Schneller Einstieg ab Kap 11 – EB68 – Roman „Heimsuchung“ von Jenny Erpenbeck (Mat8673-3)

Worum es hier geht:

Auf der Seite
https://schnell-durchblicken.de/video-schneller-einstieg-roman-heimsuchung
haben wir in einem Video gezeigt, wie man schnell in den Roman „Heimsuchung“ von Jenny Erpenbeck einsteigen kann.

Das haben wir dann ab Kapitel 4 hier fortgesetzt:
https://schnell-durchblicken.de/video-schneller-einstieg-heimsuchung-ab-eb21

Hier nun schauen wir uns den Roman ab Kapitel 11, wo es zunächst um „Das Mädchen“ geht. Gemeint ist Doris, die Nicht des Tuchfabrikanten. Sie hat das Pech, dass ihre Familie es nicht mehr schafft, nach Brasilien auszureisen.

Jetzt sitzt sie in einer engen Kammer – und geschildert werden ihre Gedanken und Gefühle. Allerdings hat man auch hier wieder den Eindruck, dass beides eher der Autorin gehört, als dass man sie sich bei einem noch recht jungen Mädchen vorstellen kann.

Aber diese Überlegung soll nur eine Anregung sein – denn dann versteht man besser, wie Schriftsteller arbeiten  – was sie grandios gestalten – und wo sie sie vielleicht auch mal danebengreifen – zumindest aus der Sicht von Schülis.

Video und Dokumentation
Videolink
Und hier noch eine Fassung ohne Farben, also vielleicht besser lesbar
Textgrundlage:
  • Wir nutzen die E-Book-Ausgabe von Amazon/Kindle. Dort gibt es folgende Angaben zur Ausgabe, die wir einfach aufnehmen:
    „btb Verlag in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, München. Copyright © 2007 by Eichborn AG, Frankfurt am Main Umschlaggestaltung: semper smile, München, nach einem Entwurf von Jenny Erpenbeck und Christine Hucke Umschlagfoto: Katharina Behling Satz: Uhl + Massopust, Aalen MM · Herstellung: SK ISBN 978-3-641-13477-8 V003“
    Als Link wird angegeben: https://amzn.eu/bmW8FYS
  • Bei den Zitaten geben wir die Seiten an, die im E-Book angegeben werden. Die können im Einzelfall etwas ungenau sein, was die Buchausgabe angeht. Aber man dürfte dann die Textstelle schnell finden.
Nun die Vorstellung der Kapitel

Die folgenden Kapitel-Überschriften präsentieren jeweils:

