablen dient.
  • Beckmann erzählt seinen wiederkehrenden Albtraum von einem fetten General, der auf einem Xylophon aus Menschenknochen spielt.
  • Im Traum rufen die Toten „Beckmann! Unteroffizier Beckmann!“ und verlangen von ihm die Übernahme der Verantwortung, die ihm der Oberst einst übertragen hatte.
  • Der Oberst lacht Beckmanns Geschichte als „köstlichen Traum“ und „Komikernummer“ ab und bietet ihm an, sich zu rasieren und einen Anzug zu tragen mit dem Ziel:
    „Werden Sie erstmal wieder ein Mensch!!!“

    • Hier wird deutlich, dass in dieser Gesellschaft das Äußere, die Kleidung darüber entscheidet, ob man ein Mensch ist oder nicht.
    • Mit der Realität des Krieges und seiner Folgen hat das nichts zu tun.
  • Beckmann erwacht aus seiner Apathie, schreit die Familie an, ob sie „Menschen“ seien, woraufhin die Mutter panisch die Lampe umstößt und das Licht ausgeht.
    • Das hat hier eine symbolische Funktion – für beide Seiten geht das Licht aus, wird es dunkel.
    • Für den Oberst und seine Familie, weil sie jetzt mit Abgründen konfrontiert worden sind.
    • Für Beckmann, weil er jetzt keine Hoffnung mehr hat, seine „Verantwortung“ zurückgeben zu können.
    • Wenigstens die Rumflasche und vielleicht auch etwas Brot hat Beckmann mitnehmen können.
  • Nach dem Chaos bemerkt die Familie, dass Beckmann gegangen ist und die Rumflasche sowie das halbe Brot mitgenommen hat.
  • Schlüsselzitat: „Beckmann: Ich bringe sie Ihnen zurück. Oberst: Wen? Beckmann (beinah naiv): Die Verantwortung.“.
    • Der Hinweis auf die „Komikernummer“ ist wieder eine Überleitung zur nächsten Szene.
  1. Szene

  • Beckmann sucht einen Kabarettdirektor auf, um seine Geschichte als „Nummer“ auf der Bühne zu präsentieren.
  • Der Direktor ist von Beckmanns Gasmaskenbrille irritiert und Beckmann erklärt erneut ihren Zweck.
  • Der Direktor, der eine „mutige, nüchterne – revolutionäre Jugend“ für die Kunst sucht, lehnt Beckmanns Vortrag ab.
    • Man sieht hier, wie vordergründig das Gerede ist – in Wirklichkeit will man  scheinbaren Mut, der unterhaltsam ist.
  • Er findet Beckmanns Kunst zu „grau„, zu „nackt“ und zu sehr von „Grauen“ erfüllend; das Publikum wolle „Kunst genießen“, nicht „naßkalte Gespenster“ sehen.
    • Hier wird ganz deutlich, was der Kunstbetrieb wirklich will, der gerade wieder entsteht.
  • Der Direktor erklärt, dass Kunst nichts mit „Wahrheit“ zu tun habe und man „mit der Wahrheit nicht weit“ komme, sondern sich unbeliebt mache.
    • Auch hier ist der Direktor erstaunlich offen.
  • Beckmann versteht, dass „alle Türen zu“ sind, weil er „nur Beckmann“ ist und kein berühmter Künstler wie „Goethe, Shirley Temple oder Schmeling“.
    • Interessant, wer hie alles zu berühmten Künstlern zählt:
      • Goethe, als Beispiel für Deutschlands wohl berühmtesten Dichter.
      • Shirley Temple war ein amerikanischer Kinderstar, bekannt für ihre fröhlichen Musicals und ihre Darstellung einer kindlichen, unschuldigen und problemlosen Welt. Sie steht für Eskapismus, Leichtigkeit und eine unversehrte Realität, die das genaue Gegenteil der zerstörten, traumatisierten und schuldigen Nachkriegsdeutschland darstellt.
      • Max Schmeling war ein berühmter deutscher Boxer und Weltmeister im Schwergewicht. Er galt als nationaler Held und war auch während der NS-Zeit eine zentrale Figur, obwohl er sich persönlich von der Ideologie distanzierte und jüdische Freunde schützte. Er repräsentiert körperliche Stärke, Durchsetzungsvermögen und einen bestimmten Typus des populären Idols.
  • Er verlässt den Direktor, verzweifelt feststellend, dass er nirgendwo anfangen kann.
  • Schlüsselzitat: „Direktor: Ja, Wahrheit! Mit der Wahrheit hat die Kunst doch nichts zu tun!“.

5. Szene

  • Beckmann kehrt zu seinem Elternhaus zurück, hofft auf ein Zuhause und freut sich vor allem auf seine Mutter.
    • Man hört und liest immer wieder, wie sehr gerade die Mutter in schlimmen Momenten des Krieges für Soldaten eine Rolle spielte.
    • Sie stand damals zumindest sehr viel stärker für Gefühle und Geborgenheit als die Väter, die glaubten, sich eher männlich geben zu müssen.
  • Er findet das Messingschild mit dem Namen „Beckmann“ entfernt und durch ein Pappschild mit dem Namen „Kramer“ ersetzt.
  • Frau Kramer, die neue Bewohnerin, teilt ihm gleichgültig mit, dass seine Eltern nicht mehr dort wohnen und in „Kapelle 5 in Ohlsdorf“ (dem Friedhof) sind – also tot.
  • Sie erklärt, dass seine Eltern sich „im Dritten Reich ein bißchen verausgabt“ hatten, besonders sein Vater mit antisemitischen Äußerungen.
  • Nach dem Krieg wurden sie aus der Wohnung geworfen und haben sich „selbst endgültig entnazifiziert“ (mit Gas getötet), was Frau Kramer mit „Schade um das Gas!“ kommentiert.
  • Der Andere versucht Beckmann zu überzeugen, dass das Leben weitergeht, doch Beckmann ist nur müde und von den „Toten, Halbtoten, Granatentoten“ überwältigt.
  • Beckmann will nur noch schlafen, da er nirgendwo eine Tür findet, die ihm offensteht, und erklärt, dass er „nicht mehr mit“macht.
  • Schlüsselzitat: „Frau Kramer (resigniert, eher wehleidig als brutal): Kapelle 5 in Ohlsdorf. Wissen Sie, was Ohlsdorf ist? Ne Gräberkolonie.“.

