Online-Kurs: Rede-Analyse – 2. Worauf kommt es bei der Analyse von Reden ganz allgemein an?

Worum es hier geht:

In diesem Onlinekurs gehen wir auf viele wichtige Aspekte ein, die beim Thema „Rede“ und „Rede-Analyse“ eine Rolle spielen.

Dies ist zunächst die Kopie eines älteren Kurses. Da aber viele Dinge noch hilfreich sind, stellen wir ihn hier zur Verfügung.

Natürlich werden wir diesen Kurs im Laufe der Zeit noch aktualisieren.

Wer Fragen oder Anregungen hat, kann sich direkt auf diesem Wege bei uns melden:

Zunächst die Lösung der Aufgabe der letzten Lektion:
  1. Schaue dir in einem Lexikon eine Erklärung des Begriffs „Rede“ an und vergleiche diese mit unseren Festlegungen hier.
  • In Meyers Großem Taschenlexikon heißt es z.B.: „Rede, Ansprache, mündliche Darlegung von Gedanken vor einem Publikum über ein bestimmtes Thema oder Arbeitsgebiet. Die Rede ist im gesellschaftlichen und im politischen Bereich von großer Bedeutung, z.B. als politische Rede, Gerichtsrede, Laudatio, Predigt.“
  • Man merkt, dass dies eine in mehrfacher Hinsicht verengte Definition ist: Zum einen fehlt die Situationsgebundenheit und die daraus erwachsende Absicht, außerdem fehlt der mehr private Bereich sowie der Hinweis auf die vielfältigen Ausbaustufen vom kurzen Statement bis hin zur großen Rede auf einem Parteitag.
  1. Denke dir drei möglichst Beispiele von Reden aus, zunächst eine aus dem privaten Bereich, dann eine, die schon in den öffentlichen Bereich gehört, deren Wirkungsgrad aber noch begrenzt ist, schließlich eine, die das Zeug hat, in die Geschichte einzugehen.
  • Ein ganz kleines, aber sehr bedeutsames Beispiel wäre etwa, wenn der Familie die neue Freundin irgendwann mal vorgestellt werden muss. Auch da kommt es auf die oben genannten Punkte an.
  • Hier könnte man etwa die Antrittsrede des neuen Trainers einer Mannschaft nehmen.
  • Die Rede des Bundespräsidenten bei der Eröffnung des Holocaustmuseums in Berlin.
  1. Versuche mit Hilfe von Büchern oder auch durch Nachfrage bei Leuten, die du kennst und die dafür in Frage kommen, mindestens 5 berühmte Reden zu benennen.
  • Die so genannte Hunnenrede Kaiser Wilhelms II.
  • Reden von Hitler und Wels zum Ermächtigungsgesetz 1933
  • Die Blut-Schweiß-und-Tränen-Rede Churchills
  • Rede Präsident Kennedys in Berlin: „Ich bin ein Berliner“
  • Martin Luther Kings Rede „I have a dream!“

Nun zum eigentlichen Thema dieser Kurseinheit:

Worauf kommt es bei der Analyse von Reden ganz allgemein an?

Bevor wir in den folgenden Lektionen auf die einzelnen Punkte genauer eingehen, wollen wir uns hier erst einmal einen allgemeinen Überblick verschaffen, wobei die verschiedenen Gesichtspunkte sich eigentlich ganz natürlich aus unserer Definition einer Rede ergeben:

Klärung der Situation, des ursprünglichen Verwendungszusammenhangs

Wenn Reden in einer ganz bestimmten Situation stehen und auf sie reagieren bzw. versuchen, sie zu beeinflussen, muss zunächst einmal dieser Kontext geklärt werden. Häufig gibt es dabei spezifische Probleme oder auch heikle Aspekte. Man denke etwa an eine Situation, bei der eine Fußballmannschaft einen Aufstand den alten Trainer durch eine Art Aufstand zum Rücktritt gezwungen hat, weil dieser ihnen im Training zu hart und psychologisch zu ungeschickt erschien.