  • Ganz links die Kapitel-Nummer,
  • dann die Anfangsseite in der Kindle-Ausgabe, die wohl auch der des btb Verlages entspricht.
  • Danach wollen wir noch die Hörbuch-Stelle angeben (Audible).
  • Es folgt der Titel des Kapitels, wobei wir die wich wiederholenden Gärtnerkapitel durchnummeriert haben.
11        68                    Das Mädchen
  • EB68: ein 12jähriges Mädchen versteckt und dunklen Kammer.
  • EB68: Typisches Beispiel für die Erzählweise des Romans zwischen (Autorinnen-)Erzähler- und Figurenperspektive.
    Näheres dazu hier:
    https://schnell-durchblicken.de/die-erzaehltechnik-in-dem-roman-heimsuchung-von-jenny-erpenbeck
  • EB70: Die übrigen Bewohner des jüdischen Ghettos sind bereits abtransportiert worden.
  • EB71: Dem Mädchen bleibt nur noch ein „kleiner Übergang“ aus dem Leben hinaus.
  • EB72/EB74: Ihre Familie hatte Pech, sie hat die Ausreise nach Brasilien nicht mehr geschafft.
  • EB72: Das Mädchen muss in der Kammer pinkeln – später wird sie durch eine entsprechende Spur gefasst und unterwegs nach Osten erschossen.
  • EB73: Eine durchaus berührende Darstellung im Rückblick:
    „Und immer noch mehr geschrumpft war diese Welt, je näher das Ende kam. „
  • EB75: Quälend sachliche Darstellung der Versteigerung der Sachen, die eigentlich in Brasilien ein neues Leben ermöglichten sollten.
  • EB76/77: Erinnerung an einen Jungen am See und die Frage, was mit all dem geschieht, was man in dieser Welt erlebt hat.
  • EB78: Wieder eine dieser ganz sachlichen Beschreibungen von Schrecklichem: Diesmal geht es um das Sterben in verschlossenen Waggons auf dem Transport.
  • EB78/79: Ganz am Ende dann der Kontrast vom mörderischen Abschneiden der Lebensperspektive und der Frage, wo das Erlebte bleibt:
    • „Drei Jahre lang hat das Mädchen Klavierspielen gelernt, aber jetzt, während sein toter Körper in die Grube hinunterrutscht, wird das Wort Klavier von den Menschen zurückgenommen,
    • jetzt wird der Rückwärtsüberschlag am Reck, den das Mädchen besser beherrschte als seine Schulkameradinnen, zurückgenommen
    • und auch alle Bewegungen, die ein Schwimmender macht, das Greifen nach Krebsen wird zurückgenommen, ebenso wie die kleine Knotenkunde beim Segeln,
    • all das wird ins Unerfundene zurückgenommen, und schließlich, ganz zuletzt, auch der Name des Mädchens selbst, bei dem niemals mehr jemand es rufen wird: Doris.“
  • Für diese und manch andere Stellen gehört der Autorin ganz eindeutig ein großes Lob. Auf den Gedanken dieser Gegenüberstellung bis zur schlussendlichen Auslöschung des Namens muss man erst mal kommen.
12        80                    Der Gärtner 6
  • Wieder Darstellung der Arbeit des Gärtners für die Hausherrin.
  • Dann aber: spezielle Hilfe beim gezielten Versenken von Wertsachen
  • Ankunft der Russen: Ihre Pferdeherde verwandelt den Garten in eine Schlammwüste = wieder Natur?
  • Und die Pferde fressen alles im Garten auf, was nahrhaft ist.
13        81                    Der Rotarmist
  • Hier geht es um eine Situation nach der Eroberung des Romangebietes durch die Rote Armee der Sowjetunion.
  • Eine besondere Rolle spielt ein junger Major, der mit einer Frau, die er verängstigt im Schrank findet, erstaunlicherweise einvernehmlichen Sex hat EB86/87).
  • Interessant der Schluss-Satz:
    Es fehlt nicht viel, und sie würde ihn mit einem kleinen Klaps auf den Po zum Schrank hinausschieben, wie eine Mutter, die ihr Söhnchen auf dem Weg zur Schule verabschiedet.“ (EB87)
  • Man fragt sich, was die Autorin damit erreichen wollte, während die Standard-Erzählungen derer, die die Ankunft der Roten Armee erlebt haben, eher in Richtung Vergewaltigung gehen. Hier kann ggf. recherchiert werden, was die Geschichtsforschung an Vermittlung zwischen den extrem gegensätzlichen Positionen leisten kann.
14        93                    Der Gärtner 7
  • Dieses Kapitel ist mal wieder ein Musterbeispiel für Seiten, die man in der Schule bestimmt mit höchster Geschwindigkeit querliest.
  • Man sucht eigentlich nur noch nach Besonderheiten, und das sind die folgenden Seiten:
    • EB93 Abzug der Russen, Bergung der versenken Kisten
    • EB94: Der Architekt kommt nur noch hin und wieder mit seiner Frau zu Besuch
    • EB95: Inzwischen ist das Haus herrenlos, der Gärtner darf dort aber wohnen bleiben.
    • EB95: Über ein Jahr später kommen die neuen Hausherren, ein Schriftsteller-Ehepaar aus Berlin.
15        98                    Die Schriftstellerin
  • Es geht um die Frau, die mit ihrem Mann jetzt das Haus besitzt. Es gibt Streit um den Seezugang und das Badehaus.
  • EB98: Interessant, dass es auch im sozialistischen Staat Vorrechte gibt, verbunden mit dem Gebot der Geheimhaltung.
  • EB98: Es handelt sich um ein Arzt aus dem Regierungskrankenhaus, der sehr eigenmächtig vorgeht und angeblich auch einen Patienten auf dem Gewissen hat.
  • EB98/99. Die Schriftstellerin hat sich bemüht, „die deutschen Barbaren zurück zu verwandeln in Menschen und die Heimat in Heimat.“
  • EB100: Offensichtlich gehört sie zu den Deutschen, die im Krieg für die Sowjetunion Radiosendungen gemacht haben.
  • Dann geht es noch um einen Bürgermeister, einen pflichtbewussten Beamten, der sich an die verschiedenen Systeme gut anpasst und einfach nur nach Hause will.
  • EB101: Für die Schriftstellerin heißt es:
    „Aber ihr, der kein Land mehr, sondern die Menschheit die Heimat sein sollte, liegt der Zweifel für immer als Heimweh.“
  • Auf Seite 103 zeigen sich auch dunkle Flecken ihrer Vergangenheit, nämlich die Ablehnung, als eine Genossin sie um Hilfe bittet.
  • EB103: In der Sowjetunion wurde in ihrem Reportage-Entwurf etwas für Judenverfolgung gestrichen, weil man meinte, damit die Wirkung auf die deutschen Staaten zu verringern.
  • EB103: Hier wird deutlich, wie menschenverachtend das stalinistische System in der Sowjetunion sein konnte.
  • EB106: Sie und ihr Mann wollten Deutschland „heimholen in ihre Gedanken.“
  • EB107: Bei dem Ehepaar bleibt die „Hoffnung auf Erlösung der Menschheit von Habgier und Neid.“
  • EB107: Seit ihrer Rückkehr nach Deutschland hatte all ihre Leidenschaft dem Versuch gegolten, durch die Buchstaben hindurch ihre Erinnerungen in die Erinnerungen anderer zu verwandeln.“
    Anmerkung: Man fragt sich, ob das nicht auch für die Autorin des Romans gilt.
  • EB107: Am Ende kann sie ihr Haus kaufen.
16        109                  Der Gärtner 8
  • EB109: Ende eines Walnußbaums, dann gleich Beinbruch des Gärtners = Zufall?
  • EB110: Gärtner bewacht/schützt jugendliches Liebesleben (Naturliebe?)
    Anschließend Hinweis auf das bürgerliche Moralverhalten der Mutter gegenüber der angereisten Verlobten, wird separat untergebracht:
    um keine Handhabe für den Vorwurf der Kuppelei zu bieten. Darüber lachte man im Dorf.
    Anmerkung: Erstaunlich, wie viel sexuelle Moral sich offiziell hält, während in Krieg und Völkermord die schlimmsten Verbrechen geschehen sind.
  • EB111: Gärtner erklärt jungen Menschen die Natur und ihre Möglichkeiten.
17        112                  Die Besucherin