Ende (Abschluss und Beckmanns Tod/Traum)

Insgesamt scheint sich hier einiges zu wiederholen, aber insgesamt ist es eine tragische Anhäufung des Negativen und schließlich finale Zuspitzung der gesamten thematischen und emotionalen Reise Beckmanns.

Noch einmal werden all die Ablehnungssituationen wiederholt und damit  auch intensiviert:

  • Begegnung mit dem Oberst: Ein Vertreter seiner militärischen Vergangenheit erscheint und weist Beckmanns Vorwürfe, für seinen Tod mitverantwortlich zu sein, ab. Der Oberst zeigt eine völlige Gleichgültigkeit und Leugnung eigener Schuld.
  • Anklage gegen Gott: Beckmann begegnet Gott, wirft ihm seine Hilflosigkeit und Untätigkeit angesichts des Leids vor und erklärt ihn für „unmodern“ und „tot“. Gott ist ebenfalls ein „Draußenstehender“.
  • Der Tod als Straßenfeger: Der Tod erscheint als Straßenfeger, der die gefallenen und vergessenen Toten „zusammenfegt“. Er bietet Beckmann als Einziger eine „offene Tür“ an – die Tür des Todes.

Wichtig ist dann das Schluss-Duell mit der „positiven“ Seite des Anderen:

  • Beckmanns Verzweiflung und das Duell mit dem „Anderen“: Beckmanns Schmerz und seine Todessehnsucht prallen auf die beharrlichen, aber oft oberflächlichen „Jasager“-Appelle des „Anderen“, der ihn zum Leben bewegen will.
  • Beckmanns letzter Kampf und sein Einschlafen: Trotz der Versuche des „Anderen“, ihn wachzuhalten und zum Leben zu bewegen, gibt Beckmann auf. Er ist zu müde, um weiterzukämpfen, und wählt den Schlaf, der als Übergang zum Tod verstanden wird. Das Stück endet ohne eine Auflösung von Beckmanns Schicksal, offenlassend, ob er tatsächlich stirbt oder in einem tiefen, symbolischen Schlaf verharrt.
  • Von besonderer Bedeutung ist dieser Dialogausschnitt zwischen dem „Anderen“ und Beckmann:
    • „Der Andere:
      Du kennst die Menschen nicht. Sie sind gut.
    • Beckmann: Oh, sie sind gut.
      • Und in aller Güte haben sie mich umgebracht.
      • Totgelacht.
      • Vor die Tür gesetzt.
      • Davongejagt.
      • In aller Menschengüte.
      • Sie sind
        • stur bis tief in ihre Träume hinein.
        • Bis in den tiefsten Schlaf stur.
        • Und sie gehen an meiner Leiche vorbei – stur bis in den Schlaf.
        • Sie lachen und kauen und singen und schlafen und verdauen an meiner Leiche vorbei.
        • Mein Tod ist nichts.“
  • Interessant, dass Beckmann von fünf Akten des Lebens spricht:
    Beckmann: Sei still. Das Leben ist so:

    1. Akt: Grauer Himmel. Es wird einem wehgetan.
    2. Akt: Grauer Himmel. Man tut wieder weh.
    3. Akt: Es wird dunkel und es regnet.
    4. Akt: Es ist noch dunkler. Man sieht eine Tür.
    5. Akt: Es ist Nacht, tiefe Nacht, und die Tür ist zu. Man steht draußen. Draußen vor der Tür. An der Elbe steht man, an der Seine, an der Wolga, am Mississippi. Man steht da, spinnt, friert, hungert und ist verdammt müde. Und dann auf einmal plumpst es, und die Wellen machen niedliche kleine kreisrunde Kreise, und dann rauscht der Vorhang. Fische und Würmer spendieren einen lautlosen Beifall. – So ist das! Ist das viel mehr als Nichts? Ich – ich mach jedenfalls nicht mehr mit. Mein Gähnen ist groß wie die weite Welt!
  • Das Stück endet mit Beckmanns verzweifelter, unbeantworteter Frage an den abwesenden Anderen/Jasager: „Gibt denn keiner Antwort???„.
  • Schlüsselzitat: „Gibt denn keiner Antwort??? Gibt denn keiner, keiner Antwort???“.
    • Dieser Schluss lässt sich vergleichen mit „Der gute Mensch von Sezuan“ von Brecht. Auch dort gibt es am Ende eine ausweglose Situation, deren Lösung letztlich an die Zuschauer des Dramas weitergegeben wird.
    • Aber der Unterschied liegt natürlich in der Schwere des Themas: Soziale Probleme und ihre Bewältigung bei Brecht, Kriegstraumata und unmenschliche Einsamkeit bei Borchert.

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