Worum es hier geht:
Zu analysieren ist ein Auszug aus dem Roman, der besonders viel über die Figur des Gärtners aussagt.
In der 2. Aufgabe geht es darum, eine Frage zu erörtern, die sich mit dem Thema Glück trotz aller Heimsuchungen beschäftigt.
Zunächst eine Vorschau

dann eine Druckvorlage
Mat8630-khg Klausur Heimsuchung Gärtner Glück
Aufgabe:
- Analysieren Sie den folgenden Ausschnitte aus dem Roman „Heimsuchung“, indem Sie
- den Ausschnitt in den Gesamtzusammenhang des Romans einordnen,
- herausarbeiten, was hier erzählerisch präsentiert wird
- und welche Aussagen man dem entnehmen kann.
- Zeigen Sie schließlich noch auf, mit welchen sprachlichen u.a. Mitteln die Aussagen unterstützt werden.
- Nehmen Sie ausgehend von diesem Textausschnitt Stellung zu der These, der Gärtner sei der einzige glückliche Mensch im Roman.
Beziehen Sie dabei das folgende Zitat aus dem Roman mit ein:„An irgendeinem Sommerabend in irgendeinem der letzten zwanzig Jahre erzählt ihr Mann einem der Gäste, wie am Ende des Krieges die Russen den Garten zur Pferdekoppel umfunktioniert hatten, wie alles zertrampelt war, wie er damals sogar den Gärtner hat weinen sehen.“ (S71)
Textbasis für die Analyse
Als die ersten Ferienhäuser am Ufer des Sees gebaut werden, etliche davon mit Reet gedeckt, hilft der Gärtner, sobald der See vereist ist, beim Schilfschneiden für die Dächer, auch dabei zeigt er ungewöhnliches Geschick, die gefrorenen Stengel springen vor ihm wie Glas, er handhabt das Brett, das zum Abschieben der Halme verwendet wird, so gekonnt, daß der Dachdecker ihm kaum glauben mag, daß er noch nie jemandem bei der Schilfernte zur Hand gegangen sei. Mit großer Kraft schlägt er nach der Ernte die Halme über dem linken Knie aus, ohne je zu ermüden, die kurzen Stücke und Reste von Gras fallen alsbald heraus, und die sauberen Bündel legt er beiseite.
Der Gärtner spricht wenig, und zu den Ereignissen im Dorf äußert er sich überhaupt nie, sei es, daß jemand im See ertrunken ist, daß irgendein Büdner einen Grenzstein heimlich versetzt, oder Schmeling den amerikanischen Boxer Louis in der 12. Runde k.o. geschlagen hat. Mensch, unser Schmeling, sagt der Dachdecker von seinem Deckstuhl zum Gärtner hinunter, der ihm die Bündel hinaufreicht, unser Schmeling gegen den braunen Bomber, das war was, oder hast du etwa kein Radio. Der Gärtner schüttelt den Kopf. Das Haus, auf dessen Dach der Dachdecker gerade sitzt, ist das Haus von Schmeling. Bei Thoracken habe ich auch schon gedeckt, hatte der Dachdecker ganz am Anfang ihrer Zusammenarbeit zum Gärtner gesagt, vielleicht, um den für seine Schweigsamkeit bekannten Gärtner zu beeindrucken und dadurch zum Sprechen zu bewegen, aber der Gärtner wußte wahrscheinlich gar nicht, wer Thorack war, jedenfalls hatte er auch da nur genickt und geschwiegen.
Manchen im Dorf ist der Gärtner wegen dieses Schweigens nicht ganz geheuer, sie nennen ihn kalt, nennen seinen Blick fischig, vermuten Anflüge von Wahnsinn hinter der hohen Stirn. Andere wieder halten dagegen, er spreche zwar mit den Menschen nur das Notwendigste, wenn er sich aber in einem Garten oder auf einem Feld allein wähne, hätten sie deutlich gesehen, wie er fortwährend die Lippen bewegte, während er harkte, grub, jätete oder Pflanzen beschnitt und begoß – er plaudere nun einmal lieber mit dem Grünzeug. In seine Hütte läßt er niemanden ein, Kinder, die durchs Fenster spähen, während er nicht zu Hause ist, sehen nur Tisch, Stuhl, Bett und einige Kleidungsstücke, die über Haken geworfen sind.
Auch das Haus schweigt also, wie sein Besitzer, und wie bei allem Schweigen kann das zwar heißen, daß es ein Geheimnis verbirgt, aber ebenso, daß es einfach sehr leer ist..
aus: Jenny Erpenbeck, Heimsuchung. Roman, Eichborn AG, Frankfurt am Main 2007, S. 27-28
Erste Hinweise zur Lösung
Weiter unten gibt es eine ausführliche Zusammenstellung von Lösungsaspekten.
Die Behauptung, der Gärtner sei der einzige Mensch im Roman, wird in einem Video vertreten. Es wird dort begründet mit dem Hinweis, alle anderen Figuren würden Opfer von Heimsuchung und würden etwas verlieren – der Gärtner bleibe aber präsent und stehe gewissermaßen für die ewige Natur.
Wir nehmen das hier zum Anlass, das am Text zu überprüfen.
Erstaunlicherweise gibt es keine einzige Textstelle, die Glücksgefühle beim Gärtner zeigt, wohl aber die in der Aufgabenstellung gezeigte, wo er weint.
Die einfachste Erklärung dafür ist gerade die Begründung im Video. Denn in dem, was man lebt, empfindet man zumindest kein besonderes Glück. Wohl aber das Gegenteil, wenn dieser Normalzustand gestört oder gar zerstört wird.
All das unterstreicht die These, dass der Gärtner eine mythische Figur ist, die der Natur sehr nahe steht – und Glücksgefühle gibt es dort nicht, zumindest keine menschlichen.
Die ausführliche Darstellung von Lösungselementen gibt es auf dieser Seite:
https://schnell-durchblicken.de/loesungshinweise-zur-klausur-zum-roman-heimsuchung-der-gaertner-und-die-frage-des-gluecks
Weitere Infos, Tipps und Materialien
Infos, Tipps und Materialien zum Roman „Heimsuchung“ von Jenny Erpenbeck
https://schnell-durchblicken.de/themenseite-heimsuchung
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Themenseite – Teil 1: Infos, Tipps und Materialien zum Einstieg:
Dazu sind vor allem die Videos hilfreich, die wir auf dieser Seite präsentieren.
https://schnell-durchblicken.de/roman-heimsuchung-tipps-und-hilfen-zum-einstieg
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Themenseite – Teil 2: Materialien zu den Figuren mit ihren Themen
https://schnell-durchblicken.de/roman-heimsuchung-figuren-mit-ihren-themen
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Themenseite – Teil 3: Materialien zu verschiedenen Aspekten der Interpration
https://schnell-durchblicken.de/roman-heimsuchung-aspekte-der-interpretation
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Themenseite – Teil 4: Vorbereitung von Klausuren und Prüfungen
https://schnell-durchblicken.de/roman-heimsuchung-vorbereitung-klausuren
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Tipps und Materialien zu weiteren Themen des Deutschunterrichts
https://textaussage.de/weitere-infos
Youtube-Playlist zum Roman „Heimsuchung“
https://www.youtube.com/playlist?list=PLNeMBo_UQLv3HeM299xejKEGxQIEM_eEY