Bei diesem Kapitel wurde es für uns so spannend, dass wir die Infos auf eine eigene Seite ausgelagert haben:
https://schnell-durchblicken.de/anmerkungen-zum-kapitel-die-besucherin-im-roman-heimsuchung

18        123                  Der Gärtner 9
  • Am interessantesten ist hier die Häufung von Dorfgeschichten, an denen der Gärtner anscheinend stark beteiligt ist. Das wird einfach so wiedergegeben – nicht mal ein Ansatz von Recherche oder Relativierung. Zum Beispiel die Vermutung, hier könne es vor allem darum gehen, die Angehörigen der neuen Oberschicht der DDR schlecht zu machen.
    Man fragt sich, welche Funktion und Bedeutung solche Erzählelemente überhaupt haben.
  • Interessant, was aus den vergrabenen Schätzen wird:
    „EB123: „Beim Ausräumen der Regale im Bienenhaus findet der junge Hausherr zwischen den Honiggläsern auch eine Kiste mit Silberbesteck. Er nimmt das Besteck heraus und ordnet es im großen Haus in den Besteckkasten ein„.
  • Dann wird erzählt, wie beim Gärtner im Alter sich immer mehr die Natur durchsetzt. Hier kann man gut darüber diskutieren, ob diese „Natürlichkeit“ absichtlich den Begriff insgesamt relativiert. Man denke an den Prolog und die Stelle, wo es um Natur und Kultur geht.
    Im Dorf wird erzählt, daß der Gärtner sich seit dem Abriß des Bienenhauses weigere, seine Fußnägel zu kürzen. Um die Zehen herum bis zur Unterseite der Füße seien sie inzwischen gewachsen, und hinten noch über die Hacken hinaus. Er verberge sie zwar in Schuhen und Strümpfen, aber an seinem hinkenden Gang könne man deutlich erkennen, daß etwas nicht stimme.
  • Andererseits folgt gleich eine weitere Dorferzählung, bei der die Natur genutzt wird, um neue „Kultur“ im Sinne von Hausbau schlecht aussehen zu lassen:
    Im Dorf wird erzählt, daß der Gärtner die kleine Tochter der Hausherren dazu angestiftet habe, Grasbüschel auszureißen und diese mitsamt der an ihnen haftenden Erde an den frisch verputzten Neubau des Berliner Arztes zu schleudern. Die Flecken von den Dreckklumpen, die das Mädchen geschleudert habe, seien noch immer deutlich zu sehen.
  • Dann wird der Berliner Arzt noch ein weiteres Mal negativ dargestellt, indem er seine Frau betrügt:
    Schließlich habe der Gärtner auch davon erzählt, wie dieser Berliner Arzt neulich nach einem Fest im Dorfkrug »Zur krummen Fichte« mit einem Mädchen aus Frankfurt/Oder über sein eigenes Grundstück bis hinunter zum Wasser geschlichen und von dort aus über den Zaun gestiegen sei, um ausgerechnet auf diesem Steg, zu dessen Benutzung er von der Gemeinde niemals die Erlaubnis erhalten hatte, seine Frau zu betrügen. Das habe der Gärtner mit eigenen Augen gesehen.“
    Besonders hier am Schluss hat man den Eindruck, dass diese Formulierung möglicherweise genau das Gegenteil meint, gerade, weil etwas so betont wird. Aber über den Wahrheitsgehalt dieser Dorfgeschichten kann man gut streiten.