Wenn der neue Trainer jetzt erst mal antritt, um in einer kurzen Rede seine eigenen Vorstellungen darzulegen, dann hat er verschiedene „Momente“ zu berücksichtigen, z.B. Rücksicht auf den alten Trainer, Sicherung der eigenen Autorität, indem er den „Aufstand“ gegen den alten Trainer und damit die Entstehungsbedingungen seines eigenen Amtes möglichst verschleiert. Dann geht es sicher darum, Kompetenz zu zeigen, aber auch eine Vision, wie man etwa trotz der schlechten Saison des Vorjahres Meister werden kann.

Nur wenn man diesen „ursprünglichen Verwendungszusammenhang“ angemessen berücksichtigt, wird man der Rede insgesamt gerecht, auch wenn einen eigentlich die konkreten Umstände im 1. FC Irgendwo gar nicht interessieren, sondern man es als Beispiel für das Verhältnis von Sport und Wirtschaft an einer Fachhochschule analysieren möchte.

Dann daraus der Erwartungen

Es ist klar, dass zu den Voraussetzungen, zum Kontext einer Rede auch die Erwartungen gehören, die die Zuhörer an die Rede stellen. Diese bestimmen nämlich in gewisser Weise die Möglichkeiten mit, die der Redner überhaupt hat. In unserem Beispielfall erwarten die Spieler, dass der neue Trainer irgendwie zumindest noch kurz auf den Skandal um seinen Vorgänger eingeht, das Ganze möglichst aber auch schnell abschließt, um zu neuen Ufern aufbrechen zu können. Falls jemand aus der Vereinsführung dabei ist, möchte der natürlich eine erste Vorstellung davon bekommen, wie sehr der neue Trainer die Mannschaft begeistern kann usw.

Bei den Erwartungen muss man neben der Ebene der Beteiligten aber auch noch eine andere Ebene unterscheiden, nämlich die der Interpreten der Rede – in unserem Zusammenhang sind wir das natürlich selbst: Wir wissen natürlich mehr als die Beteiligten am Ursprungsgeschehen, wir kennen hoffentlich verschiedene Tricks und stellen uns z.B. die Frage, welche davon der Redner verwenden wird.

Dann die Rede selbst

Im Zentrum der Analyse stehen dann natürlich die Rede selbst, ihre Themen, der Gedankengang, die Thesen, dabei immer auch schon besondere rhetorische Mittel, meistens beginnt die „Rhetorik“ einer Rede ja schon bei der Einleitung – einfach, weil die ersten Worte von besonderer Bedeutung sind und die Richtung bestimmen, die Atmosphäre. Eine wichtige Rolle spielt natürlich auch der Schluss, weil von dort aus schließlich etwas bewirkt werden soll.

Nur schon mal angemerkt sei hier, dass dieser Teil der Analyse am einfachsten und zugleich manchmal auch am schwierigsten ist: Am einfachsten ist er, weil eine Rede grundsätzlich genauso analysiert wird wie jeder andere expositorische Text – am schwierigsten, weil das natürlich nicht jedem geläufig ist. Da es bei School-Scout eigene Dokumente zum Umgang mit darstellenden, expositorischen Texten gibt, sei hier nur kurz darauf verwiesen, dass am wichtigsten „analytische Distanz“ ist, d.h. man soll den Inhalt nicht wiedergeben, sondern zeigen, wie der Redner seine Rede aufbaut und was er in den einzelnen Teilen tut und zugleich bezweckt.

Intentionalität

Wenn man sich mit den Einzelheiten der Rede beschäftigt hat, kommt man zu den Zusammenfassungen: Dazu gehört zunächst einmal im Nachhinein die Feststellung, was der Redner nun wirklich gewollt hat – im Vergleich zu der erwarteten Intention. Hier kann man sich helfen, indem man einfach von einer Formulierung ausgeht wie zum Beispiel: „Insgesamt hat diese Rede deutlich gemacht, dass der Redner vor allem … will. Seine wesentlichen Argumente sind dabei …  Mögliche Einwände spielt er mit dem Hinweis herunter …

Rhetorische Eigenart

Zur Ebene der Zusammenfassung gehört dann auch die zusammenfassende Frage nach den grundsätzlichen rhetorischen Mitteln, die schon mit der Eigenart zusammenhängen: Ist die Rede eher nachdenklich, auf Überzeugung angelegt – oder aber demagogisch, agitatorisch.

Bewertung

Am Ende sollte eine Bewertung stehen, die zum Beispiel ganz allgemein diese Eigenart noch einmal aufnimmt, bis hin zu persönlichen Bewertungen oder einem einordnenden Vergleich. Hier ist also zu unterscheiden zwischen eher sachlichen Einschätzungen (der Redner hat seine Ziele so und so weit erreicht!) und persönlichen Urteilen: „Für meinen Geschmack trägt der Redner zu dick auf.“ Oder: „Der Redner hat wahrscheinlich Recht, wenn er sagt … aber ich finde, man müsste dem mehr Widerstand entgegensetzen“ – und dann sollten konstruktive Vorschläge folgen, die nachvollziehbar sind, auch wenn man sie nicht persönlich nicht übernimmt – wichtig für das Verhältnis zwischen der Individualität von Schülern und denen der beurteilenden Lehrer.

Aufgabe:

An deiner Schule hat die vorgesetzte Behörde verfügt, dass auch Oberstufenschüler in ausfallenden Stunden nicht nur zusätzliche Aufgaben zu lösen haben, sondern diese sind auch noch im Klassenraum zu bearbeiten, wobei mindestens am Anfang und am Ende der Stunde die Anwesenheit von einem Lehrer kontrolliert wird.

Du bist als Schüler mit 5 anderen Schülern Mitglied der Schulkonferenz und hast dich bereit erklärt, zu dem Punkt eine Erklärung abzugeben.

  1. Welche „Momente“ der Situation spielen eine Rolle und sind von dir zu berücksichtigen?
  2. Welche Erwartungen haben die verschiedenen Teilnehmer der Sitzung an dich (Mitschüler, Eltern, Lehrer, Schulleiter)?
  3. Welche Intentionalität (Absicht) könnte deine Rede haben?
  4. Mit welchen Hauptmitteln (s.o.) könntest du versuchen, dein Ziel zu erreichen?

Übersicht über die Teile

01 Onlinekurs Rede-Analyse: Was sind Reden überhaupt?
https://schnell-durchblicken.de/online-kurs-rede-analyse-was-sind-reden-ueberhaupt

02 Worauf kommt es bei der Analyse von Reden ganz all-gemein an?
https://schnell-durchblicken.de/online-kurs-rede-analyse-2-worauf-kommt-es-bei-der-analyse-von-reden-ganz-allgemein-an

03 Wie klärt man den Kontext und die Erwartungen an die Rede?
https://schnell-durchblicken.de/online-kurs-rede-analyse-3-wie-klaert-man-den-kontext-und-die-erwartungen-an-die-rede

04 Wie untersucht man den Inhalt der Rede im Detail?
https://schnell-durchblicken.de/online-kurs-rede-analyse-4-wie-untersucht-man-den-inhalt-der-rede-im-detail

05 Wie beschreibt man zusammenfassend die Intentionali-tät der Rede?
https://schnell-durchblicken.de/online-kurs-rede-analyse-5-wie-beschreibt-man-zusammenfassend-die-intentionalitaet-der-rede

06 Wie erkennt man die rhetorischen Mittel und bestimmt die entsprechende Eigenart der Rede?
https://schnell-durchblicken.de/online-kurs-rede-analyse-6-wie-erkennt-man-die-rhetorischen-mittel-und-bestimmt-die-entsprechende-eigenart-der-rede

07 Wie kann man eine Rede abschließend einschätzen und bewerten?
https://schnell-durchblicken.de/online-kurs-rede-analyse-7-wie-kann-man-eine-rede-abschliessend-einschaetzen-und-bewerten

08 Abschließende Checkliste für die Rede-Analyse
https://schnell-durchblicken.de/online-kurs-rede-analyse-8-abschliessende-checkliste-fuer-die-rede-analyse

Versuch einer Definition und Materialien