Sehr viel gravierender ist natürlich die Erzählung von einer Untat des Berliner Arztes, die man als Mord (zum Zweck der eigenen Bereicherung) bezeichnen muss.
EB124: “

  • Im Dorf wird erzählt, daß der neue Pächter der ehemaligen Parzelle der Juden, ebendieser Arzt aus Berlin, daran schuld sei, daß sein Nachbar senior, der nur einen Schnupfen hatte, im Krankenhaus starb. Absichtlich zuviel gespritzt habe er seinen Patienten, weil der schmale Zugang zum See ihm nicht genug war, den Steg hätte er auch haben wollen, der Gärtner könne das sehr wohl bezeugen.
  • Am Ende dann wieder mal ein Beispiel für ein Erzähl-Element, das man für völlig belanglos halten kann.
    EB124: „Die Tochter des jungen Hausherrn und ihr Freund aus der Nachbarschaft dürfen den Trichter halten, wenn der Gärtner für die Unterpächter das Benzin in den Rasenmäher einfüllt.
Projekt Fortsetzung
19        126                  Die Unterpächter
  • Hier geht es um ein Ehepaar. Der Mann wollte mit einem Freund aus der DDR fliehen – nur er überlebte, wenn er auch ins Gefängnis kam. Sein Freund kam beim Versuch, einen Fluss zu durchschwimmen um.
  • Seine Frau erfährt, dass ihr vermeintlicher Vater sie nur aufgezogen hat – und sie hat noch eine leibliche Schwester, die woanders unterkam.
  • Spannende und durchaus aktuelle Frage: Wie man mit einer solchen spät erst festgestellten Verwandtschaft umgeht.
20        138                  Der Gärtner 10
  • Gärtner hilft wieder mal beim nächtlichen Ausbruch eines jungen Menschen (Tochter des Hauses raucht und trinkt mit Jungs aus dem Dorf).
  • Gärtner schaut ruhig zu beim Absägen des großen Tannenbuschs
  • Dabei wird eine „Kiste mit Porzellan“ entdeckt, die vergraben wurde. Witzige Bemerkung des Hausherrn und auch hier Zustimmung des Gärtners.
    „Nicht schlecht, was in einem Garten alles so wächst, sagt der Hausherr, als sie ihm die Kiste zeigen. Wunder der Natur, sagt er. Der Gärtner nickt. Der Hausherr hebt die Kiste auf und bringt sie zum Auto.
21        139                  Der Kinderfreund
  • Die Enkelin der Schriftsteller und ein Nachbarsjunge kamen früh zusammen und schworen sich als Kinder, sich später zu heiraten.
  • Es stellt sich heraus, dass daraus nichts wird, die junge Frau nach einem Umzug nach Berlin anderweitige Partner findet.
  • Der Mann hat das nie verwunden und dementsprechend nicht geheiratet.
22        151                  Der Gärtner 11

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23        153                  Die unberechtigte Eigenbesitzerin
  • Nach der Wende 1990 gibt es vielfältige Probleme, Eigentumsfragen zu klären.
  • Denn ursprünglich gehörte das Haus jemand, später wurde es von anderen bewohnt, die es als ihres betrachteten.
  • Zum Teil können frühere Eigentümer ihr Haus nur zurückkaufen.
  • In diesem Fall geht es um die Erben der Frau des Architekten
  • Sie einigen sich mit der Enkelin der Schriftstellerin, der dieses Haus viel bedeutet.
  • Recht originell ist ihr Umgang damit, dass sie dieses Haus schließlich für immer verlassen muss.
24        166                  Epilog

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